Blickpunkt Schule 2/2020

Kerngeschäft Unterricht? ... Da war doch was?

2015 verpasste die hessische Landesregierung der zugegebenerma- ßen etwas in die Jahre gekommenen Studien- und Berufsorientie- rung mit dem zugehörigen Erlass einen gänzlich neuen Anstrich. 2018 wurde dieser Bereich mit einer entsprechenden Verordnung be- dacht und nennt sich seitdem ’Verordnung für berufliche Orientie- rung in Hessen (VOBO)’. N eben vielen anderen Neue- rungen der letzten Jahre steht dieses Themenfeld Schulen, der Bundeagentur für Arbeit, mit Kammern, Verbänden, der Ju- gendsozialarbeit, mit Unternehmen, Betrieben und Hochschulen ist seit- dem gefordert. Doch ist das in der Praxis überhaupt umsetzbar?

zwingend gegeben sein. Eine Staf- felung nach Schülerzahlen wäre sinnvoll. Zudem wäre eine Beförde- rung für die zuständige Lehrkraft auf eine A14-Stelle angemessen angesichts der Dimension der Auf- gabe. • Die räumlichen Voraussetzungen durch einen angemessenen Ar- beitsraum für die zuständige Lehr- kraft müssen geschaffen werden, um die Materialien lagern und Ar- beitsgespräche führen zu können. • Die VOBO muss entschlackt wer- den. Dies könnte folgende Verände- rungen beinhalten: Die Betreuung des Praktikums in der Sekundarstu- fe II wird nicht direkt vor Ort, son- dern zum Beispiel durch die telefo- nische Erreichbarkeit einer Lehr- kraft gewährleistet. Die Veranstal- tung eigener Messen und Abende kann nicht erwartet werden, zudem ist das Angebot hierzu ohnehin mehr als reichlich vorhanden. • Sofern die Verpflichtung gegeben ist, zum Beispiel ein Bewerbungs- training für alle Schülerinnen und Schüler durchzuführen, müssen HKM und das zuständige Schulamt dafür sorgen, dass geschultes Per- sonal zur Verfügung steht. Ein Hin- weis darauf, dass sich der Schulko- ordinator/die Schulkoordinatorin nur gut genug vernetzen möge, um dies hinzubekommen, kann nicht zielführend sein. • Die BO darf nicht in Konkurrenz zum Kerngeschäft Unterricht ste- hen! Auch wenn diese sinnvoll ist, so ist der Abschluss an sich (in der Re- gel das Abitur) das Wichtigste. Be- triebserkundungen, Trainings und Testverfahren müssen sparsam do- siert werden und sollten auch nur als Abrufangebot auf freiwilliger Basis für interessierte Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stehen, sodass so wenig wie möglich Unter- richtsausfall entsteht. Annabel Fee und Volker Weigand

BLICKPUNKT Schule Personalratswahlen 5

seitdem im Fokus unter anderem auch bei den Vertreterversammlungen des hphv, und vielleicht auch in besonde- rer Weise exemplarisch dafür, wie sehr sich Schule doch immer weiter vom Kerngeschäft Unterricht wegbewegt. Neben der Kritik an der Formulie- rung, die sich auch amVerschwinden der ’Studienorientierung’ in der Über- schrift festmacht, geht es vor allemda- rum, welche Auswirkungen solche Än- derungen auf den Schulalltag haben. Die Flut der Pakete und Päckchen, die schon vor 2015 die Sekretariate und Hausmeisterbüros überschwemmte, dürfte seitdem ungebremst sein. Die Anzahl der Mails, die Angebote und Veranstaltungen anpreisen, hat dage- gen eine deutliche Steigerung erfah- ren. Alleine das Auspacken, Sichten, Verteilen und Aushängen der Informa- tionen dürfte die Schulkoordina- tor(inn)en hinreichend beschäftigen. Dass es dafür keine Stunden zusätzlich gibt ist wenig überraschend, ist es doch so wie bei anderen Projekten auch, die nicht mit Ressourcen ausgestattet sind. Unermüdlich erfolgt auf Nachfra- ge hin der Hinweis aus demHKM, dass es doch die auskömmliche 104- bzw. 105-prozentige Versorgung an den Schulen gebe. Dass das Tischtuch je- doch zu kurz ist, und an jedem Ende ein anderes Projekt zieht und Stunden möchte? Es bleibt das Problem der einzelnen Schule, somit ein Vertei- lungskampf vor Ort. Viel schwerwiegender ist jedoch das, was inhaltlich über die VOBO an die Schulen herangetragen wurde: Die Zusammenarbeit mit beruflichen

Wer die VOBO ernst nimmt, und das müssen diejenigen, die damit befasst sind, in Gänze, der wird an der Last der Aufgabe verzweifeln müssen. Flüstern Sie mal ganz leise einer Lehr- kraft in den Bildungsgängen Haupt- schule, Realschule oder Förderschule das Zauberwort ’Compo 7’ zu. Machen Sie es einfach mal … Kompetenzfest- stellung ist das Zauberwort, mehr sei hierzu nicht verraten. Am größten dürfte die Veränderung jedoch im gymnasialen Bildungsgang sein: Neben der oben bereits erwähn- ten Kontaktpflege sollen Ausbil- dungs-, Studien- und Berufsmessen (man beachte den Plural.) besucht, die Gründung von Schülerfirmen be- treut, Boys und Girls Day im Blick ha- ben, Betriebserkundungen durchge- führt und nicht zuletzt auch Praktika in der Sekundarstufe I wie auch der Sekundarstufe II begleitet werden. Dass dazu auch ein passendes Curri- culum geschrieben werden muss ist ’selbstverständlich’. Das muss ja auch für die Europaschule oder die Digitali- sierung geschehen. Bevor hier ein falscher Eindruck entsteht: Die Studien- und Berufsori- entierung stärker in den Vordergrund zu stellen, ist alleine aufgrund der sich schnell veränderten Arbeitswelt un- abdingbar. Allerdings muss das mit Augenmaß geschehen. Daher fordert der Hessische Philologenverband: • Die notwenige Entlastung über di- rekt zugeordnete Deputate muss

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