Profil 9/2022
Die Profil Ausgabe 9/2022 mit dem Leitthema "Berlin, Du musst Dir ändern! Was wir aus dem Schuldesaster in der Hauptstadt lernen können" ist veröffentlicht. Jetzt lesen!
9 / 2022
Drei Fragen an Astrid-Sabine Busse ... Wie wollen Sie die Qualität von Bildung in Berlin verbessern, Senatorin?
Berlin, Du musst Dir ändern! Was wir aus dem Schuldesaster in der Hauptstadt lernen können
25 Jahre DPhV-Frauen Frauen wollen nicht nur mitmachen – Frauen wollen machen!
PROFIL-VERLOSUNG! Lorenz Maroldt & Susanne Vieth Enthus – ‘Klassenkampf: Was die Bildungspolitik aus Berlins Schul desaster lernen kann’
Pädagogik & Hochschul Verlag . Graf-Adolf-Straße 84 . 40210 Düsseldorf · Foto: AdobeStock
PROFIL > auf ein wort
»Wir brauchen an unseren Schulen so viel Vorsorge wie möglich und so viel Schutz wie nötig!
Foto: Marlene Gawrisch
Liebe Kollegen und Kolleginnen, der dritte Herbst seit Beginn der Corona Pandemie hat begonnen, der dritte Winter wird folgen. Und wir alle fragen uns: Wie wird es an unseren Schulen sein? Der Bun destag hat über ein geändertes Infektions schutzgesetz abgestimmt. Grundrechtsein griffe wie flächendeckende Lockdowns oder sog. Schließungen von Kitas und Schulen sollen vermieden werden. Der Deutsche Phi lologenverband bleibt dabei: Wir brauchen an unseren Schulen so viel Vorsorge wie möglich und so viel Schutz wie nötig! Wir bleiben deshalb auch bei der Maxime einer verantwortungsbewussten Maskenfreiwil ligkeit! Und selbstverständlich sind Lehr kräfte, die sich mit dem neuen Impfstoff gegen die Omikron-Variante boostern möch ten, bevorzugt zu behandeln. Wir treten wie der für eine Priorisierung der Impfangebote für Lehrkräfte ein. Denn klar ist: Guter Un terricht in den Schulen hat immer auch die Gesundheit aller als Voraussetzung! Wir appellieren weiterhin an die Kultus- ministerinnen und -minister der Länder sicherzustellen, dass jede Schule rechtssi cher mit der nötigen digitalen Infrastruktur versorgt ist, um im Notfall relativ unproble matisch von einem digital unterstützten Präsenzunterricht in einen digital unter stützten Distanzunterricht wechseln zu können. Jede Lehrkraft benötigt ein ent- sprechendes digitales Endgerät – auch Referendarinnen und Referendare! Und es wird eventuell noch ein weiteres Problem diesen Winter auf uns zukommen. Nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wurden die Gaslieferungen gedros selt. Ein Engpass imWinter könnte bevor stehen. Wir haben uns als erster Lehrerver band für eine Priorisierung der Schulen bei eventueller Gasknappheit eingesetzt. Die Kultusministerkonferenz hat dem in ihrem Gespräch am 1. September mit Bundesnetz agentur-Chef Müller in einem ersten Anlauf entsprochen: Keine Lehrkraft und keine Schülerin und kein Schüler sollen frieren müssen. Schulen – das fordert der Deutsche Philologenverband kontinuierlich weiter – sind bei Gas-Knappheit bevorzugt zu be handeln!
Wir blicken in dieser Ausgabe von PROFIL vor allem nach Berlin. Berliner Schülerinnen und Schüler belegen in Bildungsvergleichen seit Jahren die letzten Plätze. Nirgendwo fehlen so viele Lehrkräfte, nirgendwo fallen so viele Schulstunden aus. »Welcher Gat tung ordnen Sie das Drama ‘Berliner Schule’ zu?« fragt der Chefredakteur des Berliner Tagespiegels, Lorenz Maroldt, gleich zu Be ginn seines Buches ‘Klassenkampf – Was die Bildungspolitik aus Berlins Schuldesaster lernen kann«. Seine Antwortmöglichkeiten: ‘Komödie, Tragödie, Tragikomödie oder Trau erspiel’. Wahrscheinlich ist es von jedem ein bisschen. Das Gespräch mit Berlins neuer Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD), das ich gemeinsam mit der Vorsitzen den des Philologenverbandes Berlin/Bran denburg, Kathrin Wiencek, sowie ihrem Stellvertreter, Ferdinand Horbat, im August führen durfte, war überraschend konstruk tiv. Wie wir auch, sprach sich die SPD-Politi kerin gegen eine Stundentafelkürzung als Kompensation des Lehrkräftemangels aus. Weniger Pflichtunterricht zum Beispiel in Deutsch, Mathematik und Englisch senkt die Leistungsstandards. Senatorin Busse setzt, wie wir auch, auf die nun wiederein setzende Verbeamtung der Lehrkräfte, um Berlin attraktiver für angehende Lehrerin nen und Lehrer zu machen. Wie es an Berli ner Schulen wirklich aussieht, weiß sie nur zu gut: Sie war knapp dreißig Jahre Leiterin der ‘Grundschule in der Köllnischen Heide’, die sich im Berliner Problembezirk Neukölln befindet. Was sich in der Berliner Schulpolitik ändern muss, beschreibt für uns Arnd Niedermöller, Berliner Schulleiter, Vorsitzender der Verei nigung der Oberstudiendirektoren Berlins und Vorsitzender der Bundesdirektorenkon ferenz Gymnasien, in diesem PROFIL ab Seite 8. Doch nun wünsche ich Ihnen vor allem viel Kraft und Schutz für den Schulherbst 2022.
Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbandes
Mit herzlichen Grüßen
Ihre Susanne Lin-Klitzing
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> PROFIL | September 2022
PROFIL > inhalt
dphv-standpunkte >
DPhV in Sorge vor Herbst/Winter: Schulen bei Gasversorgung priorisieren, alle Vorkehrungen für digital unterstützten Unterricht treffen IQB Bildungstrend 2021 zeigt Verfall der Orthographie- und Mathekenntnisse: Deutscher Philologenverband 6 Drittes Abitur unter Corona-Bedingungen abgeschlossen: Deutscher Philologenverband gratuliert Abiturienten und ihren Lehrkräften 7 5 fordert leistungsorientierte Korrektur der Bildungsstandards für die Grundschule Arnd Niedermöller: Hauptstadt des Schuldesasters – Berlin, Du musst Dir ändern Mögliche Stundentafel-Kürzung in Berlin: DPhV warnt vor Schaden für Schülerinnen und Schüler, Mehrbelastung für Lehrkräfte Drei Fragen an Astrid-Sabine Busse: Warum sollte eine Lehrkraft in Berlin unterrichten wollen, Frau Senatorin? 12 DPhV-Besuch bei Berlins Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse: Diese Schul-Probleme müssen wir anpacken! 14 Buch-Tipp mit Verlosung: Klassenkampf – Was die Bildungspolitik aus Berlins Schuldesaster lernen kann 16 8 10 Dr. Barbara Langlet-Ruck: Antwort auf Klaus Zierer – Wir brauchen keinen weiteren Berufseid für Lehrkräfte ARD, ZDF und Wikimedia im Unterricht: Können Lehrkräfte in der Klasse Urheberrecht verletzen? 18 20 titelthema > > aktuelles
Arnd Niedermöller schreibt über Ber lin, die Hauptstadt des Schuldesasters Seite 8
Neue Pandemie-Studie: Psychische Gesundheit von Schülern verbessert sich Seite 21
Neue Pandemie-Studie: Psychische Gesundheit von Schülern verbessert sich Anne Schirrmacher: Partnerschul-Besuche, Fortbildungen im Ausland – Das kann das Erasmus-Programm an Ihrer Schule bewirken Anita Tobias: DPhV feiert 25 Jahre Frauenpolitische Arbeitsgemeinschaft – Frauen wollen nicht nur mitmachen – Frauen wollen machen! Bundeswettbewerb lyrix : 16 Auszeichnungen für junge Lyrik dphv-termine
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Vierter bundesweiter Gymnasialtag: Was bleibt nach Covid?
