Bildung aktuell 6/2022

Zeitschrift des Philologenverbandes Nordrhein-Westfalen

6/2022 Ausgabe Dezember · 73. Jahrgang · 7108

Bildung aktuell

Wir machen Schule www.phv-nrw.de

Pädagogik & Hochschul Verlag · Graf-Adolf-Straße 84 · 40210Düsseldorf · Foto: AdobeStock · Bearbeitung: Uta Brockmann

>> Klagen wir tatsächlich auf hohemNiveau? Leitartikel von SabineMistler >> Die ‘DigitaleWelt’ imDiskurs Interviewmit Prof. Dr. Karl-Heinz Dammer >> Wird der Distanzunterricht zumDauerinstrument? Fachbeitrag aus verfassungsrechtlicher Perspektive

Editorial

von Lars Strotmann >> Referent für Öffentlichkeitsarbeit undMedien E-Mail: larsstrotmann@yahoo.de

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Leserinnen und Leser,

rekturbelastung an unseren Schulformen (die nunmit der ZP 10 an denGymnasien einwei teres ‘Sahnehäubchen’ erhält) und plädiert aus aktuellemAnlass ingebotener Deutlichkeit ge gendieVereinheitlichungstendenzen imBe reichder Lehrerbesoldung. IndiesemKontext könnte vor demHintergrundhaushaltspoliti scher Realitätenundder Frage, woher denn dasGeld kommen soll, für Kollegen anunseren Schulformender Slogan ‘A13 für alle’ noch eine ganz neueKonnotation erhalten. Außerdem werfenwir einenkonstruktiv-kritischenBlick auf dieDigitalisierungvor demHintergrunddes aktuellenGutachtens »Die ‘DigitaleWelt’ im Diskurs«. Dazu findenSie inder Rubrik Thema einexklusives Interviewmit demAutor des Gutachtens, Prof. Dr. Karl-HeinzDammer. Da es nie sinnvoller und leider auch - siehe oben - notwendiger war, sich einer starken Gemeinschaft anzuschließen, welche die Interessen der Lehrkräfte an Gymnasien, Gesamtschulen undWeiterbildungskollegs wirkungsvoll vertritt, heißen wir alle Referen dare, aber auch Kolleginnen und Kollegen, die sich unseremVerband in jüngster Zeit an geschlossen haben, herzlich willkommen und wünschen Ihnen eine anregende und ab wechslungsreiche Lektüre! Ihr Lars Strotmann und die Redaktion

die Folgen des aktuellen IQB-Bildungstrends 2021 betreffen beileibe nicht nur die Grund schulen, sondern sind an allen weiterführen den Schulen täglich erlebbar. Regelrecht po tenziert werden diese durch die Folgen der Schulschließungen. Zu den gesundheitlichen Kollateralschäden der Corona-Maßnahmen finden Sie in diesemHeft einen lesenswerten Fachbeitrag, der wesentliche (und beunruhi gende) Ergebnisse des DAK-Kinder- und Jugendreports 2022 bündelt. Vor diesemHintergrund ist es fraglich, ob Minimalkompromisse in den Kernfächern bei gleichzeitiger Nivellierung undAbwertung von Lernerfolgsorientierung und Leistungs prinzip überhaupt noch – umes mit einemak tuell wieder viel diskutiertenContainerbegriff zu benennen – ‘zeitgemäß’ sind?Wowill man eigentlich dieUntergrenze ziehen, wenn sich bei den Bildungsstandards Deutsch für die Grundschule gerade einmal auf eine ‘lesbare Handschrift’ (!) und ‘eine in den Kernberei chen’ (!) korrekteOrthografie geeinigt wurde? Der Leitartikel unserer Landesvorsitzenden SabineMistler fokussiert die immense und - siehe oben - nicht wegzudiskutierende Kor

INHALT

Editorial >> Editorial von Lars Strotmann >>02

Schule & Beruf >> Depressionen, Adipositas, Sucht: Die neue Krankheitswelle >> 12-15 >> Mythen imUkraine-Krieg >> 16/17 Leserforum >> To be or not to be – Shakespeare oder identity and gender >> 18/19 Interna >> »A teacher presents the past, reveals the present and creates the future« >> 20 >> Welchen Hut setze ich denn heute auf? Ein lösungsorientierter Umgangmit Rollenfragen >> 21

>> Gemeinsame Fortbildung von sechs Bezirken stärkt die Zusammenarbeit im Regierungsbezirk Arnsberg >> 22 >> Vorstandswahlen im BezirkMettmann

Aktuell >> Energiepreispauschale endlich auch für Pensionäre

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Florian Hillje informiert die Mitglieder über die Arbeit des Personalrats

Leitartikel >> Klagen wir tatsächlich auf hohemNiveau?

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>> 04-06

>> Bezirksseminar 2022: Das innere Teamhilft imSchulalltag Recht >> Digitalisierung der Schule Wird der Distanzunterricht zumDauerinstrument?

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Thema >> Die ‘DigitaleWelt’ imDiskurs Ein Interviewmit Prof. Dr. Karl-Heinz Dammer

>> 07-11

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>> 24-27

Aktuell

Energiepreispauschale endlich auch für Pensionäre Als die Bundesregierung am4. September ihr drittes Entlastungspaket präsentierte, hieß es zwar, dass neben den Rentnerinnen und Rentnern endlich auch die Versorgungsempfängerinnen und -empfänger die Energiepreispauschale erhalten sollen. Dieses Versprechen galt allerdings nur auf Bundesebene.

von dieser finanziellen Leistung auszu nehmen. Hier sei unzweifelhaft mit zweierlei Maß gemessenworden. Es sei gut und richtig, dass diese unge rechte Praxis nunmehr aufgegeben werde. Lars Strotmann

nen undPensionäre des Bundes und des Landesmit zweierlei Maß gemes senwerden.« Diese Entlastung soll jetzt mit demNachtragshaushalt 2022 kommen: ImRahmen des Gesetzge bungsverfahrens hat am20. Oktober 2022 dieAnhörung zumNachtrags haushalt 2022 stattgefunden. Die durchDBB-NRW-Chef Roland Stau de geleiteteGewerkschaftsdelegation zeigte sich erfreut über die inAussicht genommeneUnterstützungszahlung, wies aber zugleich darauf hin, dass die Politik viel Porzellan zerschlagen habe, alsmit den ersten Entlastungspaketen entschiedenworden sei, die Studie renden undVersorgungsempfänger

Foto: AdobeStock

INFO

Aktuelle Informationen zur Auszahlung der Energiepreispauschale für Pensionäre finden sich auf der Home- page des LBV:

Deshalb forderte Roland Staude, Vorsitzender des DBBNRWBeam tenbund und Tarifunion, bereits am 5. September von der Landesregie rung die schnelle Umsetzung des Gesetzes auch inNRW. Staude: »Es kann nicht sein, dass die Pensionärin

https://www.finanz- verwaltung.nrw.de/auszahlung-der-energie preispauschale-fuer-versorgungsempfaenger

Leitartikel

von SabineMistler >> Landesvorsitzende

E-Mail: info@phv-nrw.de

Klagen wir tatsächlich auf hohemNiveau?

Die Belange der von uns vertretenen Schulformen dürfen nicht zu kurz kommen. Nur weil es anderen noch schlechter geht, geht es uns nicht gut. Das sollte auch die Politik beherzigen.

