Bildung aktuell 5/2024
gen. Deshalb könnte der Marathon-Ansatz womöglich der falsche sein. Wäre es nicht sinnvoller, die lange Distanz in kleinere Strecken aufzuteilen und statt der Langstrecke lieber viele Sprints einzulegen? Ein Ausflug ins Projektmanagement soll das verdeutlichen. Rund sechzig Prozent aller klassisch geplanten Projekte gehen in die Hose: Sie werden nicht fertig, oder nicht mit dem gewünschten Ergebnis, es tauchen unerwartet Pro bleme auf, es werden Fehler gemacht, Personal kommt und geht, der Kunde hat Extrawünsche und und und. Klassisches Projektmanagement wird gern mit einem Tanker verglichen, der nur schwer Fahrt aufnimmt, sehr langsam die Richtung ändern kann und einen enormen Bremsweg hat. Läuft was schief, ist schnelle Hilfe schwie rig. SOS! Der Reiseweg des Tankers ist geplant, Fehler sind nicht vorgesehen und deshalb nicht mitgedacht worden. Pech, denn Fehler passieren. Im Gegensatz dazu geht modernes, agiles Projektmana gement anders vor. Die lange Reise wird in kleinere Etappen, so genannte Sprints, aufgeteilt. Ein Sprint nach dem anderen wird geplant und abgearbeitet, die Mannschaft kann schnell auf Unwägbarkeiten reagie ren, sie gefährden im Fall der Fälle nicht mehr das ge samte Projekt. Ist ein Sprint abgeschlossen, ist das The ma erledigt und der nächste, darauf aufbauende, wird in Angriff genommen. Niemand muss mehr warten bis zum Projektende, eine Aufgabe nach der anderen wird abge arbeitet. Nach und nach wächst das Projekt, alle sehen
Fortschritte. Statt jahrelang auf das Ende des Projektes zu warten, wird mit dem gearbeitet, was in den Sprints erreicht worden ist. Spracherwerb und Lehrermangel zeigen, wie wichtig der Faktor Zeit ist Wie wichtig der Faktor Zeit ist, zeigen drei Beispiele. Beispiel Spracherwerb: Zum zweiten Halbjahr des neu en Schuljahres soll in Grundschulen mehr Unterricht in den Fächern Deutsch und Mathe erteilt werden. Förder stunden werden dazu ab Herbst zu Deutsch- bzw. Ma thestunden umetikettiert, deren Gesamtzahl steigt in der Folge. Der PhV hält den Ansatz für richtig, nicht zu letzt, weil von früher Sprachförderung alle Schulformen profitieren werden. Die jüngsten IQB-Erhebungen ha ben dramatische Defizite beim Übergang zu weiterfüh renden Schulen dokumentiert. Wenn Hans im Gymnasi um mitkommen möchte, muss Hänschen vorher die deutsche Sprache lernen. Die Krux ist wiederum der Faktor Zeit. Denn, so rechnen die Kolleginnen und Kollegen des vlw zum Schulstart vor: »Die Ergebnisse dieser Maßnahme werden frühestens in sieben Jahren in den Berufskollegs wirken können.« Gym nasien und Gesamtschulen müssen sich weniger lang ge dulden, aber auf kurze Sicht wird sich auch dort wenig än dern. Was nicht bedeutet, das Problem der mangelnden Sprachkompetenz nicht schon in der Grundschule, am >
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