Blickpunkt Schule 4 2025

»Zum Diktat!« Vier gute Gründe, eine bewährte Methode auch im Gymnasium der Zukunft zu nutzen!

hphv intern

I n der aktuellen Debatte um zeitge mäßen Deutschunterricht hat das Diktat einen schweren Stand: veral tet, defizitorientiert, wenig förderlich – so lauten die Vorwürfe. Doch wer genau hinsieht, erkennt: Das Diktat kann ein effektives Instrument zur Förderung der sprachlichen Bildung sein – insbesondere im Hinblick auf die zentrale Kompetenz, die Bildungs sprache Deutsch zu erlernen und zu nutzen. Richtig eingesetzt, nutzt es Schülerinnen und Schülern auf viel fältige Weise. Vier Aspekte pro Diktat: 1. Verankerung von Rechtschreibung in bildungssprachlichen Strukturen Diktate bieten die Möglichkeit, kom plexere, bildungssprachliche Satz muster einzuüben – mit Nebensätzen, Passivkonstruktionen oder Nominali sierungen. So wird Rechtschreibung nicht losgelöst, sondern im Kontext anspruchsvoller Sprache geübt. Schü lerinnen und Schüler lernen, wie sprachliche Strukturen aufgebaut sind

– eine Grundvoraussetzung für er folgreiches Textverstehen und -ver fassen. 2. Förderung der sprach lichen Aufmerksamkeit und des genauen Hörens Wer ein Diktat schreibt, muss zuhö ren, verstehen, verarbeiten und kor rekt verschriftlichen. Dabei wird eine zentrale Fähigkeit geschult, die für den Erwerb der Bildungssprache es senziell ist: sprachliche Feinwahrneh mung. Das betrifft Aussprache, Wort grenzen, Grammatikstrukturen – aber auch semantische Nuancen. Das Dik tat wird so zum Training für Sprach bewusstsein und Konzentration. 3. Differenzierte Rück meldung als Grundlage individueller Förderung Ein Diktat ist mehr als ein Mittel zur Bewertung. Es gibt Lehrerinnen und Lehrern wertvolle Hinweise: Welche Regelbereiche sind sicher, wo beste

hen Unsicherheiten? Welche sprachli chen Strukturen bereiten Schwierig keiten? Die gezielte Rückmeldung er möglicht individualisiertes Fördern. Gerade Schülerinnen und Schüler, de ren Muttersprache nicht Deutsch ist oder die in der Schriftsprache nicht firm sind, kann auf diesem Wege der – zugegebenerweise – schwierige Weg zum Erlenen des (Schrift-)Deut schen übersichtlicher gestaltet wer den. 4. Ermutigung zur aktiven Auseinandersetzung mit Sprache Wenn Diktate kreativ gestaltet sind – etwa als Lückendiktat, Partnerdiktat oder in Form des Perspektivwechsels –, laden sie zur aktiven Auseinander setzung mit Sprache ein. Sie regen zum Nachdenken über Wortbedeu tungen, Satzbau und Zeichensetzung an. Auf diese Weise wird Sprache nicht nur geübt, sondern verstanden. Das Diktat wird zum sprachreflexiven Werkzeug – und trägt dazu bei, die Sprache zu nutzen. Idealerweise wird auf diese Weise auch die Motivation geweckt, selbst zu schreiben. Fazit Das Diktat ist kein Selbstzweck – aber ein wirkungsvolles Mittel, um zentrale sprachliche Kompetenzen zu fördern. Besonders im Hinblick auf die Anfor derungen des Erlernens der Bildungs sprache Deutsch leistet es einen wichtigen Beitrag: Es macht Sprache sichtbar, hörbar und verstehbar. Es lädt zur Nutzung der (Schrift-)Spra che ein. In einer zunehmend hetero genen Schülerschaft ist es umso wichtiger, dieses Werkzeug lernwirk sam weiterzuentwickeln und nutzbar zu machen. Thorsten Rohde, stellvertretender Landesvorsitzender des hphv

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Bild: hayo/AdobeStock

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