Bildung aktuell 4/2024

Schule & Beruf

derung lässt sich zunächst das regu läre vom speziellen Curriculum un terscheiden, wobei durch inhaltliche Komprimierung des regulären Lehr plans (z.B. Curriculum Compacting) zeitliche Ressourcen für zusätzliche Lerninhalte (z.B. Parallel-Curricu lum) geschaffen werden können. Zudem lassen sich integrative bzw. inklusive Förderangebote (z.B. Bin nendifferenzierung) von separativen Förderformaten (z.B. Pull-out-Pro gramme) abgrenzen. Darüber hinaus können die Individualförderung (z.B. Mentoring) und die Gruppenförde rung (z.B. Grouping) in einzelnen Domänen differenziert werden. Fer ner kann das beschleunigte Lernen (d.h. Akzeleration) vom angereicher ten Lernen (d.h. Enrichment) unter schieden werden, wobei letztere Lernformate vertiefende Angebote innerhalb des regulären Curriculums (d.h. vertikales Enrichment), oder auch zusätzliche Themen außerhalb des regulären Curriculums (d.h. hori zontales Enrichment) adressieren kann. ? Sie beschäftigen sich seit Jahr zehnten mit dem Begabungs begriff. Was hat sich in der schuli schen Praxis geändert bei der För derung besonders begabter Kin der? Fischer: In früherer Zeit wurden vor nehmlich spezielle Ansätze zur För derung besonders begabter Kinder und Jugendlicher außerhalb des re gulären Unterrichts (z.B. Arbeitsge

meinschaften, Zusatzkurse, Wettbe werbe, Akademien) im Sinne extra curricularer Aktivitäten in der Schule praktiziert. In neuerer Zeit werden verstärkt adaptive Formate der Be gabungs- und Begabtenförderung innerhalb des regulären Unterrichts (z.B. selbstreguliertes forschendes Lernen, kooperatives transformati ves Lernen) im Sinne der Individuali sierung und Differenzierung in der schulischen Praxis umgesetzt. ? Wie bewerten Sie die aktuel len Pisa-Ergebnisse in diesem Zusammenhang? Fischer: Die Pisa-Ergebnisse bele gen für Deutschland deutliche Ver

besserungsmöglichkeiten bei den Anteilen von Schülerinnen und Schülern nicht nur auf den unteren Kompetenzstufen, sondern auch auf den höheren Kompetenzstufen. Ne ben den erkennbar leistungsstarken Schülerinnen und Schülern gilt es, jedes Kind und jeden Jugendlichen als potenziell leistungsfähig zu adressieren, nicht zuletzt, um Unter forderung aus Empathie zu vermei den. Daher sollte Begabungs- und Begabtenförderung im Sinne eines diagnosebasierten individuellen For derns und Förderns als umfassendes pädagogisches Prinzip in der gesam ten Breite der Schullandschaft – von der Grundschule bis hin zum Gym nasium – entlang der Bildungsbio grafie vor allem innerhalb des regu lären Unterrichts praktiziert werden.

Prof. Dr. Christian Fischer ist Professor für Erziehungswissen schaft mit dem Schwerpunkt Schulpädagogik, Begabungsfor

INFO

schung und Individuelle Förderung (seit 2010) sowie Prodekan für Forschung und Transfer am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Sozi alwissenschaften an der Universität Münster (seit 2024). Zudem ist er Vorstandsvorsitzen

der des Internationalen Centrums für Begabungsforschung (ICBF) der Universitäten Münster, Osnabrück und Nijmegen so wie wissenschaftlicher Leiter des Landeskompetenzzentrums für Individuelle Förderung NRW (lif) der Universität Münster, des Mi nisteriums für Schule und Bildung NRW sowie der Qualitäts- und Unterstützungsagentur NRW (seit 2010). Darüber hinaus ist er Stellvertretender Vorsitzender der Steuergruppe des vom BMBF geförderten Forschungsverbunds ‘Leistung macht Schule – Trans fer in die Schullandschaft’ (seit 2023).

.16

Made with FlippingBook - Online catalogs