Es ist unstrittig, dass die Stellenbesetzungssituation an ei nigen Schulen(-formen) schlecht ist. Sicherlich stimmen wir auch darin überein, dass die Lern- und Arbeitsbedin gungen an einigen Schul(-formen), vornehmlich erwähnt werden die Grund- und Förderschulen, herausfordernd und belastend sind. Verständlich ist auch, dass in Zeiten der großen Krisen Solidarität, Rücksichtnahme, zusätzli ches Engagement und Verständnis gezeigt werden soll ten. Wir als PhVNRWkönnen jedoch nicht mit immer wiederkehrenden Andeutungen aus demSchulministeri umübereinstimmen, dass die speziellen Belastungen und Herausforderungen an den Gymnasien, Weiterbildungs kollegs undGesamtschulen in diesen Zeiten keine oder nur eine weitaus geringere Rolle spielen sollen. Nur weil es anderen noch schlechter geht, geht es uns nicht gut. ImGegensatz zu anderen Schulformen vergeben wir das Abitur und haben somit Verantwortung für neun Jahrgän ge. Unser Unterricht bedarf vor allem imHinblick auf die wissensorientierte Ausrichtung intensiver Vor- und Nach bereitungen. Die Korrekturzeiten, besonders in der Ober stufe, sind nicht vergleichbar mit beispielsweise denen an Grundschulen. Angesichts der hohen zeitlichen Bean spruchung fliehen viele Kolleginnen und Kollegen in die

Teilzeit. Doch die bringt an unseren Schulformen kaum die ersehnte Entlastung, denn durch das Fachlehrerprin zip können zumBeispiel Stundenpläne durch die Blo ckungen oftmals stark auseinandergerissen werden, und freie Tage können sehr häufig nicht realisiert werden. Was ist mit unseremMehraufwand, vor allem in den Klassen 5 und 6, durch das Aufholen von Defiziten beimLesen, Schreiben und Rechnen, die der jüngste IQB-Bildungs trend eindeutig belegt hat?Was ist mit der Sicherung der Schülerlaufbahnen, auch und ganz besonders unter dem Einfluss von Corona? Viele Schülerinnen und Schüler, auch an den Gymnasien und anderen Schulenmit gym nasialer Oberstufe, weisen psychosoziale Probleme auf und bedürfen unserer besonderen Aufmerksamkeit. Da her sehen wir mit Sorge auf das geplanteMaßnahmenpa ket des MSB zur Unterrichtsversorgung. Es wird auf allen Ebenen bereits über schulformübergreifende Abordnun gen gesprochen, die aufgrund der vermeintlich ‘guten’ Versorgung der Gymnasien, vor allemverstärkt durch die zeitlich begrenzten Überhänge durch den Ausbau von G9, an einigen Standorten zu einer nicht unerheblichen Zahl von ‘Zwangsabordnungen’ führen soll. Das darf nicht sein. Es muss absolut vorrangig das Prinzip der Freiwillig keit gelten.

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Leitartikel

PhVNRWfordert gleichsinnige Anpassung der Besoldung und Gehälter

lologenverband derzeit die einzige Interessenvertretung, die gegenüber der Politik eine gleichsinnige Anpassung der Besoldung/Gehälter für Lehrkräfte an Gymnasien und Gesamtschulen fordert und den Vereinheitlichungsten denzen deutlich widerspricht. Viele Kolleginnen und Kollegen berichten uns, dass sie aus Belastungsgründen eher auf monetäre Anpassungen ver zichten würden und sich dafür spürbare Entlastungen durch deutliche Ausweitung der Anrechnungstöpfe wün schen. Vor allemKolleginnen und Kollegen, die viel korri gieren, wünschen sich eindeutige Entlastungen. Es kann doch nicht sein, dass immer noch eine Schüppe Arbeit obendrauf kommt – die ZP 10 an den Gymnasien und ak tuell auch noch der erhöhte Aufwand für die Erstellung der Klausuren in den Fremdsprachen und der EF. Wir be nötigen endlich weitere Schritte der Entbürokratisierung, damit unser Unterricht wieder imMittelpunkt stehen kann. Denn auch wenn das niemand zu glauben scheint, auch an den Gymnasien ist die Heterogenität der Schüler schaft angekommen. Es wird suggeriert, dass eine ange messene individuelle Förderung allein ausreicht, jede Schülerin und jeden Schüler zumAbitur mitnehmen zu können. Eine tatsächliche Durchlässigkeit der Schulfor men in beide Richtungen gibt es jedoch schon lange nicht mehr. Denkt hier irgendjemand auch noch einmal an die Kinder und Jugendlichen? Denkt irgendjemand noch da ran, dass die SchulformGymnasiumwissenschaftspropä deutisch arbeitet und die Schülerinnen und Schüler zur

Die Reaktionen auf die beschlossene Besoldungsanhe bung der Lehrkräfte des Primar- und Sek-I-Bereichs fallen in unserer Mitgliederschaft unterschiedlich aus. Einerseits haben viele von Ihnen großes Verständnis für die Anglei chung, vor allemangesichts der bekanntlich schwierigen Arbeitsbedingungen. Andererseits hören wir auch Kritik: Die höheren fachlichen Anforderungen und die größere arbeitszeitliche Beanspruchung in der Sek II müssten sich auch in der Besoldung widerspiegeln. Wir schließen nicht aus, die Frage nach der amtsangemessenen Alimentation ggf. imWege vonMusterklagen zu prüfen. Der PhilologenverbandNRWhält die Entscheidung für angemessen, dass die Besoldungsanhebung nicht, wie ursprünglich geplant, in der Besoldungsgruppe A13Z er folgt. Somit bleibt die Laufbahngruppe 2.2 (vormals höhe rer Dienst) Sek-II-Lehrkräften vorbehalten. Unsere Forde rung ist, die Strukturzulage für Studienrätinnen und Studi enräte an Gymnasien undGesamtschulen spürbar anzu heben und die bislang nicht ausgeschöpften Beförde- rungsmöglichkeiten nach A14 und A15 nicht nur zu beset zen, sondern bei A15 von 21 Prozent auf 35 Prozent anzu heben. Dadurch wollen wir den besonderen Anforderun- gen in unseremBereich Rechnung tragen und heben uns gleichzeitig von gewerkschaftlichenMitbewerbern ab, die sich offen für die völlige Vereinheitlichung der Besoldung in allen Lehrerbereichen aussprechen. Insofern ist der Phi