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> interview
Bremens Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD): »Man muss zwischen Realität und Propaganda unterscheiden«
Interview mit Bremens Bildungssenatorin Sascha Aulepp Seite 32
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> aus den ländern
Schleswig-Holstein: Kopfschütteln über Karl-May- Entscheidung des Ravensburger Verlags Thüringen: »Wir tun, was wir können. Wir können aber für nichts mehr garantieren!« Saarland: PhV warnt vor einem Ausbluten der Lehrerausbildung Bayern: Wiedergewählter bpv-Vorsitzender Schwägerl warnt: »Wir gewöhnen uns an einen Ausnahmezustand«
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> buch-tipp & verlosung
24. Juni 1922: Der Rathenaumord und der Beginn des rechten Terrors in Deutschland
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standpunkt
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dbb magazin
PROFIL verlost 5 Exemplare! Seite 38
Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing: Schulen – Lehrkräftemangel darf nicht zur Deprofessionalisierung führen 41
nachrichten
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dbb magazin
Öffentlicher Dienst: Es fehlen 360 000 Beschäftigte
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> zoom
dbb magazin
Ausgewählte wissenschaftliche Quellen zum Lehrkräftemangel: Zu wenig, zu langsam – zu spät?
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> PROFIL | September 2022
PROFIL > dphv-standpunkte
Bei einem möglichen Gas-Engpass imWinter soll sichergestellt sein, dass Schulen priorisiert versorgt werden, fordert der DPhV
Foto: AdobeStock
DPhV in Sorge vor Herbst/Winter Schulen bei Gasversorgung priorisieren, alle Vorkehrungen für digital unterstützten Unterricht treffen
hause aus wechseln zu kön nen. Wir wollen den Präsenz unterricht, aber ein solches Bekenntnis reicht für den Corona-Winter voraussichtlich nicht. Dies ist auch eine Mah nung an die Kultusministerin nen und Kultusminister: Im 3. Corona-Winter gibt es keine Ausreden mehr!« Der Philologenverband fordert die Kultusministerkonferenz (KMK) und die Bundesregie rung deshalb auf, die Länder dazu zu drängen, die Antrags
verfahren zum Abruf aller Mittel des Digitalpaktes bis zum Jahresende weiter zu ver einfachen. Bis zum Sommer war noch immer ein Großteil der Mittel nicht abgerufen. Susanne Lin-Klitzing: »Eine zukunftsorientierte Schulun terstützung sieht anders aus. Die Zeit drängt. Mitte August sind für die ersten Bundeslän der die Sommerferien bereits zu Ende. Corona hingegen hat keine Ferien gemacht.« ■
Berlin – Der Deutsche Philolo genverband (DPhV) warnt vor einem möglichen Gas-Engpass im Herbst und Winter des neu beginnenden Schuljahres. »Wir müssen sicher sein, dass Schulen priorisiert mit Gas ver sorgt werden und weder Schü lerinnen und Schüler noch ihre Lehrkräfte frieren müssen«, erklärt die DPhV-Vorsitzende Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing. Problematisch sieht der Ver band außerdem die für den Herbst und Winter zu erwar tenden hohen Corona-Infekti
onszahlen. Lin-Klitzing: »Jede Schule muss materiell und rechtssicher für einen digital unterstützten Unterricht aus gestattet sein. An den Schulen müssen jede Schülerin, jeder Schüler, jede Lehrkraft – auch Referendarinnen und Referen dare! – mit einem digitalen Endgerät von ihrem Schulträ ger oder von ihrem Kultusmi nisterium ausgestattet wor den sein, um – wenn nötig – jederzeit vom Präsenzunter richt auch in einen digital un terstützten Unterricht von Zu
Pressemitteilung vom 1. August 2022
PROFIL > dphv-standpunkte
IQB Bildungstrend 2021 zeigt Verfall der Orthographie- und Mathekenntnisse Deutscher Philologenverband fordert leistungsorientierte Korrektur der Bildungsstandards für die Grundschule
Berlin – Der Deutsche Philo logenverband (DPhV) zeigt sich besorgt über die Ergeb nisse des IQB-Bildungstrend 2021, die heute veröffent licht wurden. Darin wird u.a. deutlich, dass die Kompeten zen der Grundschülerinnen und Grundschüler klar zu rückgehen, und zwar nicht erst jetzt! Bereits 2016 wur den signifikante Lernrück stände gemessen. Der Leis tungsrückschritt kann also nicht nur mit den Auswir kungen der Pandemie be gründet werden. »Die jetzi gen Ergebnisse bestätigen den Eindruck vieler Gymnasi allehrkräfte, dass das Leis tungsniveau der Grundschü lerinnen und -schüler beim Übergang auf die weiterfüh rende Schulart gesunken sei. An den Grundschulen muss mehr auf den Lernerfolg ge achtet werden«, erklärt die Verbandsvorsitzende Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing.
