Blickpunkt Schule 3 2025

In diesem Zusammenhang griff Judith Eggersdorfer die Schilderung eines Teilnehmers auf, der das Beispiel eines Parcours im Sportunterricht nannte – ein Unterrichtsele ment, das sowohl von der Lehrkraft als auch von den Ler nenden als herausfordernd und zugleich motivierend emp funden werde. Um auch Schulleitungen für den PERMA-Lead-Ansatz zu gewinnen und sie dafür zu begeistern, verwies die Re ferentin auf eine speziell für diese Zielgruppe konzipierte digitale Fortbildungsreihe des MAS, die über eben diesen zu beziehen sei. Hessische Schulen würden regelmäßig einge laden, an diesem Weiterbildungsangebot teilzunehmen. Unabhängig davon sei es wichtig, dass Lehrerkollegien ihre Schulleitungen ermutigen, in die Gestaltung tragfähi ger Beziehungen zu investieren. Im Hinblick auf die Verga be von Deputatsermäßigungen etwa sollten dabei Gerech tigkeit und Transparenz als handlungsleitende Prinzipien gelten, um Spannungen und Konkurrenzsituationen im Kollegium zu vermeiden. Judith Eggersdorfer schlug in diesem Zusammenhang vor, dass Schulleitungen klare und nachvollziehbare Krite rien für die Verteilung von Unterrichtsverpflichtungen und Ermäßigungen festlegen. Dies könne potenziellen Un gleichbehandlungen vorbeugen und das Gerechtigkeits empfinden im Kollegium stärken. Neben der zum Teil unausgeglichenen Belastungsvertei lung innerhalb des Kollegiums und den mitunter belasten den Beziehungen zwischen Lehrkräften und Schulleitung berichtete eine Zuhörerin von einer zunehmenden Häufung psychischer Erkrankungen unter Schülerinnen und Schü lern – ein Umstand, mit dem sich Lehrkräfte zusätzlich zu ihren unterrichtlichen Aufgaben konfrontiert sehen. Judith Eggersdorfer betonte hierzu, dass Lehrkräfte nicht in jedem Bereich zu Expertinnen und Experten wer den müssten. Vielmehr solle man professionelle Hilfe von außen in Anspruch nehmen – sei es durch den Schulpsy chologischen Dienst oder im Notfall durch den Rettungs dienst. »Was verliert man, wenn man den Krankenwagen ruft?«, fragte sie rhetorisch. Die zunehmende Fülle und Diversität an Aufgaben könne zu einer Überforderung führen, die letztlich in einer ‘Ent professionalisierung’ münde. Viele Lehrkräfte würden sich in der wachsenden Mehrarbeit verlieren – eine Entwicklung, die dem Erhalt der eigenen Gesundheit entgegenwirke. Lehrergesundheit aus der Sicht eines Schulpsychologen – Zeitmanagement und Grenzen setzen! Angestellt als Schulpsychologe am Staatlichen Schulamt, zunächst für den Landkreis Bergstraße und den Oden waldkreis und jetzt für den Schulamtsbezirk Gießen, gab der Referent Jonathan Stelck ‘Best practice tips’, wie Lehrkräfte durch ein anderes Bewusstsein für Zeit- management ihre Lehrergesundheit positiv beeinflussen können.

32 hphv intern SCHULE 3|2025

» v.l.n.r.: Björn Bock, Else Zekl, Volker Weigand, Tanya Gotta-Leger, Friedrich Bell, Julia Schubert-Förster, Philipp Schleipen, Angelika Kiene-Bock und Reinhard Schwab

geht davon aus, dass man durch bewussteres Wahrneh men positiver Momente und Emotionen (broaden) auch neue Einstellungen und Verhaltensweisen lernen kann (build). Die Broaden-and-Build-Theorie von Barbara Fredrickson beschreibt die handlungs- und gedanken- erweiternden Konsequenzen positiver Emotionen. In einer Zusammenschau stellte Judith Eggersdorfer evi denzbasierte Wirkungen positiver Emotionen auf den Men schen dar. Diese begünstigten die kognitive Leistungsfä higkeit, die Kooperationsbereitschaft, die Gesundheit, die Kreativität, die Immunabwehr, das soziale Verhalten – und: Unbewusst werde der Blick für das große Ganze geschärft. Diskussion Im anschließenden Austausch mit dem Publikum appel lierte Judith Eggersdorfer an die Zuhörerinnen und Zuhö rer, sich als Lehrkräfte am Konzept von PERMA-Lead zu orientieren. Dadurch würden sie nicht nur bei sich selbst, sondern ebenso bei den Schülerinnen und Schülern, die sie unterrichten, Wohlbefinden, Glück und Leistungsfähigkeit fördern. Dies habe unter anderem das österreichische Programm PERMA-Teach gezeigt, das auf die Stärkenorientierung der Lernenden setzt. Ziel sei es, dass die Schülerinnen und Schüler ihre individuellen Stärken erkennen bzw. gezielt an diese herangeführt werden. Für das gesamte Lernumfeld der Kinder und Jugendli chen – einschließlich der Eltern – gelte es, keine Defizitori entierung zu fördern, etwa durch Aussagen wie: »Ich war auch nie gut in Mathe, also wirst du es auch nicht können.« Stattdessen solle eine Haltung etabliert werden, die davon ausgeht, dass persönliches Wachstum durch Anstrengung und kontinuierliches Lernen möglich ist (Stichwort: Growth Mindset). Dies werde unter anderem durch die Förderung von Problemlösekompetenz unterstützt, die zur Entwick lung von Selbstwirksamkeit beiträgt, sowie durch die Stär kung sozialer Kompetenzen, insbesondere im Rahmen ko operativer Lernformen wie Gruppenarbeit.

Made with FlippingBook Online newsletter creator