Profil 7-8/2025
Die Profil Ausgabe 7-8/2025 mit dem Leitthema "Clara Lösel: eine Mutmacherin für die junge Generation – mit erstem Staatsexamen für das gymnasiale Lehramt" ist veröffentlicht. Jetzt lesen!
7-8 2025
DEUTSCHER PHILOLOGENVERBAND
DAS MAGAZIN FÜR GYMNASIUM UND GESELLSCHAFT
Fotos: Ritter / AdobeStock · Montage: Dömges
Clara Lösel: eine Mutmacherin für die junge Generation – mit erstem Staatsexamen für das gymnasiale Lehramt
Demokratiestärkung mit dem Wertebündnis Bayern
DPhV im Dialog mit Landesregierungen
Gutes Leben im Alter: Senioren- seminar in Rostock
PROFIL // Auf ein Wort
Ihre unentbehrliche und prägende Rolle für die Bildungsbiogra fi en junger Menschen ist nicht hoch genug wertzuschätzen! Deshalb gratuliert der Deutsche Philologenver band einerseits herzlich allen Abiturientinnen und Abiturienten zum bestandenen Abitur und bedankt sich andererseits stellvertretend bei Ih nen, liebe Gymnasiallehrkräfte, für Ihren uner müdlichen Einsatz für eine qualitativ hochwerti ge gymnasiale Bildung in Deutschland und für Ihren speziellen Einsatz für das und im Abitur! Alle freuen sich, dass es nun in die Sommerferi en gehen kann. Hier hinein möchte ich meine herzlichen Grüße an Sie platzieren und Ihre Auf merksamkeit noch auf etwas anderes richten: Im Jahre 2025 gibt es nun seit 35 Jahren wieder Philologenverbände im Norden, Süden, Westen und Osten (!) unserer Republik, und es gibt nun erfreulicherweise seit 35 Jahren wieder Gymna sien in ganz (!) Deutschland! Wir im Philologenverband sind dankbar, dass uns mit unserer gemeinsamen Vorstellung von gymnasialer Bildung die Vereinigung gelungen ist, die in der Gesellschaft nicht überall gelingt. Das werden wir im Herbst auf unserer Bundes ausschusssitzung in Magdeburg gemeinsam mit allen jetzigen Landesvorsitzenden im Philologen verband, mit dem dortigen Kultusminister, mit weiteren Gästen, und vor allem auch einer der Landesvorsitzenden der ersten Stunde, nämlich mit Gudrun Schreiner, der ersten Vorsitzenden des am 23. Mai 1990 gegründeten Philologenver bandes Sachsen, im gemeinsamen Podiums gespräch dankbar würdigen. In Vorfreude darauf wünsche ich Ihnen allen frohe und erholsame Sommerferien!
Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbandes
Erholsame Sommerferien!
Liebe Kollegen und Kolleginnen, herzlich grüße ich Sie alle vor den und in die dies jährigen Sommerferien hinein und möchte wie der einmal Danke sagen, insbesondere für alle Ihre Arbeit, die mit dem Abitur zusammenhängt. Das Abitur ist vollbracht, Sie haben wieder einmal vieles dauerhaft Bedeutsame mit und in Ihren Schülerinnen und Schülern bewirkt. Sie tragen ganz wesentlich dazu bei, dass unsere Abiturien ten und Abiturientinnen, die jungen Menschen nun mit einem soliden Fundament in ein Studium oder direkt in das Berufsleben starten können. Sie bereiten die Schülerinnen und Schüler in der Quali fi kationsphase zielgerichtet auf die Anfor derungen in den Abiturprüfungen vor. Sie ent wickeln und überarbeiten Prüfungsaufgaben, die den hohen Standards des Abiturs gerecht wer den. Sie leisten viel Korrekturarbeit für die schriftlichen Prüfungen und geben neben Ihrer Fachexpertise auch viel Herzblut in die Durch führung der mündlichen Prüfungen. Sie beglei ten den Übergang der Abiturientinnen und Abi turienten in die nächste Lebensphase mit inten siven Beratungsgesprächen zu Studien- und Be rufsperspektiven – oftmals weit über den Unter richt hinaus. All das ist nur mit einem außer ordentlichen Maß an Fachkompetenz, Engage ment und pädagogischer Verantwortung zu be wältigen. Ohne Ihr verlässliches und gewissen haftes Arbeiten gäbe es kein Abitur auf so ho hem Niveau. Sie erbringen diese Leistung jedes Jahr unter Rahmenbedingungen, die von stei genden Anforderungen, größerer Heterogenität der Schülerschaft und wachsenden administrati ven Aufgaben geprägt sind.
Ihre
Susanne Lin-Klitzing
3 PROFIL // 7-8/2025
DPhV-Standpunkte Mehr Quer- und Seiteneinsteigende im Lehrerberuf Deutsches Schulbarometer zeigt: Lehrkräfte stehen vor großen Herausforderungen Haushaltsentwurf 2025: Enttäuschung für die Bildung DPhV fordert anlässlich der 4. Bildungs-MK Qualitäts- sicherung durch den Digitalpakt 2.0, staatliche Verantwortung für Lernplattformen und gemeinsame länderübergreifende Datenschutzregeln DPhV begrüßt Initiative der Kultusministerkonferenz zur Stärkung der Erinnerungskultur an Schulen Titel Ein Interview mit der angehenden Lehrerin, Literaturpreisträgerin und In fl uencerin Clara Lösel Ein echter Mutmacher für junge Menschen: Clara Lösels Buch „Wehe du gibst auf" Nachruf Er war ein Kämpfer für den Ö ff entlichen Dienst Der Deutsche Philologenverband trauert um Ulrich Silberbach Begegnungen Erfolgreicher Antrittsbesuch bei neuer Bildungsministerin Susanne Lin-Klitzing folgt in Kiel einer Einladung von Dr. Dorit Stenke Gemeinsam mit Engagement für unsere Demokratie Das Wertebündnis Bayern Stärkung der Demokratie und der Leistungsfähigkeit unserer Schulen Susanne Lin-Klitzing im konstruktiven Dialog mit Sachsens Staatsregierung 19 Mehr als ein Zerti fi kat: Wie junge Menschen über sich hinauswachsen Ein Erfahrungsbericht vom Duke of Edinburgh’s Award an der Goetheschule Wetzlar 20 Deutschland, Deine Gymnasien Gymnasium Farmsen als „Jugend forscht“-Schule 2025 ausgezeichnet „'Jugend forscht' ist die Kirsche auf der Torte“ 27 Wer wird mit dem Sonderpreis „Jugend forscht“- Schule ausgezeichnet? 28 Termine Ein gutes Leben im Alter 30 Positionspapiere des DPhV zum Thema KI 32 16 17 18 Aus den Ländern PhV Nordrhein-Westfalen: Bildungsprotest - PhV NRW kritisiert Forderung nach Einheitsschule PhV Niedersachsen: Bildungsinvestitionen der Landesregierung müssen zu Ende gedacht werden 5 6 7 8 9 10 12
PROFIL // Inhalt
Interview mit der angehenden Leh rerin, Literatur preisträgerin und In fl uencerin Clara Lösel 10
Susanne Lin-Klit zing im Dialog mit dem Leiter der Staatskanzlei des Freistaates Sachsen,
Dr. Andreas Handschuh 19
Ein Erfahrungs bericht vom Duke of Edinburgh’s Award
an der Goethe schule Wetzlar 20
36 38 38 40 40 41 41 42 42 44 44
