DSTG Blickpunkt Nr. 07-08 | Juli/ August 2025

v.l.n.r. : Dr. Dr. Di Fabio, R. Staude (Vorsitz DBB NRW), A. Sauer-Schnieber

Beamtenbesoldung Ehemaliger Verfassungsrichter erkennt Verfassungswidrigkeit

Das am 29. Oktober 2024 verabschiedete Besoldungsgesetz in Nordrhein-Westfa len steht massiv in der Kritik. Wie der DBB NRW Beamtenbund und Tarifunion be reits während des Gesetzgebungsverfahrens vermutete, wurde die Verfassungs mäßigkeit des Gesetzes nun in einem externen Gutachten von Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio, einem anerkannten Staats- und Verfassungsrechtler und früheren Richter am Bundesverfassungsgericht, infrage gestellt.

ferenzierung in der Beamtenbesoldung zwischen Bund und Ländern. Besonders deutlich wird, dass die Besoldung der Beamten im Vergleich zu Tarifbeschäf tigten und zur allgemeinen Einkommens entwicklung ins Hintertreffen geraten ist. Die Rechtsprechung des Bundesver fassungsgerichts hat seit 2015 immer wieder detaillierte Maßstäbe für eine amtsangemessene Besoldung definiert, die durch das neue Gesetz in Nordrhein Westfalen nicht eingehalten werden. Fazit: Gesetz ist nicht haltbar Prof. Dr. Di Fabio kommt zu einem klaren Schluss: Das Besoldungsgesetz in seiner aktuellen Fassung ist insgesamt verfas sungswidrig. Die Grundlage für die Ali mentation muss neu durchdacht werden, um sowohl den verfassungsrechtlichen Anforderungen als auch den finanziellen Realitäten gerecht zu werden. Der DBB NRW fordert nun eine umgehende Über arbeitung des Gesetzes und eine Rück kehr zu einer verfassungskonformen Besoldungspolitik. Es bleibt abzuwarten, wie das Land Nordrhein-Westfalen auf diese deutli che Kritik reagieren wird und welche Konsequenzen das Gutachten für ande re Bundesländer haben könnte, die ähnliche Besoldungsreformen planen.

Gutachterliches Urteil: Verfassungswidrigkeit auf ganzer Linie Laut Prof. Dr. Di Fabio verstößt das Be soldungsgesetz in mehrfacher Hinsicht gegen die Verfassung:  Fiktives Partnereinkommen: Die Ein beziehung eines fiktiven Partnerein kommens bei der Berechnung der Besoldung verletzt Art. 33 Abs. 5 des  Antragserfordernis: Die Mindestali mentation, die den Abstand zur sozi alrechtlichen Grundsicherung wahrt, darf nicht von einem Antrag abhängig gemacht werden. Beamte haben ei nen rechtlichen Anspruch auf ange messene Besoldung von Amts wegen.  Ergänzungszuschlag: Der neu ein geführte Ergänzungszuschlag zum Familienzuschlag verletzt das interne Abstandsgebot zwischen den Besol dungsgruppen, da er die systemati sche Vergleichsberechnung verzerrt. Grundgesetzes, da sie gegen das Alimentationsprinzip und das Ab standsgebot verstößt

Kritik an strukturellen Mängeln Das Gesetz verfolgt das Ziel, die Ergeb nisse der Tarifrunde für die Länderbe schäftigten auf die Beamten und Pensio näre zu übertragen. Dabei wurde eine Be soldungsstrukturreform vorgenommen, die jedoch zentrale verfassungsrechtliche Prinzipien ignoriert. Besonders problema tisch ist die neue Bezugsgröße für die Mindestalimentation, die auf einer Mehr verdienerfamilie mit fiktivem Partnerein kommen basiert. Beamte, deren Partner kein oder ein geringes Einkommen erzie len, müssen jährlich einen Zuschlag bean tragen, um die Grundsicherungsgrenze zu erreichen. Laut Gutachten stellt dies eine Benachteiligung gegenüber Bedarfsge meinschaften dar und widerspricht der verfassungsrechtlichen Pflicht zum Schutz von Ehe und Familie.

Historische Entwicklung und bundesweite Auswirkungen

Das Gutachten kritisiert zudem die seit Mitte der 2000er Jahre zunehmende Dif

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DSTG-Blickpunkt 07-08/2025

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