Profil 9/2025
PROFIL // Interview
Christian Schuchardt, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages
Kostensteigerungen zwingen städtische Haushalte in die Knie
Die Städte und Gemeinden sind die kleins ten und zugleich wichtigsten Einheiten der Demokratie“, heißt es in Ihrer Hannover schen Erklärung aus dem Frühjahr. Und weiter: „Bund und Länder sind in der P fl icht, die Gestaltungskraft der Städte wie derherzustellen.“ Wie kann das gelingen? Wenn die Menschen keinen Termin im Bürgeramt bekommen, wenn die Sanie rung der Schule Jahr für Jahr verschoben wird oder wenn die Mieten immer weiter steigen, weil zu wenig bezahlbare Woh nungen gebaut werden, dann werden die Städte nicht mehr als Gestalter, son dern als Mangelverwalter wahrgenom men. Dann schwindet auch das Vertrau en in die Demokratie. Wir müssen des halb an mehreren Stellschrauben anset zen. Und ja, eine große Stellschraube sind die kommunalen Finanzen. Im vergangenen Jahr mussten die kom munalen Haushalte ein Rekordde fi zit von 25 Milliarden Euro verzeichnen. Vor allem die Sozialkosten laufen uns davon. Da ha ben wir inzwischen Kostensteigerungen von über zehn Prozent im Jahr. Das zwingt jeden städtischen Haushalt abseh bar in die Knie. Wir brauchen für diese Aufgaben, die wir in der Regel für den Bund übernehmen, endlich den entspre chenden fi nanziellen Ausgleich. Mehr Ge staltungskraft für die Städte heißt vor al lem auch, dass wir wieder die fi nanziellen Spielräume haben, um zu handeln, um zu investieren, um gute Arbeit für die Bür gerinnen und Bürger zu leisten. Und neben dem Geld? Bund und Länder müssen wieder mehr Vertrauen in die Kompetenz der Städte haben. Viele Projekte könnten viel schneller laufen als heute, wenn wir
Foto: © Thomas Berberich
Christian Schuchardt
mehr eigene Entscheidungsfreiheit hät ten. Das fängt schon bei Fördergeldern an. Wir sagen: Gebt uns doch lieber ein festes Budget, statt komplizierte Förder programme mit detaillierten Nachweis p fl ichten aufzulegen. In vielen Bereichen muss es einfach mehr Beinfreiheit ge ben. Vom Straßenverkehrsrecht bis zum Baurecht. Der „Bauturbo“ der Bundes regierung ist ein erster Schritt in die richtige Richtung: Verfahren einfacher und schneller machen. Die Städte und Gemeinden ächzen unter der Last der kommunalen P fl ichtaufgaben, vielen bleibt kaum noch Raum zur Gestal tung. Die Initiative für einen handlungs- fähigen Staat hat vorgeschlagen, bestimm te Dienstleistungen zu zentralisieren. Wie stehen Sie dazu? Das teilen wir. Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat nimmt in ihrem Abschlussbericht Bezug auf unsere
„Dresdner Forderungen“. Darin haben wir diesen Ansatz beschrieben: Auf gaben, bei denen die Kommunen prak tisch gar keinen eigenen Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum haben und die sich gut digital und standardisiert bearbeiten lassen, können auch zentral von den Ländern oder vom Bund über nommen werden. Das können zum Beispiel die Anträge auf Wohngeld oder Elterngeld sein. Jedenfalls könnten zen trale Verfahren bereitgestellt werden. Dann können sich die Städte und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder auf das konzentrieren, was sie am bes ten können: vor Ort gestalten und das Leben für die Menschen in der Stadt besser machen. Sie fordern einen höheren Anteil der Städte an den Gemeinschaftssteuern und keine weitere Aufgabenübertragung von Bund und Ländern ohne Gegen fi nanzierung. Wie
46 PROFIL / DBB-Seiten // 9/2025
Made with FlippingBook Learn more on our blog