Blickpunkt Schule 1 2025
Zeitschrift des Hessischen Philologenverbandes
Zeitschrift des Hessischen Philologenverbandes
Ausgabe 1/2025 · D 30462
SCHULE
Extremismus-Prävention und Wertevermittlung
• Präsentations- prüfungen und KI
• 3 Fragen an … Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing
Foto: thauwald-pictures/AdobeStock
SCHULE Inhalt | In eigener Sache 2
In eigener Sache
2
Editorial
3
Titelthema » Präventiv aktiv – Antisemitismus und Extremismus wirksam bekämpfen 4 » Rechtsextremismus im Umfeld Schule 6 » Auswahlliste von Ansprech- und Anlaufstellen 8 » Extremismus-Prävention an Schulen in anderen Bundesländern 10 » Interview mit Daniel Neumann 12 » Das Sara Nussbaum Zentrum für jüdisches Leben, Kassel 15 » Weitere Bildungsorte in Hessen zum Thema Extremismus 18 » Die neue hessische Initiative zur Wertevermittlung in Schulen 20 » Die Bedeutung von Werteleben und Wertevorleben in der Erziehung 21 » Der Klassenrat in der pluralistischen Gesellschaft 23 3 Fragen an … » Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing 25 PRO & CONTRA » Präsentationsprüfungen 30 hphv intern » Erfolgreiche Webinare 31 » Der Landesvorstand unterwegs 32 » Tarifseminar des DPhV in und mit Hessen 32 » KI im Unterricht 33 » Weihnachtsfeier des hphv-Bezirksverbands Fulda 34 » Landesvorstandssitzung 34 » »Kein Vertrauen mehr in diese Landesregierung« 35 dlh intern » Gelungene Einstiegsschulung für öPR in Fulda-Petersberg 36 » Der Dezember – nicht nur der letztmögliche Termin für eine Personalversammlung 36 Senioren » Ehrung der Jubilare in Frankfurt 38 » Jubilare 2024 39 » 2. dbb Seniorentagung 39 Hauptpersonalrat » Nachrichten aus dem HPRS 40 Personalien » Geburtstage | Wir trauern um 42 Ankündigung » 1. Pensionärstreffen 2025 in Erbach und Michelstadt 44
Foto: hkama/AdobeStock
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
nerin die Vorsitzende des DPhV gewinnen, Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing. Sie äußert sich zu den Erfolgen und aktuellen Arbeits schwerpunkten unseres Bundesverbandes. In der im letzten Heft eingeführten Rubrik ‘Pro & Contra’ diskutieren der hphv Landesvorsitzende Volker Weigand und ich über die Sinnhaftigkeit von Präsentations prüfungen im Zeitalter von KI. Auch die hphv- und dlh-internen Aktivi täten kommen in dieser Ausgabe nicht zu kurz. Es gibt unter anderem mehrere Bei träge zu Treffen mit Vertretern der Landes politik, die zeigen, wie sehr unser Verband als kompetenter Ansprechpartner wahr genommen wird. Über einige Facetten seiner Tätigkeit berichtet schließlich der hphv-Senioren beauftragte Heinz Seidel. Er lädt zudem zum ersten Seniorentreffen des Jahres 2025 ein, das am 9. Mai in Erbach und Michelstadt stattfinden wird. Wie immer danke ich allen Verfasserinnen und Verfassern der Artikel für ihre Mitarbeit an diesem Heft. Ohne sie könnte es nicht in der vorliegenden Form erscheinen. Wer auch gerne einmal einen Text für Blick punkt Schule verfassen möchte, ist herzlich dazu eingeladen. Ich wünsche Ihnen tapferes Durchhalten für die längste zusammenhängende Unter richtszeit in diesem Jahr.
von BORIS KRÜGER
A uch wenn das neue Jahr schon ein paar Wochen alt ist, wenn Sie dieses Heft erhalten, möchte ich Ihnen dennoch alles Gute für 2025 wünschen. Die aktuelle Ausgabe von Blickpunkt Schule hat ein sehr aktuelles, doppeltes Titelthema, nämlich die Extremismus- Prävention und die Wertevermittlung. In diesen Bereichen trägt Schule eine ganz besondere Verantwortung. Daher hat es angesichts zunehmender negativer Entwicklungen mehrere Initiativen des Landes Hessen gegeben, die wir in Theorie und Praxis vorstellen. Ein Schwerpunkt ist dabei die Bekämpfung des Antisemitis mus in Hessen. Hierzu interviewt der stellvertretende Landesvorsitzende Thorsten Rohde den Geschäftsführer des Landesverbandes der Jüdischen Gemein den in Hessen, Daniel Neumann. Außer dem stellt sich das Sara Nussbaum Zentrum für jüdische Kultur in Kassel ausführlich vor. Helen Bosse wirft schließ lich einen Blick über die Landesgrenzen und zeigt exemplarisch auf, wie in ande ren Bundesländern mit der Extremismus Prävention verfahren wird. Daneben geht es aber wie immer auch um bildungspolitische und verbandsinterne Themen. Für die neue Rubrik ‘Drei Fragen an …’ konnten wir als erste Interviewpart
Herzliche Grüße, Ihr
Boris Krüger
IMPRESSUM
75. Jahrgang | ISSN 0723-6182 Verleger: Hessischer Philologen- verband e.V. Die Zeitschrift »BLICKPUNKT SCHULE« des Hessischen Philologenverbandes erscheint fünfmal im Jahr 2025. Der Hessische Philologenverband ist der Gesamtverband der Lehre rinnen und Lehrer an den Gymna sien in Hessen sowie an Schulen mit gymnasialem Bildungsange bot. Er ist der Fachverband im Deutschen Beamtenbund, Lan desbund Hessen (dbb), er ist dem Deutschen Lehrerverband Hessen (dlh) und durch den Deutschen Philologenverband (DPhV) dem Deutschen Lehrerverband (DL) angeschlossen. Für den Inhalt verantwortlich: Der Vorstand des Hessischen Philologenverbandes. Chefredaktion: Boris Krüger (V.i.S.d.P.) Helen Bosse Mail: blickpunkt-schule@hphv.de Mit dem Namen der Verfasser gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Hessischer Philologenverband e.V. Geschäftsstelle: Schlichterstraße 18 Mail: hphv@hphv.de Web: www.hphv.de Bank: Volksbank Odenwaldkreis BIC: GENODE51MIC IBAN: DE30 5086 3513 0004 3579 73 Der Verkaufspreis ist durch die Mitgliedsbeiträge abgegolten. Verlag und Anzeigenverwaltung: Pädagogik & Hochschul Verlag Graf-Adolf-Straße 84 40210 Düsseldorf Tel.: 0211 3558104 Fax: 0211 3558095 Mail: dassow@dphv-verlag.de Satz und Layout: Tel.: 0211 1795965 Fax: 0211 1795945 Mail: heinemann@dphv-verlag.de 65185 Wiesbaden Tel.: 0611 307445 Fax: 0611 376905 www.dphv-verlag.de Anzeigenverwaltung:
Editorial
Foto: Superingo/AdobeStock
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wird 2025 schulpolitisch gesehen ein unaufgeregtes, gar ein langweiliges Jahr? Höchstwahrscheinlich nicht, auch wenn zum Beispiel Anspannung und aufwendige Organisation rund um die Personalratswahlen diesmal nicht gegeben sind. Für den Bund und die Kommunen stehen schon wieder Tarifverhand lungen an, von denen aus eine Signal wirkung für Hessen (Verhandlungen Anfang 2025) ausgehen wird. Die Kassenlage, so verkünden die politisch Verantwortlichen, sei schlecht, kein Geld mehr da. So ganz stimmt das natürlich nicht, denn auch weiterhin verharren die Steuereinnahmen auf historisch hohem Niveau. Vielmehr sind die Ausgabenseite und damit die Frage nach Prioritäten das, was zwangsläufig und vielleicht noch mehr als zuvor zur Kontroverse führen muss. Aber nur auf den ersten Blick bleibt die Bildung von Kürzungen verschont: Wir merken es am eigenen Geldbeutel. Die verschobene Besol dungserhöhung wirkt nach, und das wird auch von den Landesbediensteten nicht so schnell vergessen werden können, zumal immer noch die Nach zahlungen für viele Jahre anstehen und die Tabellen angehoben werden müssen. Der dbb Hessen (und somit auch der hphv) wird hier sicher konti nuierlich den Finger in die Wunde legen, denn das Thema muss so lange ein unangenehmes bleiben, bis eine verfassungskonforme Bezahlung wiederhergestellt ist. Nach aktuellem Stand sind wir davon leider wieder ein großes Stück mehr entfernt als noch vor einigen Monaten. Abseits der finanziellen Fragen, die natürlich auch die Ausstattung und
