Blickpunkt Schule 2/2022
In seinemVortrag stellte Dr. Wibbe- cke ’Belastungen im Lehrberuf sowie Best-Practise-Beispiele und konkrete Handlungsanweisungen’ vor. Ausgehend von dem Sachverhalt, dass »[mindestens] zwanzig Prozent der Lehrkräfte (…) gravierende Ein- schränkungen ihrer Gesundheit und Leistungsfähigkeit [aufweisen]«, be- nannte Dr. Wibbecke sieben Themen- felder, an denen er Belastungen im Lehrberuf aktuell festmacht, diese sind: Corona, Digitalisierung, Inklu- sion, Integration, Zunahme von Ent- wicklungsauffälligkeiten, Zunahme von psychischen Störungen, Zunah- me von Kindeswohlgefährdung. Was bedeutet Belastung bzw. Be- anspruchung im Lehrberuf? Dr. Wib- becke stellte folgende Definitionen hierzu vor: »Belastungen sind die Ein- wirkungen auf Lehrkräfte von außen. [Und] Beanspruchungen sind die Re- aktionen auf diese Belastungen.« Der Schulpsychologe bezieht sich dabei auf das »transaktionale Stressmodell nach Lazarus (1984), demnach ent- steht Stress (hohe Beanspruchung) in wechselseitiger Beziehung zwischen Stressor (der Belastung) und dem Individuum«. Externe Strukturen bei Stress- bewältigung Was kann Lehrkräften bei der Stress- bewältigung helfen? Multiprofessio- nelle Teams an Schulen bzw. in Schul- ämtern können bei der Stressbewälti- gung als externe Kraft helfen. Dabei müsse aber auch im Blick behalten werden, wie die Situation vor Ort in der Schule und in der Klasse sei und welche Schulkultur vorläge. Zwei Strategien wurden zur Entlas- tung im Berufsalltag vorgestellt: 1. Belastungen und Stressoren redu- zieren. 2. Persönliche und externe Ressour- cen steigern. Auf die zweite Strategie legte der Re- ferent nachfolgend seinen Schwer- punkt imVortrag. ’Persönliche und externe Ressourcen steigern’ Vor der Blaupause der WHO-Definiti- on zumThema ’Gesundheit’, die da
lautet: »Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geisti- gen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen«, benannte der Refe- rent acht Faktoren, die die persönli- chen und externen Ressourcen einer Lehrperson steigern, diese sind: • Weiterbildungen/Entwicklungs- angebote • Schulentwicklungsprogramme (’Schule und Gesundheit’) • Sozialpädagogische Unterstützung • Beratung durch Schulpsychologen • Kollegiale Fallberatungen immulti- professionellen Team • Supervision • Hospitationen und videogestütztes Feedback • Förderpläne und maßgeschneiderte pädagogische Lösungen Zum letzten Punkt ’Förderpläne’ be- tonte Dr. Wibbecke, dass diese nicht separat zwischen Lehrkraft und Schü- ler bzw. Eltern abgestimmt werden sollten, sondern auch mit den Sozial- pädagogen und anderem Personal an den Schulen abgestimmt werden müssten. Generell solle man viel mehr mit allen beteiligten Akteuren in der Schule kommunizieren, um zu einem besseren Ergebnis zu gelangen. Arbeitsschutzgesetz Der Referent betonte, dass im Rah- men des Arbeitsschutzgesetzes Schulleitungen aktiv werden müssten, um Belastungen der Lehrkräfte früh- zeitig wahrzunehmen und gezielte Schritte für eine Entlastung der Lehr- kräfte einleiten zu können. Hierbei könnten jährliche Mitarbeitergesprä- che herangezogen werden, um im Einzelfall oder auch bei Überschnei- dungen von Belastungsfaktoren im Kollegium, gezielte Maßnahmen zur Entlastung der Lehrkräfte herbeizu- führen. Hilfreich sei hier – als ein wei- ter Schritt – auch die Etablierung von Co-Teaching oder das Einbeziehen von multiprofessionellen Teams im Schulalltag. Aktueller Forschungsstand Dr. Wibbecke benannte drei Fach- publikationen, die – mit Blick auf die Entwicklung von Entlastungsstrate-
gien – fundiertes Fachwissen vermit- teln. Diese seien: • Hattie, John: Lernen sichtbar ma- chen für Lehrpersonen. (2017) • Eichhorn, Christoph: Classroom- Management –Wie Lehrer, Eltern und Schüler guten Unterricht ge- stalten. (2012) • Kounin, Jakob: Techniken der Klas- senführung. (2006) Bilanzierend ist festzuhalten, dass eine Vielzahl an Belastungen unter- schiedlicher Art den Lehrberuf er- schweren. Der Schulpsychologische Dienst bietet durch sein Team von 7,5 Stellen im Schulamt (Odenwald- kreis/Bergstraße) ein multiprofessio- nelles Team, das durch gezielte Hilfe- stellungen (Supervision, Weiterbil- dungen, Beratungsangebote, Kolle- giale Fallberatung etc.) Unterstüt- zung für Lehrkräfte bietet. Hierbei sei es aber wichtig, dass betroffene Lehr- kräfte diese Angebote auch anneh- men, so der Referent. Die Erweiterung durch digitale Angebote, wie Sprech- stunden während der Corona-Zeit hätten gezeigt, dass dieses Setting auf positive Resonanz stieß und auch weiter beibehalten werde, um zeitnah und ortsunabhängig Unterstützungs- angebote im Rahmen der Lehrer- gesundheit anzubieten. Aussprache undWorkshop mit Sebastian Schmidt Im dritten Teil des Programms beant- wortete Sebastian Schmidt eine Reihe von Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Dabei wurden folgende Aspekte angesprochen: • Wenn von der Schulleitung der Ein- satz von YouTube-Videos nicht er- laubt wird, kann man auf mundo. schule zurückgreifen. • Wenn Schülerinnen und Schüler ei- ne Alternative zu Lernvideos haben möchten, kann man zur Erklärung des Sachverhalts vor der Klasse zu- rückkehren. Es empfiehlt sich dabei, einzelne Schülerinnen und Schüler oder auch Teams einzusetzen, die einander abwechseln. Dabei kön- nen sich nach einigen Monaten so- gar ’multiprofessionelle’ Teams mit
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