Bildung aktuell 2/2025

Recht

Keine Vollverschleierung im Unterricht

wohl zwischen Lehrkraft und Schü lerinnen und Schülern als auch zwi schen den Schülerinnen und Schü lern untereinander erheblich einge schränkt. Der schulische Bildungs- und Erziehungsauftrag betreffe mehr als die bloße Wissensvermitt lung. Sowohl Schüler untereinander als auch Schüler und Lehrkräfte müssten sich so austauschen kön nen, dass eine Identifizierung sowie die volle - verbale und nonverbale - Kommunikation jederzeit möglich sei. Dies gelte auch mit Blick auf die Grundsätze der Leistungsbewer tung nach § 48 SchulG NRW und insbesondere im Hinblick auf die mündliche Mitarbeit. Eine entspre chende Kommunikation im Unter richt könne nicht gelingen, ohne den Gesichtsausdruck des Gegenübers wahrzunehmen. Bei der nahezu voll ständigen Verhüllung des Gesichts handele es sich nicht nur um eine abstrakte Möglichkeit der Störung des Unterrichtsablaufs, sondern viel mehr um eine konkrete, erhebliche Beeinträchtigung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags. Die Glaubensfreiheit werde durch das staatliche Bestimmungsrecht im Schulwesen, dem ebenfalls Verfas sungsrang zukomme (Art. 7 Abs. 1 GG), beschränkt.

von Stefan Avenarius >> Justiziar im PhV NRW E-Mail: recht@phv-nrw.de

Beschluss des VG Düsseldorf vom 4. Dezember 2024, Az. 18 L 2925/24 E ine 17-jährige Schülerin besuch te ein Berufskolleg in Nordrhein Westfalen. Im Unterricht trug sie ei nen Niqab und die Schule untersag te ihr die Teilnahme mit einem der artigen Gesichtsschleier. Der Niqab störe die offene Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernen den sowie den Schülerinnen und Schülern untereinander. Diese offe ne Kommunikation sei jedoch un verzichtbarer Bestandteil des Bil dungs- und Erziehungsauftrags der Schule. Die Schülerin wandte sich daraufhin an das VG Düsseldorf mit dem An trag, die Teilnahme am Unterricht mit Niqab zu gestatten. Sie machte hier Art. 4 Abs. 1 Grundgesetz gel tend. Als Ausdruck ihrer religiösen Überzeugung sei der Niqab unver zichtbar, und es sei für ihr Gewissen nicht zumutbar, ohne die Ver schleierung am Unterricht teilzu nehmen.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Ge wissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. Das VG Düsseldorf hat den Antrag zurückgewiesen. Das Verbot des Tragens eines Niqab in der Schule sei zulässig, weil die nahezu vollständige Gesichtsverhüllung die Durchfüh rung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags konkret behin dere. Gemäß § 42 Abs. 3 SchulG NRW seien Schülerinnen und Schü ler verpflichtet, aktiv an der Erfüllung des schulischen Bildungs- und Er ziehungsauftrags mitzuwirken. (3) Schülerinnen und Schüler haben die Pflicht daran mitzuarbeiten, dass die Aufgabe der Schule erfüllt und das Bildungsziel erreicht werden kann. […]

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

Die Abwägung der widerstreitenden Grundrechte führe hier zum Vorrang des Bildungsauftrags.

Durch eine Vollverschleierung wer de eine offene Kommunikation so

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