von VOLKER WEIGAND Vorsitzender des Hessischen Philologenverbandes
die Sanierung von Schulen betreffen, werden wir bei unseren Gesprächen den Fokus auch auf Möglichkeiten der Entbürokratisierung und Entlastung legen, die wenig oder sogar gar nichts kosten. Dokumentationspflichten, Schulinspektion, Vergleichsarbeiten, Förderpläne oder das Lebensarbeits zeitkonto sind Bereiche, die wir ansprechen werden. Weiterhin gilt: Der hphv wird sich konstruktiv-kritsch an allen Diskussionen beteiligen. Im Grunde sind die meisten Themen geblieben: Die Klassen und Kurse sind zu groß, die Heterogenität der Lern gruppen zum Teil extrem fordernd, rechtliche Fragen zum Beispiel rund um die KI mit allen technischen Herausforderungen eine Belastung für die Lehrerinnen und Lehrer, gesell schaftliche Spannungen und Gewalt nehmen immer mehr Einfluss auch auf den schulischen Alltag. Umso mehr freut man sich, wenn es auch gute Nachrichten wie zuletzt Mitte Dezember mit der angekündigten Verlängerung des Schulausflugtickets für die Sekundarstufe I durch das Hessische Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen gibt, welche der hphv im Sommer 2024 in einer Pressemitteilung gefordert hat. Im Namen des Landesvorstandes und der Geschäftsstelle wünsche ich Ihnen alles Gute für 2025
3
SCHULE
Volker Weigand
Foto: Sir_Oliver/AdobeStock [bearbeitet]
Titelthema
4
Präventiv aktiv – Antisemitismus und Extremismus wirksam bekämpfen A ktuell sind wir gesamtgesell schaftlich mit verschiedenen Phänomenen konfrontiert, die bietet Schulen damit eine wichtige Hilfestellung. Um Lehrkräfte bei einer grund
bildung’ zur Verfügung. Hier finden sich auch Beiträge zur Prävention von Rechtsextremismus oder zum Umgang mit Antisemitismus in der Schule. Antisemitismusprävention Antisemitismus ist kein neues Phäno men. Seit dem Terroranschlag der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und seinen Folgen hat jedoch insbe sondere der israelbezogene Antisemi tismus zugenommen. Um dieser besorgniserregenden Entwicklung entgegenzutreten, ist es erforderlich, das Bewusstsein für die mit Antisemi tismus verbundenen Gefahren zu schärfen: Für eine altersgemäße Themati sierung der Situation im Nahen Osten hat das HMKB Materialien, Hinweise und Anregungen zusam mengestellt, die Lehrkräfte in der →
unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung kontinuierlich heraus fordern und auch nicht vor den Schul toren Halt machen. Antisemitismus, Rechtsextremismus und Islamismus stellen eine ernsthafte Bedrohung für ein friedliches Zusammenleben dar. Auch Lehrkräfte nehmen eine wichti ge Rolle dabei ein, diese Ideologien zu erkennen und wirksam dagegen vor zugehen. Durch eigenes Wissen, eine gelebte Prävention an Schule und Handlungssicherheit bei konkreten Vorfällen können Schulen so einen wichtigen Beitrag für eine offene und pluralistische Gesellschaft leisten. Das Hessische Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen (HMKB) fördert und unterstützt gemeinsam mit Part nern eine Vielzahl von Maßnahmen zur Prävention und Intervention und
rechtsorientierten Demokratiebildung und im Umgang mit antidemokrati schen Positionen zu stärken, hat das Hessisches Ministerium für Kultus,
Bildung und Chancen die Handreichung ‘Grundrechts klarheit, Werte vermittlung, Demokratie- erziehung’ herausgegeben. Als Ergänzung mit Konkretisie rungen für die schulische
SCHULE
Praxis steht den Lehrerinnen und Lehrern die Broschüre ‘Schulpraxis Demokratie-
Schulleitungen zum Umgang mit Antisemitismus oder dem Hessi schen Geschichtslehrerverband zum Nahostkonflikt. Extremismusprävention Im Falle von rechtsextremistischen Vorfällen oder auch präventiv können Schulen sich unter anderem an das ‘beratungsNetzwerk hessen – ge meinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus’ wenden bezie hungsweise an das Demokratie- zentrum der Philipps-Universität in Marburg, das als Geschäftsstelle des Beratungsnetzwerkes fungiert. Dort können Schulen außerdem die mobile Ausstellung ‘RECHTSaußen – MITTENdrin? Rechtsextremismus: Erscheinungsformen und Handlungs möglichkeiten’ kostenfrei ausleihen. Bei islamistischen Vorfällen erfah ren Schulgemeinden zum Beispiel Unterstützung bei der ‘Beratungsstel le Hessen – Wege aus dem Extremis mus’ des zivilgesellschaftlichen Trägers Violence Prevention Network (VPN). Die Beratungsstelle wendet sich an junge Menschen, Angehörige, Lehrkräfte und weiteres Fachpersonal mit Fragen und Anliegen zum Thema religiös begründeter Extremismus bzw. zum Extremismus mit Auslands bezug. Sie bietet Maßnahmen der Prävention, Intervention und Deradi kalisierung an. Zugleich fördert die Beratungsstelle die Stärkung der Toleranz von unterschiedlichen Welt sichten sowie die Vermeidung und Umkehr von Radikalisierungsprozes sen. Fortbildungen, Beratungs stellen und Projekt ‘Netz werk-Lotsen’ Für pädagogisches Personal gibt es an hessischen Schulen zahlreiche akkre ditierte Veranstaltungen, die unter den Schlagworten ‘Extremismus’ und ‘Antisemitismus’ im Veranstaltungs katalog der Hessischen Lehrkräfte akademie zu finden sind. Auch die Präventionsabteilung des Landesam tes für Verfassungsschutz (LfV) bietet
den Schulen Aufklärungs- und Bera tungsangebote zu den Themen Extre mismusprävention, Antisemitismus und Radikalisierung an. Des Weiteren sind für die Themen Extremismus, politisch motivierte Kriminalität und deren Prävention in allen Polizeipräsi dien ‘Ansprechpersonen der polizei- lichen Prävention PMK und Extremis mus’ eingestellt worden, die entspre chend konsultiert werden können. Zudem bietet das Kooperationspro jekt ‘Netzwerk-Lotsen Antisemitis mus-/Extremismusprävention’ des HMKB und des Ministeriums des In nern, für Sicherheit und Heimatschutz (HMdI) hessenweit Lehrkräften, Schulleitungen, Schulsozialarbeite rinnen und Schulsozialarbeitern, sozial pädagogische Fachkräften (UBUS) sowie Schulpsychologinnen und Schulpsychologen an, gezielt gegen Formen von Extremismus und Anti semitismus geschult zu werden. Zu sätzlich werden Austauschformate angeboten, um sich untereinander zu vernetzen. Im Schulalltag agieren die Netzwerk-Lotsinnen und Netzwerk Lotsen konkret bei Fragen und Kon fliktfällen im Kontext extremistisch oder antisemitisch motivierten Ver haltens und kennen die relevanten Beratungsstellen. Kai Wißner, Leiter Referat III.4 HMKB Wichtig ist: Gemäß § 23 der Dienstordnung für Lehrkräfte, Schulleiterinnen und Schulleiter sowie sozialpädagogische Mit- arbeiterinnen und Mitarbeiter müssen alle extremistischen, antisemitischen sowie alle anderen Vorfälle von auf Religi on bezogene Diskriminierungen auf dem Dienstweg der für die jeweilige Schule zuständigen Schulaufsicht gemeldet werden, damit auf jeden einzelnen Vorfall angemessen reagiert werden kann. Sabrina Becker, Landeskoordinatorin des Netzwerkes ‘Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage’ HINWEIS
INFO
Weitere Informationen zu den Themen Antisemitismus, Rechtsextremismus und Isla mismus sowie zu den hier auf geführten Maßnahmen finden Sie auf der Internetseite des HMKB: https//kultus.hessen.
