Bildung aktuell 1/2024

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Die Ergebnisse der einschlägigen Studien zur Lehrkräftearbeitszeit der letzten Jahrzehnte haben deut lich gemacht, dass die Arbeitszeit der Lehrkräfte über der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst liegt. Als em pirisch gesichert gelten auch die Be funde, dass es eine breite Streuung der realen Ist-Arbeitszeiten gibt und dass der Arbeitsaufwand maßgeb lich von den Fächern und der Schul stufe bestimmt wird. Unstrittig ist zudem, dass für die pädagogische Kernaufgabe des Unterrichtens im mer weniger Zeit zur Verfügung steht, während außerunterrichtliche Tätigkeiten deutlich mehr Raum einnehmen. Die gesundheitlichen Folgerisiken der Überlastung wur den zuletzt durch die LaiW-Studie des Deutschen Philologenverban des nachdrücklich vor Augen ge führt. Arbeitszeiterfassung – mit Risiken und Nebenwirkungen Ob eine Einführung der Arbeitszeit erfassung die Situation der Kollegin nen und Kollegen tatsächlich ver bessern wird, wird entscheidend von der konkreten Ausgestaltung ab hängen. Es ist abzusehen, dass nicht alle Änderungen auf Begeisterung stoßen werden. Für den Arbeitgeber werden fiskalische Erwägungen und der akute Lehrkräftemangel hand lungsleitend sein. Aus berufspoliti scher Perspektive drängen sich eini ge Fragen auf, zum Beispiel:

Die Überlastung und die fehlende Ar beitszeitgerechtigkeit stellen zentrale Herausforderungen im Schulbereich dar. Die Hoffnung, dass mit der Ar beitszeiterfassung alles besser wird, könnte sich im Nachhinein allerdings als trügerisch erweisen. Der PhV NRW fordert eine spürbare Entlastung von Lehrerinnen und Lehrern Das Land muss für eine spürbare ar beitszeitliche Entlastung der Lehr kräfte sorgen. Der PhV NRW fordert die Reduzierung der Pflichtstunden zahl auf 23 Wochenstunden und eine deutliche Erhöhung der Anrech nungsstunden für besondere Belas tungen, insbesondere für Korrekturen. Im Falle der Einführung der Arbeits zeiterfassung fordert der PhV NRW, dass die Zeit in der Schule als Ganzes als Arbeitszeit erfasst wird. Darüber hinaus muss eine Erfassung der Ar beitsleistung außerhalb des Schulge bäudes separat davon erfolgen. Dazu gehören neben der Vor- und Nachbe reitung von Unterricht selbstverständ lich auch Schulfahrten, Korrekturen, Elterngespräche und vieles mehr.

■ Wie können Leistungskontrolle und Überwachung der Beschäf tigten verhindert werden? ■ Werden Lehrkräfte künftig ihren Anspruch auf dreißig Tage Urlaub pro Kalenderjahr anmelden müs sen? Werden die übrigen unter richtsfreien Zeiten auf die Schul wochen umgerechnet, so dass die während der Unterrichtszeit ge schuldete Wochenarbeitszeit bei deutlich mehr als 41 Stunden lie gen wird? ■ Wird der Dienstherr die realen Korrekturzeiten als Arbeitszeit anerkennen? Oder wird es – wie im ‘Hamburger Modell‘ - zu einer pauschalen Zuweisung von reali tätsfernen Zeitkontingenten für die Korrektur einer Klausur kom men? ■ Wird der Arbeitgeber im Rahmen der Zeiterfassung auch die Ein haltung der Vorgaben des Ar beitsschutzgesetzes zu den Ru hezeiten kontrollieren, so dass das von vielen Kolleginnen und Kollegen praktizierte Arbeiten am Abend oder am Sonntag nicht mehr möglich sein wird? ■ Wird die Arbeitszeiterfassung eine Ausweitung der Präsenz pflicht nach sich ziehen und die freie Einteilung der Arbeitszeit infrage stellen? ■ Kann die Einführung der Zeiter fassung einer Stechuhr-Mentali tät Vorschub leisten, die dem Wesen der pädagogischen Arbeit zuwiderliefe?

Positionspapier des DPhV vom 11. November 2023: https://www.dphv.de/ 2023/11/14/positions- papiere-2023-bra/)

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