PhV Schleswig-Holstein: Licht und Schatten im vierten Maßnahmenpaket PhV Baden-Württemberg: Klassengrößen müssen signi fi kant verringert werden
Impressum
Beamte
dbb magazin
Beamte – Fragen und Antworten: Welche P fl ichten gelten für Verbeamtete online? Aus dem Personalratsalltag – wir. für euch. Personalrat und Schwerbehindertenvertretung
Positionspapiere des DPhV zum Thema KI 32
Gewerkschaften
dbb magazin
dbb bremen: Landesbund feiert 75. Jubiläum
dbb hamburg: Gespräch mit Finanzsenator Andreas Dressel
dbb berlin: Empfang zum 75. Jubiläum dbb Lehrerverbände: Bildungsausgaben bleiben hinter Erwartungen zurück
4 PROFIL // 7-8/2025
Frauen
dbb magazin
dbb frauen: Lücken bei Elterngeld und Teilzeit schließen
46
PROFIL // DPhV-Standpunkte
Mehr Quer- und Seiteneinsteigende im Lehrerberuf Vom Studienanfang bis zum Eintritt in den Lehrerberuf verlieren Universitäten 40 Prozent der Absolventen Hebel für attraktiven Lehrerberuf liegt in der Verbesserung der Studien- und Arbeitsbedingungen an den Schulen
Anlässlich der heute verö ff entlichten Zah len des Statistischen Bundesamtes, wo nach mehr als jede zehnte Lehrkraft an allgemeinbildenden
Bundesvorsitzende des DPhV. Ein zu großer Teil der Lehramtsstudierenden scha ff t es nicht bis in den Beruf. Mehr als 40 Prozent von ihnen scheiden be reits während der ersten Phase der Lehrkräftebildung aus. Quer- und Sei teneinsteigende bleiben häu fi g nicht dauerhaft im Lehrerberuf. „Diese Ent wicklung ist sehr bedenklich. Statt nachhaltiger Investitionen in die Aus bildung, Begleitung und Gesunderhal tung regulär ausgebildeter Lehrkräfte setzen viele Länder zunehmend auf schnelle Lösungen. Gerade im Sekun darbereich I und II darf es keine poli tisch gewünschte Zeiteinsparung bei der Bildung und Ausbildung geben. Wer heute Lehrkraft wird, muss nicht nur fachlich stark, sondern auch pä dagogisch tragfähig ausgebildet sein – sonst halten wir Lehrkräfte nicht im System“, so Lin-Klitzing weiter. „Die Bildungsqualität muss gesichert wer den, kurzfristige Lösungen dürfen nicht auf dem Rücken der Schülerin nen und Schüler ausgetragen wer den.“ Es braucht langfristige Strategien statt Notfallmaßnahmen. Der Verband fordert daher ein grundsätzliches Um denken in der Leh rergewinnung und -bindung, etwa:
5 PROFIL // 7-8/2025 zusätzlich motivieren, in mancher Durststrecke durchzuhalten“, so Lin Klitzing weiter. „Wer Schulen retten will, darf nicht deren Fundament schwächen: die Professionalität und die Gesundheit der Lehrkräfte.“ Die Reduktion des P fl ichtstunden Deputats: Die Unterrichtsver p fl ichtung ist über Jahrzehnte hinweg stetig gestiegen – jetzt braucht es eine echte Entlastung. Bürokratieabbau: Lehrerinnen und Lehrer müssen sich auf ihren pädagogischen Auftrag konzen trieren können – nicht auf Verwal tungstätigkeiten. Attraktive Modelle für Altersteil zeit und Sabbatjahre, um erfahre ne Lehrkräfte gesund im Beruf zu halten. Von den vorzeitig aus scheidenden Lehrkräften verlas sen 25 Prozent der Lehrkräfte den Schuldienst häu fi g wegen Erschöpfungssyndromen oder Burnout. Lin-Klitzing: „Nur auf den ersten Blick bedeuten unsere Vorschläge eine Verringerung der Lehrerstunden – tatsächlich ge winnen wir durch kluge Gesund heitsvorsorge für die Lehrkräfte aktiv Lebensarbeitszeit zurück.“ „Oberstes Anliegen der Finanz- und Kultusministerien muss es sein, gut ausgebildete Lehrkräfte im System zu halten, sprich: die Rahmenbedin gungen zu verbessern. Das wäre die beste Werbung für den Beruf und würde sicher auch viele Studierende
Pressemitteilung vom 4. Juni
Schulen im Schuljahr 2023/2024 ohne reguläres Lehramtsstudium als Quer- oder Seiteneinsteigerin und -einsteiger unterrichtet hat, mahnt der Deutsche Philologen- verband (DPhV) eine Kurskorrektur in der Lehrkräftebildung an. „Die Ausstiegsquote bei den Lehr amtsstudierenden ist zu hoch. Es kommen zu wenige im Beruf an. Des halb brauchen wir mehr Quer- und Seiteneinsteigende – aber viele verlas sen den Beruf nach zwei, drei Jahren wieder, weil sie nicht gut genug vor bereitet wurden. Das ist kein Wunder: Sie werden zu häu fi g ohne ausrei chende fachliche und pädagogische Begleitung als Notnagel eingesetzt, um den Unterrichtsbedarf zu decken“, betont Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing,
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PROFIL // DPhV-Standpunkte
Deutsches Schulbarometer zeigt: Lehrkräfte stehen vor großen Herausforderungen DPhV fordert bessere Bedingungen zur Stärkung mentaler Gesundheit, mehr Unterstützung für Demokratiebildung und eine umfassende Digitalstrategie
Angesichts der aktu ellen Ergebnisse der Lehrkräftebefragung des Deutschen Schulbarometers ruft der Deutsche Philologenverband
„Wenn fast ein Drittel der Lehrkräf te regelmäßig erschöpft ist, dann ist das kein individuelles, sondern ein strukturelles Problem – und ein riesiges Alarmzeichen!“, mahnt DPhV-Bundesvorsitzende Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing. Der Belas tungsdruck ist hoch. Nicht nur Zeit mangel und Personalknappheit zehren an den Ressourcen der Lehrkräfte, 42 Prozent der Lehre rinnen und Lehrer gaben an, dass vor allem ein zunehmend heraus forderndes Verhalten von Schüle rinnen und Schülern die größte Hürde im Berufsalltag darstellt. Der
DPhV fordert daher ein verläss liches Unterstützungssystem: Flä chendeckend psychologisch ge schulte Fachkräfte, qualitativ hoch wertige Aus- und Fortbildung für Lehrkräfte und Schulleitungen so wie zentrale, unabhängige Anlauf stellen in jedem Bundesland für Fälle von Gewalt. Psychische Über lastung oder Überforderung im Schulalltag, die sich auch und gera de in individuellen Überlastungs anzeigen der Lehrkräfte zeigt, muss endlich vom Dienstherrn ernster genommen werden. Hier muss er seiner Fürsorgep fl icht wahrhaftiger
Pressemitteilung vom 25. Juni
6 PROFIL // 7-8/2025 (DPhV) zu einem entschiedenen politischen Umsteuern auf: Es braucht endlich wirksame Maßnah men zur Stärkung der mentalen Gesundheit von Lehrkräften, zur Entlastung im Schulalltag und zur klugen Gestaltung von Demokratie bildung und digitaler Unterstüt zung.
