Bildung aktuell 3/2025

Thema

unter den OECD-Durchschnitt ge sunken. Diese Resultate sind mehr als alarmierend. Dies zeigt sich im Be reich Mathematik auch daran, dass der Anteil von leistungsschwachen Schülerinnen und Schülern stetig zu nimmt, während der Anteil der leis tungsstarken Schülerinnen und Schü lern stetig abnimmt. War der Anteil in beiden Leistungsgruppen im Jahr 2012 noch nahezu ausgeglichen (17,5 % leistungsstark; 17,8 % leistungs schwach), stieg der Anteil der leis tungsschwachen Schülerinnen und Schüler in der aktuellen Erhebung auf 29,5 %, während der Anteil der leis tungsstarken Schülerinnen und Schü ler auf 8,6 % zurückging. Besonders betroffen sind hierbei Kinder mit Zu wanderungshintergrund und aus so zioökonomisch benachteiligten Fami lien. Dies zeigt sehr eindrücklich, dass im Bildungssystem in seiner jetzigen Form es nicht gelingt, die unter schiedlichen Voraussetzungen der Lernenden adäquat zu berücksichti gen und allen Schülerinnen und Schülern eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht zu ermöglichen. Notwendigkeit angepasster Unterrichtskonzepte Um der Diversität in den Lerngruppen zu begegnen, bedarf es dementspre chend didaktischer und pädagogi scher Konzepte, welche den individu ellen Anforderungen und Bedürfnis sen der Lernenden gerecht werden. Der immer noch weit verbreitete ‘Ein heitsunterricht für alle’ kann diesen Anforderungen nicht gerecht werden.

Vielmehr sollte ein Ansatz verfolgt werden, welcher die lernendenzen trierte Binnendifferenzierung stärker in den Fokus des Unterrichts rückt. Die Rolle der Lehrkraft verschiebt sich da mit weg von der des reinen Wissens vermittlers mehr hin zu einem Lern prozessinitiator und -begleiter. Über geordnetes Ziel hierbei ist es, Lernpro zesse stärker an die individuellen Voraussetzungen und Bedürfnisse anzupassen, um allen Schülerinnen und Schülern, unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen und Fähigkeiten, eine erfolgreiche Partizi pation am Unterricht zu ermöglichen. Individuelle Förderung bisher eine Überforderung der Lehrkräfte Diese Forderung ist jedoch schnell ge stellt, insbesondere auch von Seiten der Bildungspolitik. Allerdings stellt die Umsetzung im alltäglichen Unter richt Lehrkräfte vor große Herausfor derungen. Es stellt sich die Frage, wie es Lehrkräfte in den gegebenen Strukturen des Schulsystems gelingen soll, bei Klassengrößen von bis zu drei ßig Kindern diese in den 45 Minuten einer Unterrichtsstunde alle individu ell zu fördern? So belegen auch For schungserkenntnisse, dass Individuali sierung im alltäglichen Unterricht nur unzureichend umgesetzt wird (zum Beispiel Gebhardt et al., 2014; Klieme et al., 2015; Kunze & Solzbacher, 2016; Letzel & Otto, 2019), obwohl dies bil dungspolitisch schon des Längeren gefordert wird. Allein eine solche For derung zu stellen, reicht jedoch nicht aus, vielmehr müssen Lehrkräfte darin

adäquat unterstützt werden, stärker individualisierten Unterricht auch praktisch im alltäglichen Unterricht umzusetzen zu können. Eine Möglich keit diese Unterstützung zu realisie ren, liegt im Einsatz von digitalen Anwendungen, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) basieren. KI-Anwendungen als Unterstützung der Lehrkräfte In welchen Bereichen des Schulsys tems KI eingesetzt werden könnte, untersuchte die Studie ‘KI@Bildung: Lehren und Lernen in der Schule mit Werkzeugen Künstlicher Intelligenz’ der Deutsche Telekom Stiftung (Schmid, Blanc & Toepel, 2021). KI-basierte Anwendungen können demnach auf drei Ebenen Verwen dung finden (vgl. Abb Seite 8). Prof. Becker-Genschow ist Leiter des Forschungs- gebiets Digitale Bildung mit Schwerpunkt Künst- liche Intelligenz am Department Didaktiken der Mathematik und der Naturwissenschaften der Universi tät zu Köln. Er war mehrere Jahre tätig als Lehrer für Physik und Mathematik. Er promovierte an der TU Kaiserslautern zum Thema tech nologieunterstützter Physikunter richt. Forschungsschwerpunkte: Unterstützung von Lehr-Lern- Prozessen im MINT-Bereich durch KI-basierte Technologien sowie digitalisierungsbezogene Professi onsentwicklung von Lehrkräften.

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