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Leitartikel

Studierfähigkeit befähigen soll?Will man die Schulform Gymnasiumund die gymnasialeOberstufe der Gesamt schulen tatsächlichmit den ursprünglichen Ansprüchen erhalten oder sollen wir den immer deutlicher werdenden Qualitätsverlust achselzuckend hinnehmen? Ist der Zug ins digitaleWunderland längst abgefahren? Zur Qualität von Bildung gehört auch die Frage, welchen Beitrag dieDigitalisierung von Schule(n) dazu leisten kann. Dass sie kein Selbstläufer und kein Allheilmittel ist, däm mert vielen von uns längst. Antworten zuMöglichkeiten, aber auch zuGrenzen undmöglichen Fehlentwicklungen liefert die Arbeit »Die ‘DigitaleWelt’ imDiskurs, einGut achten zu denDigitalstrategien des Landes NRWund der KMK« des renommierten Erziehungswissenschaftlers Prof. Dr. Karl-Heinz Dammer. Warumhat der PhVNRWdieses Gutachten zu dieser Zeit in Auftrag gegeben? Ist der Zug ins digitaleWunderland nicht längst abgefahren? Sind nicht bereits alle Argumente ausgetauscht?Wollenwir Philologen etwa das Rad zurückdrehen? Wir sagen, der Zeitpunkt ist angemessen und können alle diese Fragenmit nein beantworten. Die Digitalisierungs strategie der Kultusministerkonferenz, des Landes NRW und das Impulspapier II des MSBwurden ohne die Leh rerverbände und auch ohne diejenigen entwickelt, die den Prozess der Digitalisierung umsetzenmüssen/sollen – nämlich Sie! Bislang gibt es keinen offenen Diskurs über die Ziele, Möglichkeiten und Risiken. Der Prozess wird von oben vorgegeben und bedeutet in vielen Bereichen eine Mehrbelastung für uns Lehrkräfte. Häufig entsteht der Eindruck, bei der Digitalisierung von Bildung geht es eher umwirtschaftliche und technische Interessen als umPädagogik. Allein die Bezeichnung ‘digitaleWelt’ gau kelt vor, dass es keine analogeWelt mehr gebe. Unser Ansinnen ist es nicht, Digitalisierung und die damit verbundenen Entwicklungen der Lehr- und Unterrichts praxis zu blockieren. Wir müssen unsere Kinder und Ju gendlichen auf die Veränderungen in der Lebens- und Arbeitswelt vorbereiten, sie kritikfähig, wissend und resi lient machen. Was wir uns wünschen, ist, dass wir in einen

Diskurs gehen, dass wir über Vorteile und Chancen, aber auch über Grenzen und Risiken sprechen. Wir wünschen uns, dass der Einsatz digitaler Medien undMethoden wis senschaftlich begleitet wird. Wir müssen ihren tatsächli chen Nutzen eruieren. Vor allemhoffen wir, dass durch die Arbeit von Prof. Dammer die bildungspolitischen As pekte wieder mehr in den Fokus rücken, wenn über Digi talisierung gesprochen wird. Das Gymnasium ist primär der Bildung verpflichtet. Aus Sicht des PhVNRWsind die fachlichen Kompetenzenmit konkreten inhaltlichen Schwerpunkten, Wissenschaftspropädeutik und Studier fähigkeit Ziel gymnasialer Bildung; sie dürfen nicht in Konkurrenz gesetzt werden zu digitalisierungsbezogenen und informatischen Kompetenzen. Der Einsatz digitaler Medien ist dann sinnvoll, wenn sie damit erreicht oder unterstützt werden können. Viele Versprechungen der Digitalisierung haben sich bis jetzt nicht erfüllt. Die Belastung von Lehrkräften ist durch sie nicht geringer geworden, häufig ist sogar das Gegen teil der Fall. Dass die Chancengerechtigkeit für Kinder und Jugendliche durch sie größer geworden ist, darf be zweifelt werden, ebenso, dass schwächere Schülerinnen und Schüler mithilfe digitaler Medien grundsätzlich bes ser gefördert werden könnten. Ohne Lehrkräfte, die anlei ten und begleiten, nützt die beste Lern-App nichts. Der Einsatz liegt in der pädagogischen Freiheit von Lehrerin nen und Lehrern, an diesemGrundsatz sollten wir nicht rütteln. Wenn über Digitalisierung von Schule(n) gespro chen wird, geht es vornehmlich umdatenschutzrechtli che, technische, arbeitsökonomische, methodische und didaktische Aspekte. Die Frage aber, was Digitalisierung mit Schülerinnen und Schülern und den Lehrkräften macht, wird selten, wenn nicht sogar überhaupt nicht thematisiert. Wir wünschen uns, dass das vomPhVNRW initiierte Gutachten einen wichtigen Impuls geben kann. Uns ist der Diskurs wichtig. Zweifel, ob Digitalisierung die Chancengerechtigkeit tatsächlich erhöht

Also lassen Sie uns darüber reden!

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Thema

Die ‘DigitaleWelt’ imDiskurs Ein Interviewmit Prof. Dr. Karl-Heinz Dammer Prof. Dammer, Prorektor für Studiumund Lehre der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, hat in seinemGutachten imAuftrag des PhVNRW die Digitalstrategie der KMK und des Landes Nordrhein-Westfalen aus bildungspolitischer Sicht wissenschaftlich untersucht. Im Interview erklärt er nun, wo die Schwerpunkte seiner Kritik liegen und wie er sich die zukünftige Diskussion und Entwicklung umdie Digitalisierung vorstellt.

Prof. Dr. Karl-Heinz Dammer

vonMichael Horstmann >> Referent für Bildungsfragen E-Mail: horstmann-michael@t-online.de

In der Welt amSonntag stand am 16. Oktober 2022 ein Artikel, in demes heißt, dass Sie mit Ihrem Gutachten die Digitalstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen ‘zerpflückten’: Würden Sie das auch so formulieren? Prof. Dr. Karl-Heinz Dammer: Ich habe gegen die Formulierung erst mal nichts einzuwenden. Man kann den Begriff ‘zerpflücken’ ja positiv oder negativ konnotieren, positiv in demSinne, dass da etwas gründlich, kritisch analysiert worden ist, oder negativ, dass jemand beckmesse risch-kleinkariert die schöne Blume zerstört hat. Meine Absicht war Ers teres. Ich wollte sozusagen eine kriti sche Gegenanalyse verfassen und

te. Es braucht eine Formvon Rah menvorgabe, die tatsächlich von oben gegeben werdenmuss. Was ich auch positiv finde, obwohl ich es in demGutachten eher andersherum dargestellt habe, ist, dass ein starker Akzent auf das Partizipative gelegt wird, also dass man in den Schulen einen Konsens finden soll. Die Frage ist dann nur, wie es in der Realität aussieht und ob das mehr ist, als nur eine Governance-Fassade, also sozu sagen die Suggestion, ‘von unten’ sei eine Beteiligung gewünscht, aber faktisch sind die Rahmenvorgaben schon so eng gestrickt, dass da gar nicht mehr viel Raum für Aushand lungsprozesse bleibt. Das ist eine Vermutung, die ich aus demDuktus des Impulspapiers herauslese.

vor allemdie technokratische Schlagseite der Digitalisierungsde batte aufzeigen, die sich im Impuls papier II des Landes NRWzeigt, aber eben auch in der gesamten Diskussi on sowie auf KMK-Ebene. Bevor wir zu den Kritikpunkten kommen: Welche positiven An- sätze haben Sie im sogenannten ‘Impulspapier II’ des Landes Nordrhein-Westfalen gefunden? Dammer: Grundsätzlich zeigt das Impulspapier, dass das Ministerium für Schule und Bildung die Verant wortung für dieOrientierung bei ei nemProblemübernimmt, das zu komplex und folgenreich ist, als dass es allein ‘Bottom-up’, also von den Schulen selbst, gelöst werden könn

