Profil 7-8/2025
PROFIL // Frauen
dbb frauen Lücken bei Elterngeld und Teilzeit schließen 12, 29, 32, 48: Diese vier Zahlen hat das
Foto: © Unsplash.com/Andrej Lisakov
Statistische Bundesamt (destatis) Anfang Juni zur Geschlech terungleichheit in Deutschland veröffentlicht. Für die dbb bundesfrauenvertretung sind sie ein Grund zur Sorge.
Teilzeitquote bei Frauen bei 48 Pro zent – bei Männern hingegen bei ledig lich 12 Prozent. „Eine höhere Erwerbs tätigenquote von Frauen entfaltet kei ne gleichstellungspolitische Wirkung, wenn nahezu die Hälfte dieser Be schäftigungsverhältnisse auf Teilzeit basiert“, hebt Kreutz hervor. Es handle sich um einen „statistischen Fortschritt ohne strukturellen Wandel“. Denn: „Solange hoch quali fi zierte Frauen in beru fl ichen Sackgassen landen, weil sie den Großteil unbezahlter Sorgear beit leisten und der Arbeitsmarkt kei ne tragfähigen Modelle partnerschaft licher Vereinbarkeit anbietet, bleibt Gleichstellung ein unerfülltes Verspre chen“, so Kreutz. Überfällige Reformen Nötig seien verlässliche Rahmenbedin gungen für vollzeitnahe Erwerbsbetei ligung – für Frauen und Männer, sagt Kreutz. „Dazu gehören fl exible Arbeits zeitmodelle, fl ächendeckende Kinder betreuung und eine Arbeits- und Füh rungskultur, die Verantwortung und Arbeitszeit geschlechtergerecht ver teilt. Wir müssen weg von starrer Prä senzkultur und hin zu einer ergebnis orientierten, lebensphasenfreundli chen Arbeitswelt.“ Entsprechende Re formen sind längst überfällig, vor allem mit Blick auf den Fachkräftemangel im ö ff entlichen Dienst: „Es fehlen 570 000 Beschäftigte, um allen Aufgaben ge recht zu werden. Da ist es volkswirt schaftlich doch vollkommen irrational, quali fi zierte Frauen durch fehlende Arbeitszeitmodelle und mangelnde Vereinbarkeit auszubremsen.“
Gedeckelte Gleichstellung
12 und 32: Das Statistische Bundes amt hatte die Ausschüttung des El terngeldes im Jahr 2024 ausgewertet. Dabei kam heraus, dass 32 Prozent der Väter, aber nur 12 Prozent der Mütter im ersten Bezugsmonat den Elterngeld-Höchstbetrag von 1 800 Euro erhalten haben. Hinter diesem großen Unterschied stecke ein struk turelles Problem, erklärt Milanie Kreutz, Bundesvorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung und stellver tretende dbb Bundesvorsitzende: „Dass der Höchstbetrag gedeckelt ist, führt bei vielen Frauen zu einem Teu felskreis: Sie nehmen häu fi ger Eltern zeit als Männer, unterbrechen ihre Er werbsbiogra fi en und steigen seltener in Führungspositionen auf.“ Deshalb verdienen sie dauerhaft weniger und können schlechter fürs Alter vorsor gen. „Solange der Höchstbetrag gede ckelt ist, zahlen vor allem Frauen den Preis – mit Karriere, Einkommen und Rente“, kritisiert Kreutz und fordert die Politik auf, diese Spirale zu durch brechen: „Der Treibsand aus Gender Pay Gap, unbezahlter Sorgearbeit und Karrierenachteilen muss aufgehalten werden. Wir können diese Entwick lung am besten mit echten Reformen beim Elterngeld sowie der Einführung der Familienstartzeit aufhalten.“ Nur so lassen sich die strukturellen Anrei ze verändern, um Sorgearbeit gerech ter unter Frauen und Männern auf zuteilen.
Tatsächlich würden viele Väter mehr Elternzeit übernehmen, wenn der fi nanzielle Einbruch nicht so stark wäre. Das zeigen unter anderem Studien des Bundesinstituts für Bevölkerungs forschung (BiB): In Ländern wie Schweden oder Island, die gut aus gestaltete Partnerschaftsboni haben, ist eine deutlich höhere Väterbetei ligung bei der Elternzeit zu verzeich nen. „Es ist eben unter anderem die Deckelung des Elterngelds, die eine faire Aufteilung der Care-Arbeit ver hindert, gerade in Haushalten mit Ein kommensunterschieden“, erklärt die dbb frauen Che fi n. „Mit der derzeiti gen Regelung deckeln wir nicht nur Höchstbeträge, sondern auch die Gleichstellung. Viele Väter wollen mehr Verantwortung und Sorgearbeit in den Jahren der Familiengründung übernehmen, aber das aktuelle Sys tem stellt ein Finanzrisiko für viele Fa milien dar.“ Die Erwerbstätigenquote von Frauen in Deutschland lag im Jahr 2024 bei 74 Prozent. Allerdings betrug die Teilzeitquote 29 Prozent – ein An stieg von 27 Prozent aus dem Jahr 2014. Damit steuert Deutschland dem europaweiten Trend entgegen: Im EU Durchschnitt ist die Teilzeitquote im selben Zeitraum von 19 auf 18 Pro zent gesunken. Auch der Unterschied zwischen den Geschlechtern ist gra vierend: Der Statistik zufolge liegt die
46 PROFIL / DBB-Seiten // 7-8/2025
Made with FlippingBook. PDF to flipbook with ease