Blickpunkt Schule 3/2021
nicht aus § 1666 Abs. 4 BGB. Behör- den, Regierungen und sonstige Träger staatlicher Gewalt seien nämlich kei- ne ’Dritten’ im Sinne der Vorschrift, gegen die in Angelegenheiten der Personensorge Maßnahmen getroffen werden könnten.
Da eine Verweisung des von Amts wegen eingeleiteten Verfahrens an das Verwaltungsgericht nicht in Be- tracht kam, war die Entscheidung nach Ansicht des Thüringer Oberlan- desgerichts aufzuheben und das Ver- fahren einzustellen.
Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesge- richtshof wegen grundsätzlicher Be- deutung zugelassen.
Rechtstipps
Quelle: Pressemitteilung des OLG Jena Nr. 1/2021 vom 18. Mai 2021
Fehlende Zuständigkeit der Familiengerichte für Überprüfung infektionsschutzrechtlicher Regelungen an Schulen D er Erlass von gegen die Schullei- tung oder die Lehrkräfte gerich- Anhaltspunkte für eine solche indi- viduelle Kindeswohlgefährdung lägen
rens. Ziel des Verfahrens war es, die Lehrkräfte und die Schulleitung einer Grundschule zur Aufhebung der dort geltenden Maskenflicht und der gel- tenden Abstandsregelungen anzuwei- sen. Das Amtsgericht lehnte die Eröff- nung des Sorgerechtsverfahrens ab. Die hiergegen gerichtete Beschwer- de hatte vor dem OLG Frankfurt kei- nen Erfolg. Das OLG wies darauf hin, dass das angerufene Familiengericht für den Erlass der begehrten Maßnahmen nicht zuständig sei. Die Familienge- richte seien unter anderem für Sorge- rechtsverfahren nach § 1666 BGB zu- ständig, »die zum Erlass gerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kin- deswohls im konkreten Einzelfall nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeits- grundsatzes verpflichten«.
D as VGWürzburg (Az.:W8 E 21.613) hat den Eilantrag einer Schülerin abgelehnt, die gerichtlich erreichen wollte, dass ihr Distanzunterricht in Un- terrichtsform, Lerninhalten, Methoden und Leistungskontrolle mit demPrä- senzunterricht identisch seinmüsse. Die Antragstellerin, eine Schülerin der 7. Klasse eines Gymnasiums, ist seit 13. April 2021 vom Präsenzunter- richt an der Schule ausgeschlossen, weil ihre Eltern die Einwilligung in die, für die Unterrichtsteilnahme notwen- dige Testung auf das SARS-CoV-2- teten Anordnungen zur Aufhebung in- fektionsschutzrechtlicher Maßnah- men gehört nicht zu den im Rahmen eines familiengerichtlichen Sorge- rechtsverfahrens eröffneten Maßnah- men. Zuständig sind vielmehr die Ver- waltungsgerichte. Das OLG Frankfurt (Az.: 4 UF 90/21) hat daher am 5. Mai 2021 die Be- schwerde eines Grundschulvaters gegen die vom Familiengericht abge- lehnte Eröffnung eines Sorgerechts- verfahrens unter anderem wegen der an der dortigen Schule geltenden Maskenpflicht zurückgewiesen. Die Eltern eines knapp zehn Jahre alten Kindes begehrten vor dem Amtsgericht – Familiengericht – die Einleitung eines Sorgerechtsverfah-
hier indes nicht vor. Die geforderte Aufhebung infektionsschutzrechtli- cher Maßnahmen (Maskenpflicht, Abstandsgebot und auch die Ver- pflichtung zu Schnelltests) falle nicht in den Kreis der nach § 1666 BGB er- öffneten Maßnahmen. Familienge- richte seien nicht befugt, »Schulbe- hörden bzw. einzelne Schulen zu ei- nem Handeln zu verpflichten«. Für die Überprüfung der Anordnungen unter länderrechtlichen Infektions- schutzregelungen als öffentlich- rechtliche Streitigkeit nicht verfas- sungsrechtlicher Art sei vielmehr der Rechtsweg zu den Verwaltungsge- richten eröffnet. Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt Nr. 38/2021 vom 25. Mai 2021
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Kein Anspruch auf qualitative Identität von Präsenz- und Distanzunterricht
Virus (Coronavirus) verweigern. Die Schule verwies die Antragstellerin zur Erfüllung ihrer Schulpflicht daraufhin auf die Angebote des Distanzunter- richts bzw. das Distanzlernen. Schrift- liche Leistungsnachweise könnten je- doch nur im Präsenzunterricht erho- ben werden, der an ein negatives Testergebnis geknüpft sei. Am 6. Mai 2021 wandte sich die An- tragstellerin wegen der Ausgestaltung ihres Distanzunterrichts in einem Eil- verfahren an das Verwaltungsgericht Würzburg. Sie begründete ihr Begeh-
ren imWesentlichen wie folgt: Die Testung auf das Coronavirus sei frei- willig. Dies sei jedoch nur dann der Fall, wenn die Schule ihr gleichwerti- gen Distanzunterricht anbiete und sie wegen der Testverweigerung keine Bildungsnachteile in Kauf nehmen müsse. Sie habe einen Anspruch auf diskriminierungsfreie und chancen- gleiche Bildung. Der Distanzunterricht müsse mit dem aktuell stattfindenden Präsenzunterricht vergleichbar sein. Das Zusenden von Arbeitsaufträgen und ’Erklärvideos’ genüge nicht. >>
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