Bildung aktuell 1/2024

Leitartikel

Alle Jahre wieder – Pisa als Vorwand für Schulstrukturdebatten Kaum sind die Ergebnisse in der Welt, geht das reflexartige Hauen und Stechen los. Neu ist allerdings die Wucht, mit der die Gymnasien in die Kritik geraten. Von einem Niedergang kann keine Rede sein, der Ruf nach der Einheitsschule ist die falsche Reaktion.

von Sabine Mistler >> Landesvorsitzende

E-Mail: info@phv-nw.de

Die Ergebnisse der Schülerinnen und Schüler in Deutsch land lassen die alte Diskussion um die Schulstruktur er neut aufflackern. Dabei wird auch das Gymnasium als Schulform wieder infrage gestellt. Es wundert nicht, wenn man sich anschaut, aus welcher Ecke reflexartige Reak tionen kommen, die das gegliederte System wieder ein mal angreifen. Diese Aussagen werden sowohl von Bil dungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern als auch von der Landesschüler*innenvertretung vertreten. Ein besonderes mediales Echo fanden die Aussagen des Pisa-Chefs Andreas Schleicher, der seinen Ruf nach der Abschaffung des gegliederten Schulsystems mit einer unqualifizierten Pauschalkritik an Lehrkräften verband, die auf eine profunde Unkenntnis der schulischen Reali täten hinweist. Insbesondere das Gymnasium ist den Einheitschulbefür wortern ein Dorn im Auge, gilt diese Schulform doch als ‘selektiv’ und ‘elitär’ und damit ursächlich oder zumindest mitverantwortlich für die Bildungsmisere. Die Rettung verspricht man sich vom ‘längeren gemeinsamen Lernen’, das möglichst noch ‘selbst gesteuert’ erfolgen soll. Da stört es wenig, dass es keinerlei empirische Belege dafür gibt, dass längeres gemeinsames Lernen die Bildungs

chancen erhöht. Die Ideologen der Einheitsschule nutzen durchaus geschickt positiv konnotierte Begriffe wie ‘ge recht’ und ‘zukunftsfähig‘, um das bewährte begabungs gerechte Schulsystem als ‘ungerecht‘ und ‘rückständig‘ zu diskreditieren. An die Stelle des bildungswissenschaftli chen Diskurses tritt das Mantra der ‘Chancengerechtig keit‘. Wir halten dem entgegen: ‘Chancengerechtigkeit‘ darf nicht mit ‘Gleichheit‘ verwechselt werden. Wir in Nordrhein-Westfalen müssen auch gesellschaftlich daran arbeiten, dass endlich wieder eine Haltung etabliert wird, durch die alle Bildungsabschlüsse Anerkennung fin den können. Aus der Vergangenheit haben sich aus die sem Fehldenken klare Absenkungen der Standards erge ben. Eine missverstandene Gleichheit bzw. Gerechtigkeit, die darin mündet, möglichst viele Schülerinnen und Schü ler unbedingt zum höchsten Schulabschluss bringen zu müssen, hat zur Folge, dass die anderen Bildungsab schlüsse an Bedeutung verloren haben.

Aus PhV-Sicht gibt es keine Alternative zu einem mehrgliedrigen Schulsystem

Wir brauchen ein leistungsfähiges Schulsystem, das jedem und jeder Einzelnen die Möglichkeit zur Entfal

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