Profil 9/2025
PROFIL // Interview
Wir brauchen für Aufgaben, die wir in der Regel für den Bund übernehmen, endlich
stellen Sie sich diesbezüglich die Ausgestal tung des Zukunftspaktes von Bund, Ländern und Kommunen vor? Das sind auf jeden Fall zwei sehr wichtige Punkte. Bereits jetzt leisten die Kom munen etwa ein Viertel der gesamtstaat lichen Ausgaben, erhalten aber nur ein Siebtel der Steuereinnahmen. Das passt nicht zusammen. Wenn wir einen höhe ren Anteil am Steueraufkommen for dern, ist das also kein Selbstzweck, son dern entspricht einfach der Realität der föderalen Aufgabenverteilung. Aber beim Zukunftspakt muss es um mehr gehen. Das Ziel ist ein neues und faires Miteinander aller Ebenen. Dazu muss auch gehören, dass wir uns alle miteinander ehrlich machen: Welche Aufgabenteilung zwischen Bund, Län dern und Städten soll es geben und wie wird sie fi nanziert? Wir brauchen auch eine Aufgabenkritik: Was soll der Staat leisten, wer kann das am besten leisten und welche Ressourcen braucht es da für? Und es braucht Gesetze, die praxis- und lebensnahe Politik für die Menschen ermöglichen. Jedes neue Gesetz sollte gemeinsam mit den Städten darauf überprüft werden, wie es sich vor Ort umsetzen lässt. Und am besten wird die digitale Umsetzung von Gesetzen von Anfang an mitgedacht. Von der Bundesregierung haben wir noch keine ganz konkreten Signale, wie genau die Arbeit am Zukunftspakt laufen soll. Für uns ist aber glasklar: Die Kom munen gehören auf Augenhöhe mit an den Tisch, sonst funktioniert es nicht. Und die Zeit drängt, auch mit Blick auf die fi nanzielle Situation der Kommunen. Jedes neue Gesetz sollte gemeinsam mit den Städten darauf
den entsprechenden fi nanziellen Ausgleich.
Der Zukunftspakt sollte bis Ende dieses Jahres konkrete Ergebnisse bringen. Ein riesiger Kraftakt für die Kommunen sind auch die Unterbringung und Versorgung von Ge fl üchteten. Zuletzt gingen die Zahlen deut lich zurück. Ist also Entspannung in Sicht? Es hilft natürlich, dass die Zahlen der Asylanträge in den vergangenen Mona ten zurückgegangen sind. In manchen Städten gab es noch Notunterkünfte in Zelten, weil ansonsten Plätze zur Unter bringung fehlten. Solche Notunterkünfte können jetzt teilweise abgebaut werden. Die Situation vor Ort bleibt trotzdem an gespannt. Auch wenn die Zahlen zurück gehen, müssen sich die Städte weiter um die Menschen kümmern, die bereits bei uns sind. Schulplätze, Kitaplätze und Wohnraum sind weiter knapp. Auch die Ausländerbehörden stoßen an ihre Kapazitätsgrenze. Wir sagen deshalb: Migration braucht Regeln, Integration braucht Unterstützung. Die Bundesregierung sollte jetzt schnell zwei Punkte angehen: Zum einen brau chen die Städte dringend mehr fi nanzielle Unterstützung für die vielen Integrations aufgaben, die wir vor Ort leisten müssen. Immer mehr Integrationsaufgaben ohne zusätzliches Geld, das kann nicht funktio nieren. Und zum anderen muss die Bun desregierung dafür sorgen, dass wir uns vor Ort vor allem um die Menschen küm mern können, die wirklich auf unseren Schutz angewiesen sind. Die Rückführung von ausreisep fl ichtigen Asylbewerbern ohne Bleibeperspektive muss besser und schneller funktionieren. Wir setzen uns für mehr Migrations- und Rücknahmeabkom men mit den Herkunftsländern ein. Laut dbb Erhebungen fehlen in den Kom munalverwaltungen bundesweit über 100 000 Beschäftigte für eine adäquate Auf gabenerledigung. Zur Personalgewinnung braucht es natürlich konkurrenzfähige Ge hälter. Aber abseits des Geldes: Was zeich net die Arbeit in den Kommunen aus? Wie können Städte und Gemeinden junge Menschen von sich überzeugen?
Ein großes Pfund des ö ff entlichen Diens tes ist natürlich die Arbeitsplatzsicher heit. Gerade bei noch schwächelnder Wirtschaft ist das ein Punkt, der viele jun ge Menschen überzeugt – aber auch er fahrene Fachkräfte überzeugen kann, aus einem Unternehmen zu einer Stadt zu wechseln. Städte bieten als Arbeit geberinnen aber noch viel mehr. Nir gends sonst gibt es eine solche Band breite an unterschiedlichen Berufen und Tätigkeiten. Die Arbeit in der Stadt reicht vom Gartenbau über IT bis hin zur Feuer wehr oder der Kita. Wer sich als junger Mensch ausprobieren will, hat bei uns die besten Chancen. Aber die Situation ist schwierig. Der ö ff entliche Dienst insgesamt, aber auch die Kommunalverwaltungen haben er hebliche Nachwuchsprobleme und einen Mangel nicht nur an Fachkräften, son dern an Arbeitskräften insgesamt. Hun derttausende Stellen im gesamten öf fentlichen Dienst sind unbesetzt und ein großer Teil der Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter geht in den kommenden Jahren in den Ruhestand. Bis 2030 wird jeder dritte Beschäftigte im ö ff entlichen Sektor altersbedingt ausscheiden; das sind 1,5 Millionen von insgesamt rund fünf Millionen Beschäftigten. Deswegen tun die Städte bereits heute viel, um Be schäftigte von sich zu überzeugen: Viele Städte starten Ausbildungso ff ensiven, scha ff en mehr Ausbildungsplätze. Wir professionalisieren und beschleuni gen Besetzungsverfahren, erleichtern den Quereinstieg, fördern Weiterbildung und scha ff en Arbeitsbedingungen, mit denen sich Familie und Beruf besser ver einbaren lassen. Trotzdem werden Fach kräfte immer rarer. Deshalb sind wir auch hier wieder beim Thema bessere Gesetzgebung und Entbürokratisierung. Wenn Verfahren und Regelungen von Bund und Ländern praxistauglicher, schlanker und digitaler werden, können die Städte mit den personellen Ressour cen, die sie haben, ihre Aufgaben auch besser erfüllen.
überprüft werden, wie es sich vor Ort umsetzen lässt.
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