lehrernrw 1 2022

SERIE HAUPTSCHULEN

Kinder für das Leben stärken: Das ist Motto und Motivation der Hauptschule Kamen.

  digkeit und Selbstbewusstsein«, sagt Beatrix Günnewig. Nebenbei bemerkt: Die Industrie- und Handelskammer Dort- mund vergab dafür 2017 den ersten Preis in der Sparte Wirtschaftswissenschaft.  »Wir wollen keine strafende Schule sein« Auch nicht ganz unwichtig für den Erfolg der Hauptschule Kamen: »Wir sind eine freundliche Schule«, unterstreicht Beatrix Günnewig. Psychische und physische Ge- walt werden nicht toleriert. Es gibt einen klaren und von Schülern mitentwickelten Konsequenzen-Katalog, »aber wir wollen keine strafende Schule sein«, so die Schul- leiterin. Wer sich zum Beispiel prügelt, wird nach Hause geschickt. Einen Tag spä- ter wird das Ganze im Gespräch mit den Beteiligten und der Schulsozialarbeiterin aufgearbeitet. Das funktioniert. Gewalt ist an der Hauptschule Kamen kaum ein The- ma. 310 Kinder besuchen aktuell die Haupt- schule Kamen, 45 davon haben sonderpä- dagogischen Förderbedarf. Dank eines höchst engagierten 37-köpfigen Kollegi- ums und der guten Ausstattung in puncto Schulsozialarbeit und multiprofessionellen Teams kann die Hauptschule eine intensive individuelle Förderung sicherstellen. Krea- tivtage, künstlerische, sportliche und diver- se außerunterrichtliche Aktivitäten sorgen darüber hinaus für ein ausgeprägtes Ge- meinschaftsgefühl.  Kleines, familiäres System Auch deshalb ist die Hauptschule als Schulform unverzichtbar, betont Beatrix – eine Flüssigseife, genauer gesagt. Mög- lich macht das eine langjährige Zusammen- arbeit mit der La mer Cosmetics AG aus Cuxhaven mit Unterstützung der Kommen- de-Stiftung beneVolens (Dortmund). La mer liefert die Bestandteile des Produkts, die Schülerfirma produziert daraus die Seife und kümmert sich auch um Marketing, Werbung und Verkauf. »So lernen die Schü- lerinnen und Schüler Wirtschaftsabläufe kennen und stärken nebenbei Eigenstän-

Fotos: Hauptschule Kamen

Einen Einstieg in das Thema Berufsorientie- rung ermöglichen auch zwei Schülerfirmen. Eine managt den Schulkiosk vollkommen selbstständig – vom Ein- und Verkauf über die Personalbesetzung bis zur allgemeinen Organisation. Die zweite Schülerfirma pro- duziert und vermarktet ein Kosmetikprodukt

»Die Hauptschule ist ein kleines, familiäres System, in dem Schüler nicht in der Masse untergehen.« Beatrix Günnewig, Schulleiterin

INFO In Nordrhein-Westfalen gibt es (immer noch) 175 Hauptschulen, rund 6300 Hauptschul-Lehrkräfte und über 52 000 Hauptschüler. Und doch be- wegt sich die Hauptschule in der öf- fentlichen Wahrnehmung und beim Image unter dem Radar. Aber gerade in Zeiten, da Schlagworte wie Fach- kräftemangel, individuelle Förderung oder Integration die (schul-)politische Diskussion prägen, kann die Haupt- schule ihre Stärken ausspielen. Höchs- te Zeit also, die vermeintlich vergesse- ne Schulform wieder stärker ins öffent- liche Bewusstsein zu rücken. lehrer nrw tut dies mit einer Serie, in der wir in loser Folge Hauptschulen vorstellen, die mit innovativen Konzepten und gu- ter Arbeit erfolgreich sind. Günnewig. »Die Hauptschule ist ein kleines, familiäres System, in dem Schüler nicht in der Masse untergehen. Wenn es um indivi- duelle Förderung geht, hat die Hauptschule mehr Expertise als alle anderen Schulfor- men. Darum brauchen wir die Hauptschu- le.« Jochen Smets

Einblicke ins Berufsleben gibt es nicht nur in Praktika, sondern auch in zwei Schülerfirmen. In einer davon produzieren, ver- markten und vertreiben die Schülerinnen und Schüler eine Flüssigseife.

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