Profil 7-8/2024

PROFIL // Glosse

Übersetzen muss man können! Wir Philologen verstehen uns – getreu lexikalischer De fi nitionen – als Freunde des Wortes, des Wortsinns und der Wissenschaften. Grund genug für ein wenig Sprachkritik an dieser Stelle. Was uns nämlich in der Ö ff entlichkeit (und keineswegs nur in der medialen …) entgegenschlägt, kann uns zuweilen entweder befremden oder amüsieren. Der Verfasser hat sich für Letzteres entschieden.

Augustana-Hochschule in Neuendettelsau Theologische Hochschule der Evang.-Luth. Kirche in Bayern Neubesetzung der Dozentur (A13-A14) für Klassische Philologie (m/w/d) zum 1. April 2025 (spätestens 1. September 2025) Sprachgebrauch jammern? Eigentlich sollte das diesmal nicht unser Thema sein, obwohl es andererseits zu ein fach wäre, hier von einem „Kampf ge gen Windmühlen“ zu reden und der Sprachentwicklung ihren Lauf zu las sen. „Nice“ ist heute alles in den an gesagten Großstadtcafés mit studen tischem oder alternativem Publikum. Oder ein Beispiel aus meiner Heimat stadt, das gleichermaßen Heiterkeit wie Fremdscham erzeugt: Ein Gebäu dereinigungsunternehmen kommt sich besonders weltstädtisch vor und nennt seine Dienstleistung „the art of clean“. Die Kunst des Saubers? Man wünscht den dort beschäftigten Rei nigungskräften geradezu, dass sie nur unzureichende Englischkenntnis se besitzen und solchen Blödsinn nicht übersetzen müssen. Ja, da ist es S ollen wir schon wieder über die Zunahme meist über fl üssiger Anglizismen im deutschen

Ja, und selbst die Syntax ist nicht ge feit vor schlechten hastigen Überset zungen. „Ich konnte nicht kommen, weil ich war krank“ und neuerdings „Ich habe den Text gelesen, obwohl ich habe ihn nicht verstanden!“. Hier werden, weil man wohl die Geduld des Zuhörenden nicht unnötig stra pazieren will, deutsche Nebensätze (kausal und konzessiv) zu Hauptsät zen geadelt, damit das zuhörende Gegenüber nicht den Faden verliert? Ho ff en wir, dass es bei diesen Fehl entwicklungen bleibt und wir nicht demnächst zu hören bekommen: „Als ich kam gestern nach Hause, sprang mein Auto nicht an.“ oder „Ich bereite mich vor, indem ich lese die Inhalts angabe.“ Merke: Noch sind Temporal- und Modalsätze auf der sicheren Sei te, aber wer kann schon die Zukunft blicken. Und kann die K I nicht auch hier Unheil anrichten? Bleiben wir optimistisch und sprach sensibel. Ach übrigens: Das im Angel sächsischen so häu fi g (und auch kor rekt) verwendete „I think“ muss auch nicht in jedem Falle mit „Ich denke“ übersetzt werden. Wie wäre es – je nach Zusammenhang – mit „Ich mei ne“, „Ich glaube“ oder „Ich bin der Au ff assung“. Dann wäre der Verfas ser dieses Textes dem Urteil eines (sehr) deutschkundigen Freundes aus North Carolina nicht länger aus gesetzt. Was hatte der schon vor zehn Jahren bemängelt? „Walter, das ist kein gutes Deutsch, das ist schlecht übersetztes Englisch!“

dann nicht mehr weit zu unserem zwei ten Bundesprä

Foto: Kobs

sidenten, der (häu fi g zu un recht) so viel Spott auf sich zog. Zu Ihrer Majestät, der britischen Köni gin soll er ge sagt haben „Equal goes it loose!“ Was das heißt? … Gleich geht es los! Und damit sind wir beim Thema: Übersetzen ist eine Kunst! Und nicht sehr kunstfertig sind häu fi g die in al ler Eile übersetzten Drehbücher der zahllosen amerikanischen Serien und Filme. Hier begannen die Nachlässig keiten schon in den sechziger Jahren. Ein paar Beispiele: Aus „hard wor king“ wurde „harte Arbeit“. Zuvor sprach und schrieb man immer von „schwerer Arbeit“. „That makes sen se!“ Diese Feststellung übersetzte man ab den siebziger Jahren fast aus schließlich mit „Das macht Sinn“. Dass etwas Sinn „hat“ oder Sinn „er gibt“, ach was, viel zu umständlich! Und das von Engländern und Ameri kanern häu fi g und gern verwendete „not really“ verkam in einer ebenso schnellen wie schlechten Überset zung zu „nicht wirklich“. Vorher traf man den Sachverhalt mit der Formu lierung „eigentlich nicht“. Und „das bedeutet“ kommt auch ziemlich aus der Mode. Es geht nämlich auch schneller und kürzer: „Das meint“. Walter Tetzlo ff

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Walter Tetzlo ff

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