lehrernrw 1 2022

RECHT § AUSLEGER

Foto: AdobeStock/stockfoto

  Schwerpunktschulen als Auffangbecken Aber nicht nur die aktuellen Neuntklässler an den Hauptschulen und Realschulen sind von dieser Entwicklung betroffen: Weit weniger offensichtlich ist, dass auch die aktuellen Abschlussjahrgänge an Haupt- und Realschulen ganz besonders intensiv hinsichtlich eines Wechsels ans Gymnasium beraten werden müssen. Schließlich, und das haben sie dann mit allen ihren Mitschülerinnen und Mitschü- lern unabhängig von der bis dahin be- suchten Schulform gemeinsam, können sie bis zur Abiturprüfung kein Schuljahr wie- derholen, sondern müssen bei zu vielen Defiziten das Gymnasium zwingend ver- lassen. Unter ihnen fehlt schlicht ein gan- zer Jahrgang. Als Notlösung sollen auch hier die Schwerpunktschulen herhalten, die alle Wiederholerinnen und Wiederho- ler aus den umliegenden Städten und Kreisen auffangen sollen.  Hoher Beratungsbedarf Schon jetzt steht fest, dass die Besonder- heit der beiden Abschlussjahrgänge für die Kolleginnen und Kollegen an Realschulen und Hauptschulen mit einem erhöhten Be- ratungsbedarf auf Schülerseite einhergeht. Es gilt nicht nur das eigene Kollegium zu informieren, sondern Schülerinnen und Schüler mit ihren Eltern zu beraten und noch enger mit den lokalen Oberstufenko- ordinationen zu kommunizieren, denn ein niedrigeres Anmeldevolumen an den Gym- nasien geht organisch mit einem höheren Aufkommen an den Gesamtschulen und Berufsbildungszentren einher. Und der Fächer des individuellen Umgangs mit den Gegebenheiten ist weit aufgespannt und reicht von einem lokalen Numerus Clausus bis hin zu einem aufwändigen, individuel- len Beratungskonzept, das zwischen abge- bender und aufnehmender Schule exakt abgestimmt wurde. Sebastian Potschka ist Mitglied bei lehrer nrw, Lehrer für Deutsch, Geschichte und Praktische Philosophie an der Diedrich- Uhlhorn-Realschule sowie Berufswahlkoordinator

 Gymnasien zurück zum neunjährigen Weg zum Abitur gehen würden.  Kein Anschluss für Haupt- schüler und Realschüler? Die erste neue Jahrgangsstufe 10 in der Sekundarstufe I am Gymnasium wird am 7. August 2023 in das neue Schuljahr star-

ten und verursacht eine Lücke in der Sekundar- stufe II an ihren Schu- len, in der dann parallel keine Einführungsphase den ersten Schultag ab- solvieren wird. Für die Schülerinnen und Schü- ler aus Hauptschulen und Realschulen, die sich mit ihren Noten für die Oberstufe qualifi- ziert haben werden, würde somit im Schul-

Hohe Hürde: Für Hauptschüler und Realschüler der aktuellen Jahr- gangsstufen neun und zehn macht G9 den Wechsel aufs Gymnasium selbst bei vorlie- gender Qualifikati-

on mindestens sehr schwierig.

jahr 2023/2024 nur der Wechsel an die Gesamtschulen oder die Wirtschaftsgym- nasien der Berufsbildungszentren bleiben. Das Ministerium für Schule und Bil- dung hat diese besondere, einmalige Einschränkung erkannt und pragmatische Lösungsansätze projektiert: Einige Gym- nasien in Nordrhein-Westfalen sollen zu sogenannten Schwerpunktschulen er- nannt und entsprechend ausgestattet werden, sodass sie personell, räumlich und fachlich in der Lage sein sollen, auch im entscheidenden Schuljahr 2023/2024 eine Einführungsphase in die gymnasiale Oberstufe anbieten zu können. Nach wel- chen Kriterien die Schülerinnen und Schü- ler dann ausgewählt werden und welche Gymnasien als Schwerpunktschulen no- miniert werden, steht noch nicht fest. Letztere Entscheidung soll noch in diesem Schuljahr fallen.

Nordrhein-Westfalen. Ein Jahr später stand fest, dass sich nur zwei Bielefelder Schulen und ein Hildener Gymnasium für den Ver- bleib im achtjährigen Bildungsgang ent- schieden hatten und alle anderen 621

INFO Das NRW-Schulministerium hat online allgemeine Informationen sowie eine Liste mit Antworten auf häufig gestellte Fragen im Zusammenhang mit der G8/G9-Problematik zusammengestellt: www.schulministerium.nrw/schule-bildung/schulpolitik/ weiterentwicklung-des-gymnasiums-g8g9

29

1/2022 · lehrer nrw

Made with FlippingBook flipbook maker