lehrernrw 7 2023
BATTEL HILFT
Krieg und Schule
Der Kinder- und Jugendpsychiater Dr. Stefan Battel gibt in seiner Kolumne regelmäßig Antworten auf Fragen aus dem Lehreralltag. Diesmal geht es um die Frage, ob und wie auch in der Schule ‘Friedensarbeit’ möglich ist. »W ozu sind Kriege da?“, sang Udo Lindenberg 1981 in einem sehr konfliktbeladene Themen gehen. Genug Er kenntnisse über die positive Wirkung einer
dersprüche, aber es könnte um genau das gehen: Wie gehen wir mit den Krisen unse rer Welt um? So gerne ich es wollte, den Frieden in Nahost und in der Ukraine kann ich nicht bringen, aber ich kann in meinem Lebensbereich ‘Friedensarbeit’ leisten, in dem ich in ruhigen Worten, mit dem Gefühl von Augenhöhe und nicht von oben abwer tend mit meinen Mitmenschen umgehe. Hier sollten wir alle Vorbilder sein, auch wenn uns das manchmal schwer fällt. Denn es lohnt sich, und es steht nicht wenig auf dem Spiel.
bewegenden Lied. »Sie steh‘n sich gegen über und könnten Freunde sein, doch be vor sie sich kennenlernen, schießen Sie sich tot«, heißt es darin. Wie kann es uns gelingen, den Wahnsinn des Krieges sach- und kindgerecht im Unterricht zu themati sieren? Hier möchte ich einen Artikel von Michael Felten aus der letzten Ausgabe dieser Zeitschrift ( lehrer nrw 6/2023, S.15 18) hervorheben: Es macht mehr als nur Sinn, bei entmutigten, aggressiven oder verhaltensauffälligen Schülerinnen und Schülern immer nach dem Thema hinter dem Thema zu fragen. Was das mit Kriegen in unserer Zeit zu tun hat? Ich finde hier auf der Beziehungs mikroebene einen von vielleicht vielen Schlüsseln, um so etwas wie ‘Friedenstüch tigkeit’ zu entwickeln. Dies impliziert auch, dass wir als Erwachsene vermitteln, was es heißt, Freundschaften zu leben bzw. Bezie hungen einzugehen und Respekt vor je dem Menschen zu haben, Konflikte im ge meinsamen Diskurs respektvoll zu lösen versuchen. Zwar nicht alles anerkennen müssend, was der andere Mensch weltan schaulich vertritt, aber doch immer res pektvoll bleibend, auch wenn es mitunter schwer fallen mag. Wie lassen sich nun Stichworte wie Gemeinschaft, Freundschaft, Respekt im schulischen Alltag mit Leben füllen? Viel leicht, indem beispielsweise in einem Rol lenspiel der Umgang mit anderen Meinun gen geübt wird. Dabei sollte es zunächst nicht um ‘weltbewegende’, hochgradig
gewaltfreien Diskussion gibt es längst auch aus der Hirnforschung. Wichtig ist, sich wirklich für die Meinung des Anderen zu interessieren und sie nicht direkt abwer tend einzuordnen und sich selbst damit er höhen zu wollen. Noch mehr Beziehung als Distanzierung in Klassenräumen, mehr Würdigung statt schneller Kritik und Ab wertung (positiv Reframing) sollten größe ren Raum einnehmen. Vielleicht klingt dies alles für Sie wie hohle Phrasen oder Kalen
ZUR PERSON
Dr. med. Stefan Battel ist Facharzt für Kinder- und Ju gendpsychiatrie und -psychothera pie (tätig in einer Praxis in Bonn) und seit 2012 systemi scher Familienthe rapeut (DGSF). Im Rahmen des lehrer nrw -Fortbildungs programms greift er in einer Vor tragsreihe regel- mäßig verschiede ne Themen aus dem Bereich der Jugendpsychologie auf.
Foto: Andreas Endermann
lehrer nrw · 7/2023 26
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