Titelthema
de/schulsystem/ politische-bildung [Stand: 16. Dezember 2024]
Unterrichtspraxis unterstützen können. Infolge des Terroranschlags wurde durch das HMKB darüber hinaus ein Beratungstelefon für Lehr kräfte zum Umgang mit dem Nahostkonflikt und Antisemitis mus eingerichtet. Ferner bietet das HMKB in Koope ration mit der Bildungsstätte Anne Frank das Projekt ‘Antisemi was?’ an. Dieses beinhaltet ein Präventions-, Interventions- und Beratungsprogramm, welches Schülerinnen und Schüler ab ei nem Alter von dreizehn Jahren für die Gefahren von Antisemitismus sensibilisiert, bei Konfliktfällen Hilfe anbietet und Lehrkräfte bei der Antisemitismusprävention un terstützt. Unter anderem finden Fortbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte aller Fachrichtungen und Schulformen statt, die an die individuelle Bedarfslage ange passt werden können. Bei antisemitischer Gewalt in der Schule, am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, im persönlichen Umfeld sowie in Behörden berät die OFEK-Beratungsstelle mit dem Projekt ‘OFEK Hessen’ Einzelpersonen, ihre Familienan gehörigen sowie Zeuginnen und Zeugen und unterstützt Organi sationen nach Vorfällen. Regelmäßig bietet das HMKB darüber hinaus mit unterschied lichen Partnern weitere Fortbil dungsformate an, kürzlich bei spielsweise mit OFEK Hessen für
→
→
5
→
→
SCHULE
Rechtsextremismus im Umfeld Schule Beratungsmöglichkeiten sowie Bildungs- und Präventionsangebote in Hessen
Titelthema
Spezielle Beratungsange bote für Schulen in Hessen Vor Ort aufsuchend, vertraulich und kompetent beraten und helfen mobile Beraterinnen und Berater des ‘Bera tungsnetzwerks Hessen – gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsex tremismus’ Schulen, Lehrkräften so wie Schülerinnen und Schülern bei Vorfällen von Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Antiziga nismus oder anderen Diskriminie rungsformen. Dazu bieten in Hessen verschiedene Trägerorganisationen und -vereine gezielte Beratung an. Eine Auswahlliste von Anlaufstellen bei akutem Beratungsbedarf im Um feld Schule in Hessen findet man auf der Website des Beratungsnetzwerks unter https://beratungsnetzwerk hessen.de/beratungsangebote/fuer schulen/anlaufstellen-und-traeger in-hessen/ 1 . Verschiedene Träger aus Hessen, die Bildungs- und Präventionsange bote zum Thema Rechtsextremismus und Demokratiestärkung speziell auch für den Bereich Schulen anbie ten, findet man beispielhaft auf fol gender Website des Beratungsnetz werks https://beratungsnetzwerk-hes sen.de/bildungs-und-praeventionsan gebote/angebote-fuer-schulen/ 2 . Broschüre ‘Extrem gut!’ Eine nützliche Übersicht von Angebo ten auch für Schulen bietet die Bro schüre ‘Extrem gut! Bildungsangebo te gegen Menschenfeindlichkeit’ des
R echtsextreme Stimmungen und kursierendes Propaganda material an einer Schule, men schenverachtende Chats in Klassen WhatsApp-Gruppen, Onlinemobbing und Hate speech oder vermehrte Dis kriminierungs- und Rassismusvorfälle im und außerhalb des Klassenzim mers – wie soll man damit umgehen, und was kann man dagegen tun? Wie kann man vorbeugen? Dazu bietet das ‘Beratungsnetzwerk Hessen – gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus’ profes sionelle Beratungshilfe an. Es berät hessenweit kostenlos und vertraulich Schulen, Eltern und Fami lienangehörige, Kommunen, Vereine und andere Hilfesuchende in Fällen von Rechtsextremismus, Antisemitis mus, Rassismus menschenverachten den Vorfällen und bietet eine breite Palette präventiver Hilfen an. Das Demokratiezentrum Hessen an der Philipps-Universität Marburg ist dabei zentrale Koordinierungs-, Fach- und Geschäftsstelle des Beratungsnetz werks und vermittelt Ansprechpartner vor Ort. Dem Beratungsnetzwerk Hessen gehören zahlreiche Mitglieder unter schiedlicher staatlicher, nicht-staat licher und kirchlicher Institutionen, Organisationen, Träger und Vereine aus Hessen an. Die Angebote sind professionell, unbürokratisch, in der Regel kostenfrei und aufsuchend. Finanziert wird die Arbeit durch den Bund und das Land Hessen.
Sonderbereich Schule Das Beratungsfeld ‘Schule’ ist kom plex, denn hier sind verschiedene Personengruppen involviert: neben Lehrerinnen und Lehrern, der Schul leitung und Schulsozialarbeiterinnen und -sozialarbeitern vor allem Schü lerinnen und Schüler sowie Eltern. Entsprechend vielfältig sind die po tenziellen Probleme und Interessen – und mögliche Lösungs- und Hilfsan gebote. Beratung, Bildung und Prävention gegen Rechtsextremismus Die Beratung an Schulen zielt darauf ab, den verantwortlichen Akteurinnen und Akteuren neue Handlungsmög lichkeiten zu eröffnen, um sie zu einem eigenen und selbstbewussten Umgang mit dem Problem von Rechtsextremismus, Rassismus oder Diskriminierung zu ermutigen. Ziel der Beratung ist es, die Beteiligten – Leh rerinnen und Lehrer wie auch Schüle rinnen und Schüler – zu befähigen, gemäß dem öffentlichen Auftrag handlungsfähig zu bleiben. Daneben sind Informationen und Sensibilisierung wie auch die struktu relle und inhaltliche Unterstützung von Schülerinitiativen gegen Rechts extremismus oft Teil der Beratung. Zudem kann die Vernetzung mit Ak teurinnen und Akteuren der Kommu ne entlastend und unterstützend sein.
