Blickpunkt Schule 2 2025
planen, wann, wo, wie lange (zum Beispiel mittels Pomodoro-Tech nik), mit welchen Hilfsmitteln und mit welcher Unterstützung (von künstlicher Intelligenz über Freund bis Kollege) ich den Stres sor angehe? Teilweise durchaus. Diese Chancen zur eigenverant wortlichen Konfrontation des Stressors nutzen wir aktiv, wir sind selbstwirksam und lösungsorien tiert. (3)Wir trainieren unsere Stressverar beitungskompetenz. Wir kennen Atemtechniken zur Stressreduk tion, wir kennen die Funktion be stimmter Emotionen, die wir be wusst erleben und aktiv gestalten, wir lenken unser Denken aktiv (ko gnitive Umstrukturierung zum Bei spiel bezogen auf resultierende Wachstumsimpulse: Was lerne ich aus diesem Stressor, wie macht mich die Arbeit an diesem Stressor besser, kompetenter?), wir arbei ten auch körperlich an der Stress bewältigung (zum Beispiel durch progressive Muskelentspannung). ? KRÜGER: Wie kann die individu elle Stressverarbeitungskompe tenz trainiert werden? ! SPÖRRLE: Indem wir uns gezielt und in gesunder Weise Stress aus setzen. Wenn wir Menschen etwas öf ter machen, werden wir darin besser; das gilt für Programmieren, Saxofon spielen, Kampfsport, das Schreiben von Haikus und die Businessplaner stellung. Überraschung: Es gilt auch für Stressbewältigung. Durch körper liche Aktivität (zum Beispiel einen kurzen, intensiven Sprint), einen Käl teschock (zum Beispiel kalte Dusche), einen Wärmeschock (zum Beispiel Sauna) oder einen Ernährungsstres sor (zum Beispiel Fasten) werden wir (neben den teilweise vorhandenen gesundheitlichen Vorzügen) besser in der Stressverarbeitung. Solche selbst gemachten Stressoren finden zeitlich klar begrenzt, unter unserer Kontrolle statt und begleiten uns evolutionär schon lange, gut so, damit können wir umgehen und uns so trainieren. Viele denken jetzt: Aber das sind doch ganz
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andere Stressoren als meine Arbeits aufgaben oder der Umgang mit den toxischen Angehörigen eines Famili enmitglieds. Stimmt, aber die Verar beitung (!) dieser unterschiedlichen Stressoren läuft in uns sehr ähnlich ab und dieser Ablauf kann trainiert wer den. »Mein Leben ist so voller Stresso ren, die ich von außen und von ande ren Menschen abbekomme, da mache ich mir doch nicht noch selbst wel chen.« Dieser Gedanke ist vollkom men nachvollziehbar und er führt in die Passivität, in die Opferrolle und er verschließt uns Möglichkeiten, in un serer Stressverarbeitung besser zu werden. Die Psyche lernt: »Ah, Stress ist immer von außen, niemals unter meiner Kontrolle. Stress habe ich nicht in der Hand.« ! MODELICE NAM: Bei der Förde rung dieser Stressverarbeitungs kompetenz kann Technologie bereits helfen, wenn Software und tragbare Geräte (Wearables) genutzt werden, um das frühzeitige Erkennen von Stresssignalen und den gezielten Um gang damit zu trainieren. Zahlreiche Modelice Nam promoviert am Hochschulinstitut Schaffhausen in dem Forschungsschwerpunkt ‘Technologische Resilienz’. Sie untersucht hierbei, wie der Ein satz von Technologie zum Auf bau der Resilienz beitragen kann und wie Menschen sich an technologische Disruptionen anpassen, insbesondere, wie Emotionen, Einstellungen und Fähigkeiten den gezielten Ein satz von Technologie in diesem Kontext beeinflussen.
Gesundheits-Apps wie Woebot oder Wysa sowie Meditations-Apps wie Headspace, Calm oder Insight Timer ermöglichen es uns, die eigenen Emo tionen zu erkennen, Meditations-, Achtsamkeits- und Atemtechniken zu trainieren und Bewältigungsstrate gien in den Alltag zu integrieren, um Stress, emotionale Belastungen und physiologische Folgen von Stress wie Schlafstörungen zu reduzieren. Die negativen Implikationen von Medita tion und Achtsamkeit seien an dieser Stelle nur kurz genannt (Stichwort: McMindfulness). Tragbare Geräte wie Fitnesstracker können zudem beim Ressourcenauf bau helfen und bei körperlicher Aktivi tät, guter Ernährung und einer ge sundheitsfördernden Geisteshaltung (Mindset) unterstützen durch Affir mationen, Rückmeldung zu Fort schritten bei Aktivitäten oder zu Dis krepanzen zwischen aktuellem Ver halten und bestimmten Aktivitätszie len. Durch digitale Verbindungen zu anderen bekommen wir einen moti vierenden parasozialen Vergleich und auch parasoziale Unterstützung. Die nahe Zukunft wird uns individualisier Matthias Spörrle ist Professor für Wirtschaftspsychologie am Hochschulinstitut Schaffhausen (Schweiz) und Professor für Wirtschaftspsychologie an der Privatuniversität Schloss See burg (Österreich). In seiner For schung untersucht er mensch liche Entscheidungsfindung, insbesondere im Arbeits- und Geschäftsleben, aus technolo gischer, sozialer und evolutio närer Sicht.
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