Handschrift« und »eine in den Kernbereichen« korrekte Orthographie zu einigen. Dies spiegelt nur den Mini malkonsens der Länder wi der, aber keine ambitionier ten Ziele für ein besseres Leistungsniveau der Grund schülerinnen und -schüler in den Kernfächern Deutsch und Mathematik bundes weit, erklärt der Verband. Prof. Dr. Susanne Lin-Klit zing: »In der Mathematik halten wir es für unabding bar, dass neben den schriftli chen Verfahren der Addition, Subtraktion und Multiplika tion auch das schriftliche Verfahren der Division einge führt wird.« Der Verband appelliert drin gend an die Kultusminister konferenz, die Lern- und Leis tungsziele für die Grund schülerinnen und -schüler zu erhöhen und die neuen Bildungsstandards für die Grundschulen für ambitio nierte Ziele im Deutsch- und Mathematikunterricht nach oben zu korrigieren. Laut IQB Bildungstrend 2021 fallen die im Fach Deutsch im Mittel erreichten Kompe tenzen signifikant niedriger aus als 2016. Gemessen am Lernzuwachs, der innerhalb eines Schuljahres zu erwar ten ist, entspricht der Kom petenzrückgang im Lesen etwa einem Drittel eines Schuljahres, im Zuhören ei nem halben Schuljahr und in der Orthographie einem Viertel eines Schuljahres. Im Fach Mathematik entspricht der Kompetenzrückgang et wa einem Viertel eines Schuljahres. ■
Foto: privat
Korrekte Orthographie muss jeder Grundschüler beherrschen, fordert der DPhV. Hier ein Ausriss aus einem Arbeitsheft aus der 1. Klasse >
Der Deutsche Philologenver band findet es deshalb auch zu wenig, sich für die neuen
Bildungsstandards Deutsch für die Grundschule gerade einmal auf eine »lesbare
Pressemitteilung vom 1. Juli 2022
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> PROFIL | September 2022
PROFIL > dphv-standpunkte
Drittes Abitur unter Corona-Bedingungen abgeschlossen Deutscher Philologenverband gratuliert Abiturienten und ihren Lehrkräften
nicht zumNormalzustand wer den. Mit bewährten Infektions schutzmaßnahmen muss jetzt rechtzeitig und kontinuierlich vorgesorgt werden, dass Kinder, Jugendliche und ihre Lehrkräfte so weit wie möglich geschützt durch den Schulalltag im neuen Schuljahr gehen können. Je mehr Krankenstände aufgrund mangelnder Vorsorge auftreten, umso höher wird die Belastung für die verbleibenden Kollegen und Kolleginnen. Wir brauchen mehr Personal, um die übergro ße Belastung schultern zu kön nen. Zur Vorsorge gehört auch, dass ein digital unterstützter Unterricht jederzeit ohne tech nische Probleme und mit ent sprechender Rechtssicherheit er folgen kann.« Besorgt umGe sundheit und Bildungsniveau al ler an Schule Beteiligten fordert Lin-Klitzing die Kultusministe rinnen und -minister auf, ihre Hausaufgaben zu erledigen. ■
Berlin – Zum abgeschlossenen Abitur in allen Bundesländern gratuliert der Deutsche Philolo genverband (DPhV) den Abituri entinnen und Abiturienten und dankt insbesondere allen Gym nasiallehrkräften: »Sie haben ein drittes Mal Ihre Schülerinnen und Schüler sicher und erfolg reich durch das Abitur geführt. Das ist angesichts der hohen Zu satzbelastungen durch die Coro na-Pandemie besonders hervor zuheben«, erklärt die DPhV-Vor sitzende Prof. Dr. Susanne Lin Klitzing. »Gute Leistungen ha ben ihre Gründe. Wenn die Kul tusministerinnen und -minister nun ständig davon sprechen, dass die sog. ‘Schulschließungen’ während der Corona-Pandemie ein Fehler gewesen seien, müss te doch von ihnen genauso klar
Sie weist noch einmal darauf hin, dass dies aus der OECD-Stu die »Bildung auf einen Blick 2021« hervorgehe: Während im OECD-Durchschnitt im Sekun darbereich II zwischen dem 1. Januar 2020 und dem 20. Mai 2021 die Schulen durchschnitt lich 101 Tage »geschlossen« blie ben, war dies in Deutschland dank des Einsatzes der Gymnasi allehrkräfte nur 83 Tage der Fall. Gleichzeitig fordert der DPhV die Kultusministerkonferenz dazu auf, Vorkehrungen wegen mögli cher steigender Infektionszahlen imHerbst undWinter zu treffen und für einen solide vorbereite ten Schulherbst und -winter zu sorgen. Lin-Klitzing: »Die Lehr kräfte haben in den vergangenen zweieinhalb Jahren enorme Be lastungen getragen. Das kann
Foto: Marlene Gawrisch
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DPhV-Vorsitzende Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing
hervorgehoben werden, dass rückblickend die deutschen Gymnasiallehrkräfte die meiste Präsenzzeit in der gymnasialen Oberstufe imVergleich aller OECD-Staaten erbracht haben. Nicht nur dafür gilt allen Lehr kräften unser besonderer Dank«, so Lin-Klitzing weiter. beglückwünscht alle Abitu rientinnen und Abiturienten sowie deren Lehrkräfte zum Abitur 2022
Pressemitteilung vom 22. Juli 2022
Foto: AdobeStock
Berlin, Du musst Dir ändern Lehrkräfte brauchen mehr Zeit, bessere Bedingungen und die Politik muss begreifen, dass Leistung nichts Schlechtes ist Hauptstadt des Schuldesasters H D , ,
talisierung vorantreibt. Es fließen viele Ressourcen in unsere Schulen: Sozialarbeit an allen Schulen in Berlin, ei ne fast flächendeckende Aus stattung mit Verwaltungslei tungen und ein externer IT Experte, der einmal die Wo che vorbeischaut. Natürlich ist das bei dreihundert End geräten an manchen Schulen überhaupt nicht ausreichend,
ihre Schülerinnen und Schüler arbeiten. Die Schulen in Berlin stehen in großer Konkurrenz zueinander, so dass eine kon tinuierliche Entwicklungsar beit an vielen Schulen Stan dard ist. Diese wird von kom petenten Schulleitungen ge steuert. In der Corona-Zeit hat sich gezeigt, dass die Verwal tung schnell reagieren kann und in kürzester Zeit die Digi
aber wenigstens müssen nicht nur Lehrkräfte im ‘Hobbybetrieb’ das Netzwerk betreuen. Auch die Budgets im Bereich Ausstattung sind auskömmlich. Sie entnehmen meiner Beschreibung, dass viel Geld in die Berliner Schu len fließt. Nach den KMK-Sta tistiken pro Kopf sogar so viel wie sonst nirgendwo in Deutschland.
von ARND NIEDERMÖLLER
Berlin – Als Schulleiter eines Berliner Gymnasiums über die Probleme in der Berliner Bil dungslandschaft zu schreiben, ist eine erfreuliche Aufgabe. Endlich kann ich darstellen, dass sehr viele Lehrkräfte in Berlin eine hervorragende Arbeit leisten, sich aufopfern und mit großem Einsatz für
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> PROFIL | September 2022
PROFIL > titelthema
Wieso liegt Berlin immer hinten? Aber: Wieso belegt Berlin dann bei den Bildungsverglei chen durchweg hintere Plät ze? Diese Frage hat sich auch die Bildungssenatorin der ver gangenen zwei Legislaturen, Sandra Scheeres (SPD), ge stellt. In ihrer Amtszeit (2011 bis 2021) ist ihr eine deutliche Steigerung der Bildungsaus gaben gelungen. Zur Klärung der Frage hat sie eine soge nannte Qualitätskommission unter Führung von Prof. Dr. Olaf Köller mit der Analyse be auftragt. Die kurze und sehr oberflächliche Zusammenfas sung lautet: zu unkoordiniert, zu wenig Qualitätssicherung, nicht zielgerichtet. Im über tragenen Sinn kann man es auch bei den von mir benann ten Bereichen oben sehen: Die Schule hat zwar viele Ressour cen, aber zum Beispiel keinen Hausmeister, der das Gebäu de abschließt, denn die Haus meister beenden gegen 14:30 Uhr ihren Dienst. Sobald man Schäden am Gebäude fest stellt, wird es ebenfalls schwierig. Trotz Budget für kleine Reparaturen gibt es bei den Bezirken zu wenig Perso nal, um die Maßnahmen um zusetzen. Das Problem der Zu sammenarbeit der Bezirke mit dem Senat möchte ich hier al lerdings nicht tiefer themati sieren. Der Hauptteil der Ausgaben des Senates in Bildung sind Personalkosten. Schaut man in die Statistiken der Kultus ministerkonferenz fällt auf: Berlin liegt bei der Schüler Lehrkräfte-Relation der Sekun darstufe I am Gymnasium (hier: Klasse 7 bis 10) auf den ersten Plätzen (13,5 Schülerinnen und Schüler pro Lehrkraft). Das macht stutzig, denn in Berlin sind die Klassen mit sehr großem Abstand ge genüber anderen Bundeslän dern im Schnitt am größten (28,5 Schülerinnen und Schü- >