6
Demokratiezen trums Hessen. Die Publikation im handlichen DINA6-Ta schenformat lis tet Angebote hessischer Trä
SCHULE
Ausstellung kann von Schulen, Verei nen, Parteien, Initiativen und anderen interessierten Institutionen kostenfrei ausgeliehen werden. Auf der begleitenden eigenen Web site https://rechts-aussen.de/ 6 finden Lehrkräfte methodische und didakti sche Anregungen, weitere Infos und Literaturtipps zu jedem einzelnen Roll-up. Gerolf Nittner, Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit | Demokratiezentrum Hessen im ‘Beratungsnetzwerk Hessen – gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus’
möglichkeiten es gibt und welche Unterstützung und Hilfen für in der Schule Tätige nötig sind. Printexem plare sind derzeit leider vergriffen, eine Neuauflage wird angestrebt. Down- loadmöglichkeit auf Beratungsnetz werk Hessen gibt Publikation zum The ma ‘Rechtsextremismus und Rassismus in der Schule’ heraus – Beratungsnetz werk Hessen Demokratiezentrum (beratungsnetzwerk-hessen.de) 4 . Kostenfreie mobile Leih-Ausstellung Das Demokratiezentrum Hessen hat 2015 eine mobile Leih-Ausstellung ‘RECHTSaußen – MITTENdrin? Rechts extremismus: Erscheinungsformen und Handlungsmöglichkeiten’ entwickelt, die fortlaufend aktualisiert und ergänzt wird (zu finden unter https://beratungs netzwerk-hessen. de/bildungs-und praeventionsangebote/leih-ausstel lung/ 5 ). Die Ausstellung zeigt auf ins gesamt 26 Roll-ups wissenschaftlich fundiert und anschaulich Organisa- tions- und Erscheinungsformen der vornehmlich jugendlichen ‘Erlebniswelt Rechtsextremismus’ genauso wie die Tendenzen zu rechtsextremen Einstel lungen in Teilen der Bevölkerung. Die
INFO
ger zur Demokratiebildung und zur Prävention und Beratung in den Berei chen Rassismus, Rechtsextremismus und religiös begründeter Extremismus auf. Die Broschüre findet man als PDF_Datei unter https:// beratungs netzwerk-hessen.de/wp-content/ uploads/2021/01/final-01-12-2020 demo_brosch_bildung_ vaeNachdruck 3_201201.pdf 3 . Studien-Publikation ‘Was soll ich denn da sagen?!’ ‘Was soll ich denn da sagen?!’– Zum Umgang mit Rechtsextremismus und Rassismus im Schulalltag (2. Auflage 2018) ist der Titel einer Zentrale Anlaufstelle und Kontaktadresse des ‘Beratungs netzwerks Hessen – gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus’: Demokratiezentrum Hessen Philipps-Universität Marburg Wilhelm-Röpke-Straße 6 A 35032 Marburg Telefon: 06421 2821110 E-Mail: kontakt@ beratungsnetzwerk- hessen.de Web: https:// beratungsnetzwerk- hessen.de/ Facebook: https:// www.facebook.com/ Beratungsnetzwerk
Titelthema
LINKS
7
studienbasierten Publikation des ‘Beratungsnetz werks Hessen – gemeinsam für Demokratie und
gegen Rechtsextremismus’ zum Um gang mit Rechtsextremismus und Rassismus im Schulalltag. Die 60- seitige Broschüre beschäftigt sich ausführlich damit, wie Rassismus im Schulalltag wahrgenommen wird, wel che Umgangsformen und Handlungs
SCHULE
Rechtsextremismus im Umfeld Schule Auswahlliste von Ansprech- und Anlaufstellen
sind die erfahrenen Mitglieder des Vereins vor allem in Mittel- und Südhessen aktiv. Website: https://jetzt-ev.de/
Das ‘Beratungsnetzwerk Hessen – gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus’ mit dem Demokratiezentrum Hessen an der Philipps-Universität Marburg und Regionalstellen in Nord-, Ost- sowie Süd hessen ist landesweit die erste Anlaufstelle in Sachen
→
Titelthema
Das Netzwerk für Demokratie und Courage (NDC) unter der Trägerschaft des Hessischen Jugendrings bietet in
→
Beratung, Opferunterstützung und Bildungsangebote im Kontext Rechts- extremismus. Das Demokratiezentrum Hessen ist zentrale Koordinierungs-, Fach- und Geschäftsstelle des Bera
Hessen verschiedene Projekttage, Fort bildungen und Workshops für Jugend liche ab der 8. Klasse und für Multi-
plikatorinnen und Multiplikatoren (zum Beispiel Lehrkräfte, Schulsozial arbeiterinnen und -arbeiter, Sozialpädagoginnen und -pädagogen) an. Website: https://www.netzwerk-courage.de/hessen/ Die ‘Rote Linie – Pädagogische Fachstelle Rechtsextre mismus’ entwickelt Programme zur primären und sekun dären Prävention von Rechtsextremismus in Hessen und bietet gezielt Workshops für junge
tungsnetzwerks Hessen und vermittelt unmittelbare Hilfe und Beratung sowie Bildungs- und Präventionsangebote in ganz Hessen. Website: https://beratungsnetzwerk-hessen.de/ Das Mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus und Rassismus – für demokratische Kultur in Hessen e.V. (MBT) mit seinen Regionalstellen des Beratungsnetzwerks für Nord- und Osthessen in Kassel und Fulda bietet eine breite Unterstützung im Bereich regionaler Demokratisie
→
→
Menschen an. Die Angebote umfassen Beratung, Begleitung, Coaching sowie Fort- und Weiterbildung für Angehö rige, Lehrkräfte und Menschen in der
rungsprozesse und zivilgesellschaft- lichen Engagements an. Im Angebot, das auch auf Schulen und Lehrkräfte gezielt zugeschnitten werden kann, sind unter anderem Projekte gegen
8
sozialen Arbeit. Rechtsextrem gefährdeten jungen Men schen wird sozialpädagogische Unterstützung angeboten. Website: https://rote-linie.net/ Die Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt bietet Work shops für Schulklassen und Jugendgruppen an zu Fragen wie: Was ist Rechtsextremismus? Welche Formen von Anti
Rechtsextremismus, Fortbildungen für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, Informationsveranstaltungen zu rechtsextremer (Jugend-)Kultur, Trainings (zum Beispiel Argumentationstrainings) und Seminare im Bereich Rechtsextremis- mus, Antisemitismus und Rassismus. Website: https://mbt-hessen.org/home Die Regionalstelle Südhessen des Beratungsnetzwerks Hessen in Darmstadt bietet eine ähnliche Angebots- palette wie das MBT in Kassel/Fulda (s.o.). Träger ist seit Mitte 2021 der Verein ‘Jetzt! – Verein für Beratung, Coaching und Bildung – aktiv für Demokratie e.V.’. Mobile Beratung und politische Bildung sind die Schwerpunkte der Arbeit. Website: https://regionalstelle-sued.de/ Der Verein ‘Jetzt! Verein für Beratung, Coaching und Bildung – aktiv für Demokratie e.V.’ bietet Beratung, Moderationen, Kooperationen, Vernetzung, Fortbildungen, Seminare, Prozessbegleitung und
→
semitismus gibt es heute? Welche Rolle spielt Religion in der Gesellschaft? Wie kann man couragiert im Alltag han deln? Wie kann man sich gegen Diskri minierung schützen? Außerdem veran
→
staltet sie Fortbildungen für Lehr- und (pädagogische) Fachkräfte zu den Themen Rassismus, Diskriminierung, Antisemitismus, Rechtsextremismus und Menschenrechte. Website: https://www.bs-anne-frank.de/ Das seit August 2007 bestehende Projekt des Hessischen Kultusministeriums ‘Gewaltprävention und Demokratielernen (GuD)’ hat zum Ziel, Schulen bei der nachhaltigen Im plementierung von gewaltpräventiven und demokratieförderlichen Program men durch Fortbildung und Beratung zu unterstützen. Website: https://gud.bildung.hessen.de/ Schule machen ohne Gewalt (SMOG) e.V. ist ein Netzwerk gegen Gewalt und Sucht. Ziel ist es, dem Gewaltpotenzial präventiv und intervenierend mit einer Vernetzung unter-
→
→
Coaching an. Die Angebote richten sich unter anderem an Lehrkräfte, Kitas, Kommunen, Verwaltungen, Ehrenamt liche, Lehrerinnen, Lehrer, Eltern,
SCHULE
→
Jugendeinrichtungen und Privatpersonen. Als kompetente Ansprechpartner für alle Themen der Mobilen Beratung
schiedlicher Aktivitäten entgegenzutre ten. Dazu werden verschiedene Semi nare und Workshops in Kindergärten, Grundschulen und Klassen 5 bis 10 sowie für Erwachsene angeboten.
