Profil 1-2/2025
PROFIL // aus den Ländern
36 PROFIL // 1-2/2025 Ein weiteres zentrales Thema der Diskussion ist die zunehmende At traktivität des Gymnasiums und die gestiegene Abiturientenquote. Doch Sabine Mistler weist darauf hin, dass Das Gespräch weitet sich auf die ge nerelle Leistungsmessung in der Schule aus, etwa durch Noten, Port folios oder alternative Formen der Bewertung. Mistler betont: „Eine Note ist das Produkt vieler Faktoren. Sie sollte transparent sein und den Prozess widerspiegeln, den Schüler durchlaufen.“ Auch diskutieren An drej Priboschek und Sabine Mistler über Noten als Instrument der Leis tungsmessung einer Lerngruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt. Dabei wird auch über benotete unange kündigte Tests diskutiert, die in Nordrhein-Westfalen unzulässig sind (aber in Bayern zur Zeit hitzig diskutiert werden), sowie über die Frage, ob Leistung ohne den Ein fl uss von Sozialstrukturen gemessen werden kann. Mistler sieht hier De fi zite im aktuellen System und fordert mehr Aufklärung der Eltern sowie die Stärkung von Grundschulemp fehlungen. Sabine Mistler betont die Bedeutung di ff erenzierter Übergangsmöglich keiten an weiterführenden Schulen. „Wir sind schon der Meinung, dass hier mehr Möglichkeit gegeben sein müsste, auch vonseiten der aufneh menden Schule, also hier der Gym nasien, ein bisschen auch auf den Aspekt der Leistung zu schauen und das natürlich auch vom Kind aus zu sehen.“ Gleichzeitig unterstreicht sie die Wichtigkeit von Durchlässigkeit im System: „Dass also hier sowohl die Kinder, die an anderen Schulfor men wirklich sich herausheben und herausragen, durchaus auch mal die Empfehlung zum Gymnasium erhal ten. Und umgekehrt passiert es na türlich auch.“
dies nicht nur positiv bewertet wird. Sie führt dies unter anderem auf die Kompetenzorientierung und das Zentralabitur zurück, die mehr Brei te statt Tiefe betonen. Dennoch sieht sie Optimierungspotenzial: „Wir müssen auch gesellschaftlich ein Umdenken initiieren und alle Abschlüsse mehr wertschätzen, als es jetzt der Fall ist.“
War früher alles besser? Keineswegs. Andrej Priboschek erläutert, dass zu seiner Schulzeit zum Beispiel der Eng lischunterricht wenig auf Alltagstaug lichkeit, sondern eher auf die wissen schaftliche Analyse literarischer Wer ke ausgerichtet gewesen sei. Heut zutage seien gymnasial ausgebildete Jugendliche international anschluss fähig und sprächen auch die zweite oder dritte Fremdsprache fl ießend. Im Bereich der Fremdsprachen sieht Sabine Mistler auch ein besonderes Beispiel für den Ein fl uss der Kom petenzorientierung. Während die kommunikativen Fähigkeiten heuti ger Abiturientinnen und Abiturienten herausragend seien, habe das Wissen um Grammatik, Vokabular und Lite ratur nachgelassen. Dennoch erkennt sie auch Positives: „Die jungen Menschen haben das Vertrauen in sich, die Sprachen auch tatsächlich anzuwenden.“ Sie führt dies teils auf den Unterricht, teils auf die sozialen Medien zurück, betont jedoch: „Man sollte noch mehr da rauf achten, dass wir hier sowohl die vertiefte Allgemeinbildung und die Verknüpfung von Kompetenzen mit Inhalten in den Fokus nehmen.“ Am Ende steht die Frage danach, was Leistung am meisten fördert. Sabine Mistler ist überzeugt, dass beides wichtig ist: „Leistung ist ja eine Kom bination aus Freude, Leistungsbereit schaft, Anstrengungsbereitschaft, Disziplin und Frustrationstoleranz.“ Sie lehnt Extreme ab und fordert eine Balance: „Es kommt auf die Kombination an“, betont sie. Leistung bestehe einerseits aus laissez-faire und andererseits aus intrinsischer Motivation. Diese Motivation müsse die Lehrkraft bei der Schülerschaft fördern und den Kindern und Ju gendlichen ein Verständnis von Leis tung mitgeben. Quelle: News4Teachers-Archiv https://www.news4teachers.de/2025/01/
„Wir bemängeln, dass die vertiefte Allgemeinbildung
ein bisschen zu sehr auf der Strecke bleibt“
Zum Thema Kompetenzorientierung führt Andrej Priboschek aus, dass es heutzutage nicht
mehr allein darum gehen könne, Wis sen zu repetieren. Diese Aufgabe werde im digitalen Zeitalter zuneh mend von Tools wie der Künst lichen Intelligenz übernommen. Zu sätzlich komme es heute darauf an, dass Schülerinnen und Schüler eine
Foto: PhV NRW
Sabine Mist ler, Vorsitzen de des PhV Nordrhein Westfalen
Transferleistung erbringen und aus ihrem erworbenen Wissen Bezüge zu anderen Kontexten herstellen. Sabine Mistler sieht sowohl Fort schritte als auch De fi zite: „Wir be mängeln, dass die vertiefte All gemeinbildung ein bisschen zu sehr auf der Strecke bleibt; dass es eine Kombination sein muss von vertief ter Allgemeinbildung, bestimmten Grundsätzen, von denen man nicht abweichen kann und sollte.“ Gleich zeitig betont sie, dass eine stärkere Verknüpfung von Kompetenzen und Inhalten notwendig sei, um den An forderungen des Digitalzeitalters ge recht zu werden.
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