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Thema

Ein besonders kritischer Punkt in IhremGutachten ist die im Impuls papier II skizzierte neue Rolle und Haltung der Lehrkraft. Von ihr wer den dort »veränderte Haltungen undMindsets, die aktive Beteili gung an Innovationsprozessen so wie eine Veränderung der eigenen Arbeitsprozessstrukturen« (S. 11) verlangt: Kann man von Lehrkräf ten nicht erwarten, dass sie Verän derungen gegenüber offen sind? Dammer: Manmuss die Frage nach den Zielen der Veränderungen stel len. Problematisch an demgesam ten Digitalisierungsdiskurs, wie er momentan bildungspolitisch geführt wird, ist, dass Innovation zu einem Wert an sich erklärt wird, wobei die Qualität der Veränderung, ihre Fol gen und Ziele zweitrangig bzw. zu wenig öffentlich diskutiert werden. So entstehen ein gewisser Sach zwang und eine Alternativlosigkeit mit demSubtext: Verändere dich, sonst wirst du verändert! Davon abgesehen gibt es dabei auch einen ethischen Aspekt: Welches Recht hat ein Arbeitgeber, auch unter be amtenrechtlichen Gesichtspunkten, von seinen Lehrkräften eine be stimmte Einstellung zu verlangen, außer dass sie etwa hinter der Ver fassung stehen? Ein professioneller bzw. strategischer Aspekt ist noch folgender: Man wird lang und gründ lich ausgebildete, erfahrene Lehr kräfte kaum für sich gewinnen, wenn man ihnen dauernd signalisiert, sie seien nicht professionalisiert genug

undmüssten an ihrer Arbeit etwas optimieren. Damit fördert man die Gefahr eines vorzeitigen Ausstiegs aus demBeruf. Woher kommt eigentlich diese dauernde Forderung nach Innova tion, in deren Zusammenhang man auch von ‘Changemanagement’ spricht? Dammer: ‘Changemanagement’ ist eine formal-organisatorischeMa nagementmethode, die auf jede Form inhaltlichen Innovationsansin nens angewandt werden kann. Sie zielt darauf, bestimmte Innovations ziele unter Vorgabe von Rahmenbe dingungen bei vermeintlicher Auto nomie der Beteiligtenmit psycho technischenMethoden zu erreichen. Es geht auch umexterne Kontrolle und Auswertung von Daten imSinne einer Output-Orientierung. Hinter der Forderung permanenter Innova tion steckt die neo-liberale Grund idee: Alle Bereiche des gesellschaft lichen Lebens, alle Institutionen, alle, mit Luhmann gesprochen, ‘Subsys teme’ sollen sich einheitlich nach der Logik des Marktes organisieren. Da bei spielen dann Effizienzgesichts punkte, Messbarkeit des Outputs, Benchmarks, mit denen die nächs ten Ziele formuliert werden, usw. ei ne Rolle. Unterstellt wird, dass diese Systeme dann besser funktionieren würden. Das betrifft nicht nur das Bildungssystem, sondern auch das Gesundheitssystemoder die Sozial fürsorge, öffentliche Verwaltung, al les imGrunde. Es geht umobjektive

Kontrolle von Erfolg und umKon kurrenz. Es entstehenWettbewerbe, wo sie eigentlich gar nicht hingehö ren (vgl. Mathias Binswanger, Sinnlo seWettbewerbe). Sie werden künst lich induziert, damit man eineMarkt logik implementieren kann. Dieses Konkurrenzdenken hat sichmeiner Meinung nach verselbstständigt. Daher heißt es dann: Wir müssen besser sein als X, also zumBeispiel als Finnland oder die USA, und wir hinken hinterher. Öffentliche Sub systeme, Bildung usw., funktionieren so allerdings nicht. Deshalb wird ein rationaler Diskurs gescheut undman versucht, die eigenen Innovations ziele eben durch ein ‘Changemana gement’ zu realisieren. Sie lehnen sogenannte ‘Learning Analytics’ (also adaptive Lernsys teme) grundsätzlich ab. Im Impuls papier heißt es: »DieMöglichkei ten digitaler Unterstützungsfor mate zur Lern(prozess)diagnostik und Unterstützung und Begleitung von individuellen Lernprozessen, zumBeispiel über adaptive oder tutorielle Systeme, werden zuneh mend erschlossen« (S. 8). Können diese adaptiven Systeme für be stimmte Phasen des Unterrichts, insbesondere Übungsphasen, nicht eine hilfreiche Ergänzung sein, da sie auf die Lernschwächen der jeweiligen Schülerinnen und Schüler eingehen und der Lehr kraft das aufwendige Erstellen in dividueller Lernaufgaben abneh men?

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Thema

Dammer: Kurz zumZitat: Diese Art der Formulierung ist häufiger in bil dungsadministrativen Texten zu le sen: Das Sollen wird als Sein ausge geben (‘werden erschlossen’). Aber nun zu Ihrer Frage. Ich betone in meinemGutachten ausdrücklich, dass die Beurteilung des Nutzens digitaler Lerninstrumente immer spezifisch vor demHintergrund bil dungstheoretischer, didaktischer, pädagogischer, fachlicher und nicht zuletzt auch pragmatischer Überle

gungen in Hinblick auf das Verhält nis von Aufwand undNutzen erfol genmuss. Insofern wäre weder ein pauschales Pro noch ein pauschales Contra gerechtfertigt. Das gilt grundsätzlich auch für Programme, die in Learning Analytics eingebun den sind. Es ist dann zu prüfen, ob sich der Lernerfolg erhöht, wie die Schülerinnen und Schüler das fan den und inwiefern das Programmzu einembesseren Verständnis der Sa che beigetragen hat. Die bisherigen

mir bekannten Programme bewegen sich eher imelementaren Bereich. Das Hauptproblemder Learning Analytics liegt woanders, nicht bei einzelnen Programmen, sondern grundsätzlich beimKonzept, hinter demdie klare Intention eines nahezu unbegrenzten Datensammelns steckt und einemit Verlaub irrwitzi ge Kontrollfantasie verbundenmit der ebenso irrwitzigen Fantasie grenzenloser Optimierbarkeit von Lernprozessen. In den USAwerden

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Thema

bereits vereinzelt Konzepte des ‘digital classroommanagements’ angewandt, also digital überwachten Schülerverhaltens, das in Echtzeit der Lehrkraft zurückgemeldet wird. Da ist ethisch wie auch pädagogisch eine Grenze überschritten. Sie unterscheiden in IhremGut achten zwischen demDiskurs über Digitalisierung und demPhäno men der Digitalisierung selbst. In diesemZusammenhang kritisieren Sie die Verwendung des Begriffs der ‘digitalenWelt’, da er einen offenen, demokratischen Diskurs verhindere: Erläutern Sie doch bit te kurz, wie Sie sich einen solchen offenen Diskurs über den digitalen Wandel in Gesellschaft und Schule vorstellen! Dammer: Zunächst möchte ich noch eine knappe Erläuterung geben zum Zusammenhang des Begriffs ‘digita leWelt’ und der Verhinderung eines offenen Diskurses: Ich unterscheide zwischen Diskurs und Phänomen. Wennman imDiskurs von ‘digitaler Welt’ spricht, suggeriert man, die Welt sei an sich schon digital, was dann wiederumdie Implikation hat, dass man eigentlich keine andere Wahl hat, als den Forderungen nach Digitalisierung zu folgen und sich in diese digitaleWelt zu begeben. Da mit würde dann der Diskurs über flüssig. DieWelt ist aber nicht digital. Sie ist biologisch verfasst. Es steckt also schon eine Strategie dahinter so vorzugehen, damit sozusagen nie mand auf die dumme Idee kommt,

kritische Nachfragen zu stellen. Nun zumgeforderten offenen Diskurs: Wir haben in unserer Gesellschaft ausreichendmediale, politisch-for male und auch weniger institutiona lisierteWege uns offen über zentrale Fragen der Gesellschaft auszutau schen. Die Frage wäre für mich eher, warumdieseMöglichkeiten bei der zentralen Frage der Digitalisierung von Schulen nicht in breiteremMaße genutzt werden. Hier wäre vor allem darauf zu schauen, inwiefern alle am Diskurs Beteiligten/von der Digitali sierung Betroffenen die gleichen Möglichkeiten haben, ihre Argu mente ungehindert und ohne He rabsetzung (zumBeispiel ‘die ewig Gestrigen’) einzubringen und gehört zu werden oder ob sich Deutungs- und Diskurshoheiten herausgebildet haben. Eine zweite grundsätzliche Frage wäre hier, wer auf welchem Wege undmit welcher Befugnis faktisch die zentralen Richtungsent scheidungen fällt. Insofernmuss dann auch ein Richtungspapier wie das Impulspapier II zur Debatte ge stellt werden. Ganz imSinne der Verantwor tungsethik von Hans Jonas erwar ten Sie eine Technikfolgenab schätzung der Digitalisierung insbesondere für den schulischen Kontext, um kritisch reflektiert in Hinblick auf Möglichkeiten und Grenzen der Digitalisierung die entsprechenden Innovationen selbstbestimmt steuern zu können: Benennen Sie doch bitte mal sol

