Blickpunkt Schule 2/2020

BLICKPUNKT Schule Editorial

Bildung und

Gesundheit

Bild: FrankBoston/AdobeStock

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Zeiten der Corona-Krise über eine Studie zur Lehrerarbeit zu sprechen, scheint absurd, Virologen sind eher die Fachleute der Stunde. Doch ein gemeinsamer Bezugspunkt liegt vor, nämlich die Gesundheit. Die Lehrerarbeit ist, wie vieles in un- serer Zeit, einemWandel unterworfen. Diese Einsicht stellt den Hintergrund der ersten bundesweiten Studie dar, in der die Arbeitsbelastung, Zufrieden- heit und Gesundheit der Gymnasial- lehrkräfte untersucht wurden. Die LaiW-Studie wurde vom Deutschen Philologenverband (DPhV) in Auftrag gegeben und vom Institut für Präven- tivmedizin der Universität Rostock durchgeführt, unterstützt durch die Krankenkasse DAK-Gesundheit. Das zentrale Ergebnis der repräsentativen Studie ist die hohe Arbeitsbelastung der Mehrheit der Lehrkräfte. Diese müssen – politisch gewollt – mit einer zunehmend heterogenen Schüler- schaft arbeiten und mit oft unbefrie- digenden Rahmenbedingungen zu- rechtkommen. Die gute Nachricht der Studie ist es, dass die Gymnasiallehr- kräfte mehrheitlich zufrieden mit ih- rem Beruf sind: Sie sind gern Lehr- kräfte, sie wissen die Arbeit mit den Kindern, Jugendlichen und im Kolle- gium zu schätzen, aber auch die flexi- ble Zeiteinteilung, die Autonomie so- wie die Vielseitigkeit der Anforderun- gen. Wenn mit der Studie die Situation im gymnasialen Bereich gewisserma- ßen sortiert wurde, so dürfen natürlich auch die Probleme in den anderen

Anstrengung eine große Zufriedenheit aus ihrer Tätigkeit. Jedoch sind die Möglichkeiten der Lehrkräfte auch endlich. Sie leben un- ter wachsendem Druck, gewisserma- ßen im Sog ihrer Verpflichtungen. Schon seit geraumer Zeit knirscht es im Schulalltag spürbar. Große Leis- tungsunterschiede in den Klassen, vermehrt auch Verhaltensauffälligkei- ten in der Schülerschaft, weiterhin gestiegene außerunterrichtliche Tä- tigkeiten erschweren stetig die gym- nasiale Arbeit. Lehrkräfte brauchen ein reißfestes Nervenkostüm; Burn- outs mehren sich auch in dieser Schulform. Das Gebot der Stunde sind gesund- heitsverbessernde Maßnahmen und bessere Rahmenbedingungen. Was wirkt hier begünstigend? Sicherlich kleinere und gemäßigt heterogene Lerngruppen, weiterhin Maßnahmen, die die Erholungsfähigkeit der Lehr- kräfte gewährleisten, also ein niedri- geres Stundendeputat und natürlich auch gute lernförderliche Ausstattun- gen und Lärmminderung in den Schu- len. Die Bundesvorsitzende des Philolo- genverbandes, Prof. Dr. Susanne Lin- Klitzing, kommentiert die Ergebnisse der Studie wie folgt: »Das Gymnasium darf nicht nur durch chronische Über- lastung der Lehrkräfte funktionie- ren.« Denken Sie an Ihre Gesundheit!

von REINHARD SCHWAB Vorsitzender des Hessischen Philologenverbandes

Schulformen nicht unerwähnt blei- ben; die Situationen sind dort nicht weniger unbefriedigend, eher belas- tender. Gymnasiallehrkräfte haben es leichter und schwerer zugleich: leich- ter, wenn durch eine gelungene Vorar- beit in der Grundschule, d.h. durch ei- ne Entwicklung stabiler Grundkompe- tenzen, durch eine Ausbildung einer Lern- und Leistungsbereitschaft so- wie eine sichere Beratung der Eltern beim Schulwechsel die Einführung in gymnasiales Lernen gelingt. Schwerer ist es imVergleich, weil am Gymnasi- um auf demWeg zum Abitur ein Mehr an Inhalten und Anforderungen verar- beitet werden und dabei tiefergehend unterrichtet werden muss, als dies in der Grundschule aufgrund des Alters und der Reife und der unterschiedli- chen Begabungen der Kinder über- haupt möglich ist. Gymnasiallehr- kräfte begleiten die Kinder und Ju- gendlichen neun Jahre durch ihre Bil- dungsentwicklung, müssen sie ’sicher’ durch Phasen der Adoleszenz steuern, ihre Stärken herausarbeiten und för- dern und so den Weg zum Abitur und damit zu einer allgemeinen Studierfä- higkeit ebnen. Wenn das gelingt, be- ziehen Gymnasiallehrkräfte bei aller

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Mit kollegialen Grüßen

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