PROFIL // DPhV-Standpunkte
nachkommen!“, so Lin-Klitzing. „Gute Bildung braucht gesunde Lehrkräfte. Deshalb fordern wir weiterhin eine Absenkung des Stundendeputats, insbesondere für ältere Lehrkräfte! Weg mit der zu nehmenden Streichung der Alters ermäßigungen in immer mehr Län dern – das ist absolut kontrapro duktiv!“ Über die Hälfte der Lehrkräfte wünscht sich darüber hinaus mehr Demokratiebildung in der Schule – doch es fehlt an Zeit, Fachwissen und Unterstützung. „Demokratiebil dung braucht die fachliche und fä cherübergreifende Verankerung in den Lehrplänen und schulorganisa torische Spielräume. Das beginnt mit der (immer noch nicht umge setzten!) vertieften Auseinanderset zung mit dem Grundgesetz in der ersten Phase der Lehrkräftebildung und beinhaltet auch gezielte Unter
stützung für jene Lehrkräfte, die sich gegen Widerstände mancher Schülerinnen und Schüler und deren Eltern behaupten müssen“, erklärt Lin-Klitzing. Die Ergebnisse des Schulbarome ters legen aber noch eine weitere Baustelle o ff en: Im Umgang mit KI fühlen sich 62 Prozent der Lehrkräf te unsicher – und befürchten zu gleich, dass Schülerinnen und Schü ler durch Künstliche Intelligenz grundlegende Fähigkeiten ein büßen: 60 Prozent sehen negative Folgen für kritisches Denken, soziale und kommunikative Kompetenzen. Der DPhV warnt daher vor einer un re fl ektierten Übernahme techno logischer Entwicklungen ohne päda gogische Rahmung. „Eine KI-Strate gie im Bildungsbereich muss von Seiten des Staates die pädagogische Autonomie und die schulische Da tensouveränität sichern und darf
nicht zunehmend als strukturierter Zugang zu Produkten kommerzieller Anbieter fungieren. Schülerinnen und Schüler sollen KI nicht kon sumieren, sondern kritisch re fl ektie ren – sie sollen selbst denken lernen und nicht lernen, denken zu lassen“, so Lin-Klitzing. Es braucht daher Aus- und Fortbildungen für Lehr kräfte, eine datenschutzkonforme Bildungs-KI auf europäischer Rechtsgrundlage und leistungsfähi ge Identitätsmanagementsysteme für alle Schulen. Lin-Klitzing weiter: „Zugleich muss die sprachliche und soziale För derung bereits im Vor- und Grund schulalter beginnen. Denn wer früh lernt, sicher in der Sprache, inhalt lich korrekt und selbstständig zu kommunizieren, denkt auch später eigenständiger – eine Einschätzung, die viele Lehrkräfte angesichts der KI-Entwicklung teilen.“
Haushaltsentwurf 2025: Enttäuschung für die Bildung
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Der vorgestellte Haus haltsentwurf 2025 von Bundes fi nanz minister Lars Kling beil setzt aus heuti ger Sicht des Deut schen Philologenver
„digitale Bildung“ bleiben weit hin ter den Erwartungen zurück. DPhV-Bundesvorsitzende Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing: „Aus bildungs politischer Sicht ist der Haushalts entwurf 2025 nicht nur vage, er ist eine Enttäuschung. Er setzt keine klaren Akzente für Bildungsaus gaben, Schulbausanierung oder ei nen auskömmlichen Digitalpakt 2.0“. Zwar sollen Länder und Kommunen anteilig über Bundesmittel für In vestitionen in Bildung entscheiden können, doch zielgerichtete, kon
7 PROFIL // 7-8/2025 Daher appelliert der DPhV an die politischen Entscheidungsträger: Es braucht klare Haushaltstitel, zielge richtete und konkrete Investitions planungen: Über Schulsanierungen, moderne Ausstattung und digitale Infrastruktur hinaus sind die Finan zierung einer datenschutzkonfor men Bildungs-KI und einer bundes weit abgestimmten KI-Strategie im Schulbereich nötig. krete Investitionen fi nden sich nicht. „Nun müssen die detaillierten Ein zelpläne der Ressorts abgewartet werden“, so Lin-Klitzing.
Pressemitteilung vom 24. Juni
bands (DPhV) ein fatales Signal: Die dringend notwendigen Investitionen in die kluge und ausreichende Digi talisierung für die Schulen, in Schul sanierung und die Arbeitsbedingun gen der Lehrkräfte bleiben auf der Strecke: 6,5 Milliarden zusammen für Investitionen in Kindertages betreuung und die sogenannte
PROFIL // DPhV-Standpunkte
DPhV fordert anlässlich der 4. Bildungs-MK Qualitätssicherung durch den Digitalpakt 2.0, staatliche Verantwortung für Lernplatt formen und gemeinsame länderübergreifende Datenschutzregeln
Anlässlich der 4. Bil dungsministerkon ferenz in Mecklen burg-Vorpommern mahnt der Deut sche Philologenver band (DPhV) Quali
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Pressemitteilung vom 26. Juni
8 PROFIL // 7-8/2025 Bildungsmedien sowie an wirk samer Datenschutzaufsicht, die nicht an die Schulen und Schullei tungen delegiert werden darf, sondern auf die Ebene der Kultus tätssicherung durch den Digital pakt 2.0 an. Die Ausgestaltung des kommenden Maßnahmenpakets muss inhaltlich überzeugen und nachhaltig wirken. Besonders bei digitalen Lernplattformen warnt der Verband eindringlich vor einer zunehmenden Abhängigkeit des Bildungssystems von kommerziel len Anbietern. Statt die ursprünglich angestrebte Unabhängigkeit durch eigene, staatliche Lernplattformen zu stär ken, ist heute vielerorts genau das Gegenteil der Fall. „Lernplattfor men dienen aktuell häu fi g nicht der pädagogischen Qualitätssicherung, sondern dem strukturierten Zu gang zu Produkten kommerzieller Anbieter. Hier wird der Staat seiner Verantwortung nicht gerecht“, mahnt DPhV-Bundesvorsitzende Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing. Der DPhV fordert daher Bund, Länder und Kommunen auf, den Digital pakt als Chance zu begreifen, die Infrastruktur zu modernisieren, um echte pädagogische Qualität zu fördern. „Aktuell aber fehlt es an gesicher ten Qualitätsstandards für digitale
minister gehört. Grundlage dafür sind gemeinsame Empfehlungen der jeweiligen Landesdaten schutzbeauftragten. Plattform gestützte Unterrichtsentwicklung kann nur gelingen, wenn sie die Schulen nicht zusätzlich belastet, sondern entlastet und sie in ihrer pädagogischen Arbeit stärkt“, er klärt Lin-Klitzing. Dazu gehört aus Sicht des Verbandes auch die Un terstützung für die professionelle IT-Administration an Schulen – für den sogenannten „digitalen Haus meister“ – als Voraussetzung da für, dass digitale Angebote über haupt verlässlich und entlastend eingesetzt werden können. Eben so notwendig seien kluge Leasing modelle für Endgeräte. Lin-Klit zing: „Ein verlässliches digitales
Fundament für Schulen braucht dauerhafte staatliche Verantwor tung – und eine Digitalstrategie, die Qualität, Datenschutz und pä dagogische Autonomie ins Zen trum stellt. Wir erwarten deshalb auch, dass den Schulen zeitnah eine datenschutzkonforme Bil dungs-KI zur Verfügung gestellt wird. Diese muss in eine umfas sende KI-Strategie eingebettet sein, die den europäischen Rechtsrahmen – insbesondere den Umgang mit Hochrisiko-KI – berücksichtigt. Zwingend notwen dig sind leistungsfähige Identitäts management-Systeme, die das Recht auf informationelle Selbst bestimmung für Schülerinnen, Schüler und deren Lehrkräfte effektiv schützen.“
PROFIL // DPhV-Standpunkte
DPhV begrüßt Initiative der Kultusministerkonferenz zur Stärkung der Erinnerungskultur an Schulen Unterstützung des Bundes für pädagogische Arbeit und deren Finanzierung notwendig
Foto: AdobeStock
Die aktuelle Initiative der Kultusminister konferenz (KMK) zur Stärkung der Erinne rungskultur an Schu len unterstreicht, wie wichtig auch diese
DPhV-Che fi n Lin-Klitzing: „Wir brauchen eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Grundgesetz – und zwar verbindlich bereits in der ersten Phase der Lehr kräftebildung“.
