Profil 6/2025
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haben auch Elektrogeräte die Ten denz dazu, schneller kaputtzugehen. Schulen müssen kaputte Geräte ersetzen, Lizenzen erneuern, neue Programme und Apps kaufen, das Intranet warten, Personal bezahlen, schulen und vieles mehr. Der nächste Digitalpakt musste also mehr sein als eine „reine Bestellliste für Endgeräte“, wie es Ex-Bildungs ministerin Bettina Stark-Watzinger formulierte. Neben den vielfältigeren Zielen sollte sich auch bei der Finan zierung etwas ändern. Und vor allem hier lag der Hund begraben: Der Bund wollte nicht mehr 90 Prozent der Kosten tragen und pochte daher auf eine 50-50-Aufteilung. Das wiede rum lehnten die Länder ab. Denn es ging auch um Ein fl uss: Der Bund will mehr mitreden, wofür das Geld aus gegeben wird, was bei den Ländern wie zu erwarten auf Ablehnung stieß. Bildung ist schließlich Ländersache. Die Verhandlungen kamen ins Sto cken, bis mit Cem Özdemir ein neu er Bildungsminister ins Amt kam. Mit dem frischen Wind fanden Bund und Kulturministerkonferenz schließlich einen Kompromiss: Der Bund stellt 2,5 Milliarden zur Ver fügung, die Länder ebenfalls, dürfen aber bestehende Förderungen wei ter nutzen. Ein Großteil dieser Mit tel, etwa zwei Milliarden Euro, kann durch Anrechnungen von bereits geplanten Ländermaßnahmen erfol gen. Damit waren die Länder einver standen und stimmten an jenem Freitag, dem 13., im Bundesrat für den Digitalpakt. Fifty- fi fty mit Kni ff
digitale Infrastruktur an Schulen zu verbessern, die Lehrkräfte fortzubil den und die Entwicklung innovativer Lehr- und Lernmethoden zu för dern“. Das sind die drei sogenann ten Handlungsstränge des Digital pakts. Die Infrastruktur erhält dabei den Löwenanteil des Geldes. Für WLAN-Netze, Endgeräte und digitale Lernplattformen stellt der Bund den Ländern 2,25 Milliarden Euro zur Verfügung, die Länder beteiligen sich mit 500 Millionen Euro. Die rest lichen 250 Millionen Euro des Bun des fl ießen im Rahmen des dritten Handlungsstranges in die Initiative „Digitales Lehren und Lernen“. Diese soll die digitale Lehrkräftebildung voranbringen. Bei alldem soll auch die prekäre Situation in besonders fi nanzschwachen Kommunen be rücksichtigt werden. Auch die neue schwarz-rote Bundes regierung hat sich den Digitalpakt 2.0 auf die Fahne geschrieben. Der entsprechende Absatz im Koalitions vertrag streut die Ziele noch breiter: „Mit dem neuen Digitalpakt bauen wir die digitale Infrastruktur und verlässliche Administration aus. Wir bringen anwendungsorientierte Lehrkräftebildung, digitalisierungs bezogene Schul- und Unterrichts entwicklung, selbstadaptive, KI-ge stützte Lernsysteme sowie digital gestützte Vertretungskonzepte vo ran.“ Außerdem verlängert die Koali tion den Abrechnungszeitraum für angefangene länderübergreifende Maßnahmen um zwei Jahre. Bedürf tige Kinder will sie verlässlich mit Endgeräten ausstatten.
Digitalpakt 2.0 steht, dass die Länder bis Mitte Februar 2025 konkrete Ver einbarungen zu den drei Handlungs strängen vorlegen sollen. Bisher ist das nicht passiert. Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbands DPhV, kritisierte Anfang des Jahres auf der Bildungsmesse didacta das langsame Tempo des Projekts: „Dass die Verhandlungen über die Fortset zung des bis Anfang 2024 gelaufe nen ersten Digitalpakts auch Anfang 2025 noch nicht beendet sind, zeigt zwei ganz zentrale Probleme auf: zum einen, dass die politischen Ent scheidungsträger grundsätzlich viel zu lange benötigten, dieses wichtige Maßnahmenpaket in eine beschluss fähige Form zu bringen. Zum ande ren ist das Konstrukt eines immer wieder nur befristet laufenden Digi talpakts zu hinterfragen.“ Ein weiterer Faktor der Unsicherheit sind die Pläne der neuen Koalition, die Ressorts der Ministerien neu auf zuteilen. Das Bildungsministerium soll mit dem Familienministerium verschmelzen und das Querschnitts thema Digitalisierung soll ein eige nes Ministerium erhalten. Dies birgt das Risiko, dass wertvolle Zeit ins Land geht, da vorab Zuständigkeiten neu verteilt werden müssen. Schon der alte Digitalpakt litt unter einem komplizierten Prozess für die An tragsstellung und Vergabe. Das war einer der Gründe, warum manche Schulen kein Geld erhielten oder erst gar keinen Antrag stellten. Und selbst wenn das alles geklärt ist, bleibt ein „siebensilbiger“ Haken, von dem der Erfolg oder Misserfolg abhängt: „Alle Maßnahmendes Koali tionsvertrages stehen unter Finan zierungsvorbehalt.“ Das heißt, auch die Vorhaben, die den Digitalpakt betre ff en, wird die neue Koalition nur bei genügend Etat im Haushalt umsetzen. dsc
Damoklesschwert Finanzierungsvorbehalt
Drei Handlungsstränge für eine digitale Bildung
Was zunächst nach einem konkre ten Plan aussieht, steht allerdings bei genauem Hinsehen auf wacke ligen Füßen. In der Erklärung zum
Ziel des neuen Digitalpakts ist laut Bundesbildungsministerium „die
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