Profil 9/2021
dbb
??? drei fragen an…
... Bundeswahlleiter Dr. Georg Thiel Die Sensibilität hinsichtlich der IT-Sicherheit ist geschärft
? Erwarten Sie, dass die Pandemie das Verhältnis zwischen Briefwahl und Präsenzwahl derart verändert, dass die Hoch- rechnungen amWahlabend stärker als sonst eine falsche Tendenz aufweisen, beziehungsweise zeitlich stark verzögert vorliegen könnten? Hochrechnungen amWahlabend werden von Wahlforschungs- instituten nach der Schließung der Wahllokale erstellt. Sie beru- hen auf den Auszählungen der Wahlvorstände in ausgewählten Urnen- und Briefwahlbezirken, die auf das Bundesgebiet „hoch- gerechnet“ werden. Der Bundeswahlleiter rechnet für die Bun- destagswahl zwar mit einer erhöhten Briefwahlquote. Wir ge- hen aber davon aus, dass es dank vieler Wahlhelferinnen und Wahlhelfer ausreichend Briefwahlvorstände geben wird und es somit nicht zu größeren Verzögerungen bei der Stimmaus- zählung kommt. Alle Wahlorgane werden bemüht sein, das vorläufige Wahlergebnis so schnell wie möglich zu ermitteln, ohne dabei Abstriche bei der Sorgfalt zu machen. Bei den letz- ten Bundestagswahlen ist uns das immer gelungen.
Foto: Robert Schlesinger
Dr. Georg Thiel >
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Bei der Bundestagswahl 2017 wurde die verwendete Soft- ware als unsicher kritisiert, weil Ergebnisse hätten gefälscht werden können. Was unternehmen Sie konkret, um die IT-Si- cherheit bei der kommenden Bundestagswahl zu verbessern? Eine bei der letzten Bundestagswahl in einigen Ländern und Kommunen eingesetzte Software zur Ermittlung des vorläufi- gen Wahlergebnisses enthielt Sicherheitslücken. Durch vor der Wahl ergriffene technische und organisatorische Maßnahmen war jedoch die ordnungsgemäße Ermittlung des vorläufigen Wahlergebnisses sichergestellt. Aufgrund der damaligen Vor- kommnisse ist die Sensibilität hinsichtlich IT-Sicherheit bei allen Beteiligten – Bund, Länder, Kommunen, IT-Sicherheitsbehörden, aber auch Softwarehersteller – zusätzlich geschärft worden. Auf allen Ebenen hat das Thema sehr hohe Priorität. In einer Arbeitsgruppe des Bundesamts für Sicherheit in der Informati- onstechnik (BSI), der Bundes- und den Landeswahlleitungen wurde nach der Wahl das Thema intensiv behandelt und Emp- fehlungen zur Erhöhung der IT-Sicherheit erarbeitet. Im Gegen- satz zum vorläufigen wird das endgültige Wahlergebnis anhand förmlicher Niederschriften der Wahlvorstände und Wahlaus- schüsse ermittelt. Es ist daher nicht von der Sicherheit von In- formationssystemen abhängig. Welche Schutzmaßnahmen ergreifen Sie gegen Cyberangriffe auf die Wahlen aus dem Ausland? Von wem lassen Sie sich hier beraten? Der Bundeswahlleiter und die Landeswahlleitungen, aber auch die Kreiswahlleitungen und Gemeinden werden beim Thema Informationssicherheit durch das BSI unterstützt. Von welchem Ort aus Angriffe möglicherweise erfolgen könnten, spielt dabei keine Rolle.
Foto: Colourbox.de
> Der Bundeswahlleiter
Dr. Georg Thiel ist seit November 2017 Präsident des Statistischen Bundesamtes (Destatis). Mit seiner Ernennung übernahm der Jurist traditionell auch das Amt des Bundeswahlleiters. In dieser Funktion ist er zuständig für die organisatorische Vorbereitung und Durchführung von Bundestags- und Europawahlen. Bei beiden Wahlen obliegen dem Bundeswahlleiter unter ande- rem folgende Aufgaben: Überwachung der ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl, Bildung des Bundeswahlausschusses und dessen Vorsitz; Überprüfung der Wahlbewerber und -bewer- berinnen auf unzulässige Doppelkandidaturen und Erstellung eines Verzeichnisses der Wahlbewerber und -bewerberinnen; Ermittlung und Bekanntgabe des vorläufigen Wahlergebnisses imWahlgebiet; Mitteilung der über die Landeslisten Gewählten an die Landeswahlleitungen; Prüfung, ob die Wahl nach den wahlrechtlichen Vorschriften erfolgt ist, sowie die Bekanntgabe
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des endgültigen Wahlergebnisses für das Wahlgebiet. Weitere Informationen: www.bundeswahlleiter.de
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