Pressemitteilung vom 30. Juni
Art der Demokratiebildung in Zeiten wachsender politischer Unruhen und zunehmendem Extremismus ist. Der Deutsche Philologenverband (DPhV) begrüßt ausdrücklich das Bekenntnis der KMK – betont aber zugleich: das Bekenntnis allein reicht nicht. Erinne rungskultur und auch Gedenkstät tenpädagogik brauchen personelle Ressourcen, so dass Erinnerungsorte auch mit voll ausgestatteten Bil dungsstellen für die Begleitung der pädagogischen Arbeit mit Schulklas sen unterstützt werden. Der DPhV hält die Unterstützung des Bundes für die pädagogische Arbeit und de ren Finanzierung hier für geboten. „Lehrkräfte stellen sich tagtäglich ih rem Erziehungs- und Bildungsauftrag – und damit auch der Aufgabe der Demokratie- und Wertebildung“, er klärt Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing,
Bundesvorsitzende des DPhV. „Doch angesichts eines zu hohen Stunden deputats sowie einer wachsenden Aufgabenfülle stoßen sie zunehmend an ihre Grenzen.“ Der DPhV fordert deshalb ein entschlossenes politi sches Umsteuern: Demokratiebil dung muss sowohl fachlich als auch organisatorisch besser unterstützt werden. Sie braucht insbesondere die Grundständigkeit der „kleinen“ Fächer, beispielsweise beim Politik- und Geschichtsunterricht. Zudem be nötigen die Schulen organisatorische Freiräume. „Des Weiteren brauchen wir die vertiefte Auseinandersetzung mit dem Grundgesetz – und zwar verbindlich bereits in der ersten Pha se der Lehrkräftebildung“, betont Lin-Klitzing. „Nur wer sich selbst fun
diert mit dem Grundgesetz auseinan dersetzen konnte, kann Schülerinnen und Schüler dazu befähigen, sich auf diesem Boden aktiv, kritisch und kompetent mit demokratischen Wer ten und gesellschaftlichen Heraus forderungen zu beschäftigen.“ Der DPhV erinnert in diesem Zusam menhang auch an die Ergebnisse des Deutschen Schulbarometers: Über die Hälfte der Lehrkräfte wünscht sich mehr Raum und Un terstützung für Demokratiebildung – doch die strukturellen Vorausset zungen fehlen bislang. „Für die Stär kung der Demokratiebildung und Erinnerungskultur braucht es jetzt nicht nur Worte, sondern Taten“, so Lin-Klitzing abschließend.
9 PROFIL // x/2025
PROFIL // Titel
Clara Lösel bei einer Lesung
Ein Interview mit der jungen Lehrerin, Literaturpreisträgerin und In fl uencerin
Clara
Foto: Böhler
Lösel
Lehramt an Gymnasien, Sie sind eine sehr erfolgreiche Entertai nerin und jetzt auch Buch autorin. Schildern Sie uns doch kurz Ihren Weg vom Lehramts studium zur ö ff entlichen Prä
senz. Berichten Sie uns auch von Ihrer Liebe zu Ihren Unterrichts fächern! Clara Lösel: Ich habe in Gießen Lehramt studiert mit den Fächern Deutsch und Spanisch und bin da
10 PROFIL // 7-8/2025 dagogik: Sie haben ein abge schlossenes Studium für das PROFIL: Frau Lösel, Sie ha ben sich dreifach pro fi liert und sind damit eine Ausnahme erscheinung in der Welt der Pä ?
PROFIL // Titel
mit auch nach wie vor sehr glück lich. Ich habe das Studium kom plett fertig gemacht bis zum 1. Staatsexamen und bin allerdings nicht ins Referendariat gegangen und habe mir dann eine 100-Tage Challenge gesetzt: jeden Tag ein selbst geschriebenes Gedicht hoch laden. Dadurch kamen in den ers ten hundert Tagen die ersten 100000 Follower. Mittlerweile sind es eine Viertelmillion Follower auf Tiktok und Instagram. Es war für mich unerwartet, wie die Wege ver laufen sind, aber es war auch sehr schön! Jetzt ist es manchmal so, dass ich Bilder bekomme, wie mei ne Gedichte im Unterricht gelesen werden. Das freut mich so sehr, so dass ich den Eindruck habe, ich bin im Ende ff ekt schließlich doch jetzt schon in der Schule gelandet. Nach wie vor sehe ich den Lehrerberuf als ganz tolle Aufgabe. Ich liebe die Arbeit mit jungen Menschen. Auf Social Media erreiche ich mehr Menschen, in der Schule erreicht man wenige junge Menschen, aber in den meisten Fällen erreicht man sie enger. Die Liebe zu meinen Un terrichtsfächern ist nach wie vor groß, zu Deutsch wegen der Spra che natürlich, zu Spanisch aber auch, da ich ein Jahr in Spanien gelebt habe, zwischen Abitur und Studium. Ein Austausch ist ein wirklich großer Beitrag zur inter- kulturellen Kompetenz. Schülerinnen und Schüler, aber auch an Lehrkräfte und Eltern richten. Welche Ziele verfolgen Sie dabei? Welche Erfahrungen haben Sie damit bisher gesammelt? Lösel: Bildung ist für mich ein ganz wichtiges und zentrales Thema. Das bedeutet in meinem Falle: Ich möchte Jugendliche nicht nur über Social Media, sondern auch an den ? PROFIL: Sie wollen Work shops anbieten, die sich an
Schulen selbst erreichen. Meine Idee: Da ich viele Anfragen von Schulen bekomme, möchte ich im nächsten Jahr eine „Schul-Tour“ machen und dabei jeweils mit ei nem Jahrgang sprechen … über Bil dung und Sprache und deren Wich tigkeit und über Meinungsfreiheit. Es kann dabei auch um mentale Gesundheit, über Medienkom petenz gehen. Ich kann dabei auch über Schattenseiten reden, etwa über Hasskommentare, aber auch über Bestätigungen, ja, über die Schatten- und die Sonnenseiten von Social Media. Mein Ziel ist zu vermitteln: Sprache hat Macht und ist wichtig in unserer Gesellschaft. Sprache kann für junge Menschen ein so wichtiges Werkzeug sein. Junge Menschen sind nicht zu jung, um sich ö ff entlich zu äußern. Ich habe in den letzten Jahren in Klassenzimmern, in Workshops und in Lesungen mit jungen Men schen zusammengearbeitet, wozu auch Creative Writing gehört. zentrales Anliegen der moder nen Pädagogik – im Zeitalter von Fake News und eines häu fi g sehr unkritischen Internetkonsums. Wie sehen Ihre Hilfsangebote für junge Menschen aus? Lösel: Medienkompetenz wird in den nächsten Jahren noch wichti ger werden. Ich glaube, ich kann sehr authentisch „aus der ersten Reihe“ berichten und erzählen, wie ich auch in meinem Buch die bes ten und die schlimmsten Kommen tare wiedergebe, die ich bisher bekommen habe. Meine Texte und meine Workshops sollen aufmerksam machen, sollen aber auch dazu ermutigen, sich verletzlich zu zeigen. Es geht da rum, ins Gespräch zu kommen, ? PROFIL: Die Vermittlung von Medienkompetenz ist ein
nicht aber mit erhobenem Zeige- fi nger zu arbeiten, stattdessen Themen mit echten Geschichten zu verknüpfen. Mein Hauptanliegen: m i t jungen Menschen zu reden, nicht über sie.
PROFIL: Wie bringen Sie Ihre eigenen Erfahrungen aus
?
11 PROFIL // 7-8/2025 jungen Menschen sollen ihre Worte und Tage nutzen können, um jetzt und in der Zukunft etwas zu bewe gen. Mit Clara Lösel sprach Walter Tetzlo ff dem gymnasialen Lehramtsstu dium in Ihre ö ff entliche Arbeit ein? Lösel: Hauptsächlich über meine Leidenschaft für das Thema Bil dung, weniger über meine beiden Fächer. Zuerst glaubte ich, dass niemand von den Jugendlichen sich für meine lyrischen Texte interessieren würde. Das dachte ich zumindest während der 100-Tage-Challenge. Wider Er warten kamen dann die ersten 100000 Follower, obwohl ich an fänglich glaubte, junge Leute hielten Lyrik und Literatur überhaupt für „uncool“. PROFIL: Ihre Arbeit verdient sicherlich breite Unterstüt- zung. Was wünschen Sie sich da für? Lösel: Ich danke Ihnen für diese Frage. Es gibt zwei Ebenen, darauf zu antworten: Für meine eigenen Projekte wün sche ich mir – ganz konkret – einen Partner für die Schul-Tour. Gesamtgesellschaftlich wünsche ich mir, weiterhin Bühnen zu bekom men für mein Anliegen, Jugendliche nicht „in der Wartezeit für das Le ben“ zu sehen, sondern als unsere Zukunft. Sie entsteht in Klassenzim mern und außerhalb davon. Die ?
