Profil 12/2024

PROFIL // Titel

Entstehung der „Bachischen Schule“

eben selbst. Dabei handelte es sich um nicht weniger als heute selbst verständliche Meisterwerke: von den kleinen Präludien und Inventio nen bis hin zu den teils hochkom plexen Präludien und Fugen im „Wohltemperierten Klavier“. Später stellte er für Familienmitglie der „Notenbüchlein“ zusammen – bestehend aus eigenen und frem den Werken. Koska sagt: „Bach hat seine Sammlungen wie die ‚Inven tionen und Sinfonien‘ oder den ers ten Teil des ‚Wohltemperierten Kla viers’ erst in Köthen, also zwischen 1717 und 1723, systematisch ge ordnet und so eine Basis für den Unterricht gescha ff en. Diese Art des selbst entwickelten Lehrplans wurde später als ‚Bachische Schule‘ bezeichnet.“ Dass diese Werke ein mal in großen Konzertsälen ge spielt werden sollten, dürfte Bach kaum im Sinn gehabt haben. Schon

allein, weil die Lautstärke der sei nerzeit verfügbaren Instrumente (also meist Clavichord oder Cemba lo) nicht ansatzweise an das Volu men moderner Konzert fl ügel heranreichten. Wie sehr die Bach-Schüler die Wer ke ihres Meisters geschätzt haben dürften, belegen die zahlreichen handschriftlichen Abschriften sei ner Werke (die wenigsten erschie nen zu Bachs Lebzeiten gedruckt und dann nur in geringer Au fl age). In weiten Lehrerkreisen etablierten sie sich als unverzichtbares Unter richtsmaterial, das geradezu zwangsläu fi g irgendwann in die Hände von Wolfgang Amadeus Mo zart (1756-1791), Ludwig van Beet hoven (1770-1827) und Felix Men delssohn Bartholdy (1809-1847) fi el. Letzterer gab 1829 mit der Auf führung von Bachs Matthäus-Pas sion in der Berliner Sing-Aka- 

Welches Temperament hatte Bach als Lehrer? Da verhält es sich ähn lich wie beim Menschen Bach. Man kann vieles nur erahnen. Wenig überraschend legte er nach Aus sagen seiner Schüler viel Wert auf Disziplin, Fleiß, Genauigkeit („Rein heit des Spiels“, wie Carl Philipp Emanuel schrieb). Das mag sicher „streng“ gewirkt haben. Mutmaß liche Zornesausbrüche sind aber nicht belegt. Entscheidend ist aber, welchen Weg Bach als Musikpädagoge ging. Zunächst stand er vor der zeitlosen Herausforderung aller Lehrkräfte: geeignetes Unterrichtsmaterial fi n den. Und das war Anfang des 18. Jahrhunderts für Instrumente aller Art praktisch unmöglich. So kom ponierte Bach die Übungsstücke

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