Profil 9/2021
PROFIL > interview
Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsministerin Bettina Martin (SPD)
Foto: Danny Gohlke
»Impfen ist der einzige Weg heraus aus der Pandemie«
Bettina Martin (55, SPD) ist seit Mai 2019 Bildungsministe- rin von Mecklenburg- Vorpommern.
Stattdessen werden zukünftig die Gesundheitsämter vor Ort im Einzelfall entscheiden. PROFIL: Wie lange wird an den Schulen in Mecklenburg-Vor- pommern noch Maske getragen? MARTIN: In Mecklenburg-Vor- pommern galt Maskenpflicht in den ersten zwei Schulwo- chen, um zu vermeiden, dass Reiserückkehrende die Delta- Variante in die Schule tragen. Ab sofort gilt die Maskenpflicht im Unterricht nur in Regionen, wo unsere Corona-Ampel auf Orange steht. Das heißt: Wenn die Inzidenz über 35 liegt so- wie die Quote der Hospitalisie- rung und Intensivbettenbele- gung das Risiko erhöhen. PROFIL: Wie schätzen Sie die Impfbereitschaft unter den Schülerinnen und Schülern ein? MARTIN: Wir haben bereits vor den Sommerferien in den Be- rufsschulen Jugendlichen ab sechzehn Jahren mobile Impf- angebote gemacht. Derzeit fahren die mobilen Impfteams auch durch die weiterführen- den Schulen und impfen die ab Sechzehnjährigen, deren Eltern eine Einwilligung zur freiwilli- gen Impfung gegeben haben. Jede einzelne Impfung zählt und hilft dabei, den Präsenz- unterricht abzusichern. Bisher gab es bei den Eltern noch viel Unsicherheit, weil die Ständige Impfkommission die Impfun- gen noch nicht empfohlen hat-
von KAROLINA PAJDAK
Am 26. September wird neu gewählt
Schwerin – Der Countdown zur Landtagswahl am 26. Sep- tember in Mecklenburg-Vor- pommern läuft! Auch Bil- dungspolitik ist dabei Thema! Im Interview mit PROFIL er- klärt die zuständige Ministerin Bettina Martin (55, SPD) was sie konkret gegen den Lehrer- mangel in ihrem Bundesland unternimmt, wie sie Lehrkräf- te aus Polen angeworben hat und wie sie flächendeckende Schulschließungen in der Pan- demie vermeiden will. PROFIL: Ministerin Martin, Mecklenburg-Vorpommern ist als erstes Bundesland – gemeinsam mit Schleswig- Holstein – bereits Anfang Au- gust in das neue Schuljahr ge- startet. Wie ist es angelaufen? BETTINA MARTIN: Weitestge- hend reibungslos. Ich bin al- len, die diesen guten Schul- start unter Pandemie-Bedin- gungen vorbereitet und mög- lich gemacht haben, sehr dankbar. Schulleitungen und Lehrkräfte haben gemeinsam mit dem Ministerium frühzei- tig die notwendigen Vorkeh- rungen getroffen. Alle haben an einem Strang gezogen, denn wir haben ein gemeinsa- mes Ziel: den Präsenzunter- richt absichern. Wir wollen in Zukunft flächendeckende prä- ventive Schulschließungen mit allen Mitteln vermeiden.
te. Doch jetzt, da die StiKo auch Jugendlichen ab zwölf Jahren eine Impfung emp- fiehlt, erhoffe ich mir eine grö- ßere Resonanz. PROFIL: Sollen sich Schülerin- nen und Schüler ab zwölf Jah- ren impfen lassen? MARTIN: Ich freue mich darü- ber, dass jetzt eine ausdrückli- che Empfehlung vorliegt. Wir bereiten gemeinsam mit der Gesundheitsseite in Mecklen- burg-Vorpommern jetzt Impf- aktionen auch für Schülerin- nen und Schüler ab zwölf Jah- ren an den Schulen und in den Impfzentren vor. Dabei müs- sen wir auch die Eltern mit an Bord haben. Sie können dann auch gleich von den mobilen Teams mitgeimpft werden, wenn sie dies wollen. Natür- lich ist das alles freiwillig – aber ich werbe sehr dafür, denn Impfen ist der einzige Weg heraus aus der Pandemie. PROFIL: Sie haben die ersten vier Wochen nach Schulstart dazu genutzt, die Lernstände der Schülerinnen und Schüler zu erheben. Wie holen Sie »verlorenes Wissen« auf? MARTIN: Ich bin nicht der Mei- nung, dass jetzt jeder Punkt
und jedes Komma nachgeholt werden muss. Wir müssen uns vor allem darauf konzentrie- ren sicherzustellen, dass die Kinder die Kompetenzen er- werben können, die sie für den Fortschritt in ihrer zu- künftigen Schullaufbahn be- nötigen. Zum Glück gibt es das Aufholprogramm des Bundes, auf das wir als Land fünfzig Prozent drauflegen. Wir haben 38 Millionen Euro, um jetzt voranzukommen. PROFIL: Reichen 38 Millionen Euro? MARTIN: Wenn es nicht reicht, müssen wir mehr tun. Wir sind ja auch schon mittendrin. PROFIL: Wo besteht der größ- te Aufholbedarf? MARTIN: Am meisten Sorgen mache ich mir um die Schüler, die in ihrer Familie nicht so viel Unterstützung beim Dis- tanzlernen hatten wie andere. Die soziale Schere beim Lern- erfolg darf nicht weiter aufge- hen. Sie brauchen individuelle Förderung. Dafür geben wir zusätzliche Kapazitäten in die Schulen, damit sie zum Bei- spiel Lehramtsstudierende oder Honorarkräfte beschäfti- gen können. Auch erhalten
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