lehrernrw 6/2021
RECHT § AUSLEGER
Spät dran? Auch eine vermeintlich vernachlässi- genswerte Fehlzeit von we- nigen Minuten ist eine Dienstpflichtverletzung. Allzu häufig sollte man sich eine solch lässige Interpretation des Pünktlichkeitsbegriffs nicht erlauben.
»Wegen
der drei Minuten…!«
Foto: AdobeStock/Kitty
Die pädagogische und persönliche Freiheit von Lehrkräften hat Grenzen. Lehrerinnen und Lehrer müssen eine Reihe von Pflichten beachten, die teils selbstverständlich, teils aber auch kleinkariert anmuten.
Lehrkräfte ihre Rechte, aber auch ihre all- gemeinen Pflichten möglichst genau ken- nen. Für beamtete Lehrerinnen und Lehrer ergeben sich diese aus dem Beamtensta- tusgesetz (BeamtStG), dem Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LBG NRW) und den schulgesetzlichen Vorschrif- ten, so § 3 Absatz 1 Allgemeine Dienstord- nung (ADO). Für Lehrkräfte im Tarifbeschäf- tigungsverhältnis gelten diese allgemeinen Pflichten entsprechend (§ 3 Tarifvertrag der Länder (TV-L)), so § 3 Absatz 4 ADO. Eine beispielhafte Pflichtenaufzählung enthält § 3 Absatz 2 ADO. Pünktlichkeit ist eine Dienstpflicht Zu den allgemeinen Pflichten gehört bei- spielsweise die Pflicht zum vollen persönli- chen Einsatz in ihrem Beruf (§ 34 Absatz 1 Satz 1 BeamtStG; für Tarifangestellte § 3 Absatz 4 ADO, § 3 Absatz 1 Satz 1 TV-L). Diese umfasst die Pflicht zum vollen Ein- satz der Arbeitskraft, zur gewissenhaften Aufgabenerledigung und zur Pünktlichkeit. Bei der oben dargestellten Diskussion um
oder der Dienstherr ihr beziehungsweise ihm eine Dienstpflichtverletzung vorhalten und gegebenenfalls sogar saftige Konse- quenzen im Raum stehen. Rechte und Pflichten Dahinter verbirgt sich allzu oft ein grund- sätzlicher Konflikt. Bei diesem stehen auf der einen Seite nicht nur Selbstbestim- mungsrechte, sondern vor allem die päda- gogische Freiheit der Lehrerinnen und Leh- rer bei ihrer Aufgabe der Erziehung und Unterrichtung von Schülerinnen und Schü- lern. Auf der anderen Seite ist eine Schule ein öffentlicher Dienstleistungsbetrieb, in dem Verantwortlichkeiten und organisatori- sche Strukturen geregelt sein müssen, im Rahmen derer das pädagogische Wirken stattfindet 1 . Damit Missverständnisse und Probleme im Schulbetrieb gering bleiben, sollten
von CHRISTOPHER LANGE
»WW egen der drei Minuten kann doch so ein Aufriss nicht sein, oder?« – Diesen oder einen ähnlichen Satz hat die eine oder andere Lehrkraft viel- leicht schon einmal auf den Lippen gehabt, nachdem sie ein eher unangenehmes Ge- spräch mit der Schulleitung hatte, weil sie drei Minuten zu spät in den Unterricht ge- kommen ist. Dabei stellt diese Situation nur eine von unzähligen nicht nur theore- tisch denkbaren Sachlagen dar, in denen eine Diskrepanz in der Beurteilung hin- sichtlich eines Tuns oder eines Unterlassens einer Lehrkraft vorliegt. Häufig empfindet eine Lehrerin oder ein Lehrer ihr bezie- hungsweise sein Verhalten als korrekt oder allenfalls vernachlässigbar nachlässig, während insbesondere die Schulleitung
lehrer nrw · 6/2021 28
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