Speziell zum Thema Hate speech hat das Projekt ‘#hate breach – Hass im Netz begegnen’ der ‘Kopiloten e.V. –
→
gemeinsam politisch bilden’ in Nord hessen verschiedene Angebote für Jugendliche und Lehrkräfte entwickelt und bietet projektorientierte Lehr Lern-Arrangements und Bildungsinter
Titelthema
Website: https://smogline.de/
ventionen für Schulen vor allem im Raum Nordhessen an. Website: https://hatebreach.net/category/angebote/ schule/ Der Landesverband Hessen der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V. (DeGeDe) engagiert sich für die Demokratiepädagogik im Bundesland Hessen und fordert und fördert unter anderem die Ziele, die Entwick lung der demokratischen Kultur an Schulen sowie in Kin der- und Jugendeinrichtungen voranzutreiben, demokra
Der Verein Creative Change e.V. aus Offenbach besteht aus einem internationalen Team aus jungen Theaterpäda
→
gogen, die sich auf kreative Weise für ein respektvolles Zusammenleben en gagieren, indem das Team jeweils eine Woche lang in Schulklassen mit 8- bis 15-jährigen Kindern kleine Theater
→
stücke und Rollenspiele improvisiert. Website: https://cc-ev.de/
tiepädagogische Fortbildungs- und Forschungsprojekte anzubieten und zu unterstützen, Kooperationen zwischen demokratischen Schulen zu fördern und die Zusammenarbeit zwischen de mokratiepädagogischen Akteuren in Schule, Jugendarbeit und Weiterbil dung voranzutreiben. Dafür werden ge meinsam mit Schülerinnen, Schülern, Eltern, Studierenden, Lehrerinnen und
Ziel des Gewaltpräventionsprogramms ‘PiT’ (Prävention im Team) der Hessischen Landesregierung im ‘Netzwerk
→
gegen Gewalt’ ist es, Schülerinnen und Schülern der Jahrgänge 6, 7 oder 8 in die Lage zu versetzen, individuell und gewaltfrei auf gewaltbesetzten Situa tionen des öffentlichen Raums zu
reagieren und angemessen zu handeln. Im Rahmen des PiT-Trainings erhalten Jugendliche auch die Möglichkeit, ihren Umgang mit dem öffentlichen Raum Internet zu reflektieren. Website: https://netzwerk-gegen-gewalt.hessen.de/ programme/praevention-im-team-pit
9
Lehrern, Sozialpädagoginnen und -pädagogen sowie Ak teurinnen und Akteuren der Zivilgesellschaft geeignete Initiativen und Projekte entwickelt. In Hessen gibt es zu dem das Projekt ‘Zusammenleben neu gestalten’, das sich unter anderem auch an Schulen und außerschulische Bildungsträger richtet und interaktive Informationsveran staltungen, Durchführung und Begleitung von Begeg nungs- und Dialogveranstaltungen sowie themenspezi- fische Fortbildungen und Workshops anbietet. Website: https://staging2.degede.de/regionen/hessen/ und https://staging2.degede.de/project/zusammenle ben-neu-gestalten/ Bei der Recherche- und Informationsstelle Antisemitis mus Hessen (RIAS Hessen) , in Trägerschaft des Demokra tiezentrums Hessen an der Philipps-Universität Marburg, können alle antisemitischen Vorfälle in Hessen gemeldet
Mit passgenauen Bildungspaketen für verschiedene Ziel gruppen treten die Arolsen Archives gegen Fake News,
→
Ignoranz und gefühlte Wahrheiten an. Denn ein Großteil der deutschen Schü lerinnen und Schüler beispielsweise weiß trotz Fachunterrichts kaum mehr etwas über die NS-Verfolgung, und
Klischees und Vorurteile sind in der Gesellschaft weitver breitet. Die Arolsen Archives entwickeln Bildungsangebote und unterstützen Lehrkräfte sowie außerschulische
→
Akteurinnen und Akteure in ihrer Arbeit. Website: https://arolsen-archives.org/
werden. RIAS Hessen plant zudem Bil dungsaktivitäten und Forschungen zu Antisemitismus. Die Website informiert über die Arbeit und die Aktivitäten, die Arbeitsweise sowie die Kooperationen
Der Landesverband Hessen des Verbands deutscher Sinti und Roma bietet unter anderem für Schulen an: eine mobile Ausstellung ‘Der Weg der Sinti und Roma’, Führun
→
gen, Projekttage, Workshops, mobile Medienstation (mit Zeitzeugenberich ten und Filmbeiträgen gegen Antiziga nismus) und Vorträge. Ergänzend dazu stellt der Landesverband Hessen des
von RIAS Hessen und wird stetig erweitert. RIAS Hessen nimmt unter anderem über ein Onlinemeldeformular auf der Website hessenweit antisemitische Vorfälle auf und dokumentiert sie in Jahresberichten sowie Monitoringbe richten. Website: https://rias-hessen.de/ Gerolf Nittner, Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit | Demokratiezentrum Hessen im ‘Beratungsnetzwerk Hessen – gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus’
SCHULE
Verbands deutscher Sinti und Roma aktuelle Handrei chungen für Lehrkräfte an den hessischen Schulen zum
Thema Antiziganismus zur Verfügung. Website: https://sinti-roma-hessen.de/
Extremismus-Prävention an Schulen in anderen Bundesländern D ie Deutsche Presse-Agentur berichtete im Februar 2024, dass es, laut Angaben des
Titelthema
tensität fördern können. Wie können Schulen diskriminierenden Vorfällen den Raum streitig machen? Und in wieweit haben Demokratie- und Me dienbildung eine effektive Wirkung gegen Diskriminierung, Antisemitis mus, Islamismus oder Rassismus? Schulprojekte und Handlungsstrategien gegen Diskriminierung Ein bundesweites deutsches Schul projekt, an dem mehr als 4600 Schu len teilnehmen, ist das Projekt ‘Schule ohne Rassismus – Schule mit Coura ge’. In Hessen wurden 189 Schulen als ‘Courage-Schule’ ausgezeichnet. Die Auszeichnung bedeutet, dass die Schule Teil eines Netzwerkes ist, wel ches Verantwortung für das Schulkli ma übernimmt. Es wird sich aktiv ge gen Diskriminierung eingesetzt, in Konflikte eingegriffen und es werden regelmäßig Projekttage zu dem The ma veranstaltet. Das Ziel des Coura ge-Netzwerkes ist es, mittels eines dauerhaften Engagements eine dis kriminierungssensible Schulkultur zu gestalten. Dabei richtet sich der Handlungsansatz gegen Diskriminie rung an folgende Bereiche: Religion, soziale Herkunft, Geschlecht, körper liche Merkmale, politische Weltan schauung und sexuelle Orientierung. ‘Courage-Schulen’ erhalten Unter stützung von Landes- und Regional koordinatorinnen und -koordinatoren, sie können mithilfe von Vernetzung Kooperationspartnerinnen und -part ner für Workshops oder Projekttage gewinnen, schulinterne Gedenktage etablieren und sich untereinander vernetzen. Neben Schulnetzwerken bieten auch die Bundesländer unterstützen-