gering sind, ist allerdings be reits seit Jahrzehnten be kannt. Bis vor kurzem lag der NC für das Grundschullehr amt bei annähernd 1,0. Es ka men teilweise über 1000 Be werberinnen und Bewerber auf 180 Plätze an der Uni. Zu diesem Zeitpunkt wurden be reits Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger in großer Zahl eingestellt. Erst seit ein, zwei Jahren sind deutlich mehr Studienplätze geschaffen wor den. Warum dies so lange ge dauert hat, obwohl die Not bereits vor fünfzehn Jahren absehbar war, ist eine der vie len Fragen, die man sich rund um das Berliner Bildungssys tem stellt. Lehrkräfte werden endlich wieder verbeamtet Die gleiche Frage stellt sich auch bei der Verbeamtung. Statt diese wieder einzufüh ren und mehr ausgebildete Lehrkräfte in Berlin zu halten oder gar zu locken, wurde stattdessen allen angestellten Lehrkräften die höchste Erfah rungsstufe gezahlt, was übri gens für die angestellten Be standslehrkräfte weiterhin geschieht. Als weitere Maß nahme wurde die Anhebung der Besoldung der Grund- >
schullehrkräfte nach A13 be schlossen. Dass die in Berlin ausgebildeten Referendarin nen und Referendare trotz dem scharenweise ins Land Brandenburg abgewandert sind, wurde lange von Teilen der regierenden Parteien ignoriert. Erst in diesem Jahr wurde endlich die Verbeam tung der Lehrkräfte wieder eingeführt und der Sondersta tus gegenüber den anderen Bundesländern beendet. Wa rum dies so spät geschehen ist, ist eine weitere der vielen Fragen, die man sich stellen muss. An einem anderen Beispiel kann man ein Muster hinter diesen Fragen erkennen, dass einen näher zu einer Antwort bringt. Am Gymnasium in Ber lin wird der Mittlere Schulab schluss (MSA) mit einer Prü fung abgelegt, die in Berlin an allen Schulformen gleich ist. Am Gymnasium in Berlin steht das Abitur nach zwölf Jahren an. An den anderen Schulformen erst nach drei zehn Jahren. Die Prüfungsin halte des MSA in Jahrgang 10 beziehen sich deshalb am Gymnasium auf die 9. Klasse. Alle Schülerinnen und Schüler an Gymnasien werden damit zeitgleich auf die Kursphase und auf eine Prüfung mit In halten des vergangenen Jah res vorbereitet. Das führt zu einer Doppelbelastung, die der Qualität sicherlich nicht förderlich ist. Das Nachbar bundesland Brandenburg, das die gleichen Aufgabenstellun gen wie Berlin verwendet, hat dies von vorneherein erkannt. Dort schreiben die Gymnasien eine andere Prüfung. Die so genannte Köller-Kommission hat dieses MSA-Problem ebenfalls festgestellt. In Berlin verhindern aber weiterhin die politisch verantwortlichen Parteien aufgrund des Gedan kens, »alle sollen gleichbehan delt werden«, diese Verände rung.
ler pro Klasse in der Sekundar stufe I am Gymnasium). Erst bei 32 Schülerinnen und Schü lern zieht das Schulgesetz bei der Aufnahme in Klasse 7 eine Grenze, die durch gerichtliche Zuweisungen regelmäßig ge rissen wird. Die Folge ist eine hohe Belastung der Kollegin nen und Kollegen, zumal sich Berlin in der Oberstufe ein Probeabitur und lange Klau surzeiten leistet. Viele Kolle ginnen und Kollegen gehen bei einer Unterrichtsverpflich tung von 26 Stunden deshalb in Teilzeit. Inzwischen liegt die Quote bei fast 50 Prozent. Ei ne gute Schüler-Lehrer-Relati on, sehr große Klassen, eine hohe Belastung bei den Lehr kräften – wie passt das zu sammen? In Zeiten von Lehr kräftemangel ist es eine span nende Frage, wohin diese Stunden verschwinden. Als Schulleiter kann ich feststel len, dass sie sicher nicht in Gänze bei den Schulen an kommen. Dies ist ein Beispiel für den nicht zielgerichteten Einsatz von Ressourcen. Es wäre ein Gewinn für die Unterrichts qualität, wenn die Stunden im System für die Reduzie rung der Unterrichtsverpflich tung der Lehrkräfte eingesetzt werden könnten. Eventuell ist dies sogar in Zeiten des Lehr kräftemangels möglich. Viele Quer- und Seiteneinsteiger, wenig Studienplätze Womit wir beim nächsten Stichwort wären: Berlin stellt seit Jahren in hohem Umfang Quereinsteiger ein, vor allem im Grundschulbereich, und kaschiert so die riesige Lücke zwischen der Zahl der Absol ventinnen und Absolventen an der Universität im Grund schullehramt und dem Bedarf an Einstellungen. Dass ein ho her Bedarf an Grundschullehr kräften bestehen wird und die Ausbildungskapazitäten zu >
Foto: privat
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Arnd Niedermöller ist Vor sitzender der Vereinigung der Oberstufendirektoren Berlin und Vorsitzender der Bundesdirektorenkonferenz Gymnasien. Er ist Schullei ter am Immanuel-Kant Gymnasium in Berlin-Lich tenberg.
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> PROFIL
PROFIL > titelthema
Ideologie bremst Verbesserung aus
ten dürfen nur mit etwa fünf zig Prozent zur Zeugnisnote beitragen. Im Kurssystem in Klasse 11 und 12 werden aber auf einmal in allen Fächern Klausuren mit mindestens 90 minütiger Länge geschrieben. Dort wird die Klausurnote mit einem Drittel zur Endnote (Grundkurs) gezählt. Ein durchgängig gestaltetes Sys tem von einheitlichen Stan dardsicherungen mit ehrli
chen Rückmeldungen an die Schülerinnen und Schüler und den entsprechenden Noten wäre ein erster einfacher Schritt. Nur wenn man regel mäßig die Geschwindigkeit misst, kann man feststellen, ob die Maßnahmen, die man ergreift, auch die Geschwin digkeit erhöhen. Zielführend wäre dann, den Mechanikerin nen und Mechanikern, die mit großem Einsatz am Motor ar
beiten, mehr Zeit zu geben. Die Entlastung der Lehrkräfte wäre ein zweiter Schritt, da mit diese Zeit für die Entwick lung ihres Unterrichts haben. Hilfreich wäre auch Zeit zur Zusammenarbeit. Aber an erster Stelle steht das Öffnen der Augen für das, was man von den Schülerinnen und Schülern will: eine höhere Leistungsfähigkeit. ■
