Profil 9/2022
PROFIL > auf ein wort
»Wir brauchen an unseren Schulen so viel Vorsorge wie möglich und so viel Schutz wie nötig!
Foto: Marlene Gawrisch
Liebe Kollegen und Kolleginnen, der dritte Herbst seit Beginn der Corona Pandemie hat begonnen, der dritte Winter wird folgen. Und wir alle fragen uns: Wie wird es an unseren Schulen sein? Der Bun destag hat über ein geändertes Infektions schutzgesetz abgestimmt. Grundrechtsein griffe wie flächendeckende Lockdowns oder sog. Schließungen von Kitas und Schulen sollen vermieden werden. Der Deutsche Phi lologenverband bleibt dabei: Wir brauchen an unseren Schulen so viel Vorsorge wie möglich und so viel Schutz wie nötig! Wir bleiben deshalb auch bei der Maxime einer verantwortungsbewussten Maskenfreiwil ligkeit! Und selbstverständlich sind Lehr kräfte, die sich mit dem neuen Impfstoff gegen die Omikron-Variante boostern möch ten, bevorzugt zu behandeln. Wir treten wie der für eine Priorisierung der Impfangebote für Lehrkräfte ein. Denn klar ist: Guter Un terricht in den Schulen hat immer auch die Gesundheit aller als Voraussetzung! Wir appellieren weiterhin an die Kultus- ministerinnen und -minister der Länder sicherzustellen, dass jede Schule rechtssi cher mit der nötigen digitalen Infrastruktur versorgt ist, um im Notfall relativ unproble matisch von einem digital unterstützten Präsenzunterricht in einen digital unter stützten Distanzunterricht wechseln zu können. Jede Lehrkraft benötigt ein ent- sprechendes digitales Endgerät – auch Referendarinnen und Referendare! Und es wird eventuell noch ein weiteres Problem diesen Winter auf uns zukommen. Nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wurden die Gaslieferungen gedros selt. Ein Engpass imWinter könnte bevor stehen. Wir haben uns als erster Lehrerver band für eine Priorisierung der Schulen bei eventueller Gasknappheit eingesetzt. Die Kultusministerkonferenz hat dem in ihrem Gespräch am 1. September mit Bundesnetz agentur-Chef Müller in einem ersten Anlauf entsprochen: Keine Lehrkraft und keine Schülerin und kein Schüler sollen frieren müssen. Schulen – das fordert der Deutsche Philologenverband kontinuierlich weiter – sind bei Gas-Knappheit bevorzugt zu be handeln!
Wir blicken in dieser Ausgabe von PROFIL vor allem nach Berlin. Berliner Schülerinnen und Schüler belegen in Bildungsvergleichen seit Jahren die letzten Plätze. Nirgendwo fehlen so viele Lehrkräfte, nirgendwo fallen so viele Schulstunden aus. »Welcher Gat tung ordnen Sie das Drama ‘Berliner Schule’ zu?« fragt der Chefredakteur des Berliner Tagespiegels, Lorenz Maroldt, gleich zu Be ginn seines Buches ‘Klassenkampf – Was die Bildungspolitik aus Berlins Schuldesaster lernen kann«. Seine Antwortmöglichkeiten: ‘Komödie, Tragödie, Tragikomödie oder Trau erspiel’. Wahrscheinlich ist es von jedem ein bisschen. Das Gespräch mit Berlins neuer Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD), das ich gemeinsam mit der Vorsitzen den des Philologenverbandes Berlin/Bran denburg, Kathrin Wiencek, sowie ihrem Stellvertreter, Ferdinand Horbat, im August führen durfte, war überraschend konstruk tiv. Wie wir auch, sprach sich die SPD-Politi kerin gegen eine Stundentafelkürzung als Kompensation des Lehrkräftemangels aus. Weniger Pflichtunterricht zum Beispiel in Deutsch, Mathematik und Englisch senkt die Leistungsstandards. Senatorin Busse setzt, wie wir auch, auf die nun wiederein setzende Verbeamtung der Lehrkräfte, um Berlin attraktiver für angehende Lehrerin nen und Lehrer zu machen. Wie es an Berli ner Schulen wirklich aussieht, weiß sie nur zu gut: Sie war knapp dreißig Jahre Leiterin der ‘Grundschule in der Köllnischen Heide’, die sich im Berliner Problembezirk Neukölln befindet. Was sich in der Berliner Schulpolitik ändern muss, beschreibt für uns Arnd Niedermöller, Berliner Schulleiter, Vorsitzender der Verei nigung der Oberstudiendirektoren Berlins und Vorsitzender der Bundesdirektorenkon ferenz Gymnasien, in diesem PROFIL ab Seite 8. Doch nun wünsche ich Ihnen vor allem viel Kraft und Schutz für den Schulherbst 2022.
Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbandes
Mit herzlichen Grüßen
Ihre Susanne Lin-Klitzing
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