lehrernrw 6 2022

RECHT § AUSLEGER

 Eine Vertretung durch Rechtsanwälte bei der Anhörung ist nach §§ 2 Absatz 3 Nr. 3, 14 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) NW nicht gestattet. Im schulischen Rah men haben Betroffene sich selbst zu ver treten.  Nichtöffentlichkeit und Verschwiegenheit Bei der Ausübung des Ermessens, ob sie eine Ordnungsmaßnahme verhängt, hat die Teilkonferenz als schulisches Mitwir kungsgremium die allgemeinen Verfah rensvorschriften nach §§ 62 ff. SchulG zu beachten. Daher gelten die Grundsätze der Nichtöffentlichkeit (§ 62 Absatz 5 Satz 2 SchulG) und der Verschwiegenheit (§ 63 Absatz 2 Satz 1 und 2 SchulG). Beschlüsse sind Mehrheitsbeschlüsse (§ 63 Absatz 4 Satz 1 SchulG). Hat die Teilkonferenz getagt, ist darüber nach § 63 Absatz 4 Satz 5 SchulG ein Pro tokoll zu fertigen, welches folgende Punk te enthalten sollte: ■ Bezeichnung des Mitwirkungsorgans ■ Ort, Beginn, Ende der Sitzung ■ Tagesordnung (Sachverhaltsaufklärung, Anhörungen, Beratung, Beschlussfas sung) ■ Feststellung über ordnungsgemäße Bekanntgabe von Ort, Zeit und Tagesordnung sen 2 . Die Niederschrift über den Sachver halt und die Befragungen sind von den Durchführenden und der Protokollführung unter Angabe des Datums zu unterschrei ben. Darüber hinaus ist der betroffenen Schülerin oder dem betroffenen Schüler sowie den Eltern vor der Beratung und Abstimmung rechtliches Gehör zu gewäh ren. Dies gilt unbeschadet des Wortlauts von § 53 Absatz 8 SchulG auch, wenn die Schulleitung entscheidet 3 . Die Betroffenen können auf die Anhörung verzichten. Schülerinnen und Schüler können zur Anhörung aber auch eine Vertrauensper son hinzuziehen.

 Teilkonferenz befindet über Ordnungsmaßnahmen Ordnungsmaßnahmen werden dagegen in einem förmlichen Verfahren verhängt. Über Ordnungsmaßnahmen nach § 53 Ab satz Nr. 1-3 SchulG entscheidet die Schul leitung (§ 53 Absatz 6 SchulG). Diese kann sich aber auch von einer Teilkonferenz be raten lassen oder dieser die Entschei dungskompetenz übertragen. Die Teilkon ferenz ist bei der Androhung und bei Voll ziehung der Entlassung von vornherein das zuständige Organ (§ 53 Absatz 7 SchulG). Sie wird gemäß § 53 Absatz 7 SchulG ge bildet aus einem Mitglied der Schulleitung, der Klassen- oder Jahrgangsstufenleitung, drei weiteren Lehrkräften oder (sonder-) pädagogischen Mitarbeiterinnen oder Mit arbeitern, gewählt von der Lehrerkonfe renz. Auch dazu gehören Eltern- und Schü lervertreter. Diese dürfen bei der Be schlussfassung mit abstimmen, sofern die betroffene Schülerin oder der betroffene Schüler oder die betroffenen Eltern nicht widersprechen. Die Betroffenen nehmen an der Beratung und Abstimmung selbst nicht teil. Wichtig ist die Kontinuität der Mitgliedschaft über die Dauer des Schul jahres. Die nötige vertrauensvolle Zusam menarbeit lässt die Mitarbeit nur für kon krete Einzelfälle nicht zu. Kein generelles Ausschlusskriterium für die Mitgliedschaft ist die Besonderheit, selbst Opfer des Fehl verhaltens gewesen zu sein. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass bei einer pädagogisch geschulten Person zum Beispiel bei einer Beleidigung grund sätzlich nicht die Besorgnis der Befangen heit besteht 1 .  Gründliche Aufklärung Als Ausfluss des Rechtsstaatsgebots gilt es, den Sachverhalt vor einem Ordnungs maßnahmenverfahren gründlich aufzuklä ren. Zeitnah schriftlich zu vermerken sind Ort und Zeit, betroffene Personen, Geschä digte, Zeuginnen und Zeugen sowie Schä den. Bei der Niederschrift gilt es, Aussagen wörtlich wiederzugeben sowie eigene Schlüsse und Einschätzungen zu unterlas

■ Hinweis, ob Teilnahme der Eltern- und Schülervertreter widersprochen wurde

■ Angabe der Vorwürfe ■ Stellungnahmen dazu ■ Beratungsverlauf ■ Beschlussfassung imWortlaut ■ Abstimmungsverhältnis ■ Begründung der Maßnahme

 Gemäß §§ 2 Absatz 3 Nr. 3, 29 VwVfG NW ist darüber den Betroffenen Einsicht zu ge währen.  Sofortige Vollziehung mit sachbezogener Begründung Nach §§ 53 Absatz 9 SchulG, 37 ff. VwVfG NW ist die Ordnungsmaßnahme selbst schriftlich zu erlassen und zu begründen. Als Verwaltungsakt kann gegen die Maß nahme Widerspruch und Klage erhoben werden. Ein Widerspruch hat aufschieben de Wirkung, das heißt die Maßnahme wird zunächst nicht umgesetzt. In bestimmten Fällen verpufft dann regelmäßig der beab sichtigte Zweck wie beispielsweise ein Ausschluss vom Unterricht nach einer Schlägerei 4 . Daher haben die Ordnungs maßnahmen der Überweisung in eine andere Klasse und des Unterrichtsaus schlusses keine aufschiebende Wirkung von Gesetzes wegen (§ 53 Absatz 3 Satz 2 SchulG). Mit entsprechender sachbezoge ner Begründung kann die sofortige Vollzie hung auch im Einzelfall angeordnet wer den. Erteilte Maßnahmen gehören nicht in das Schülerstammblatt, sondern in die Schülerbegleitmappe (Anlage 2 II. zu § 4 Absatz 5 der Verordnung über die zur Ver arbeitung zugelassenen Daten von Schüle rinnen, Schülern und Eltern). 1 Van den Hövel, Schulrecht NRW – Was Lehrerinnen und Lehrer wissen müssen, 5.Aufl. 2020, S. 212 2 Van den Hövel, Schulrecht NRW – Was Lehrerinnen und Lehrer wissen müssen, 5.Aufl. 2020, S. 213 3 Van den Hövel, Schulrecht NRW – Was Lehrerinnen und Lehrer wissen müssen, 5.Aufl. 2020, S. 213 4 Jülich, van den Hövel, Schulrechtshandbuch NRW, § 53, RN 21

■ Namen der Anwesenden ■ Zahl der Stimmberechtigen

Christopher Lange leitet die Rechtsabteilung des lehrer nrw E-Mail: Rechtsabteilung@lehrernrw.de

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6/2022 · lehrer nrw

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