lehrernrw 5/2021
SCHULE & POLITIK
Bildung ist systemrelevant Der Bildungsbereich war in der Zeit der Pandemie ein wesentlicher Stabilitätsanker für die Gesellschaft, für Familien, Eltern und Kinder. In ’unnormalen’ Zeiten hat das gesamte pädagogische Personal einen im- mensen Einsatz für die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs sowie den Erhalt der persönlichen Beziehungsebene zwischen Elternhaus und Schule geleistet. Eine enorm wichtige und ebenfalls unbestreit- bar ’systemrelevante’ Aufgabe, die öffent- lich viel zu wenig gewürdigt wurde und wird. Und eben- ren, das nicht nur im Vergleich zu anderen Berufsgruppen konkurrenzfähig ist, son- dern das auch über dem Inflationsaus- gleich liegt. Alles andere wären Einkom- menseinbußen! Da die Inflationsrate deut- lich angezogen hat, die Beiträge für die Sozialversicherungssysteme ebenfalls über- proportional steigen, auch wegen der Pan- demie, kann die Schlussfolgerung für den Arbeitgeber, das Land Nordrhein-Westfa- len, nur heißen, auch in dieser ’schwierige- ren’ Phase der volkswirtschaftlichen Ent- wicklung für die Zukunft vorzusorgen. Heute in die Welt von morgen investieren Denn wer jetzt nicht in die Welt von mor- gen investiert, der wird den Anschluss ver- lieren. Und das heißt für den Bildungssek- tor auch, dass der Arbeitgeber in ’Köpfe’ investieren muss, quantitativ und qualita- tiv. Insofern liegen die Lehrerverbände gemeinsam mit dem dbb und tarifunion goldrichtig, wenn diese Einkommensrunde unter dem Motto steht: Zukunft – nur mit uns! so folgerich- tig ist es des- halb, den Be- schäftigten ein Entgelt zu gewäh-
KOMMENTAR
in den Fokus der politischen Agenda tritt bzw. stärker treten müsste. Nordrhein-Westfalen tut sich auf diesem Gebiet sehr schwer. Im jüngsten Bericht des Bildungsmo- nitors landet
Der öffentliche Dienst wird in Krisenzeiten immer wieder als ’Einsparpotenzial’ be- trachtet. Das hat aber nicht immer zum gewünschten Erfolg geführt, sondern bis- weilen die Situation sogar noch verschärft! Die Wirtschaft macht es seit längerem an- ders, sie investiert antizyklisch, um Krisen zu bewältigen. Im Bildungssektor scheint das noch nicht ausreichend angekommen zu sein, sonst würde Nordrhein-Westfalen im Vergleich der Bundesländer bei den Bildungsausgaben für die verschiedenen Schulstufen nicht auf den hinteren Plätzen liegen. Und dies schon seit vielen Jahren! Eine direkte Auswirkung dieser unzurei- chenden Bildungsausgaben ist die schlechte Schüler-Lehrer-Relation. »Jeweils in den Grundschulen und den allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufe I (ohne Gymna- sien) weist Nordrhein-Westfalen die größten Klassen aller Bundesländer auf.« (Bildungs- monitor 2021, S. 168/169) Es gibt kaum noch jemanden, der den Zusammenhang zwischen Klassengröße und Unterrichtsqualität leugnen wollte. Die Er- fahrungen der Lehrkräfte aus den letzten Monaten mit den verschiedenen Unter- richtsformaten aufgrund der Infektionslage haben zudem mehr als deutlich gemacht, dass mit geeigneten Unterrichtsbedingun- gen ein qualitativ exponentiell besserer Un- terricht möglich wird. In Zeiten des demografischen Wandels müsste das Land daher sofort umsteuern, um mit attraktiven Arbeitsplätzen, moder- nen bzw. renovierten Schulgebäuden sowie kleineren Klassen einen effektiveren wie auch qualitätsorientierten Unterricht zu er- möglichen und gleichzeitig mit einer ange- messenen Vergütung, die der Verantwortung für gute Bildung gerecht wird, mehr geeig- netes pädagogisches Personal für die Schule zu gewinnen. Das Maß an Zufriedenheit aller Beschäf- tigten steht und fällt mit dem Einklang zwi- schen Aufgabe und Ergebnis. Wenn die äu- ßeren Strukturen dies jedoch verhindern bzw. beeinträchtigen, dann kann trotz guter Absicht eine Trendumkehr nicht gelingen. Diese sollte uns die nächste Generation aber doch wert sein! Ulrich Gräler
Nordrhein-West- falen bei den Bil- dungsausgaben von der Grund- schule bis zur Sekundarstufe II
auf dem vorletzten Platz. Bis heute rächen sich die Versäumnisse mehrerer ehemali- ger Landesregierungen. Eine Trendumkehr ist derzeit noch nicht zu erkennen. Die ver- mehrten Anstrengungen zahlreicher ande- rer Bundesländer weisen da in eine andere Richtung und zeigen auch schon erste Er- folge.
Wettbewerb um
geeignetes Personal
Wer jedoch die Bildungslandschaft derart stiefmütterlich behandelt, darf sich nicht wundern, wenn die wirtschaftliche Ent- wicklung und damit der Wohlstand aller Menschen in diesem Bundesland irgend- wann in Gefahr geraten. Insofern kann es nur folgerichtig sein, imWettbewerb um geeignetes Personal finanzielle Anreize zu schaffen, um Interessenten und qualifizier- te Bewerber für den Bildungsbereich zu gewinnen, von der Kita bis zum
Gymnasium oder Berufs- kolleg. Genauso folgerichtig
ist es, dem gesamten pädagogischen Per- sonal an Schulen eine ihrer beruflichen Aufgabe entsprechende Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Eine Aufgabe, die in Corona-Zeiten sogar noch erhebliche zusätzliche Belastungen mit sich brachte. Was sich dann auch im Entgelt widerspie- geln sollte.
Ulrich Gräler ist stellv. Vorsitzender des lehrer nrw E-Mail: graeler@lehrernrw.de
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5/2021 · lehrer nrw
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