Bildung aktuell 5/2023
Thema
Der Bildungsausschuss im Austausch über aktuelle medienpädagogische Herausfor derungen - v. l. n. r.: Sven Kommer, Michael Horstmann, Meik Bruns, Yvonne Lütten, Hendrik Sauerwald, Guido Schins, Sabine Mistler, Thomas Seibel, Carsten Hütter, Susanne Waltemate.
Den digitalen Wandel gestalten Über »aktuelle Herausforderungen der Bildung in der digitalen Welt aus medienpädagogischer Sicht« sprach unser Redaktionsmitglied Meik Bruns mit Prof. Dr. Sven Kommer, Lehrstuhlinhaber Didaktik und Digitale Bildung an der RWTH Aachen. Anlass war ein Treffen des PhV-Bildungsausschusses mit dem Wissenschaftler.
Kann eine kritische Überprüfung der Ergebnisse einer textgenerierenden KI überhaupt geleistet werden? PROF. DR. SVEN KOMMER: Wie viele aktuelle Beispiele zeigen, kann sie nicht nur –, sondern muss geleistet werden. Aufgrund ihrer strukturellen und konzeptionellen Eigenschaften ist ein ‘Halluzinieren’ der Systeme nie auszuschließen. Für die Überprüfung bedarf es der geradezu klassischen Kompetenzen der Recherche und Quellenkritik. Also: Alle scheinbaren Fakten gegenchecken, weitere Quel len finden, diese auf ihre Qualität hin überprüfen, etc. etc. Wie und in welchem Umfang kann man das Thema ‘Ideologiekritik / Quellenkritik in der digitalen Welt’ im unterrichtlichen Kontext aufgreifen? KOMMER: Immer und überall, wo ‘Fakten’ und ‘Quellen’ genutzt werden. Letztlich beginnt das eigentlich schon beim Schulbuch (auch denen ist nicht immer zu trauen), gilt für Print- und Online-Presse – und in besonderem Maße für alle ‚sozialen Medien‘, Erklär videos und anderes. Und es gilt auch für die ganze Bandbreite der Formen: Vom Faktencheck über Ideologiekritik
(wenn man sich traut, das heute noch so zu nennen) bis hin zur Diskursanaly se oder Dekonstruktion (französischer Post-Strukturalismus) etc. Mit Blick auf die aktuelle Lage und die Gefähr dung unserer Demokratie (die ich durchaus sehe): So umfänglich wie nur irgend möglich. Das muss ja nicht im mer zentraler Gegenstand der Stunde sein, sondern kann auch en passant er folgen: »Woher weißt Du das? Wo steht das? Wer hat das geschrieben? Woher kommt das Bild?« Es stellt sich die Frage, wie eine an gemessene Umsetzung von Medien kompetenzen aussehen könnte: Sollte es mehr verpflichtenden In formatikunterricht in Kombination mit Medien-/Werteerziehung ge ben, oder sollte es beim Konzept Anbindung des Medienkompetenz rahmens (MKR) an alle Fächer blei ben? KOMMER: Informatikunterricht ver mittelt in der Regel bestenfalls Aus schnitte aus dem Feld der Medien kompetenz (siehe aber das Dagstuhl- Fächerkanon ändern? Mehr Informatikunterricht?
und das Frankfurt-Dreieck). Aus mei ner Sicht, die nicht alle Kolleginnen und Kollegen teilen, hat die Anbin dung an alle Fächer sich nicht be währt – obwohl sie nicht verlorenge hen darf. Ein eigenes Fach (wie auch im Dagstuhl-Papier gefordert), das (unter welchem klugen Namen auch immer) an die erprobten Traditionen der Medienkompetenzvermittlung (das meint auch Medienbildung und Medienerziehung) anknüpft und sie (wie in den genannten Papieren ent worfen) mit entsprechenden Elemen ten informatischer Bildung zusam menführt, wäre hier unbedingt not wendig. Möglicherweise wäre das ak tuell nur in einer engen Kooperation von Medienpädagoginnen und -pä dagogen und Informatikdidaktikerin nen und -didaktikern zu realisieren. Grundsätzlich gibt der MKR hier schon eine hilfreiche Linie vor – es geht im Kern eben nicht um das Erlernen von Programmiersprachen, aber auch nicht um eine abwertende und abweh rende, zu kurz gedachte Medienkritik, gar Medienablehnung. Konzepte, Ide en und Materialien für ein solches ‘Fach‘ liegen eigentlich schon lange vor, es bedarf der Zusammenführung und vor allem Umsetzung.
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