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Es zeigt sich an diesem Bei spiel, dass die Prioritäten auf der politischen Ebene in Berlin nicht auf Leistungsverbesse rung gelegt werden. Ideologie und nicht überprüfte Haltun gen bestimmen das Vorgehen. Geld, das bekanntlich nur ein mal ausgegeben werden kann, wird für Projekte ver wendet, die andere Ziele ver folgen. Diese Ziele sind grund sätzlich immer sinnvoll, aber sie bringen die Schülerinnen und Schüler häufig nicht einer besseren schulischen Leistung näher. Schon der Begriff Leis tung oder gar Leistungsüber prüfung ist negativ besetzt. Wenn man die Schule mit ei nem Auto vergleichen würde, werden in Berlin die Sitze be sonders gepolstert, das Auto besonders farblich gestaltet, darüber gesprochen, ob noch mehr Lenkräder eingebaut werden müssen und wie die Sitze positioniert werden sol len. Der Motor wird aber nicht betrachtet und bei der nächs ten Geschwindigkeitsmes sung wird im Vergleich zu den anderen Autos festgestellt, dass man wieder bei den langsamsten war. Dass Sie mich nicht falsch ver stehen: Berlin hat besondere Herausforderungen. Ich bin auch dafür, dass ungleiche Dinge ungleich behandelt werden. Schulen in Brenn punkten brauchen eine noch viel größere Unterstützung. Ehrliche Rückmel dungen an Schülerin nen und Schüler Aber auch ohne viel Geld könnte man mit einem Fokus auf Leistung, ich nenne es jetzt besser Kompetenzzu wachs, viel erreichen. Gerade die ehrliche Überprüfung des ‘Könnens’ ist ein wichtiger Faktor. Berlin schreibt nur in den Kernfächern Klassenar beiten. Die schriftlichen No- >
Mögliche Stundentafel-Kürzung in Berlin DPhV warnt vor Schaden für Schülerinnen und Schüler, Mehrbelastung für Lehrkräfte
Berlin – Der Deutsche Philologenverband (DPhV) spricht sich deutlich gegen eine Ver kürzung der Stundentafel an Berliner Schu len aus. Eine Kürzung der Stundentafel dient weder den Schülerinnen und Schülern noch ihren Lehrkräften. Stundentafelkür zungen, d.h. weniger Pflichtunterricht zum Beispiel in Deutsch, Mathematik und Eng lisch, senken die Leistungsstandards. Zu dem müssen die zu wenigen Lehrkräfte pa rallel mehr Klassen bedienen. »Das ist un zumutbar für alle Beteiligten. Das Berliner Bildungsniveau würde noch mehr sinken«, kritisiert die DPhV-Vorsitzende Prof. Dr. Su sanne Lin-Klitzing. »Stattdessen muss in Berlin ein strukturiertes Modell zur Nach qualifikation für alle Lehrämter eingeführt werden, wie es beispielsweise in Sachsen mit Modell der TU Dresden der Fall ist.« »Wie sehr sich die Schülerleistungen auch noch einmal während der Pandemie ver schlechtert haben, zeigt sich gerade jetzt bei der Auswertung der VERA-Vergleichsar beiten. Immer mehr Grundschüler scheitern bei VERA schon an den Mindestanforderun gen. Bei den Sekundarschülern sieht es nicht besser aus!«, stellt Kathrin Wiencek, Vorsitzende des Philologenverbands Ber lin/Brandenburg, fest. Mehr qualifizierter Unterricht hat nach Auffassung des Verbandes einen positiven Effekt auf die Leistungen der Schülerinnen und Schüler. Weniger Unterrichtszeit im qualifizierten Fachunterricht hat jedoch einen entsprechend negativen Einfluss auf die Leistungsentwicklung. Die Befürchtung: Durch eine Stundentafelkürzung leiden die
Berliner Schülerinnen und Schüler nicht nur kurz- und mittelfristig, sondern langfristig unter weniger Unterricht und schlechteren Lernvoraussetzungen im Vergleich zu allen anderen Schülerinnen und Schülern im Bun desgebiet. Lin-Klitzing: »Setzt Berlin eine Stundenta felkürzung um, schafft der Stadtstaat noch schlechtere Bildungsvoraussetzungen für seine Schülerinnen und Schüler und provo ziert zudem zunehmend schlechtere Vo raussetzungen für eine Vergleichbarkeit mit den Abschlüssen anderer Länder. Das Ge genteil jedoch muss das erklärte Ziel der Bildungspolitik sein: Die gleichen Voraus setzungen für die Berliner Schülerinnen und Schüler wie für die Schülerinnen und Schü ler anderer Bundesländer müssen geschaf fen werden. Die Vergleichbarkeit muss also eher auf einem höherem Niveau abgesi chert werden, als dass grundlegende Abstri che in der Stundentafel gemacht werden.« Die DPhV-Bundesvorsitzende Lin-Klitzing weiter: »Es ist eine Milchmädchenrech nung, eine Stundentafelkürzung als Instru ment für eine bessere Unterrichtsversor gung in Zeiten des Lehrkräftemangels ein führen zu wollen. Vielmehr wird der Lehrer beruf durch eine solche Stundentafelkür zung in Berlin noch unattraktiver, da die Lehrkräfte dann mit noch mehr Klassen und noch mehr Arbeit überhäuft werden. Das Ergebnis: Weniger Unterricht für die Schü ler, mehr Arbeit für die Lehrkräfte: Dem er teilen wir eine klare Absage.« ■
Pressemitteilung vom 9. August 2022
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> PROFIL | September 2022
ANZE IGE
PROFIL > titelthema
Foto: Lena Giovanazzi
Drei Fragen an Astrid-Sabine Busse
Warum sollte eine Lehrkraft in Berlin unterrichten wollen, Frau Senatorin?
Endlich wieder auf Klassenfahrt! Klassenfahrten sind wieder möglich – und nötig. Wissenschaftler beschreiben einen gro ßen Nachholbedarf bei Schülerinnen und Schülern in Sachen Gemeinschaftserleben. E ine pädagogisch betreute Klassenfahrt der Jugend herbergen im Rheinland ist dafür ideal geeignet. Denn Programme mit den Schwer punkten Teambildung, Erleb nispädagogik oder Naturerleb nisse fördern soziale Kompe tenzen und stärken das ‘Wir Gefühl’. Die Schulreisekataloge ‘FahrtFinder 2023’ (1. bis 6. Schuljahr) und ‘KlasseAktiv 2023’ (ab 7. Schuljahr) enthal ten rund 150 pädagogisch hochwertige Angebote zur Stärkung des Gemeinschafts gefühls. Unter www.jh-klassenfahrt.de sind alle Klassenfahrten online abrufbar und die Kataloge als Download verfügbar. Die DJH-Klassenfahrten- expertinnen beraten unter Tel. 0211 3026 3026 gerne persönlich und kompetent. Oder Sie schreiben eine Mail an service@djh-rheinland.de
Astrid-Sabine Busse (SPD) ist seit Dezember 2021 Senatorin für Bildung, Jugend und Familie in Berlin. Zuvor leitete sie fast drei ßig Jahre lang eine Grundschule im Berliner Stadtteil Neukölln >
PROFIL: Senatorin Busse, wie wollen Sie die Qualität von Bildung in Berlin verbessern? ASTRID-SABINE BUSSE: Berli ner Lehrkräfte machen eine gute Arbeit, das sollte man nicht schlecht reden. Um die Grundlagen zu stärken, haben wir bereits mehr Deutsch stunden an die Grundschulen gegeben, die mathematische Förderung gestärkt und viele andere Maßnahmen ergriffen. Wir bereiten auch die Grün dung eines Berliner Landesin stitutes für Aus-, Fort- und Weiterbildung vor, wie es die Qualitätskommission unter Leitung von Prof. Dr. Köller empfohlen hat. Auch die da tenbasierte Zuteilung von Mitteln auf Grundlage unse rer neuartigen Schultypisie rung werden wir weiter auf bauen. Auf vielen Ebenen und Kanälen wird zudem gezielt Fachkräftewerbung betrieben, am 10. September führen wir mit dem Berlin-Tag wieder die größte Berufs- und Informati onsmesse Deutschlands im Bildungsbereich durch. Bei
den Ganztagsangeboten ist Berlin bereits heute im deutschlandweiten Vergleich führend. PROFIL: Warum sollte eine Lehrkraft an einer Berliner Schule unterrichten wollen? BUSSE: Weil Berlin eine be sonders vielfältige Bildungs- und Schullandschaft bietet, die einmalig ist in Deutsch land. Hier können interessier te Lehrkräfte die passende Schule für sich finden, ohne dass große Strecken zurückge legt werden müssen. Wir ha ben offene und gebundene Ganztagsgrundschulen, zahl reiche bilinguale Staatliche Europaschulen, Schulen mit ganz unterschiedlichen Schul profilen und sogar drei Elite schulen des Sports und auch gut ausgestattete berufliche Schulen. Aber sicherlich auch Schulen mit einer hohen strukturellen Belastung, eine von diesen habe ich übrigens dreißig Jahre geleitet. Und ich habe den täglichen Umgang mit den Kindern dort geliebt.