de Maßnahmen zur Bewältigung von Diskriminierung an. Im Bundesland Berlin gibt es bundesweit erstmalig eine schulspezifische Antidiskriminie rungsstelle, die vom Land mitfinan ziert wird. ‘Die Anlaufstelle für Diskri minierungsschutz an Schulen (ADAS)’ ist institutionell unabhängig von Schulen. Jedoch bietet sie für Schüle rinnen und Schüler, Eltern und Sorge berechtigte sowie für Lehrkräfte, Beratung und Begleitmöglichkeiten in Bezug zu Diskriminierungsfällen an. Zudem können Fälle von Diskrimi- nierung gemeldet werden. Neben Beratungen führt die ADAS auch Workshops zum Thema Diskriminie rungsschutz und Empowerment an Schulen. Diese sind für Eltern oder Erziehungsberechtigte und finden im Rahmen von Elternabenden oder in Elterncafés statt. Des Weiteren ste hen für Berliner Schülerinnen und Schüler historische Planspiele zur Verfügung, die thematisch Geschich te mit Religion verbinden. Für Lehr kräfte sowie Pädagoginnen und Päda gogen werden Fortbildungen zum Thema ‘religiöse und weltanschau- liche Diversität an Schulen’ angeboten. Im Bundesland Hamburg bietet das Projekt ‘Gemeinsam wachsen’ von der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS Hilfestel lungen gegen Rassismus und Diskri minierung an. Die Stiftung setzt ein Workshopangebot für Hamburger Schulen auf, an dem Klassen ab der 7. Jahrgangsstufe teilnehmen können. In den Workshops werden Jugendliche mit theoretischen und praktischen Inhalten über Formen von Diskriminie rung, Antisemitismus, Rassismus oder Sexismus sensibilisiert und geschult. Auf diese Weise lernen sie diese zu erkennen und ihnen kritisch zu begeg nen. Zudem finden auch aktuelle in ternationale Krisen wie der Nahost konflikt thematischen Raum. In Bezug dazu, dass Medien eine Plattform für Diskriminierung ermög
Thüringer Bildungsministeriums, im letzten Jahr 129 rechtsextreme, ras sistische oder antisemitische Vorfälle an Schulen gegeben habe. Das sei ein Drittel mehr als im Jahr 2022. Thürin gens Bildungsminister Helmut Holter sagt dazu: »Die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre, die spürbare Polarisierung der Gesell schaft spiegeln sich natürlich auch in der Schule wider.« Ebenso betont Al brecht Gill von der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz gegenüber dem SWR, dass Lehrkräfte mit immer häufigeren diskriminieren den und antisemitischen Aussagen von Schülerinnen und Schülern kon frontiert seien. Zudem würden im Internet verbreitete Verschwörungs theorien und antisemitische Denk- figuren von Schülerinnen und Schü lern unkritisch übernommen werden. In Zusammenhang dazu zeigt das Ministerium für Kultur und Wissen schaft des Landes Nordrhein-West falen auf, dass auch die islamistische Szene als Verbreitungsweg vermehrt die sozialen Medien nutzt. Neben YouTube stellen auch Facebook, Instagram, TikTok und Messenger dienste, Plattformen zum Teilen von extremistischen Ideologien dar. Algo rithmen können den Verbreitungsweg begünstigen. Doch auch Posts, die ‘harmlos’ gestaltet sind, wie beispiels weise eine Farbgebung in Rosatönen und dazu Verzierungen mit Blumen und Herzen, können radikale Inhalte verschleiern, sodass sie erst auf dem zweiten Blick sichtbar werden. Aus den problembehafteten Be richten ist abzuleiten, dass rechts- extreme, rassistische oder antisemi tische Vorfälle zunehmend in den ‘Raum Schule’ einwirken. Des Weite ren ist alarmierend anzumerken, dass auch Medien die Vorfälle in ihrer In
10
SCHULE
lichen, setzt das ‘Erfurter Medien- labor’ an der medialen Lebenswelt von Jugendlichen an, um ein rassismus kritisches Medienwirken zu generieren. Somit werden im Bundesland Thürin gen Bildungsmodule mit dem Thema ‘Bewusstseinsbildung für Rassismus in Lokalmedien’ an Schulen durchge führt. Des Weiteren gründen sich ‘Mediengruppen’ bestehend aus Multi plikatorinnen, Multiplikatoren und Jugendlichen, die in Medienarbeit ge schult werden, sodass sie sich in Erfur ter Stadtteilen gegen Rassismus in Lokalmedien einsetzen können. Eben so gestaltet das ‘Netzwerk für Demo kratie und Courage (NDC)’ mithilfe von Teamerinnen und Teamern schulische Projekttage zu den Themen Diskrimi nierung, solidarisches Handeln gegen Rassismus, Ungerechtigkeit und Klas sismus oder Sexismus und couragier tes Handeln. Mithilfe von verschiede nen Konzepten und Methoden werden Schülerinnen und Schüler in Bezug auf Diskriminierung sensibilisiert und auch ermutigt, sich für ein faires Miteinan der einzusetzen. Die spezifisch darge stellten Projekte und Netzwerke zei gen, dass mittels kreativer, thematisch aktueller und unterstützender Metho den der Diskriminierung in Schulen entgegengewirkt werden kann. Auch werden Eltern, Erziehungsberechtigte oder Lehrkräfte zu Themen rund um Diskriminierung »an die Hand genom men«. Jedoch ist ebenfalls kritisch anzumerken, dass es dennoch nicht vielfältige Unterstützungsangebote gibt und eine Anzahl dessen ausbau fähig ist. »Die zunehmend digitalisierte Gesell schaft bietet ihren Bürgern mehr Mög lichkeiten der Meinungsbildung und Teilnahme an politischen Entschei dungsprozessen. Mangelnde Medien kompetenz erschwert es, die öffentli che Meinungsbildung durch Medien kritisch zu hinterfragen und eigene mediengestützte Standpunkte zu ent wickeln« (KMK, 2012). Wenn man die Aussage der Kultusministerkonferenz Medienbildung als Prävention?