QR-Codes & Links zumBeitrag Gutachten https://phv-nrw.de/2022/ 09/30/gutachten-die- digitale-welt-im-diskurs /

INFO

Impulspapier https://www.schulministe rium.nrw/impulspapier-2 zentrale-entwicklungs- bereiche-des-lernens

KMK-Papier https://www.kmk.org/filead min/veroeffentlichungen_ beschluesse/2021/2021_12_ 09-Lehren-und-Lernen- Digi.pdf

che möglichen Grenzen im schulischen Kontext, soweit Sie diese absehen können!

Dammer: Mir ist klar, dass das eine idealistische Forderung ist, da Erzie hung ein offener und nicht determi nierbarer Prozess ist, solangeman mehr anstrebt als Konditionierung. Insofern sind Folgen nur sehr bedingt abschätzbar. Außerdemreiben sich grundsätzlich der stets (zeit-)aufwän dige Prozess der Folgenabschätzung mit demerzeugten Innovationsdruck. Daher ist hier Technikfolgenabschät zungweniger konkret methodisch als Prüfungsinstrument zu verstehen, sondern als, wie Sie andeuten, Aus

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Thema

druck einer reflexivenHaltung aus pädagogischer Verantwortung he raus: Bei der ganzenDebattemuss man sich immer wieder klar machen, dass wir hier mit der Entwicklung und Zukunft unserer Kinder und Jugendli chen experimentieren, auf bisher dürftiger empirischer Grundlage. Grenzen sehe ich dort, wo elementa re Persönlichkeitsrechte verletzt wer den undwo das personaleVerhältnis von Lehrenden und Lernenden be troffen ist. Letzteres ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Lehrkraft mit ihrenKompetenzen immer weiter hinter demProgrammzurücktritt. Zumanderen liegenGrenzen in der prinzipiellenOffenheit von Lern- und Bildungsprozessen. Hinter der Digita lisierung steckt auch der Versuch ei ner stärkerenKontrolle über Lernpro zesse und das widerspricht demAn spruch einer gewissenAutonomie. Ich sehe übrigens einen klarenUnter schied zwischenAutonomie und der

positionen ‘vor, an, in’ beschrie ben, bezogen auf die Nähe der Geräte zu unseremKörper, also als ein immer stärkeres Eintau chen in die digitalenWelten. Um es dystopisch an einemBeispiel mal deutlich zu machen: Die Zu kunft stelle ich mir so vor, dass es Menschen gibt, die auf ihre Smart-Watch gucken müssen, um zu überprüfen, ob ihr Herz schlag noch geht. Wenn man es philosophisch ausdrückt, das Wahrnehmen der existenziellen Befindlichkeit kann immer ab hängiger werden von digitalen Medien, das heißt die Selbst wahrnehmung als ein leiblich gebundenes Wesen geht dabei verloren, bzw. das Bewusstsein davon, ohne dass sich dadurch an demFakt der Leiblichkeit etwas ändert. Vielleicht ist das auch eine Verdrängung der eigenen Sterblichkeit.

imZusammenhangmit der Digitali sierung verlangten Selbststeuerung des Lernens. Selbststeuerung heißt, ich bin für meine eigene Lernprozess organisation verantwortlich, wie auch für meineMotivation für das, wasmir allerdings qua Bildungsplan vorgege ben ist. Selbststeuerung ist ein kyber netischer Begriff und stammt aus technischen Systemen. Er passt da her auchwunderbar zur Digitalisie rung. Die Impulse und Zwecke der Selbststeuerungwerden von außen gegeben. Das hat mit Selbstbestim mung nicht viel zu tun. Die Schülerin nen und Schüler haben gewisserma ßen das zuwollen, was sie sollen. ZumAbschluss unseres Gesprächs: Wie stellen Sie sich in Zukunft eine Welt vor, in der Analoges und Digi tales immer mehr zu verschmelzen scheinen? Dammer: Der Prozess der Digitali sierung wird ja häufig mit den Prä

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Depressionen, Adipositas, Sucht: Die neue Krankheitswelle DAK-Studien zeigen erschreckende Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Kinder- und Jugendgesundheit

von Florian Kastl >> Pressereferent undBetreuungder Studie zurMediengesundheit bei der DAK-Gesundheit, beschäftigt sichmit der Entwicklungder Kinder- und Jugendgesundheit, Ansprechpartner für das Präventionsprogrammfit4future E-Mail: florian.kastl@dak.de

Mädchen mit Depressionen, Jungen mit Adipositas

Viel wird über die Kollateralschäden der Corona-Eindämmungsmaßnah men in Zeiten der Pandemie disku tiert. Zweifelsohne sind es die Kinder und Jugendlichen, die besonders stark unter der Pandemie leiden – und das häufig nicht trotz, sondern wegen der Einschränkungen. Denn dass sich ihr Gesundheitszustand, -verhalten und ihr Wohlbefinden seit Beginn der Pandemie deutlich verschlechtert hat, ist mittlerweile empirisch belegt: Die Coronazeit verschärfte die Bewe gungsarmut bei Schulkindern, sie beförderte Depressionen und Ess störungen bei Jugendlichen und führte zu einemdeutlichen Anstieg von Suchterkrankungen. Die DAK Gesundheit hat in diesemJahr bereits mehrere wissenschaftliche Untersu chungen vorgelegt, mit teils erschre ckenden Ergebnissen.

und Jugendlichen bis 17 Jahren von 2018 bis 2021 analysiert wurden, dokumentiert die negativen Auswir kungen der Corona-Zeit: 2021 gin gen Arztbesuche, Krankenhausauf enthalte und Arzneimittelverschrei bungen insgesamt weiter zurück. Einzelne Diagnosen wie Depressio nen, Essstörungen, Angststörungen und Adipositas stiegen in bestimm ten Altersgruppen teilweise dras tisch an. JugendlicheMädchenmit psychischen Erkrankungen wurden vermehrt direkt mit Medikamenten behandelt: So stieg die Verordnung von Antidepressiva um65 Prozent, diemedikamentöse Behandlung von Essstörungen nahmum75 Prozent zu.