Wie gesagt: Die Schulen sind in aller Regel schnell erreich bar, auch mit dem öffentli chen Nahverkehr. PROFIL: Wann bekommt die Hauptstadt endlich Schulge bäude, die in der Mehrzahl vor zeigbar und zumutbar sind? BUSSE: Ich eröffne derzeit ständig neue Schulgebäude, feiere Richtfeste, bin bei Grundsteinlegungen dabei. Allein an diesem Freitag (2. September, Anmerkung der Redaktion) werden in Berlin zwei neue, modern ausgestat tete Schulen eröffnet. Auch für die Schulsanierungen ist viel mehr Geld da, und hier geschieht viel. Berlin hat be kanntlich 2016 die Berliner Schulbauoffensive gestartet. Seither konnten bereits 25 000 neue Schulplätze ge schaffen werden und knapp drei Milliarden Euro wurden bisher verbaut. Bis zum Schul jahr 2026/2027 wollen wir weitere 31 200 Schulplätze schaffen, mit entsprechenden baulichen Standards. ■
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PROFIL > titelthema
DPhV-Besuch bei Berlins Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse
Diese Schul-Probleme müssen wir anpacken!
Berlin – Klare Worte kurz vor Beginn des neuen Schuljahres in Berlin! Am 11. August tra fen sich die Vorsitzende des Deutschen Philologenverban des, Prof. Dr. Susanne Lin-Klit zing; die Vorsitzende des Lan desverbandes Berlin/Bran denburg, Kathrin Wiencek, sowie ihr Stellvertreter Ferdi nand Horbat mit der Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie, Astrid-Sabine Busse (SPD). Mit dabei waren auch Til mann Kötterheinrich-Wede kind, der bis vor kurzem noch ein Gymnasium in Berlin-Neu kölln leitete und nun dem Leitungsstab ‘Bundes-, Kabi netts- und Parlamentsangele genheiten’ angehört sowie Holger Schmidt, Referatsleiter Personalmanagement bei der Senatsverwaltung. Schwerpunkt des Gesprächs war vor allem der eklatante Lehrkräftemangel und die Auswirkungen auf die Bil dungsqualität. Die DPhV- Vorsitzende machte deutlich: »Wir lehnen jegliche Art von Studentafelkürzungen ab und begrüßen es, dass auch die Senatorin, trotz aller Proble me, davon absieht.« Finanzielle Anreize für pensionierte Lehrkräfte Senatorin Busse betonte aus drücklich, dass sie zur Redu zierung des Lehrkräfteman gels auch auf eine starke Un terstützung der pensionierten bzw. der in Ruhestand gehen den Kolleginnen und Kollegen hofft. Die Senatsbildungsver waltung, so Holger Schmidt, setzt deshalb unter anderem >
Foto: privat
DPhV-Vorsitzende Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, Berlins Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse, Kathrin Wiencek, Vorsitzende des Philologenverbandes Berlin/Brandenburg und ihr Stellvertre ter Ferdinand Horbat beim Gespräch in der Senatsverwaltung für Bildung >
finanzielle Anreize wie die 120prozentige Besoldung bei Verlängerung der Dienstzeit über die Pensionsgrenze hi naus. Bei der Beschäftigung pensionierter Lehrkräfte be müht man sich auch um eine Aufhebung der Pensionskür zung im Rahmen des Hinzu verdienstes. Kathrin Wiencek schlug zur Steigerung der Attraktivität des Verbleibs im Lehrerberuf eine Regelbeförderung zum Oberstudienrat (A 14) mit sechzig Jahren und eine sich anschließend notwendige Dienstzeit vor. Wiencek: »Die Regelbeförderung hätte eine Signalwirkung, sich für den Lehrerberuf zu entscheiden und dabei zu bleiben. Sie wäre gleichzeitig eine Anerkennung für die Arbeit der Lehrkräfte.« Die vom DPhV seit Jahren ge forderte Verbeamtung der Lehrkräfte wurde nach Mittei lung der Senatorin bei den vor den Sommerferien ausgebilde ten Referendarinnen und Refe rendaren vollständig umge setzt. Viele weiterbeschäftigte Lehrkräfte warten allerdings noch. Der DPhV ist sich in die
sem Punkt sicher: Hätte Berlin früher darauf gesetzt, wäre der Lehrkräftemangel in der Hauptstadt heute weit weni ger problematisch. Wiencek und Horbat verwiesen nach drücklich auf die aktuell beste henden zeitlichen Probleme der Verbeamtung der vielen in Berlin angestellten Lehrkräfte, die auf die Verbeamtung war ten. Hierzu verwies die Sena torin auf die notwendigen Ein stellungsverfahrensschritte. Auf den Hinweis der Landes vorsitzenden Wiencek, dass Brandenburg in einem verein fachten Verfahren die Verbe amtung in kurzer Zeit umsetzt und eine signifikante Zahl von Lehrkräften aus Berlin beschäf tigt, entgegneten die Sena torin und die Vertreter der Se natsbildungsverwaltung, dass man bemüht sei durch einen Aufwuchs der Personalstelle und durch Beauftragung von niedergelassenen Ärzten für das ärztliche Gutachten die Verfahrenszeiten zu verkürzen. Der für Grundsatzfragen zu ständige Leitungsreferent Herr Kötterheinrich-Wedekind be tonte, dass die Bindung von
jungen Lehrkräften auch eine Frage der Schulen und der Schulleitungen sei und hofft, dass die Verantwortlichen hier einen wichtigen Beitrag leis ten. Nachqualifikation von Quer- und Seiteneinsteigern nur mit akademi schem Abschluss Der Quer-/Seiten-Einstieg muss in Berlin seit vielen Jah ren von den Bildungsverwal tungen zur Mangel-Deckung des Lehrkräftebedarfes ge nutzt werden. Aus Sicht des DPhV darf eine Nachqualifika tion zur Lehrkraft aber nicht ohne einen akademischen Ab schluss erfolgen. Die Einstel lung einer nachqualifizierten Lehrkraft muss auf der Basis eines Masters bzw. des Staats examens erfolgen, nachdem die pädagogische und akade mische Nachqualifizierung in dem zweiten Fach erfolgt ist. Der notwendigen akademi schen Ausbildung der Lehr kräfte stimmte die Senatorin ausdrücklich zu. Nicht überein stimmten Prof. Dr. Lin-Klitzing und die Berliner Senatsver- >
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PROFIL > titelthema
treter allerdings bei den Erfor dernissen für die Nachqualifi kation. Lin-Klitzing verwies auf das erfolgreiche und gut evaluierte Dresdner Modell, in dem an der Universität solide in allen Fächern und der Päda gogik nachqualifziert wird, bevor diese Absolventen ge nauso wie die eines regulär absolvierten Lehramtsstudi ums dann mit dem Referenda riat beginnen, damit keine Lehrkräfte erster und zweiter Klasse verbeamtet werden. Hier entgegneten Busse und ihre Kollegen, dass das Berli ner Modell den Anforderun gen und der Qualität der an
deren Bundesländer nicht nachstünde.
den Landeshaushalt den Bezir ken zugewiesenen Mittel nicht, um ihren Aufgaben vollständig gerecht zu werden. Hier seien dringend neue Lösungsansätze erforderlich, erklärte Horbat. Lin-Klitzing, Wiencek und Hor bat stellten fest: Der neuen Leitung der Berliner Senatsbil dungsverwaltung sind die Ent scheidungen der Vergangen heit nicht anzulasten. Insge samt bleibt dennoch festzu stellen, dass ihr noch große Aufgaben zur Erfüllung des verfassungsgemäßen Auftra ges des Rechtes auf Bildung bevorstehen. Ein weiteres Ge
spräch zwischen Senat und Phi lologenverband soll folgen.