PROFIL // Titel
Foto: Hofner
Ein echter Mutmacher für junge Menschen Clara Lösels Buch „Wehe du gibst auf“
12 PROFIL // 7-8/2025 Es ist in diesem Falle Clara Lösel, die sich der so häu fi g orientierungs losen jungen Menschen annimmt (s. Interview) . Ihr Buch „wehe du Eine Rezension von Walter Tetzlo ff M it einer Zeige fi nger-Pädago gik hilft man ihnen nicht. Kinder und Jugendliche, sei en sie nun Schüler an unseren Gym nasien oder an anderen Schulen, darf man aber auch nicht allein las sen. Dazu sind sie derzeit mit zu vie len Herausforderungen konfron tiert: Die unüberschaubare Flut von Nachrichten und Meldungen aus dem Bereich der „sozialen Medien“ führt die Heranwachsenden häu fi g zur Orientierungslosigkeit und macht sie damit nicht selten zu Op fern von Fake News. Ein reduziertes Selbstwertgefühl ist häu fi g das Er gebnis falscher – in den Medien ver mittelter – Ideale. Dies sind nur zwei Beispiele für Problemkomplexe, de nen die gegenwärtige junge Genera tion ausgesetzt ist, mit denen sich frühere Generationen, typisiert als Nachkriegsgeneration oder Baby Boomer, aber noch nicht herum schlagen mussten. Die Ratschläge der eigenen Eltern sind nicht immer willkommen oder gar nicht verfüg bar. Wer bietet Hilfe?
gibst auf“ erweist sich dabei als eine ungewöhnliche Hilfestellung, die eben ohne die erwähnte Zeige fi n ger-Pädagogik auskommt und auch ohne eine betuliche Trost- und Rat Kolumne. Stattdessen wählt sie eine schon fast ein wenig ins Abseits ge ratene Literaturgattung zur Vermitt lung ihrer Inhalte: Clara Lösel hat sich für die Lyrik entschieden. Dass sich moderne Lyrik nicht mehr rei men muss, keinen konsequenten Strophenaufbau braucht und dass balladeske Formate die Gegenwart auch nicht mehr abbilden, das wis sen nicht nur Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer. Und das weiß natürlich auch die examinierte Deutschlehrerin Clara Lösel. Ihre kurzen Texte beeindrucken den auf merksamen Leser durch ihre Le bensnähe, ihre zarte Poesie und ih
ren gänzlichen Verzicht auf pene trante Botschaften. Natürlich nehmen Beziehungen, nimmt das Thema Liebe, in dem schön gestalteten Band den Raum ein, der ihnen angemessen ist. Gera de in der Einbeziehung subjektiver Erlebnisse geben die kleinen lyri schen Beiträge jungen Menschen Orientierung und Identi fi kations potential. Dass die meist zarte, zuweilen aber auch nachdrückliche Poesie Clara Lösels auch die Leserinnen und Leser erreicht (und nicht selten ergreift), ist ein weiterer Grund für unsere Leseempfehlung. … und zum Schluss hat die junge Autorin auch noch etwas Balsam für die häu fi g geplagte Lehrerseele:
Das Buch von Clara Lösel »wehe du gibst auf« ist 2025 in Gräfel fi ng im NEXT LEVEL Verlag in 4. Au fl age erschienen. PROFIL verlost drei Exemplare. Zum Gewinnformular gelangen Sie über den QR-Code oder unter www.dphv.de/verlosung. Bitte tragen Sie Ihre Daten und das Stichwort »Mutmacher« ein! Teilnahmeschluss ist der 20. August 2025. Viel Glück! Infos
PROFIL // Titel
Clara Lösel „Wer bin ich“ Wer bin ich? Ich bin Sucher und Finder Ich bin Zuhörer und Erzähler Ich bin Macher und Denker Ich bin Chef und ich bin Schüler Ich bin Mutmacher und Motivierer Planer und Re fl ektierer Bewerter und Evaluierer Klausurenmitstickernverzierer Ich bin Ideenentwickler und Anordner von Bänken Statusquohinterfrager und Systemüberdenker Ich bin Eventmanager “Daswarnureinfeueralarmtest”entwarner Klassenfahrtengeldeinsammler Zettelabgabeermahner Ich bin Rot- und Grünstiftschreiber Indenpausenimklassenzimmerbleiber Ich bin Kinderdurchmuseentreiber Ansprechpartner für Cyber-Fragen Ich bin Wissensvermittler Aufklärer, Wegweiser Beamer fl üsterer Jugendherbergeimvorausbereiser Ich bin Veränderer und Ansprechpartner Koordinator und Berater Aufdienachzüglerwarter, Am Schuljahresanfangnamenrater Ich bin Forscher und bin Lektor Bin Kapitän und bin Korrektor Ich bin Begri ff serklärer von „Vektor“ Ich bin (gefühlt) stellvertretender Rektor Ich bin Mitdemfahrradindieschulefahrer Und weil ich Vorbild bin auch Immerhelmetrager Ich bin Rettungssanitäter Nasenblutenexperte Verdrehteknöchelkenner Schlimmegraddesbienenstichsbewerter
Ich bin Klassenfahrtleiter ich bin Klasssenzimmerstreicher
Ich bin Wegbegleiter Ich bin Wegbereiter Ich bin Elternbeschwichtiger und Streitschlichter Angeklagter und Richter Seherinverwirrtegesichter Mathematiker und Dichter Ich bin Klassenhundbesitzer Bunsenbrennererhitzer Imnichtklimatisiertenzimmernschwitzer Nochebenschnellfürnka ff eeinslehrerzimmer fl itzer Ich bin Erbrochenesaufwischer Nachhandysimschulklo fi scher Ich bin Auslosungszettelneumischer Ich bin Pssssssssschtzischer Ich bin “Ich beende den Unterricht”-Sager Ich bin “Gibts noch irgendwelche Fragen”-Frager Ich bin Neuedingewager Überkopfschmerzenklager Ich bin Freund von Klassenclown und Streber ich bin Noten- und Chancengeber Daslehrerlebenleber Manchmalgegenwändereder Ich bin Dirigent und Koordinator Schulfestorganisator Jugenddebattiertmoderator Schulmannschaftsspielkommentator Schulorchesterdirigierer Jungemenschenfaszinierer Manchmalherzenreparierer – Ich bin alle diese Jobs in einem Manchmal ist es leichter, manchmal schwerer Ich bin weltbester Laminierer Stapelvonarbeitenkorrigierer
Aber ich bin ehrlich stolz Zu sagen ich bin Lehrer Weil wenn ich vor der Klasse stehe Dann seh ich Potentiale Und ich sehe unsere Zukunft Keine Notenzahlen Ich seh ne zukünftige Anwältin
13 PROFIL // 7-8/2025
PROFIL // Titel
Ich hab den besten Job der Welt Ich arbeite mit der Generation Die unsere Zukunft in den Händen hält Ich bin jeden Tag von früh bis spät In den Räumen in denen unsere Zukunft entsteht Und ich glaube daran Dass man erntet was man sät Und deshalb versuch ich Ho ff nung zu säen Und Mut und Toleranz und Respekt Die Idee dass man sich In schweren Zeiten nicht versteckt - Sondern was macht Dass man alles scha ff en kann Was man wirklich scha ff en will Dass man alles sein kann Queer oder straight, laut oder still Und dass man mehr ist als Noten Als Zahlen, als Likes Als Gewicht, als Fächer Als Stärken, als Nikes. Und ich ho ff e ganz vielleicht Dass ich das ein bisschen scha ff e Dass ich mehr als falsch Dinge richtig mache Und auch trotz Überforderung Trotz voller Klassen Trotz fehlender digitaler Infrastruktur Trotz aller Fehler die ich mache Trotz der Vielfalt der Schüler Trotz aller Fehler im System Jeden Tage in der Schule Trotze ich alldem Und ich ho ff e dass ich vielleicht irgendwann In 35 Jahren Diese eine Lehrerin bin Von der dann 50-Jährige sagen Sie hat mir mehr beigebracht als das Fach Als Deutsche oder Mathe Von der Leute sagen Es gab da einen Lehrer den ich hatte Der hat was in mir bewegt Und ich glaube wir haben alle diesen einen Lehrer An den wir heute noch denken Und dieser eine Lehrer, der will ich werden.
