Bildung aktuell 4/2024

Thema

Einrichtungen wie Synagogen, Schulen, Kindergärten werden auch in Nordrhein-Westfalen längst dau erhaft von der Polizei bewacht. An dernfalls wären Gesundheit und Le ben der Kinder und der Beschäftig ten dort nicht sicher. Und das in Deutschland knapp achtzig Jahre nach dem Holocaust. So also sieht die ‘Normalität’ für Jüdinnen und Juden in Deutschland 2024 aus. ? Wie äußert sich denn der Antisemitismus an den Schulen eigentlich? Weiland: Antisemitismus hat an den Schulen – wie in der übrigen Gesell schaft auch – viele Gesichter. Das fängt an mit der weitverbreiteten Benutzung des Wortes Jude als Schimpfwort – etwa in dem immer herabsetzend gemeinten Ausspruch

»Du Jude!« – über die Kommentie rung »Ich hätte gar nicht gedacht, dass du Jude bist«, wo offenbar vom Sprecher mit der jüdischen Identität etwas Exotisches, Befremdendes, Ungewöhnliches o. Ä. verbunden wird, bis hin zur Erklärung eines Schulleiters gegenüber einer jüdi schen Lehrkraft, dass das Tragen der Kippa »als Provokation empfunden« wird. Der Antisemitismus zeigt sich genauso, wenn Eltern in der Schule die Zusammenarbeit ihres Kindes mit einem jüdischen Kind auf Grund seiner jüdischen Identität verwei gern. Wenn Eltern und Kinder beim Grundschulsingen von Friedenslie dern sich ausgerechnet beim israeli schen Friedenslied Hevenu Schalom Alechem (»Wir wollen Frieden für alle«) weigern, dieses zu singen und dagegen bei Schulleitung und Lehr kräften protestieren. Wenn eine jü

Thilo Weiland ist einer von drei abgeordneten Lehrkräften bei der SABRA – ‘Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit – Beratung bei Rassismus und Antisemitismus’.

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dische Schülerin – in Anspielung auf die Vernichtungspraxis in den als Duschräumen getarnten Gaskam mern in den Konzentrationslagern – grinsend gefragt wird, ob sie heute schon geduscht habe. Wenn ein nicht-jüdischer Schüler zusammen geschlagen wird, weil er sich wieder holt weigert, ‘Free Palestine’ zu sa gen usw. usw. usw. ? Und was konkret können die abgeordneten Lehrkräfte bei SABRA gegen den Antisemitismus an den Schulen in Nordrhein Westfalen tun? Wie sieht Ihre Arbeit aus? Weiland: Nun, wir haben ein breit gefächertes Angebot. So bieten wir Fortbildungen für Lehrkräfte, Schul leitungen, Schulsozialarbeiterinnen und -sozialarbeiter und Schulpsy chologinnen und -psychologen so wie an den ZfsL für Seminarausbil dende und Auszubildende an. Wir leisten Einzelfallberatung in Fällen antisemitischer Diskriminierung und systemische Beratung für die Ent wicklung einer antisemitismuskriti schen Bildungsarbeit an den jeweili gen Schulen. Wir erstellen Materia lien, wie etwa den virtuellen Metho

DÜSSELDORFER ERKLÄRUNG

Der PhV hat gemeinsam mit anderen Bildungsverbänden Anfang Mai die ‘Düsseldorfer Erklärung’ gegen Antisemi tismus unterzeichnet und sich zur Solidarität mit allen von Antisemitismus Betroffenen bekannt. Die Vertreterinnen und Vertreter der Verbände betonten darin, dass es die dringliche Aufgabe von Schulen sei, pädagogisch ent schieden gegen Antisemitismus vorzugehen.

Weitere Infos unter: https://phv-nrw.de/2024/05/03/ duesseldorfer-erklaerung/

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