weiterdenkt, wird ersichtlich, wie es senziell die Entwicklung von Medien kompetenz für Kinder und Jugendliche ist. Zusätzlich kann Medienbildung wirksam mit Demokratiebildung ‘Hand in Hand gehen’. Aufgrund dessen, dass islamistische oder antisemitische Inhalte in sozialen Medien kursieren und sie teils unkri tisch oder unreflektiert übernommen oder verbreitet werden könnten, ist die Vermittlung von Medienkompetenz notwendig. Dabei ist darauf hinzuwei sen, dass Medienbildung zunächst in der Familie stattfindet, ebenso in früh kindlicher Bildung und ergänzend dazu in der Institution Schule. Zudem geht es nicht ausschließlich darum, Lern prozesse zu entfalten, sondern auch moralische Haltungen, ethische Werte, demokratische Teilhabe sowie die Wir kungsweise von Medien zu vermitteln. Mithilfe des Digitalpakts 2.0 wird wei terhin der Ausbau der digitalen Infra struktur und die digitale Ausstattung an Schulen gewährleistet. Doch dies ist nicht vollends ausreichend. Bil dungsformate zu Social-Media- Literacy (SML) könnten als ein Fähig keitsstandard in Curricula integriert werden. Dabei geht es bei SML darum, dass Schülerinnen und Schüler Inhalte aus den sozialen Medien aus techni scher, kognitiver und emotionaler Per spektive kritisch bewerten zu lernen. Beispielsweise würde es in Bezug zu antisemitischen Inhalten bedeuten, dass Hassreden oder Desinformatio nen erkennbarer sind. Die Prüfung von glaubwürdigen Quellen gerät in den Fokus, und es kann solidarisch ange messen auf solche Inhalte reagiert oder mit ihnen interagiert werden. Social-Media-Literacy ist ein mögli cher Handlungsansatz, um Diskrimi nierung in Medien konstruktiv entge genzutreten. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass auch alltägliche Handlungsweisen dazu beitragen kön nen, Diskriminierung zu bekämpfen. Die Augen offen zu halten, um zu hel fen, hilft! Aufklären ist wichtig! Genau so Gegenfragen zu Beweggründen zu stellen und somit Raum für Reflexio nen zu schaffen! Helen Bosse, Redakteurin Blickpunkt Schule
Titelthema
11
Foto: Zerbor/AdobeStock
SCHULE
Interview mit Daniel Neumann
? Wie wird jüdischen Schülerinnen und Schülern in Hessen der Zugang zu religiöser Bildung ermöglicht? ! Jüdische Schülerinnen und Schü ler, die auf die jüdische Schule in Frankfurt gehen, nehmen am Religi onsunterricht im Rahmen des Klas senverbands teil, der zum Regelunter richt gehört. Im Bereich der öffent- lichen Schulen wird der jüdische Reli gionsunterricht in Form von speziellen Kursen am Nachmittag erteilt, die in Kooperation mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen und den jeweiligen Mitgliedsgemein den stattfinden. Dafür kommen Schülerinnen und Schüler unterschied licher Klassenstufen und Bildungsein richtungen bei einer jüdischen Religi onslehrkraft zusammen, wo sie ge meinsam unterrichtet werden. Der Unterricht ist dabei vom Hessischen Kultusministerium als schulgleicher Unterricht anerkannt. Er bildet damit ein Äquivalent zu evangelischen, ka tholischen oder anderen anerkannten bekenntnisorientierten Religionsun terrichten. ? Welche Maßnahmen ergreifen Schulen in Hessen, um jüdische Traditionen und Feiertage im Schul alltag zu berücksichtigen? ! Die hessische Verordnung zur Ge staltung des Schulverhältnisses sieht eine Befreiung und Beurlaubung zu religiösen Feiertagen vor. Schüle rinnen und Schüler sind auf Antrag ih rer Eltern und ab dem 14. Lebensjahr, auf ihren eigenen Antrag, aus religiö sen Gründen vom Unterricht für die Zeit des Gottesdienstbesuchs oder für einen religiösen Feiertag, der nicht gesetzlicher Feiertag ist, vom Schul besuch freizustellen. Für nachweislich jüdische Schülerinnen und Schüler gilt die Befreiung an Samstagen (Shab bat), am jüdischen Neujahrsfest (Rosch Haschana), am Versöhnungs tag (Jom Kippur), am Laubhüttenfest (Sukkoth), am Fest der Torafreude (Simchat Tora), am Fest der Über
gemeinsame Website erstellt, die ‘Kommentierte Materialsammlung zur Vermittlung des Judentums’ 2 , auf der Lehrkräfte empfehlenswerte didak tisch aufbereitete und für den Unter richt unmittelbar nutzbare Materia lien finden können, um Themen rund ums Judentum zu unterrichten. ? Halten Sie die Auseinanderset zung mit dem Holocaust in hessi schen Schulen für angemessen und ausreichend? ! Die Erinnerung an den Holocaust bleibt nach wie vor sehr wichtig. Sie darf jedoch nicht historisiert wer den und muss einen Bezug zur Ge genwart herstellen. Die Gründe und Mechanismen der nationalsozialisti schen Ideologie müssen beleuchtet werden, um die Prozesse zu verste hen, die sich in der Ausgrenzung, der Verfolgung und der Vernichtung des europäischen Judentums realisiert haben. Im Unterricht gilt es herauszu arbeiten, wie eine Minderheit zur Pro jektionsfläche sozialer Ängste werden kann und warum solche Denkmuster auch heute noch aktuell und gefähr lich sind, nicht nur für Jüdinnen und Juden. Auch mangelnde Selbstkritik, unzureichende Bereitschaft, Verant wortung für das eigene Handeln zu übernehmen und das Unbehagen, von der Mehrheit abweichende Positionen zu vertreten, sind zu thematisieren, um den uralten Judenhass besser zu verstehen. Fachlehrkräfte müssen in der Lage sein, in ihrem Unterricht nicht nur über, sondern auch gegen Antisemi tismus zu bilden. Das beinhaltet eine Verzahnung mit den Inhalten zur De mokratiebildung, wie sie aktuell von der Kultusministerkonferenz empfoh len wird 3 , denn Antisemitismus ist eine Gefahr für die Demokratie. Wie Rabbiner Jonathan Sacks es aus drückte: Der Hass, der mit den Juden beginnt, endet nicht mit den Juden. Die Vermittlung der Geschichte des Antisemitismus und der Schoa im Klassenzimmer muss auch einen
INFO
Titelthema
Daniel Neumann ist ein deut scher Rechtsanwalt, Autor und seit 2023 Vorsitzender des Lan desverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen.
