Bildung aktuell 1/2024
Thema
Die Lehrkraft im Rechenbeispiel hat in Nordrhein-Westfalen ein Deputat von 25 Stunden bei drei Stunden Al tersentlastung und ist somit nur 0,5 Wochenstunden à 45 Minuten, also 22,5 Minuten pro Woche im Unter hang für das kommende Schuljahr. Die gleiche Lehrkraft hat mit der glei chen Unterrichtsverteilung und zwei Stunden Altersentlastung in Ham burg eine negative Bilanz von 79 Jah reszeitstunden. Wenn man diese durch die 38 Unterrichtswochen teilt, kommt man auf einen Unterhang von 2,07 Wochenzeitstunden à 60 Minu ten, also 124 Minuten pro Woche. Damit ist diese Lehrkraft mit der iden tischen Unterrichtsverteilung und starker Korrekturbelastung in Ham burg deutlich schlechter gestellt als in Nordrhein-Westfalen. Grund genug, das Zustandekommen der Faktoren genauer zu untersuchen. In Hamburg heißt Kostenneutralität vornehm ‘Auskömmlichkeit’ Die Hamburger Verordnungsgeber setzten mit der Faktorisierung das normative Maß der notwendigen Zeit
für jede einzelne Tätigkeit fest. Der Geburtsfehler bei Einführung der Faktorisierung jedoch war wohl das Postulat, dass der Übergang vom Deputatsmodell zum neuen Ham burger Arbeitszeitmodell ‘auskömm lich‘ zu gestalten sei, gemeint war auskömmlich für den Finanzsenator. Kostenneutralität war das Gebot der Stunde. »Auskömmlichkeit bedeutet in die sem Zusammenhang: Die Kommissi on hat die Lehrerarbeitszeit der Hamburger Lehrkräfte so zu organi sieren, dass beispielsweise im Schul jahr 2003/4 die Jahresarbeitszeit von 13700 vollbeschäftigten Lehr kräften dazu ausreicht, sämtliche im hamburgischen Schulwesen durch Lehrkräfte zu erledigenden Arbeiten auch wirklich in der zur Verfügung stehenden Zeit aufgabengerecht durchzuführen.« (Bericht der 2. Hamburger Lehrerarbeitszeitkom mission 2003, S. 5) Man erwartete also von Lehrkräften in Hamburg dieselben Tätigkeiten bei gleichen Personalkosten wie zu vor. Doch schon zuvor beim Depu tatsmodell hatten die Kolleginnen und Kollegen in Hamburg Mehrar beit geleistet. Diese ist offenbar
stillschweigend im neuen Arbeits zeitmodell übernommen worden.
Mehrarbeit - auch im Hamburger Lehrerarbeits zeitmodell stillschweigend eingeplant? Mehrarbeit wird in Hamburg, wenn sie von der Schulleitung als solche anerkannt wird, folgerichtig dem Jahresarbeitszeitkonto gutge schrieben. In Nordrhein-Westfalen wird Mehrarbeit von Vollzeitkräften ab der 4. Mehrarbeitsstunde finan ziell vergütet. Obwohl in Hamburg sehr viel Mühe in die möglichst umfassende Erfas sung der Arbeitszeit verwandt wur de, schlossen die Verordnungsge ber versteckte Mehrarbeit bzw. Mehrarbeit, die vom System nicht erfasst wird, von Anfang an nicht aus. Im Bericht der 2. Hamburger Lehrerarbeitszeitkommission 2003 formulierte man es noch verklausu liert mit dem Hinweis auf die Profes sionalität der Lehrkräfte. »Maßstab für die Setzung der Zeit werte kann immer nur der professio nelle Zeitaufwand für die Aufgabe
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