Der Kinder- und Jugendreport 2022, in demAbrechnungsdaten von rund 782.000DAK-versicherten Kindern

Deutlich wird imReport damit auch, dass Mädchen und Jungen unter

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Schule & Beruf

Fotos (2x): AdobeStock

schiedlich in der Pandemie litten. Beispiel Depressionen: 2021 stiegen die Behandlungszahlen von 15- bis 17-jährigenMädchen um 18 Prozent imVergleich zur Zeit vor der Pande mie. Bei den 10- bis 14-Jährigen waren es sogar 23 Prozent. Bei Jun gen hingegen sank die Depressions Neuerkrankungsrate bei Schulkin dern um 17 Prozent und bei Jugend lichen um 15 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Angststörun gen. Bei krankhafter Fettleibigkeit se hen wir es genau umgekehrt: Im Vergleich zumVor-Pandemiezeit raum erhielten 14 Prozent mehr Grundschulkinder 2021 die Diag nose Adipositas. Dabei fällt die Zu nahme bei Jungen stärker aus als bei Mädchen. Bei Jugendlichen ist der Geschlechterunterschied noch ausgeprägter. Im Jahr 2021 er krankten 15 Prozent mehr männli che Jugendliche an Adipositas als noch 2019. Bei den Mädchen war es ein kleineres Plus von sechs Pro zent. Daneben zeigt der Kinder- und Ju gendreport erstmalig auch, dass der sozioökonomische Familienstatus einen großen Einfluss auf die kör perliche Verfassung der Kinder und Jugendlichen hat. So hatten Jun gen aus sozial schwachen Familien 2021 ein deutlich erhöhtes Risiko, neu an Adipositas zu erkranken. Sozioökonomischer Status spielt eine Rolle

Grafiken (3x): DAK

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Schule & Beruf

Vor der Pandemie war dieses Risiko sehr viel niedriger ausgeprägt. Ins gesamt scheint das Risiko einer Adi positas-Neuerkrankungsdiagnose also Familien zu betreffen, die ohne hin schon benachteiligt sind und weniger psychosoziale und ökono mische Ressourcen zur Verfügung haben, umeffektiv auf die Heraus forderungen der Pandemie zu rea gieren. BeimBlick auf das Gesundheitsver halten ergibt sich ein ähnliches Bild. Es wird für die Klassenstufen 5 bis 10 seit 2016 durch den Präventionsra dar der DAK-Gesundheit unter sucht. Demnach ist imVergleich zur Zeit vor Corona bei sozial benachtei ligten Jungen undMädchen der An teil an ausreichend körperlich Akti ven um fast ein Fünftel von 27 auf 22 Prozent gefallen. Bei zwei Dritteln

Studie zeigt, wie stark während der Corona-Pandemie dieMediensucht bei Kindern und Jugendlichen ge stiegen ist. Aktuell nutzen 4,1 Pro zent aller 10- bis 17-Jährigen Com puterspiele krankhaft. Hochgerech net auf die Gesamtbevölkerung in diesemAlter sind rund 220.000 Jungen undMädchen in Deutsch land betroffen, was imVergleich zu 2019 ein Anstieg um52 Prozent be deutet. Die Reporte der DAK-Gesundheit zeigen, wie sehr Jungen undMäd chen in der Pandemie gelitten ha ben und leiden. Der starke Anstieg beispielsweise bei Depressionen oder Essstörungen ist ein stiller Hil feschrei, der uns wachrütteln muss. Wir dürfen nicht länger zuschauen, sondern müssen demThema Kin der- und Jugendgesundheit end lich mehr Gewicht geben und han deln. Die Lage hat sich in den vergange nen zweieinhalb Jahren dramatisch verschärft, doch noch hat die Politik darauf nicht entsprechend reagiert. Deshalb fordert Andreas Storm, Vorsitzender des Vorstands der DAK-Gesundheit, seit längerembe reits die Einrichtung einer Enquete Kommission durch den Deutschen Bundestag. ‘fit4future’ – Präventions- angebote für Schulen Vor diesemHintergrund handelt die DAK-Gesundheit und verlängert die Laufzeit von fit4future, der gemein

der Schulkinder besteht demnach Bewegungsmangel, was die kindli che Entwicklungmassiv gefährdet. ImDurchschnitt verbringen Schul kinder mittlerweilemehr als zwölf Stunden täglich imSitzen. Laut eige nen Aussagen war jedes dritte Schulkind in der Coronazeit weniger sportlich aktiv. Von den sozial be nachteiligten Schulkindern berich ten das sogar 44 Prozent aller Be fragten. Mediensucht auf demVormarsch Wie die fehlende Bewegungmut maßlich oft kompensiert wird, ver deutlichen wiederumdie Ergebnisse einer gemeinsamen Längsschnitt studie der DAK-Gesundheit und des Deutschen Zentrums für Suchtfra gen des Kinder- und Jugendalters (DZSKJ) amUniversitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Die

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samen Präventionsinitiativemit der fit4future foundation. Mit der in haltlich undmethodisch weiterent wickelten Neuauflage des Pro gramms werden Schulen und Kitas dabei begleitet, nachhaltig und ei genständig eine gesunde Lebens welt für Kinder, Jugendliche und Er wachsene in ihren Einrichtungen zu schaffen. fit4future unterstützt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei, ihr individuelles Gesund heitsverhalten zu reflektieren und nachhaltig zu verändern. Bislang konntenmehr als 1,2Millionen Kin der und Jugendliche anmehr als 3.100 Einrichtungen von den Inhal ten profitieren. Denn die Förderung von Bewegung, Ernährung, psy chischer Gesundheit und geistiger Fitness sowie eines verantwor tungsvollen Umgangs mit digitalen Medien sind heute wichtiger denn je. Fit4future unterstützt die nächs te Generation dabei, ihr Leben aktiv, gesund und geistig stark zumeis tern – gerade in sozialen Brenn punkten. Dies ist jedoch nur ein Schritt auf demWeg, den vielfältigen Proble men zu begegnen, denen sich Kin der und Jugendliche durch die Pan demie gegenübersehen. Unabhän gig davon, wie sich die Covid-Pan demie weiterentwickelt, muss drin gend ein viel größerer Fokus auf das Wohlergehen der Kinder und Ju gendlichen gelegt werden, damit diese nicht weiter unter die sprich wörtlichen Räder geraten.

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Mythen imUkraine-Krieg Geschichte ist keine reine Rekonstruktion der Vergangenheit, die als Planspiel zur optimalen Gestal tung der Zukunft geschrieben wird. Sie bleibt ein Erklärungsmodell der Vergangenheit aus der Per spektive ihrer Entstehungszeit. Mythen sind dabei keine Geschichtsschreibung, sondern gemeinsa me Erzählungen, Narrative, losgelöst von realen historischen Ereignissen. Sie dienen der Selbstver gewisserung und Selbstbestärkung einer Gemeinschaft. Kein Angreifer in einemKrieg würde zugeben, dass er aus Habgier, Machtbesessenheit oder Angst handelt. Das würde abstoßend wirken auf Beobachter und auf das eigene Volk. Wer andere überfällt, braucht eine Erzählung, einenMythos, der den Krieg rechtfertigt, ihn als unvermeidlich erklärt, eine Geschichte, auf die sich die Gruppe der Angreifer verständigen kann, egal ob sie stimmt oder frei er funden ist. Ähnliches gilt für die Angegriffenen. Sie brauchen ebenfalls einen verbindendenMythos, eine gemeinsame Erzählung für den Zusammenhalt, um sich auch mental wehren zu können. Umdieses Thema geht es in der Auftaktfolge zur zweiten Staffel des historycast , demPodcast des Verbandes der Geschichtslehrerinnen und -lehrer Deutschlands. In den zwölf neuen Folgen werden Historikerinnen und Historiker zu neuen Forschungsergebnissen, Büchern oder Analysen zumVer schwörungsdenken befragt. Parallel hat der Verband aufwändig Unterrichtsmaterialien zu jeder Folge erstellt. Der Autor dieses Beitrags interviewte zumUkraine-Krieg die polnische Historikerin Dr. Agnieszka Pufelska. Sie lehrt an der Universität PotsdamAllgemeine Geschichte der Frühen Neuzeit. Hier ein Ausschnitt aus demPodcast.

