Bildung aktuell 5/2023

Leitartikel

Thema Lehrermangel einen Schwerpunkt gewidmet: »Die Schulabbrecher«. In der Welt warnt eine ehemalige Schulleiterin regelrecht vor ihrem Beruf. Wer die Muße aufbringt, den Bericht zu lesen, entscheidet sich wahr scheinlich nicht für ein Lehramtsstudium. Dokumenta tionen im TV zeigen ‘Lehrer am Limit’, ‘Tatort Schule’, die ARD sendet eine Doku mit dem brandstifterischen Titel ‘Scheißjob Lehrer’ – gedreht wurde auch an Gymnasien. Man kann nicht sagen, dass die Politik das Problem des Lehrkräftemangels ignorieren würde, allerdings fehlt es an vielen Stellen (gemeint sind die Bundesländer) an Ide en, und, wo sie vorhanden sind, am Willen zur Umset zung oder den nötigen Finanzmitteln. Mit halbherzigen oder irrwitzigen (The Länd lässt grüßen) Werbekampa gnen allein wird es nicht werden mit der Nachwuchsge winnung, so viel ist klar. Kurzfristig ist dabei ohnehin kein Blumentopf zu gewinnen, es wird dauern, bis sich die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen grundlegend verbessert haben. Das Handlungskonzept des MSB NRW sorgt durch eine Verschärfung der dienstlichen Maßnahmen, wie bei spielsweise mögliche Einschränkungen der Genehmi gung der voraussetzungslosen Teilzeit, Abordnungen an andere Schulformen für sehr viel Sorgen und Unruhen in den Kollegien. Zum Glück konnten zum neuen Schuljahr durch die intensive Hilfe der Personalräte die meisten Einzelfälle im Sinne unserer Kolleginnen und Kollegen abgewendet werden. Jetzt können wir erst einmal durch atmen, aber wie wird das im nächsten Halbjahr oder Schuljahr aussehen? Wir werden noch mehr Lehrkräfte brauchen. Der Attraktivität des Berufs ist mit der ständi gen Be- und Überlastung nicht gedient. Außerdem ver lieren wir den Fokus auf die Bildung. All das trägt nicht zur Motivation und Attraktivität unseres eigentlich so wunderbaren Berufs bei.

gangener Jahre. Dazu gehören, zusammengefasst, vor allem die immer weiter gestiegenen Belastungen für Lehrkräfte, marode Schulen und die grundlegende Un terfinanzierung des gesamten Schulsystems. Wir wissen, die Herausforderungen für das MSB sind groß, und es wird an kurz- und mittelfristigen Lösungen gearbeitet. Dennoch, es hilft nichts, irgendwann ist Schluss. Die Zi trone ist ausgepresst, zu viele Lehrkräfte fühlen sich saft- und kraftlos. Vielleicht kann man noch einmal darüber nachdenken, was Schulen an Konzepten einfach noch einmal aussetzen oder in andere Hände geben können. Nordrhein-Westfalen kann es sich nicht leisten, in Sa chen Bildung den Anschluss zu verlieren. Mehr als 6.700 Stellen sind derzeit laut MSB vakant. In einer idealen Welt würden sich die besten Schülerinnen und Schüler eines Jahrgangs für ein Lehramtsstudium entscheiden. In dieser Welt erhielte der Nachwuchs fundierte Unter stützung während seiner Ausbildung – egal, ob es um den theoretischen oder praktischen Teil geht. »Wir hel fen gern« anstatt »Du schaffst das schon«! In einer idea len Welt würde niemand eine Abbruchquote von mehr als 46 Prozent einfach so hinnehmen. Es käme aber wohl auch niemand auf die Idee, die Unterschiede zwischen den jeweiligen Studiengängen wegzudiskutieren. Grund schule ist Grundschule, und Gymnasium ist Gymnasium. Auch im Studium. Doch dieses offene Bekenntnis zum Gymnasium fehlt uns bisher durch das Ministerium für Schule und Bildung. Viel zu sehr geht es um andere Schulformen, vornehmlich um die Grundschulen (wo die Personalnot derzeit unbestritten am größten ist). Die Anpassung der Besoldung für Grund- und S-I-Lehrkräf te, diese millionenschwere Wertschätzung, schafft erst einmal keine einzige neue Stelle für Lehrkräfte. In der Folge bleibt nicht nur für die anderen, vor allem für die S-II-Lehrkräfte, nichts mehr übrig, sondern es fehlt auch der finanzielle Rückhalt für eine echte Lehrkräfte-Offen sive. Nur wer Spielräume hat, kann reagieren.

Jahrelange Versäumnisse: Das Problem des Lehrkräftemangels ist hausgemacht

Weitere Infos zur Untersuchung des Stifterverbandes gibt es hier: https://www.stifterverband.org/lehrkraeftetrichter 

Es besteht kein Zweifel: Dass der Lehrkräftemangel in Deutschland so hoch ist, liegt an den Versäumnissen ver

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