Blickpunkt Schule 2/2023
Demokratie leben und Haltung zeigen Das Modellprojekt ‘Starke Lehrer – starke Schüler’ in Hessen V erschwörungsmythen, frem denfeindliche Positionen im Unterricht und rassistische Die Autoren
Politische Bildung
Ressentiments – antidemokratische Einstellungen und Verhaltensweisen haben auch die Schulen erreicht. Derlei Positionen fordern die libera le Gesellschaft derzeit verstärkt he raus (Achour, 2018) . Mit digitalen Erscheinungsformen wie Hate Speech und Fake News haben ent sprechende Diskurse neue Qualitä ten erreicht und Desinformations phänomene haben sich zu einer zentralen gesellschaftspolitischen Herausforderung entwickelt (Lam berty & Rees, 2021) . Schulen und damit auch Lehr kräfte sind gefordert, für demokra tische Werte einzustehen, Demo kratiebildung als Aufgabe aller Ak teure in der Schule zu begreifen und umzusetzen. Um antidemokrati schen Positionen entgegenstehen, demokratische Schulentwicklung begleiten und Schüler und Schüle rinnen zur Teilhabe in der Demokra tie befähigen zu können, benötigen Lehrkräfte entsprechende Kennt nisse, Fähigkeiten und Bereitschaf ten. Diese zu vermitteln, Lehrkräfte wie auch Schulgemeinschaften zu stärken, ist Anliegen des 2022 ge starteten Modellprojekts ‘Starke Lehrer – starke Schüler’ (https:// starkelehrer-starkeschueler.de/) in Hessen. Das Hessische Kultusminis terium fördert gemeinsam mit der Robert Bosch Stiftung und in Ko operation mit der Bundeszentrale für politische Bildung das Modell projekt über drei Jahre mit 360 000 Euro. Hessen ist nach Sachsen, Nie dersachsen und Brandenburg der vierte Projektstandort. Die konzep tionelle Entwicklung und die Durch führung obliegen einem Projekt team an der Philipps-Universität Marburg unter der Leitung der Poli tikdidaktikerin Prof. Dr. Susann Gessner.
Dr. Susann Gessner (links) ist Professorin für Didaktik der politischen Bil dung am Institut für Politikwissenschaft der Philipps-Universität Marburg. Sie leitet das Modellprojekt ‘Starke Lehrer – starke Schüler (Hessen)’. Philipp Klingler (Mitte) und Maria Schneider (rechts) sind wissenschaftli che Mitarbeitende in dem Modellprojekt.
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Demokratiebildung als Querschnittsaufgabe Den Schulen kommt als Ort gelebter Demokratie sowie als verbindliche So zialisationsinstanz für alle jungen Menschen eine besondere Rolle bei der Adressierung gesellschaftlicher Gefährdungen zu. Unter dem Auftrag der Demokratiebildung verfolgt die Schule das Bildungsziel der Mündig keit. Sie bezieht sich dabei auf die »demokratischen Grundwerte wie Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Emanzipation« (Ken ner & Lange, 2020, S. 48) . Demokra tiebildung umfasst neben dem Fach unterricht politische Bildung auch po litische Bildung als fächerübergrei fendes Prinzip sowie soziales Lernen und politisches Handeln in der Schule, beispielsweise durch Mitbestim mungsmöglichkeiten der Schülerin nen und Schüler. Demokratiebildung ist also nicht nur Aufgabe der Politik lehrkräfte, sondern auf verschiedenen Ebenen die Aufgabe aller Lehrkräfte und der Schulgemeinschaft. Die Kultusministerkonferenz for muliert als »besondere Herausforde rung für die Schule […] ausgrenzende,
menschenverachtende und antide mokratische Grundpositionen« (KMK, 2018, S. 2) . Demokratiebildung er schöpft sich aber nicht in einer Bil dung gegen Extremismus, sondern ist vielmehr in ihren positiven Bezugs punkten und als Bildung für Demo kratie zu verstehen. Sie »ist nicht eine zusätzliche Aufgabe, die zur Perspek tive des eigenen Unterrichtsfaches hinzukommt. Vielmehr stehen die de mokratische Schul- und Unterrichts arbeit sowie die politische Bildung im Zentrum des professionellen Auftra ges« (May & Heinrich, 2021, S. 10) . Berufliche Schulen im Speziellen werden von politischen Bildungsange boten bisher wenig beachtet – das ist aus zwei Gründen problematisch: Ei nerseits sind berufliche Schulen für viele (junge) Erwachsene die letzte schulische Instanz vor dem vollständi gen Eintritt in die Berufswelt, ande rerseits unterstreichen Studien, dass der Umgang der Lehrkräfte an beruf lichen Schulen mit Rechtsextremis mus und Demokratiefeindlichkeit durchaus virulente Themen sind (Be sand, 2014, S. 132 f.) . Lehrkräfte neh men »rechtsextreme Äußerungen in Unterrichtskontexten als Bewäh
SCHULE
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