12
schreitung bzw. der Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei (Pessachfest) und am Wochenfest (Schawuot). ? Welche Ressourcen und Materia lien stehen hessischen Schulen zur Verfügung, um jüdische Geschichte und Gegenwart zu unterrichten? ! Bei der Vermittlung des Judentums stehen häufig nur die Themen Holocaust, Antisemitismus und selten Israel im Mittelpunkt. Damit verfestigt sich das Bild von Juden als Opfer. Sie waren jedoch auch in der Geschichte handelnde Subjekte. Jüdische Ge schichte darf nicht als Sonderge schichte erzählt werden. Sie ist Teil der deutschen Geschichte und sollte auch als solche vermittelt werden, um deutlich zu machen, dass Juden ein integraler Teil der deutschen Gesell schaft sind – und das seit mehr als 1700 Jahren. Sie sind keine ‘Fremden’. Hier müssen auch die Schulbücher nachbessern. Dazu gibt es schon seit Jahren verschiedene Studien und Ver besserungsvorschläge 1 . Der Zentralrat der Juden und die Kultusministerkonferenz haben eine
SCHULE
Bezug für Schülerinnen und Schüler mit Migrationsgeschichte haben, sie darf nicht auf die deutsche Geschich te verengt werden. ? Gibt es spezielle Bildungsinitia tiven oder Projekte in Hessen, die das Verständnis für jüdisches Leben fördern? ! Das hängt häufig von den einzel nen Schulen ab, aber es gibt au ßerschulische Bildungsinstitutionen, mit denen das Thema angegangen werden kann, zum Beispiel das Jüdi sche Museum in Frankfurt, das viel fältige Bildungsprogramme anbietet. Um eine spürbare Wirkung zu er- reichen, müssen allerdings flächen- deckende Bildungs- und Beratungs angebote geschaffen werden. Zur Prävention von Antisemitismus kann auch das Begegnungsprogramm des Zentralrats der Juden dienen, ‘Meet a Jew’, bei dem zwei Juden in Schul klassen gehen und auf Augenhöhe mit den Schülerinnen und Schülern ihr persönliches Judentum vorstellen und Fragen beantworten. Dabei geht es weniger um Antisemitismus, sondern um das Kennenlernen von lebendigen Juden und Einblicke in das gelebte Judentum, was präventiv gegen Anti semitismus wirken kann. Dazu zählen auch Austauschprogramme mit israe lischen Schulen. Wer keine Möglichkeit hat, an ei nem persönlichen Austausch teilzu nehmen, kann sich auch die virtuelle Ausstellung ‘Tolerant statt ignorant’ anschauen. Sie bietet vielseitige Materialien und Inhalte zum Thema Judentum und Antisemitismus mit Fokus auf Hessen. Außerdem können Lehrkräfte der Sekundarstufen I und II an allgemeinbildenden und berufs bildenden Schulen das Material für ihren Unterricht heranziehen 4 . ? Wie ist die Situation an hessischen Schulen seit dem 7. Oktober? ! Die Recherche- und Informations stelle Antisemitismus Hessen (RIAS Hessen) dokumentierte insgesamt 528 antisemitische Vorfälle für das Jahr 2023, eine Verdreifachung im Vergleich zum Vorjahr. Davon fanden
127 Fälle an einer Bildungseinrichtung statt, den am häufigsten dokumen tierten Tatort. 56 antisemitische Vor fälle entfielen auf hessische Schulen und 51 Vorfälle auf hessische Hoch schulen. Und das sind nur die gemel deten und dokumentierten Fälle! Die Dunkelziffer ist deutlich höher. Der 7. Oktober 2023 hat die Bedeu tung und Dringlichkeit des Kampfes gegen Judenhass noch deutlicher ge macht. Jüdische Schülerinnen und Schüler erleben zunehmend mehr verbale Gewalt und müssen Angst um ihre körperliche Unversehrtheit ha ben. Das führt nicht selten zu einem Rückzug aus den staatlichen Schulen und eine Zuwendung zur jüdischen Schule in Frankfurt. ? Wie kann der Kampf gegen Anti semitismus flächendeckend und strukturell nachhaltig verankert werden? ! Als Präsidiumsmitglied des Zen tralrats der Juden in Deutschland betrachte ich die Thematik über Hes sen hinaus. Der Zentralrat der Juden hat schon im Jahr 2021 gemeinsam mit der Kultusministerkonferenz und der Bund-Länder-Kommission der Antisemitismusbeauftragten eine ‘Gemeinsame Empfehlung zum Um gang mit Antisemitismus in der Schu le’ 5 verabschiedet. Darin wurden zahl reiche Punkte aufgeworfen, die die Bildungsverwaltung ergreifen sollte, um Antisemitismus in der Schule zu begegnen. Eine zentrale Rolle nimmt die Qualifizierung der Lehrkräfte ein. ? Wo muss die Qualifizierung der Lehrkräfte ansetzen? ! Der wichtigste Punkt ist die Aus- und Weiterbildung. Es ist dringend erforderlich, dass Lehrkräfte befähigt werden, Antisemitismus zu erkennen, zu benennen und entsprechend han deln können. Dabei sollten nicht nur historische, sondern auch gegenwär tige, aktuelle Erscheinungsformen, wie der israelbezogene Antisemitis mus, vermittelt werden. Denn dieser ist aktuell virulenter und massiver denn je. Dabei gilt: Antisemitismus sucht sich regelmäßig neue Aus
drucksformen und ist kein geschicht liches Phänomen. Er taucht in immer neuen Gewändern auf und mobilisiert dabei unterschiedliche Gruppen. Not wendig ist eine Verankerung von Kenntnissen zu jüdischer Geschichte und Gegenwart sowie gerade und auch zu Israel, dessen Entstehungs geschichte und der geopolitischen Si tuation im Nahen Osten in den Lehr plänen. Es ist schön, etwas über die Kelten, die Germanen oder die deut schen Kaiser zu wissen. Aber die ge sellschaftsrelevante Musik spielt auf anderen Feldern. Wenn dies nicht endlich erkannt wird, wird die Zukunft nicht nur für Juden in Deutschland düsterer, sondern für alle, die einen freien, liberalen, rechtsstaatlichen und demokratischen Staat schätzen. Wissen und Handlungskompeten zen im Umgang mit Judenhass müs sen folglich in allen drei Phasen der Lehrkräftebildung (Ausbildung, Refe rendariat und Fortbildung) verpflich tend vermittelt werden, unabhängig davon, um welches Fach es sich han delt. Prävention und Intervention stellen eine fachunabhängige Quer schnittsaufgabe dar. Vom Sportlehrer bis zur Geschichtslehrerin sind alle gefordert. Dieser Kampf kann jedoch nicht von den Lehrkräften alleine geführt wer den. Er muss einem Gesamtkonzept folgen, das alle im System Schule und Bildung Beteiligten berücksichtigt, wo alle an einem Strang ziehen und die Verantwortung nicht wegschieben. Ich sehe hier vor allem die Schulleitungen in der Pflicht, das Thema prioritär zu behandeln und sich und das Kollegi um weiterzubilden. ? Können Sie ein Beispiel aus dem Schulalltag nennen? ! In politischen Ansprachen wird oft von ‘Wehret den Anfängen’ ge sprochen. Aktuell sehen wir in vielen Schulen jedoch antisemitische Schmierereien wie Hakenkreuze, Inti fada-Aufrufe, Hamas-Dreiecke oder durchgestrichene Davidsterne. Häufig wird diese Hasssymbolik zu spät oder gar nicht entfernt, auch weil am nächsten Tag häufig frische dazu
Titelthema
13
SCHULE
Made with FlippingBook Ebook Creator