nen Kindergärtner, ne Polizistin ne Unternehmerin, nen Künstler ne Umweltaktivistin Ne Sängerin, ne Meeresbiologin Tierschützer, Briefträger
Astronautinnen und Köche Manager und Fliesenleger Und wenn ich überlege Wie ich will dass meine Schüler sind Dann überleg ich einfach Was ich ne gute Zukunft fi nd Ich will dass meine Schüler Menschen werden Die für andere da sind denen Dinge nicht egal sind Die Dinge glauben die wahr sind
Die ihre Meinung sagen Die für Rechte einstehen Die anderen widersprechen Die ihre Fehler einsehen Die mir nicht alles glauben Die Dinge hinterfragen
Die wenn jemand sagt du bist zu jung Statt das zu glauben lieber sagen – Watch me. Ich will dass meine Schüler mutig sind Und verantwortungsbewusst Und hilfsbereit und verletzlich Statt zu sagen Das Datum, das hab ich gewusst Ich will dass meine Schüler
Keine Angst vor Fehlern haben Dass sie ihre Stärken kennen Dass sie viel sagen Und noch mehr wagen Dass sie lernen zu kommunizieren Dass sie sich einsetzen Für sich und diese Erde Ich will dass meine Schüler gute Menschen werden – Weil ich glaub Dann wird auch unsere Zukunft gut Dass sie lernen zu gewinnen Dass sie lernen zu verlieren
Wenn wir Menschen bilden Auf der Grundlage von Mut Ich bin felsenfest überzeugt
14 PROFIL // 7-8/2025
PROFIL // Nachruf
Er war ein Kämpfer für den Ö ff entlichen Dienst Der Deutsche Philologenverband trauert um Ulrich Silberbach von Walter Tetzlo ff W ir trauern um Ulrich Silberbach. Der Vorsitzen de des Deutschen Beamtenbundes (dbb) und Tarifunion starb am 25. Juni in Berlin nach tapfer er tragener Krankheit. Er wurde nur 63 Jahre alt. Der Deutsche Philologenverband und alle DBB-Fach gewerkschaften verdanken ihm viel. Als unermüdli cher Kämpfer für Gewerkschaftsinteressen und
Foto: Pein
Ulrich Silberbach, DBB-Vorsitzender von 2017 bis 2025
ausgestattet mit großen argumentativen und rhetorischen Stärken hat er sich – wenngleich selbst ursprünglich Verwaltungsfachangestellter und damit kein Beamter – nachdrücklich und erfolgreich für den Beamtenstatus für alle Lehrerinnen und Lehrer eingesetzt. Hierfür sind ihm besonders die Pädagogen in den ostdeutschen Ländern zu Dank verp fl ichtet. Über haupt war sich Silberbach – obwohl eben selbst Angestellter – der Rechte und P fl ichten des Beamtentums sehr bewusst. So war es für ihn logisch und unabdingbar, dass Lehrkräfte Beamtinnen und Beamte sein müssen, weil sie Hoheitsrechte wahrnehmen (schon durch ihre Vergabe zukunftsentscheidender Schulabschlüsse) und die Schulp fl icht in Deutschland sicherstellen. Auch deswegen dürfen sie – so Silberbach vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe und vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – nicht streiken, was die GEW mit enervierender Penetranz seit Jahrzehnten fordert. Die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Philologenverband war sehr vertrauensvoll und eng. Der Verstorbene war stets willens und in der Lage, Gegensätze auszugleichen und auf die Fachgewerkschaften zuzugehen. Im Herbst 2022 war Ulrich Silberbach auf dem Gewerkschaftstag in Berlin noch mit großer Mehrheit wiedergewählt worden. Die Vollendung seiner fünfjährigen Amtszeit war ihm dann nicht mehr vergönnt. Der Deutsche Philologenverband übermittelt sein tiefes Mitgefühl der Familie des Verstorbe nen, an dessen Tatkraft, dessen Erfolge, aber auch an dessen rheinische Fröhlichkeit er sich mit Dankbarkeit erinnern wird.
16 PROFIL // 7-8/2025
PROFIL // Begegnungen
Erfolgreicher Antrittsbesuch bei neuer Bildungsministerin Susanne Lin-Klitzing folgt in Kiel einer Einladung von Dr. Dorit Stenke
suchte nun DPhV-Vorsitzende Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing das neue Kabinettsmitglied in Kiel, wo es zu einem regen und ergiebigen Mei nungsaustausch in freundlicher und anregender Atmosphäre kam. Dabei hatte die Vorsitzende Gelegenheit, zwei wichtige und vom Verband in tensiv verfolgte Ziele zur Sprache zu bringen: die diagnoseindizierte vor schulische Förderung (nach aussage starken Tests) einzuführen sowie eine Korrektur der bisherigen Praxis, wonach Grundschulgutachten zur Aufnahme an weiterführenden Schu len nur empfehlenden Charakter ha ben. Der DPhV favorisiert seit Länge rem ein höheres Maß an Verbindlich keit der Grundschulgutachten. Diese Verbandsposition wird auch zukünf tig Gesprächsgrundlage für weitere politische Begegnungen mit der Ministerin sein, wie Susanne Lin- Klitzing abschließend feststellte.
von Walter Tetzlo ff S ie ist neu im Landeskabinett von Ministerpräsident Daniel Günther, und doch ist sie kein neues Gesicht in der schleswig-hol steinischen Bildungspolitik. Bevor Karin Prien von Kiel ins Bundeskabi nett von Friedrich Merz in Berlin wechselte, war es Dr. Dorit Stenke, die als Staatssekretärin und Amts che fi n der vielbeschäftigten bundes weit renommierten Ministerin den Rücken freihielt. Von daher war die Personalentschei dung Daniel Günthers sinnvoll und
Foto: Landesregierung SH
Bildungsministerin Dorit Stenke mit Susanne Lin-Klitzing
nachvollziehbar, als er Dorit Stenke zur Prien-Nachfolgerin ernannte (vgl. PROFIL Juni 2025). Am 3. Juli be
PROFIL // Begegnungen
Gemeinsam mit Engagement für unsere Demokratie Das Wertebündnis Bayern
Foto: Kobs
Max Schmidt (l.) vom Werte bündnis Bayern mit Redaktions leiter Wal ter Tetzlo ff in Laboe
18 PROFIL // 7-8/2025 Wer gehört diesem Wertebündnis an, und welche Ziele verfolgt es? Das Bündnis ist eine hierarchiefreie Konstruktion, dem nur Organisatio nen, keine Einzelpersonen angehö ren. Anfänglich waren es 35, inzwi schen ist die Zahl der Mitgliedsorga nisationen dreistellig (derzeit 233 Organisationen). Mitglied wird, wer sich auf ein Bündnispapier verp fl ich tet, Werte- und Demokratiebildung für junge Menschen betreibt, einen Sitz in Bayern hat, bayernweit tätig und dem Gemeinwohl verp fl ichtet Max Schmidt sprach mit Walter Tetzlo ff E r engagiert sich für und in Bay ern, aber seinen Jahresurlaub verbringt er fern vom Freistaat, im hohen Norden Deutschlands, nämlich im beschaulichen Badeort Laboe, an der schleswig-holsteini schen Ostseeküste: Max Schmidt braucht man den Philologen im Bundesgebiet eigentlich gar nicht vorzustellen. Lange Zeit hat er den Bayerischen Philologenverband ge leitet, was jetzt schon sein Nachfol ger leistet, aber wer Max Schmidt auf bayerischer und nationaler Ebe ne erlebt hat, versteht, dass ihn nun als Pensionär (in Bayern: Pensionist) das Ehrenamt nicht loslässt. So begleitet er seit 2010 das „Werte bündnis Bayern“, dem dann fünf Jahre später eine Verbrauchsstiftung folgte, die er seitdem als Vorstands vorsitzender zusammen mit Frau Dr. Taubenböck als Geschäftsführender Vorständin leitet.
