Profil 9/2023

PROFIL // Frauen

Gleichstellung Starke Politik braucht starke Frauen 50,7 Prozent der deutschen Bevölkerung sind weiblich. Dennoch beträgt der Frauenanteil im Bundestag nur 34,7 Prozent. Wie kommt diese Diskrepanz zustande? Und wie können Parteien die politische Teilhabe für Frauen attraktiver gestalten?

fragt. Demnach gehen Frauen vor al lem deshalb in die Politik, weil sie et was bewegen oder verändern möch ten. Oft gibt es ein bestimmtes The ma, für das sie sich engagieren wol len. Ähnlich häu fi g wird als Auslöser angegeben, dass sie in einem politisch interessierten Elternhaus aufgewach sen sind. Doch der Einstieg in die Poli tik ist nicht immer einfach. Die in der männerdominierten Politikwelt be liebten Kneipenabende, bei denen die Beteiligten bis spät in die Nacht dis kutieren, sind für viele Frauen be fremdlich oder aufgrund der Familie nicht machbar. Problematisch ist, dass bei diesen informellen Tre ff en gerne interne Absprachen und per sonelle Entscheidungen getro ff en werden. Wer weder Einladung noch Zeit hat, verpasst diesen Prozess. Um dem entgegenzuwirken, haben viele Parteien eine Willkommenskultur etabliert. Sie hilft Frauen, sich leichter zu vernetzen und sich schneller in dem neuen Mikrokosmos zurecht zu fi nden. Bei den Grünen gibt es bei spielsweise Tre ff en für Neumitglieder sowie Tandems mit Altmitgliedern. Mit Erfolg: Bei der Bewertung der Willkom mensmaßnahmen ihrer Partei schnei den die Grünen am besten ab. Fehlen de Netzwerke und damit fehlende An knüpfungspunkte dagegen sind die häu fi gsten Gründe für einen schnellen Austritt. Ein besonders frustrierender Aspekt ist Alltagssexismus: „Beiträge von Frauen werden überhört oder lä cherlich gemacht, es wird sich über ihre Stimme mokiert, man unterbricht sie oder lässt sie nicht zu Wort kom

Für Milanie Kreutz, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, ist die ser Zustand nicht tragbar: „Es kann nicht sein, dass Frauen immer noch weniger Möglichkeiten als ihre männ lichen Parteikollegen haben, den Bund, die Länder oder die Kommunen mit zugestalten.“ Von der Nominierung bis zur tatsächlichen Ausübung eines poli tischen Mandates seien die Rahmen bedingungen für Frauen und alle, die Care-Arbeit leisteten, extrem schwie rig. Die festgefahrene, männlich ge prägte politische Kultur erschwere die politische Partizipation von Frauen. „Wir brauchen von allen Parteien Maßnahmen, die die politische Arbeit für Frauen attraktiver gestalten.“

men oder macht unsachliche Bemer kungen zum Äußeren oder zur Figur“, heißt es in der Studie. Für viele Frauen schlagen diese Aktionen enorm auf die Motivation und sind ein häu fi ger Aus stiegsgrund. „Es muss unser Anspruch als Gesell schaft sein, dass Frauen an allen de mokratischen Prozessen gleichberech tigt beteiligt sind“, sagt Ricarda Lang, Parteivorsitzende und Frauenpoliti sche Sprecherin der Grünen. „Frauen sollen sich nicht zwischen der Zeit mit der Familie und einer Sitzung im Kom munalparlament entscheiden müssen. Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, beispielsweise durch mehr Angebote zur Kinderbetreuung und den Einsatz für eine gerechtere Vertei lung von Sorgearbeit, würde es mehr Frauen ermöglichen, sich für politische

Frauenanteile in Parteimitgliedschaften

Arbeit zu entscheiden.“ Familienfreundlichkeit und Parität

Jacqueline Krüger, Bundesvorsitzende der liberalen Frauen, der Frauenver einigung der FDP, benennt entschei dende Parameter, wie Parteien poli tisch Engagierte gewinnen können. Dazu gehören Wertschätzung, Diskus sionen auf Augenhöhe und dass Inte

Politischer Start im Hinterzimmer der Dorfkneipe Die Studie „Parteikulturen und die politische Teilhabe von Frauen. Eine empirische Untersuchung mit Hand lungsempfehlungen an die Parteien“ der Europäischen Akademie für Frau en in Politik und Wirtschaft Berlin (EAF) aus dem Jahr 2022 hat Politike rinnen und Politiker aller politischen Ebenen zu genau diesen Themen be-

Frauenanteile im Bundestag nach Parteien

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