ten zu etablieren, umauch diese Gruppen zumobilisieren. WelcheMythen beschwört und be setzt der russische Präsident Putin, umden Angriff auf die Ukraine zu begründen? Der ersteMythos ist der missionari scheMythos, also dass die Russen ei ne heilsgeschichtliche Funktion in der Welt haben, und siemüssen dieWelt erlösen, vor allemdie christlicheWelt. Dazu kommt noch das Selbstver

ständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach demMotto: Das erste Rom ist untergegangen, das zweite Rom, das heißt Konstanti nopel, ist auch untergegangen, und Moskau ist sozusagen das letzte Rom, die letzte Bastion des Christentums. WelcheWerte vertritt denn dieser russische Mythos dann? Familie, Gott, Vaterland, Nation, Gottesliebe, Einheit und Kollektivität. Wogegen sich dieser russischeMy

von Heiner Wember

Was ist überhaupt einMythos? Mythos ist meiner Ansicht nach ein Kraftspender, der die Geschichte strukturiert, um sie dann für die Gegenwart zu nutzen. Kraftspender klingt so positiv. Ja, wenn Sie so wollen, ist es auch ei ne Erzählung, eine kraftspendende Erzählung, dieman braucht, umKol lektive zu gründen, umGemeinschaf

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Das zweite Jerusalem. Die Russen haben das dritte Rom, die Ukrainer haben das zweite Jerusalem. Genau, das zweite Jerusalem. Und nach demMotto, dass sich die ukrai nische Staatlichkeit oder der ukraini sche Staatsgedanke oder die ukrai nische Nationalität von der Kiewer Rus herleitet. Das ist wichtig für die Ukrainer, umnicht zu sagen: Unsere Staatlichkeit leitet sich vom russi schen Imperiumab. Dass die dann von den Russen abstammen, son dern aus der Kiewer Rus. Muss Russland tatsächlich den Krieg verlieren, damit das Land zur Demokratie findet? Wir müssen uns darauf einstellen, dass neue Systeme entstehen, die alles in sich beinhalten, ein bisschen Kolonialismus, ein bisschen Imperia lismus, ein bisschen Demokratie. Weil alle diese Versuche, konkrete Systeme, konkrete Gedanken wie eben Demokratie, Zivilisation zu etablieren, gescheitert sind. Und wir müssen uns auf dieseMixformen einstellen. Das gesamte Gespräch und das didaktische Material finden Sie unter www.historycast.de. Der historycast wird gefördert von der Beauftragten der Bundes- regierung für Kultur undMedien.

thos vehement einsetzt, ist, wenn Sie so wollen, der westliche Individualis mus, dass jeder für sich allein ist. Und in Russland ist keiner allein.

Der ZweiteWeltkrieg spielt eine enorme Rolle in Russland heute, weil man dadurch behaupten kann: Die Millionen vonOpfern waren nicht umsonst, und die sind gestorben, damit wir jetzt ein großes, starkes Russland aufbauen. Nach demMot to: Die Russen können sich als die ewigen Befreier darstellen. Wir ha ben schonmal dieWelt vomFa schismus befreit, jetzt versuchen wir es erneut. Insofern haben wir wieder diese Kontinuitäten, die da hergestellt werden. Die eigene Staatlichkeit der Ukraine, die währt ja noch nicht so lange, erst seit 31 Jahren. Welche historischen Begrün dungslinien für ihre Eigenstän digkeit ziehen denn die Ukrai ner?Wie sieht ihr Mythos aus? Der ukrainischeMythos ist, dass er die ukrainische Staatlich keit oder die ukrainische Nationalität von der Kiewer Rus ableitet. Der große Verkehrsweg von der Ostsee runter ins Schwarze Meer an den Flüssen entlang, das heutige Belarus, Ukraine, Teile Russlands. Kiewer Rus war ein sehr starkes Fürstentumund hat mit allen euro päischen Höfen zusammengearbei tet, kooperiert. Mit der strahlenden Hauptstadt Kiew. Mit der strahlenden Hauptstadt Kiew. Und deswegen gilt imukrainischen Mythos Kiew als das ukrainische Jerusalem.

Stalin spielt wieder eine größere Rolle, vor allen Dingen die Rehabili tierung seiner Person. Warum? Stalin hatte eine starke Führerrolle. Dass Millionen vonMenschen für diese Idee sterbenmussten, wurde offensichtlich ganz schnell vergessen. Er hat denMachtanspruch, der im mer in Russland und in der Sowjetuni on vorhanden war, aufgegriffen und vertreten. Und insofern ist er deswe gen auch so populär, weil er diese im periale Tradition fortgesetzt hat. Und man kann wieder eine Kontinuitätsli nie vomZaren über Stalin bis Putin ziehen.

INFO

Dr. Heiner Wember ist Radio- journalist und Historiker, www.heinerwember.de.

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UK) und der ethnischen Identität (beispielsweise anhand von ethni schenMinderheiten in der US-ame rikanischen Gesellschaft). Nun also auch Fragen der sexuellen Identität? ImGegensatz zu ersteren Fragestel lungen haben die questions of iden tity and gender allerdings keinerlei ausdrücklichen Bezug zu einer eng lischsprachigen Kultur, der sich aus der besonderen, historisch entstan denen, komplexen sozialen Situation ergäbe. Mit einer gewissen Beliebig keit wird hier also demEnglischun terricht ein Thema vorgegeben, das aktuell imTrend liegt. Zudemwird auch das literarisch ausgerichtete Shakespeare-Thema durch eines ersetzt, das man in erster Linie an hand von Sachtexten erarbeiten wird – auch dies bedeutet more of the same. Auf der anderen Seite ist die Be schäftigung mit Shakespeare in mancher Hinsicht die Krönung des sen, was amGymnasium imEng lischunterricht möglich ist. Dabei ist unumstritten, dass Shakespeares Sonette und Dramen von vielen Schülerinnen und Schülern mit (Ehr-)Furcht betrachtet werden. Weiterhin steht die Sorge imRaum, diese Texte könnten unsere Schüle rinnen und Schüler überfordern. Brandon Robshaw hat dies in der prägnanten Formel »It's like handing pupils a treasure in a locked chest.« in einem zumAusdruck gebracht, Die Schatztruhe bleibt künftig geschlossen