ist. Erziehung und Bildung junger Menschen gehören eng zusammen, und das Bündnis will vermeiden, diese Werte und Zielsetzungen nur fachspezi fi sch zu sehen – ein Vor wurf, der gerade dem Gymnasium gern gemacht wird. Vielmehr geht es den engagierten Bündnispart nern darum, die Gesellschaft zusam menzuhalten, indem man die Werte, die die Basis einer Demokratie bil den, fördert. Dies scheint besonders nötig, weil in Deutschland eine jun ge Generation herangewachsen ist, für die Frieden, Freiheit und Wohl stand vielleicht nicht immer selbst verständlich, aber doch für die aller meisten die Lebensrealität war. Natürlich sind Menschenrechte, das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und die Bayerische Verfassung die wichtigsten Grund lagen des Wertebündnisses. Damit keine von ihnen eine Machtstellung in dem Bündnis bekommt, hat jedes Mitglied nur eine Stimme! Das gilt für die Staatskanzlei genauso wie etwa für die Katholische Kirche. Alle Mitglieder zeichnen sich durch den Willen aus, etwas für die Demo kratie zu tun, zumal viele von ihnen schon vor Eintritt erfolgreich mit
Kindern und Jugendlichen gearbeitet haben. Es lohnt sich, gelungene Pro jekte des Bündnisses exemplarisch herauszustellen: So wurde an jeder bayerischen Universität und größeren Fach hochschule eine Vorlesung mit dem Thema „Verantwortung le ben“ durchgeführt. Besonders erfolgreich war die „Lange Nacht der Demokratie“ oder Projekte gegen den bedau erlicherweise überall in Deutsch land zunehmenden Antisemitis mus. Nicht selbstverständlich und ganz und gar gegen den Zeitgeist ist das Engagement des Bündnis ses für eine faire und echte Streitkultur. In einer Gesellschaft, in der Streit als Begri ff fast im mer negativ besetzt ist („Bundes tag streitet über Steuern“), spricht das Projekt „Streit/För derer“ für sich! Davon zeugen schon die Slogans, mit denen – erfreulich provokant – für eine bessere Streitkultur geworben wird: ZEITGEIST: Nein zu Andersdenkenden!
Foto: Langer
PROFIL
STREITGEIST: Ja, interessant! STREIT IST LIEBE. NUR LAUTER. Oder:
Staatssekretär Hand schuh mit der DPhV Vorsitzenden Susan ne Lin-Klitzing und Sachsens PhV-Chef, Thomas Langer
DEMOKRATIE IST ERST DANN VERLOREN, WENN NIEMAND MEHR STREITET. Man sieht, das Bündnis scheut An strengungen nicht, – im Gegenteil: es propagiert eine anstrengende Demokratie, es setzt sich ein für den schützenswerten Diskurs. Das alles gelingt mit einem als mini mal zu bezeichnenden Kostenauf wand. Weder schlagen Personalkos ten sonderlich zu Buche, noch erhal ten die Mitgliedsvertreterinnen und -vertreter Fahrtkosten. Zur Seite steht Max Schmidt Dr. An drea Taubenböck, die geschäftsfüh rende Vorständin der Stiftung. Sie formuliert die Ziele des Bündnisses so: „Junge Menschen über Wertefra gen zum Nachdenken anregen, mit ihnen diskutieren und sie zum Han deln ermuntern …“ (zitiert aus: Der Bayerische Bürgermeister 5/2025). Eindrucksvoll ist die gesellschaftli che Breite der Mitgliedsorganisatio nen, die von der Trachtenjugend über die Siemens Stiftung zur Islami schen Jugend und zum Israelischen Generalkonsulat reicht. Die praktische Arbeitsweise ist da durch bestimmt, dass das Werte bündnis zunächst die Zielgruppe für ein Projekt sucht und danach dann das Projekt gestaltet. Den schwerfäl ligen umgekehrten Weg mancher Ministerien lehnt es ab. Die beiden Hauptverantwortlichen für Bündnis und Stiftung können sich ein Wertebündnis auch außer halb des Freistaats Bayern vorstel len. Die bisherigen Erfolge vermit teln die Botschaft: Zur Nachahmung empfohlen!
Stärkung der Demokratie und der Leistungsfähigkeit unserer Schulen Susanne Lin-Klitzing im konstruktiven Dialog mit Sachsens Staatsregierung
von Walter Tetzlo ff Z u den wichtigsten Aufgaben der DPhV-Bundesvorsitzenden gehört der regelmäßige und eng maschige Dialog mit den bildungs politisch Verantwortlichen in den 16 Ländern. So traf Prof. Dr. Susanne Lin-Klit zing kürzlich in Dresden gemein sam mit dem Vorsitzenden des Philologenverbands Sachsen Tho mas Langer mit dem Leiter der Staatskanzlei des Freistaates Sach sen, Dr. Andreas Handschuh, zu sammen. Das Ergebnis war ein in tensiver kritischer Dialog mit dem Politiker, der bis zum letzten Jahr noch als Staatssekretär im Ministe rium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus tätig war und nun Mi nisterpräsident Kretschmer bei seinen Regierungsaufgaben unter stützt.
19 PROFIL // 7-8/2025 Damit das sächsische Schulwesen so leistungsfähig bleibt wie in der Ver gangenheit, ist es für die Philologen unabdingbar, dass das Gymnasium weiterhin auch in Sachsen ab Klasse 5 beginnt. Zahl junger Menschen, die radi kale Kräfte und „einfache Lösun gen“ favorisieren, die Diskussion des in Bayern so erfolgreichen Wertebündnisses, das als Zusammenschluss un terschiedlicher gesellschaftlicher Kräfte mit dem Ziel der Demo kratiestärkung eine Ausweitung auf andere Bundesländer unbe dingt nahelegt, und die berufspolitischen Forderun gen des DPhV und des Philolo genverbands Sachsen zur Stär kung der Attraktivität des Leh rerberufs, was sich konkret auch in mehr Beförderungsstellen niederschlagen muss. In Sachen Gedenkstättenpädagogik war man sich einig: Sie ist wichtiger denn je, und hier ist nicht nur der Freistaat Sachsen auf die Unterstüt zung von Bundestag und Bundes regierung sowie von der Kultus ministerkonferenz angewiesen.
