lehrernrw 3 2022

SERIE HAUPTSCHULEN

Fotos: Hauptschule Hopsten

Berufswahlorientierung ein weiterer Erfolgs- faktor. Eine jährliche Ausbildungsplatzbörse mit mehr als vierzig Unternehmen aus unter- schiedlichen Branchen, die Berufewoche, dreiwöchige Betriebspraktika, Berufsfeld- erkundungstage, Praxiskurse, Berufsein- stiegsbegleitung, Bewerbungstrainings oder Langzeitpraktika sind hier nur einige Stich- worte. Für alle Fragen rund um den Über- gang von der Schule in einen Beruf oder einen weiterführenden Bildungsgang ist das StuBo-Team mit Silvia Kruse und Martina Mersch für die Schülerinnen und Schüler da. Die St. Georg Schule ist sehr gut vernetzt mit den Betrieben und Unternehmen in der Region. Nicht selten wird ein Praktikum zum Sprungbrett für eine Ausbildung. Von jährlich etwa vierzig Absolventen finden mehr als ein Drittel unmittelbar eine Lehrstelle im Rah- men der dualen Ausbildung. Die übrigen Schülerinnen und Schüler entscheiden sich meist für weiterführende Bildungsgänge als Anschlussperspektive. Erfreulicherweise wird durch die früh einsetzende und individuelle Berufswegeplanung jährlich eine hundert- prozentige Versorgerquote gewährleistet, so Schulsozialpädagogin Silvia Kruse. Die Erfah- rung zeige: »Unsere Schülerinnen und Schü- ler haben einen guten Ruf.« Jochen Smets INFO In Nordrhein-Westfalen gibt es (immer noch) 175 Hauptschulen, rund 6300 Hauptschul-Lehrkräfte und über 52 000 Hauptschüler. Und doch bewegt sich die Hauptschule in der öffentlichen Wahr- nehmung und beim Image unter dem Radar. Aber gerade in Zeiten, da Schlag- worte wie Fachkräftemangel, individuel- le Förderung oder Integration die (schul-) politische Diskussion prägen, kann die Hauptschule ihre Stärken ausspielen. Höchste Zeit also, die vermeintlich ver- gessene Schulform wieder stärker ins öf- fentliche Bewusstsein zu rücken. lehrer nrw tut dies mit einer Serie, in der wir in loser Folge Hauptschulen vorstellen, die mit innovativen Konzepten und guter Ar- beit erfolgreich sind.

172 Schülerinnen und Schüler besuchen aktuell die St. Georg Hauptschule. Die Hopstener Schule hat über die Gemeindegrenzen hinaus einen guten Ruf.

  Gelebte Inklusion im Lernstudio

 Gemeinde Hopsten unterstützt uns zu 100 Prozent«, lobt Schulleiter Timo Donnermeyer.  Neue Wege im gemeinsamen Lernen Nun macht eine gute Ausstattung noch keine gute Schule. Darum freut sich Don- nermeyer, dass er ein 25-köpfiges Kollegi- um hinter sich weiß, dass das Schulkon- zept mit Leben füllt. Dabei spielt vor allem das gemeinsame Lernen eine zentrale Rol- le. Die St. Georg Hauptschule hat Kinder mit unterschiedlichen Förderbedarfen, meist in den Bereichen Lernen sowie emo- tionale und soziale Entwicklung. Allein acht der zum laufenden Schuljahr an die Schule gekommenen Kinder bringen einen sonderpädagogischen Förderbedarf mit. Um sie optimal zu fördern, hat die St. Georg Hauptschule neue Wege beschrit- ten, erklärt Kathrin Richter, Ansprechpart- nerin für das gemeinsame Lernen im Schulleitungsteam. Das verbreitete und oft mit Stigmatisie- rung verbundene Prozedere, dass der För- derschullehrer mit im Klassenraum ist, situativ einen Schüler mit Förderbedarf herausgreift und in einem separaten Raum mit ihm gesondert arbeitet, gibt es an der Hopstener Hauptschule nicht mehr. Statt- dessen wurde im Zuge der Neugestaltung des Raumprogramms ein Lernstudio einge- richtet.

Dort sind immer zwei bis drei Mitglieder des multiprofessionellen Teams für die Schüle- rinnen und Schüler da. Unter ihrer Beglei- tung können die Kinder gemäß individuell zugeschnittener Förder- und Entwicklungs- ziele arbeiten. Die Besonderheit des Kon- zepts, erklärt Kathrin Richter: Der Besuch des Lernstudios ist freiwillig. Die Schülerin- nen und Schüler kommen auf Einladung oder sogar aus Eigeninitiative. Manchmal nutzen sogar Kinder ohne Förderstatus das Lernstudio – auch darin zeigt sich gelebte Inklusion. Wegen des freiwilligen Ansatzes herrscht im Lernstudio eine offene, produkti- ve Atmosphäre, die ein intensives individu- elles Arbeiten möglich macht, schwärmt Sonderpädagogin Nicole Ciezki. Das Beispiel des Lernstudios zeigt die Stär- ke der St. Georg Schule im Besonderen, aber auch der Schulform Hauptschule im Allge- meinen, sagt Schul-Sozialarbeiter Jörg Brös- kamp, der zwischenzeitlich auch an einer Ge- samtschule tätig war, sich aber bewusst wie- der für eine Hauptschule entschieden hat: »Hier ist ein kleines System, das individuelle, passgenaue Angebote möglich macht.«  Erfolgreiches Berufs- orientierungs-Konzept Neben dem gemeinsamen Lernen ist die be- reits in der Jahrgangsstufe 7 einsetzende

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