Blickpunkt Schule 2/2023
Der Bereich ‘politische Bildung’ im Europäischen Curriculum Das in vier Bildungsbereiche geglie derte kompetenzorientierte ‘Europäi sche Curriculum’, der Basistext der Europaschulen, ist fächerübergrei fend angelegt und für alle Schulfor men und deren Jahrgangsstufen an wendbar. Es wird kontinuierlich wei terentwickelt, sowohl mit Blick auf die Bildungswissenschaft als auch unter Berücksichtigung der praktischen Er fahrungen aus den Schulen. Es befin det sich zurzeit erneut in der Überar beitung. Das schulformübergreifende Curri culum verzichtet bewusst auf eine fächerbezogene Zuordnung, da im Programm Schulen unterschiedliche Schulformen mitarbeiten. Vielmehr beschreibt es vier Bildungsbereiche als Strukturprinzip: • Kulturelle und ästhetische Bildung, • sprachliche Bildung, • mathematisch-naturwissenschaft liche Bildung sowie • politische Bildung. Letztere hat in Zeiten zunehmender Europaskepsis an Bedeutung gewon nen. Als Reaktion auf das Abdriften (Ungarn, Polen) bzw. das komplette Aussteigen (Großbritannien) von Staaten aus Europa, aber auch als Re aktion auf das Anwachsen von Euro pafeindlichen Bewegungen etwa in Italien, Frankreich und Deutschland ist ‘Politik und Wirtschaft’ immer mehr zum Leitfach der Europaschulen geworden. Diese Entwicklung war den Verfassern des Europäischen Curricu lums wohl schon 2010 bewusst, denn sie schreiben auf Seite 56: »Die politi sche Bildung ist eine zentrale Aufgabe von Schule. Erziehung zur Demokra tiefähigkeit ist Prinzip und durch dringt die gesamte schulische Arbeit. Sie findet ihre besondere Ausprägung im gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfeld und muss als fortlau fender Prozess und Kernaufgabe schulischer Bildung verstanden wer den. Dies begründet den hohen Stel lenwert politischer Bildung in der Schule. Sie unterrichtet und erzieht
aller Schulformen, darunter auch ein Oberstufengymnasium. Sie dehnt sich geografisch von Hofgeismar bis Fulda und von Fritzlar bis Eschwege aus. Der von den Schulen gewählte Regional koordinator ist das Bindeglied zwi schen der einzelnen Schule und dem Kultusministerium, wo das Referat I.2 für die Europaschulen zuständig ist. In dieser Funktion gibt er Informationen vom Hessischen Kultusministerium an die Schulen weiter und leitet Anfragen aus seiner Region gebündelt nach Wiesbaden. Er organisiert außerdem vor Ort gemeinsame Projekte der Schulen. Von dreien, die gut zeigen, wie sich politische Bildung – manch mal auch etwas ungewöhnlich – um setzen lässt, soll nun die Rede sein. a) Politische Podiumsdiskussion 2018 Mit einer gemeinsamen Veranstal tung aller acht nord- und osthessi schen Europaschulen im Beisein der hessischen Bundes- und Europa ministerin Lucia Puttrich wurde am 4. Mai 2018 in der Kasseler Fried rich-List-Schule die Europawoche 2018 in Hessen eröffnet. Nach ein leitenden Reden des Schulleiters Herrn Kircher und der Ministerin führte Herr Krüger als Regionalko ordinator durchs Programm. Dieses bestand aus einer Podiumsdiskus sion mit der nordhessischen Euro paabgeordneten MartinaWerner, mehreren Politikern aller im hessi schen Landtag vertretenen Partei en sowie demVorsitzenden der Kasseler Europa-Union, Professor Heußner. Moderatoren waren Schü lerinnen und Schüler von den zwei Albert-Schweitzer-Schulen in Hof geismar und Kassel. Sie befragten in zwei Runden die Anwesenden zu Gegenwart und Zukunft der EU so wie zur Lage der Jugend in Europa. Dabei mussten sie des Öfteren in ihren weitschweifenden Ausführun gen bremsen, was ihnen sehr gut gelang. In einer dritten Runde konnten die anwesenden Schülerinnen und Schüler der nordhessischen Euro paschulen gezielt Fragen an die Politikerinnen und Politiker stellen,
über die Entwicklung politischer Mün digkeit zur Demokratiefähigkeit und weckt das Verständnis für politische, kulturelle, gesellschaftliche, ökono mische und rechtliche Zusammen hänge.« Auf der gleichen Seite wird auch deutlich formuliert, worauf speziell die Europaschulen ihre Schülerinnen und Schüler vorbereiten sollen: »Das übergeordnete Bildungsziel der Politi schen Bildung an Hessischen Europa schulen ist der zur aktiven politi schen Teilnahme befähigte urteils fähige europäische Bürger . Dies be inhaltet dessen Verständnis für politi sche, gesellschaftliche, ökonomische und rechtliche Zusammenhänge in ih rer historischen, ethisch-religiösen und geografischen Dimension.« Doch wie gelangt man im Schulall tag zu solchen künftigen Bürgern (und Bürgerinnen) Europas? Die Euro paschulen setzen dafür in den folgen den Bereichen besondere Akzente: • Förderung von Bemühungen, die auf ein Engagement für den euro päischen Einigungsprozess und mehr Mitbestimmung auf allen politischen Ebenen zielen; • Unterstützung der persönlichen Identitätsfindung in einer zuneh mend komplexeren Weltordnung im Spannungsfeld eines nationalen und gleichzeitig europäischen Ver ständnisses; • Vorbereitung auf eine international geprägte Lebens- und Arbeitswelt; • Öffnung des Blickwinkels für euro päische Fragen und die Rolle Europas in der Welt mit dem Ziel der Multiperspektivität. Wie sich diese Akzente praktisch in Projekten niederschlagen, sollen drei Beispiele aus der Arbeit der Europa schulen zeigen.
Politische Bildung
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Drei Beispiele für die politische Bildung an Europaschulen
Die drei Beispiele stammen aus mei ner Arbeit als Regionalkoordinator der Region Nord-Ost der Hessischen Europaschulen. Diese umfasst insge samt acht weiterführende Schulen
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