Weiterer wichtiger Punkt: Schulbau. Viele Berliner Schulen sind noch immer in alten Ge bäuden mit erheblichem Sanie rungsbedarf untergebracht. Ferdinand Horbat: »Die meisten Schulgebäude entsprechen bei weitem nicht den Vorstellungen der neuen Schulbauinitiative. Es fehlen ordentliche Toiletten, Waschbecken, von den Klassen zimmerwänden bröckelt der Putz.« Auch wenn die Instand haltung der Schulgebäude zu den Aufgaben der Bezirke zäh len, so reichten oft die durch
Astrid-Sabine Busse, die 2023 den Vorsitz der Kultusminister konferenz übernimmt, sagte au ßerdem ihre Teilnahme als Jury Mitglied beim ‘Deutschen Leh rerpreis – Unterricht innovativ 2023’ zu. Sie begrüßte außer dem die Imagekampagne des DPhV ‘Ich habe LehrKRAFT’. Dies hatte zuvor auch schon Sach sen-Anhalts Wissenschaftsmi nister Prof. Dr. Armin Willing mann im Gespräch mit Prof. Dr. Lin-Klitzing und demVize-PhV Vorsitzenden in Sachsen-Anhalt, Hermann Weinert, getan. ■
Buch-Tipp zum Titelthema Klassenkampf: Was die Bildungspolitik aus Berlins Schuldesaster lernen kann
MIT VERLOSUNG
damaligen Regierenden Bürger meisters von Berlin, Klaus Wo wereit. 2014 musste dann die amtierende Bildungssenatorin Sandra Scheeres jedes Schul fach zum Mangelfach erklären. Und nun? Auch »Auswege aus dem Bil dungsdesaster« zeigen Ma roldt und Vieth-Entus auf, for dern unter anderem das Ende des Gießkannenprinzips bei der Finanzierung oder appellie ren daran, das Problem Lehr kräftemangel länderübergrei fend zu bearbeiten. Das Fazit: Packen wir es an! ■
zeigt sich, wo die Hauptstadt arm und überhaupt nicht sexy ist. Mehr als 800 Vollzeitlehr kräfte fehlten kurz vor Beginn des neuen Schuljahres 2022/2023. In sämtlichen Bil dungsrankings liegt Berlin hin ten. Dabei gibt das Land inzwi schen mehr Geld für Bildung aus als alle anderen Bundes länder. Was läuft da schief? Mit dieser Frage beschäftigen sich der Chefredakteur des Berliner Tagesspiegels, Lorenz Maroldt, und die Lokalredak teurin Susanne Vieth-Entus, in dem Buch ‘Klassenkampf – Was die Bildungspolitik aus Berlins Schuldesaster lernen kann’ (Suhrkamp Verlag, 18 Euro). Das ‘Politikversagen’ in Berli ner Schulen teilen sie in zehn Stationen ein. Gleich zu Beginn das Problem, das auch der DPhV immer wieder themati siert: »Das Land vertreibt seine Lehrkräfte«. »In Berlin geht es
schon lange nicht mehr da rum, die besten Schulleiter und die talentiertesten Lehr kräfte in die Klassen zu holen. Seit gut zehn Jahren gilt bei Neueinstellungen schon ein ganz normaler Lehrer, ohne Anspruch an seine ‘Talente’, als Sechser in der Berliner Bil dungslotterie«, schreiben die Autoren zur Attraktivität des Berliner Lehrkräftearbeits markts. Ein Grund dieses Übels liegt in der Abschaffung der Lehrkräfteverbeamtung 2004 im rot-roten Senat des
Foto: Suhrkamp Verlag
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PROFIL verlost fünf Exem plare von ‘Klassenkampf – Was die Bildungspolitik aus Berlins Schuldesaster lernen kann’ (Suhrkamp Verlag, 18 Euro, erschie nen im März 2022)
PROFIL verlost fünf Exemplare von ‘Klassenkampf – Was die Bildungspo litik aus Berlins Schuldesaster lernen kann’. Zum Gewinnformular gelan gen Sie über den QR-Code oder unter www.dphv.de/verlosung. Bitte tra gen Sie Ihre Daten und das Stichwort ‘Klassenkampf’ ein! Teilnahmeschluss ist der 23. Oktober. Viel Glück! HINWEIS
Berlin – Kaputte Toiletten, schmutzige Treppenhäuser, Klassenzimmerwände, von denen der Putz bröckelt. In den Schulgebäuden Berlins
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ANZE IGE
EB-735F im Einsatz. »Epson ist auf diesem Gebiet konkur renzlos. Es gibt nichts Besse res«, sagt Micha Pallesche, Preisträger des Deutschen Lehrkräftepreises und Schul leiter der Ernst-Reuter-Schule. Im Vergleich zu Flachbild-Dis plays sind Laser-Projektionen nicht nur größer, sondern auch schatten- und blendfrei darstellbar. Die Projektoren können ein Bild mit bis zu 120 Zoll Diagonale erzeugen, die 3LCD Technologie sorgt für ei ne scharfe und flimmerfreie Projektion Bildgrößen sind – je nach Raum – variabel, der Blickwinkel ist nicht einge schränkt. Alle Schüler:innen sehen daher von jedem Platz im Klassenzimmer aus ein qualitativ hochwertiges Bild, ohne den Raum abdunkeln zu müssen. Bei Interesse an weiteren Informationen schreiben Sie uns bitte eine E-Mail an: schule@epson.de
Die moderne Tafel: Projektion im Klassenzimmer
Z eitgemäßer Unterricht ver bindet neue pädagogische Konzepte mit moderner Infra struktur. Eine Schule, die diese Form des Lernens ganz aktiv vorantreibt, ist die Ernst-Reu ter-Schule in Karlsruhe. Schü ler arbeiten in variablen Teams, im Selbstunterricht oder mit Experimenten. Lehr
kräfte sind weniger Wissens vermittler, sondern vielmehr Lernbegleiter. Diese Lernkul tur wird gestützt von einer modernen, reibungslos funk tionierenden digitalen Infra struktur.