To be or

not to be – Shakespeare oder identity and gender

terricht der Oberstufe wird nur noch theoretischmöglich sein, denn in der Praxis werden viele Schulen davon absehen, weil eine umfangreiche Obligatorik für das Abitur abzuhan deln ist. Wie ist diese Entwicklung einzuordnen?Was bedeutet sie für unsere Vorstellungen undMaßstäbe von gymnasialer Bildung? More of the same Für Shakespeare rücken ‘Questions of identity and gender’ ab 2025 in die Abiturvorgaben. Ohne Zweifel hat dieses Thema gesellschaftliche Relevanz; seine Berechtigung als Bestandteil des Englischunterrichts der Oberstufemuss aber infrage gestellt werden. Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern wird die ses Thema zwangsläufig als more of the same erscheinen: Schon jetzt behandeln wir imEnglischunterricht der Oberstufe Fragen der kulturel len Identität (zumBeispiel anhand der multikulturellen Gesellschaft im

von Claus-Dieter Schmidtke & Micha Frommeyer Konrad-Duden-GymnasiumWesel

Als imSommer 2022 bekannt wurde, dass Goethes ‘Faust’ seinen Status als Pflichtlektüre imbayerischen Abitur verlieren würde, sorgte dies für empörte Reaktionen von ver schiedenen Seiten. In Nordrhein Westfalen droht demFach Englisch nun ein noch entscheidenderer Ein schnitt: Ab demAbitur 2025 fällt das Thema ‘The impact of Shakespeare an drama on young audiences today’ aus den Vorgaben heraus. Es ist da mit zwar noch Bestandteil des Lehr plans der Sekundarstufe II, für die Abiturprüfung aber nicht länger rele vant. Während also in Bayern nur ein bestimmtes klassisches Drama Goe thes seinen bisherigen Stellenwert verliert, geht es in Nordrhein-West falen Shakespeare selbst an den Kragen: Die Auseinandersetzungmit seinen Dramen und Sonetten imUn

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Leserforum

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der selbst schon einmal ein Aus gangstext imZentralabitur war. Die Erfahrung aus zahlreichen Oberstu fenkursen zeigt aber, dass es unse ren Schülerinnen und Schülern sehr wohl gelingt, die Schatztruhe zu öff nen, die ihre Reichtümer offenbart, sobald das Schloss des altertümli chen und für die Lernenden unge wohnten Early Modern English geknackt ist. Eben dies macht die Beschäftigung mit Shakespeare für Schüler der Oberstufe zu einer ge winnbringenden Erfahrung: das sprachliche Hindernis zu überwin den und sich Zugang zur überaus reichen Gedankenwelt Shake speares zu verschaffen. Wer eine Fremdsprache umfassend erlernen will, kommt nicht umhin, sich auch mit der großen Literatur auseinan

Hinsicht immer noch so prägend, dass ein wichtiges Element in der Grundlage für echtes interkulturelles Verständnis nun fehlen wird. Die fast vollständige Abkehr von literari schen Klassikern steht letztlich dem imKernlehrplan festgeschriebenen Ziel einer wissenschaftspropädeuti schen Ausrichtung der gymnasialen Oberstufe entgegen. Vor diesem Hintergrund kann die durch die Abi turvorgaben vorgezeichnete Ent wicklung nur als Irrweg bezeichnet werden, denn sie bedeutet die Auf gabe von fachlichemAnspruch. Wir brauchen imEnglischunterricht der Oberstufe nicht more of the same, sondern eine guteMischung von Themen, die unsere Schülerinnen und Schüler in unterschiedlicher Weise fordern.

derzusetzen, die ihre Kultur hervor gebracht hat. Wissenschaftspropädeutik ade In dieser Hinsicht muss darauf hin gewiesen werden, dass die Strei chung eines von lediglich zwei klas sischen Literaturthemen aus den Abiturvorgaben sogar den imKern lehrplan formulierten Zielen nicht zuträglich ist, vielleicht sogar diesen zuwiderläuft. Die Förderung der interkulturellen kommunikativen Kompetenz wie auch der Text- und Medienkompetenz wird durch die nun fast ausschließliche Fokussie rung auf Themen des universellen Zeitgeistes umeine wichtige Dimen sion verkürzt. Gerade Shakespeare ist für denmodernen anglophonen Raum in sprachlicher und kultureller

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Interna

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Thomas Langer (li.) imGesprächmit den ehemaligen JuPhi-Vorsitzenden Wolfgang Ehlers, ReinhardHollunder und RichardOnnen (v.l.n.r.).

»A teacher presents the past, reveals the present and creates the future« Die JungenPhilologen sind seit ihrer Gründung Innovationsmotor undAushängeschild des DPhVundma chen denVerband für Lehramtsanwärter und junge Lehrkräfte durchVertretung ihrer Anliegen attraktiv. Das machteGeorgHoffmann beimFestakt imdbbForum inBerlin anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der JungenPhilologen imDPhVmit einemunterhaltsamen und aufschlussreichenRückblick deutlich. Vier ehemaligeBuAG-Vorsitzende auf demPodium– RichardOnnen, ReinhardHollunder,WolfgangEhlers und Thomas Langner – ergänzten dieRückschaumit ihren Erinnerungen an ihreAmtszeit.

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Berlins BildungssenatorinAstrid-Sabi ne Busse gratulierte den JungenPhilo logen undwies aus ihrer eigenen Er fahrung als Schulleiterin darauf hin, wiewichtigAustausch undVernetzung über Schulgrenzen und damit das Engagement in einemVerband sind, umdie Interessen der Lehrkräfte ge genüber der Politik zu artikulieren. dbb-Bundesvorsitzender UlrichSilber bachdankteden JungenPhilologen für ihr Engagement für denVerbandund vor allemfür denEinsatz für dieQuali tät ihrer eigenenAusbildung anden Schulen. InZeitendes Lehrkräfteman gels undder Personalnot imöffentli chenDienst dürfe gerade nicht anden Qualitätsstandards für Lehrkräfte ge spart werden, da sonst Bildungsqualität und -gerechtigkeit gefährdet seien. Intensiv diskutierten ineiner abschlie ßendenPodiumsdiskussionKMK-Prä sidentinKarinPrien, DPhV-Vorsitzende Prof. Dr. SusanneLin-KlitzingundDr. Jens Brandenburg, Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, moderiert vonGeorgHoffmann, über dieLehr

Die Jun gen Phi lologen kamen aus allen Bundes ländern zu ihrer Festver anstal tung nach Berlin.

inAnbetracht des gravierendenLehr kräftemangels darf anderQualität der Lehrerausbildungnicht gespart werden. UmdieAttraktivität des Lehrkräftebe rufs insgesamt zu stärken, müssten auch die iminternationalenVergleich sehr ho henStundendeputategesenkt werden. JuPhi-Vorsitzender Hoffmann dankte demElternverbandDPhV für die solida rischeUnterstützung, ohne die dieAr beit der JungenPhilologen nicht mög lich gewesenwäre – dieVerzahnung von ‘jung und alt’ ist das Erfolgsrezept des DeutschenPhilologenverbandes. GeorgHoffmann Landes- und Bundesvorsitzender der Jungen Philologen BMBF-Staatssekretär Jens Brandenburg (FDP), DPhV-Vorsitzende Susanne Lin Klitzing, KMK-Präsidentin Karin Prien (CDU) und der JuPhi-VorsitzendeGeorg Hoffmann (v.l.n.r.).

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kräfteausbildungunddenLehrkräfte mangel. BeidePolitiker betontenden hohenStellenwert, dendasGymnasium als erfolgreichsteSchulforminDeutsch land für siehabe. DPhV-Vorsitzende Lin-Klitzingwarntedavor, die zweite Phaseder Lehrkräfteausbildung im Vorbereitungsdienst weiter zu verkür zenundnicht wieder zu verlängern. Hoffmannmachte abschließenddeut lich, dass dieAusbildung vonLehrkräf ten keineFließbandproduktion ist. Das Anlegen vonLehr-Lern-Prozessenund dieReflexiondieser benötigenZeit. Wer besteBildungwill, muss auchbes teBedingungen inder Lehrerausbil dungunddenSchulen schaffen. Auch

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