Thematisch hatte das Ge spräch drei Schwerpunkte:
die Intensivierung der politi
schen Bildung ausgehend vom Grundgesetz für die Bundes republik Deutschland gerade vor dem Hintergrund der Hin wendung einer zunehmenden
Foto: Lesser
Schülerguppe beim Duke of Edinburgh’s Award
Mehr als ein Zerti fi kat: Wie junge
Menschen über sich hinauswachsen Ein Erfahrungsbericht vom Duke of Edinburgh’s Award an der Goetheschule Wetzlar
von Stefan Lesser
neue Inhalte, sondern durch eine ver änderte pädagogische Haltung. Die Ju gendlichen entscheiden selbst, welchen Interessen sie folgen wollen, wo sie sich engagieren, wie sie ihren Körper und Geist stärken, wo sie sich herausfordern lassen. Der Award gibt den Rahmen vor – die Verantwortung liegt bei ihnen. Das fordert und verändert zugleich. Hierbei kann man eine Sache ganz konkret erle ben: Ich kann etwas bewegen. Der Duke Award erö ff net neue Er fahrungsräume jenseits des schu lischen Alltags. Im Zentrum stehen dabei drei individuelle Aktivitätsberei che sowie eine abschließende Expedi tion, die gemeinsam einen ganzheitli chen Bildungsprozess ermöglichen. Im Bereich Soziales Engagement übernehmen die Teilnehmenden Raus aus der Komfortzone
dinator für den Duke of Edinburgh’s International Award bewegen. An der Goetheschule Wetzlar – (Oberstufen gymnasium) haben wir Mai 2024 begonnen, das internationale Pro gramm als Teil unserer erweiterten Bildungsarbeit einzuführen. Was zu nächst als zusätzliches Angebot für Interessierte gedacht war, hat sich schnell als wirksames Instrument der Persönlichkeitsbildung erwiesen. Bildung als Erfahrung – nicht als Belehrung Die Jugendlichen unserer Zeit bewegen sich in einer Welt, die voller Anforderun gen ist: Leistungsdruck, Orientierungs losigkeit, soziale Medien, Krisennach richten. Gleichzeitig bieten Schule und Gesellschaft oft wenig Raum, sich selbst als handlungsfähig, wirksam, kreativ zu erleben. Der Duke Award durchbricht diesen Mechanismus – nicht durch
20 PROFIL // 7-8/2025 Solche Erfahrungen sind es, die mich in meiner Rolle als Lehrer und Koor- „Ich hätte nie gedacht, dass wir so etwas machen dürfen.“ „Der Duke Award hat mein Selbstvertrauen gestärkt.“ „Das Programm macht world ready!“ D iese Worte stammen von Schü lerinnen und Schülern – mei nen „Dukees“, die sich über Monate hinweg dem „Duke Award“ gestellt haben. Das Programm läuft unter dem Motto des Begründers Kurt Hahn: „Du kannst mehr, als du glaubst!“ Es handelt sich um eine He rausforderung, bei der am Ende mehr als ein Zerti fi kat winkt – es geht um Persönlichkeitsbildung, Selbstwirk samkeit und sozio-emotionale Kom petenzen. Ein Prozess den alle Teil nehmenden durchlaufen.
PROFIL // Begegnungen
Eine Teilnehmerin sagte nach der Rückkehr: „Das war echt anstrengend, aber es hat sich wirklich gelohnt. Wir haben so viel voneinander gelernt und haben es miteinander gemeistert. Danke!“
22 PROFIL // 7-8/2025 mehrtägige, selbst organisierte Rei se in der Natur unternehmen. Ohne externe Hilfe, dafür mit Karte, Kom pass und gegenseitiger Unterstüt zung, erleben sie das Abenteuer, sich gemeinsam Herausforderungen zu stellen und im Team über sich hi nauszuwachsen. Die Expedition för dert Durchhaltevermögen, Koope rationsfähigkeit und den bewussten Umgang mit der eigenen Umwelt. So stärkt der Duke Award nicht nur einzelne Fähigkeiten, sondern beglei tet junge Menschen ganzheitlich auf Verantwortung für ihre Mitmen schen und die Gesellschaft. Ob sie sich in sozialen Einrichtungen enga gieren, jüngeren Schülerinnen und Schülern Nachhilfe geben oder sich für Umwelt- oder Tierschutzprojekte einsetzen – sie leisten einen aktiven Beitrag für andere und stärken da bei Mitgefühl, Solidarität und Selbst wirksamkeit. Der zweite Bereich, Talente, bietet Raum zur Entfaltung persönlicher Interessen. Die Jugendlichen wählen eine Fähigkeit aus, die sie über meh rere Monate kontinuierlich weiter entwickeln – sei es das Erlernen ei nes Musikinstruments, kreatives Schreiben, Kochen, Zeichnen oder auch Programmieren. Ziel ist es, über Ausdauer, Neugier und Eigen initiative neue Kompetenzen zu ent decken und zu vertiefen. Auch die körperliche Gesundheit kommt nicht zu kurz: Im Bereich der Sportlichen Betätigung widmen sich die Jugend lichen regelmäßig einer selbst gewählten sportlichen Aktivität. Ob im Team oder individuell – durch Bewegung, Training und sportliche Routine erfahren sie die positiven Auswirkungen von Fitness, Disziplin und einem gesunden Lebensstil. Ein Höhepunkt des Programms ist die Expedition, bei der die Jugend lichen in kleinen Gruppen eine
dem Weg zu selbstbewussten, ver antwortungsvollen Persönlichkeiten – mit nachhaltiger Wirkung für Schule, Gesellschaft und das eigene Leben.
Schülerwahrnehmung
Netzwerke als Verstärker
„Der Duke Award zeigt, dass Vielfalt kein Hindernis ist, sondern eine Res source, auf die wir zurückgreifen dürfen und dies auch tun sollten. […] Das Pro gramm gibt uns die Möglichkeit für die einzustehen, die es nicht können. […] diese Erfahrung prägte mich selbst und weitere Teilnehmende nachhaltig und besonders deutlich wurde, dass unser junges Engagement besonders relevant für eine widerstandsfähige Demokratie ist, da dies den Umgang mit anderen maßgeblich bestimmt.“ (Ole, 18 Jahre) Die Goetheschule ist ein Ort, der Bil dung als Persönlichkeitsentwicklung denkt. Durch Projektmöglichkeiten innerhalb der Schulgemeinde und die Zusammenarbeit mit externen Part nern ergibt sich eine klare Haltung zu sozialer Verantwortung. Der Duke Award passt in dieses Konzept, weil er sich nicht in den Stundenplan drängt, sondern an der Schnittstelle von Schu le und Lebenswelt wirkt. Die Expeditio nen werden zu Begegnungen mit sich selbst – ohne Handy, ohne Komfort. Schule im Dialog mit der Lebenswelt
Besonders wirksam wird der Award, wenn Schulen ihn nicht isoliert den ken. In Wetzlar arbeiten wir zuneh mend mit kommunalen Partnern zu sammen – von Sportvereinen über Kultureinrichtungen bis hin zu sozia len Trägern. Diese Ö ff nung erweitert nicht nur die Handlungsspielräume der Jugendlichen, sie trägt auch zur lokalen Bildungslandschaft bei. Schule wird zum Knotenpunkt in einem Netz aus Erfahrung, Verant wortung und Engagement. Es wäre leicht, den Award als Allheil mittel zu verkaufen. Das ist er nicht. Er ist kein Ersatz für gute Pädagogik, keine Lösung für strukturelle Proble me. Aber er ist ein kluger, praxis erprobter Rahmen, in dem junge Menschen Verantwortung überneh men dürfen – für sich, für andere, für eine Idee von Gesellschaft, die mehr will als Quali fi kation. Für unsere Schülerinnen und Schü ler bedeutet das: Raum zur Selbst entfaltung. Für uns als Schule: eine Gelegenheit, unsere Bildungsarbeit an der Lebenswirklichkeit der Ju gendlichen auszurichten. Und für das Kollegium: eine Erinnerung da ran, was Schule im besten Fall sein kann – ein Ort des Wachsens. Weiterführende Informationen: https://duke-award.de/ Goetheschule Wetzlar: https://www.goetheschule-wetzlar.de/projekte- und-ags-mainmenu-330/ag-duke-award Ein Wort zur Wirksamkeit – ohne Pathos
Foto: Lesser
Stefan Lesser, Studienrat für Ethik und Geschichte, Award-Koordinator
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