boards und Projektoren. Be stehende Tafelsysteme wur den dabei entweder umge baut oder zu interaktiven Lehrmitteln erweitert. Bei der Wahl der Projektoren setzt die Schule ausschließlich auf Geräte von Epson, konkret sind in der Schule die Ultra kurzdistanz-Laserprojektoren
Statt grüner Tafeln setzt die Schule auf interaktive White
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Antwort auf Klaus Zierer Wir brauchen keinen weiteren Berufseid für Lehrkräfte
2022, S. 35f.) Hergeleitet aus Forschungsergebnissen der em pirischen Bildungsforschung solle die erweiterte Neufassung des Sokratischen Eides einer »fundierte(n) und empirisch abgesicherte(n) Selbstverpflich tung von Lehrpersonen (…)« dienen. Der erneuerte Sokrati sche Eid müsse »nicht nur bei der Übergabe der Einstellungs urkunde verlesen werden, son dern zum roten Faden der Leh rerbildung werden.« Erst wenn also angehende Lehrkräfte die sen umfassenden Eid internali siert und auf ihn geschworen hätten, seien sie im Umgang mit Kindern, Eltern, Kollegin nen und Kollegen sowie mit der eigenen Person gefestigt. Auch das angemessene Handeln ei ner Lehrkraft im Hinblick auf die Bildungsöffentlichkeit und die Gesellschaft deckt der Eid ab. Zierer fasst diese Selbstver pflichtung in 37 Maßstäben des ‘Fühlen, Denken und Han deln’ zusammen. Dreißig Jahre liegen zwischen beiden Veröffentlichungen. Mehr als doppelt so viele As pekte der Selbstverpflichtung im Vergleich zu von Hentig führt Zierer in seinem Beitrag auf. Beiden Ausführungen ist gemeinsam, dass die genann ten Einzelaspekte den geläufi gen Regeln des respektvollen und verantwortlichen Um gangs entsprechen. Garantiert ein Eid en gros et en détail formulierter Selbst verständlichkeiten des gesell schaftlichen Umgangs mitei nander mehr als ein Berufseid auf unsere Verfassung das pro fessionell angemessene Ver halten von Lehrkräften? Wa rum sollte ein Eid auf unser Grundgesetz, in dem bereits in den ersten Artikeln die Rechte jedes Menschen umfas send niedergeschrieben ste hen, dafür nicht mehr ausrei chen? Brauchen wir wirklich einen hypertrophen ‘Berufseid für Lehrkräfte’? Mitnichten. ■
zung der Lehrkraft befürwor tet die Schulleiterin oder der Schulleiter die Ernennung der Lehrkraft zur Beamtin oder zum Beamten auf Lebenszeit . Brauchen wir also tatsächlich einen weiteren Berufseid für Lehrkräfte? Die Beschäftigung mit dieser Frage ist nicht neu. Bereits in den 1990er Jahren formulierte Hartmut v. Hentig den Sokratischen Eid für Erzie her und Lehrer (Hartmut von Hentig, ‘Sokratischer Eid’ für Lehrer und Erzieher, in: Arbeits hilfe für den Religionsunter richt an Gymnasien, Gelbe Fol ge, 1992/2, S. 45-47). Seine Auf zählung umfasst 14 Regeln des Umgangs mit und der Erzie hung von Kindern, damit diese zu selbstbestimmten und ver antwortungsvollen Mitglieder einer Gesellschaft werden. Wei tere vier Selbstverpflichtungen ergänzen den Katalog des So kratischen Eids von Hentigs. Nun begründet der Schulpäda goge Klaus Zierer die seines Erachtens notwendige Erneue rung des Sokratischen Eides in erster Linie mit den gegenwär tigen Umwälzungen durch die Corona-Pandemie, welche zur Vertiefung der ohnehin beste henden Bildungsungerechtig keit führen würden. (Klaus Zie rer, Wir brauchen einen Berufs eid für Lehrkräfte, in: Profil, Juni
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von DR. BARBARA LANGLET-RUCK
Kiel – Der Professor für Schul pädagogik an der Universität Augsburg, Klaus Zierer, fordert in seinem neuesten Buch und in der Juni-Ausgabe von PRO FIL eine zeitgemäße Interpre tation des Sokratischen Eides für Lehrkräfte und Erzieher (Klaus Zierer, 2022, Der Sokra tische Eid. Eine zeitgemäße Interpretation, Münster). Jenes Eides also, den seinerzeit Hart mut von Hentig als Entspre chung zum Hippokratischen Eid für Medizinerinnen und Mediziner, formuliert hatte. Dazu lohnt sich zunächst ein Blick auf das gegenwärtige Pro cedere bei der Einweisung auf eine Planstelle im Schuldienst: Bevor Lehrerinnen und Lehrer als Beamte auf Probe eine Plan stelle übernehmen, haben sie eine zwölf- oder dreizehnjähri ge Schulausbildung, ein min destens fünfjähriges Studium sowie ein drei- bis viersemestri ges Referendariat erfolgreich absolviert. Vor uns stehen also Persönlichkeiten, die nicht nur ein gerütteltes Maß an Intelli genz und Ausdauer bewiesen haben. Diese jungen Men schen, im Alter von Ende zwan zig, finden sich in sozialen Be zugsräumen zurecht und haben Respekt, Rücksichtnahme und Unterstützung erlebt. Sie sind in der Lage, dieses Wertegerüst als Maßstab ihres Handelns in ihren Beruf hinein zu nehmen. Diese Absolventinnen und Absolventen haben sich erfolg reich in einem Auswahlge spräch durchgesetzt und sitzen nun im Dienstzimmer der Ober studiendirektorin oder des Oberstudiendirektors. Vor der
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Dr. Barbara Langlet-Ruck ist Vorsitzende des Philologenverbandes Schleswig-Holstein
Aushändigung der Urkunde zur Beamtin oder zum Beamten auf Probe legen sie einen Amtseid ab. Sie schwören auf die Verfas sung. Diejenigen, welche eine religiöse Einbettung wünschen, ergänzen ihren persönlichen Eid mit dem christlichen Gelöb nis »so wahr mir Gott helfe«, beziehen also zusätzlich die Zehn Gebote in ihren Eid ein. Nach drei Jahren Berufstätig keit beurteilt die Schulleiterin oder der Schulleiter abermals die fachlichen, didaktischen und pädagogisch-psychologi schen Fähigkeiten seiner jun gen Lehrkraft erneut. Drei Jah re lang wurde beobachtet, ob sich die Kollegin oder der Kol lege im Netz der Schulgemein schaft, der Bildungsöffentlich keit und der Gesellschaft an gemessen bewegen kann. Nur bei einer positiven Einschät
In der Juni-Ausgabe von PROFIL forderte Prof. Klaus Zierer eine Erneuerung des Sokratischen Eides für Lehrkräfte >
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PROFIL > aktuelles
de Tisch zur Freigabe öffent lich-rechtlicher Rundfunkin halte statt, zu dem DPhV-Vor sitzende Prof. Dr. Susanne Lin Klitzing für die Positionen der Lehrkräfte geladen war. Diskutiert wurde, inwiefern ei ne Freigabe von Teilen öffent lich-rechtlicher Rundfunkpro duktionen unter Creative-Com mons-Lizenzen umsetzbar ist und welche Projekte in dieser Hinsicht bei den öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten bereits implementiert wurden bzw. in Planung sind. Außer dem wurde die Nachnutzung von Wissensinhalten im Bil dungs- und insbesondere im Unterrichtskontext themati siert. Die zentrale Frage für Lehrkräf te: Kann ich bei der Verwen dung öffentlich-rechtlicher In halte in meinem Unterricht ge gen geltendes Recht versto ßen? Ein Gutachten von Prof.
HINWEIS
Das kom- plette
Gutachten können Sie über diesen QR-Code nachlesen!
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Dr. Gerald Spindler (Universi tät Göttingen) gibt Antwor ten. Er kommt zu dem Schluss, dass die unveränderte Wieder gabe ohne damit einherge hende Speicherung o. ä. im Klassenverband, im Seminar oder in digitalen Lehrveran staltungen mit Zugangsbe schränkung nicht öffentlich ist und daher weder einer Rechte klärung noch einer individuel len oder gesetzlichen Erlaub nis bedarf. Weitere Handlun gen wie Vervielfältigung, Ver breitung oder Veränderung sind dagegen als Nutzungen urheberrechtlich relevant. ■
ARD, ZDF und Wikimedia im Unterricht Können Lehrkräfte in der Klasse Urheberrecht verletzen? Was müssen Lehrkräfte beachten, wenn sie öffentlich-rechtliche Inhalte in ihrem Unterricht verwenden wollen? Dr. Gerhard Spindler von der Universität Göttingen hat ein Gutachten erstellt
Berlin – Welche Materialien darf ich wie im Unterricht ver wenden? Wann verstoße ich
gegen geltendes Recht? Am 8. Juli fand in der Landesver tretung Thüringen der 5. Run
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