Blickpunkt Schule 5/2022

derttausende von Euro aus, um in ih ren sogenannten »Büros für Diversity Management« »Leitfäden für gen dergerechte Sprache« zu entwickeln, deren Regeln sie dann ihren Ange stellten verbindlich vorschreiben. In der Tat: vorschreiben, also zur Pflicht erklären. An vielen Universitäten ist in vielen Bereichen (vor allem Geistes wissenschaften, Sozialwissenschaf ten und Ähnlichem) das Gendern in Hausarbeiten oder sonstigen Publi kationen mittlerweile zur Pflicht (!!) geworden – andernfalls drohen Punktabzüge oder Probleme in der akademischen Karriere. Es ist tat sächlich so, auch wenn das viele Leu te wahrscheinlich noch gar nicht mit bekommen haben. Man beachte zum Beispiel den Artikel ’Bitten und Be fehle – über das Gendern an Univer sitäten’ in der FAZ vom 17. Februar 2022 6 (und viele weitere Berichte). Oder man brauche sich nur einmal mit Lehramtsstudierenden zu unter halten, die ihr Praktikum an der Schu le absolvieren und davon berichten, dass die Gendersprache mittlerweile fest in ihren Köpfen verankert ist, weil das an der Universität nun einmal üb lich sei. Eine dieser Praktikantinnen, mit der ich neulich ins Gespräch kam, sagte auf meine (ironische) Frage, was sie denn mit »Schüler (Minipause) in nen« meine, sie wolle eigentlich gar nicht so reden, werde aber in der Uni versität dazu gezwungen, und daher rede sie nun automatisch immer so, obwohl sie das eigentlich gar nicht möge und wolle. Der preisgekrönte Schriftsteller Na vid Kermani, der unlängst in einem Essay für die ’Zeit’ die systematische Delegitimierung und Aushöhlung des generischen Maskulinums als großen Verlust für die Literatur darstellte 7 , beschrieb darin sehr treffend, von welcher Seite diese Entwicklung vo rangetrieben werde, nämlich von ei nem »begrenzten, entgegen seiner Selbstwahrnehmung außerordentlich homogenen Milieu«. Es lässt sich, wie oben schon erwähnt, an Universitä ten, in bestimmten politischen Grup pierungen und Parteien (insbesondere im grün-rot-linken Spektrum), in vie

gangenheit und auch heute noch ei nes solchen politischen Werkzeugs bedient hat und bedient, nämlich Sprache gezielt zu verändern, um da mit auch das Denken der Menschen zu verändern. Ein Eingriff in die Sprache bedeutet auch einen Eingriff in das Denken – das war und ist so beab sichtigt. Es würde hier zu weit führen, auf die zahlreichen Unzulänglichkeiten, Wi dersprüche und auch auf das gewalti ge ästhetische Zerstörungspotenzial der Gendersprache im Detail einzuge hen. Allein zwei zentrale Punkte seien hier angeführt. Zunächst einmal ist im Deutschen zwischen dem Genus (also dem grammatischen Geschlecht) und dem Sexus (also dem biologischen bzw. natürlichen Geschlecht) von Substan tiven zu unterscheiden. So haben Wörter wie die Person, die Geisel, die Lehrkraft grammatisch betrachtet fe minines Geschlecht, können aber auch Männer, also auch das biologi sche Maskulinum bezeichnen. Das Mädchen ist vom grammatischen Ge nus her Neutrum, vom biologischen Sexus her jedoch Femininum. Genus und Sexus sind also zu unterscheiden und sind längst nicht dasselbe. Eben so können Begriffe mit maskulinem Genus, wie der Vermieter, der Messe bauer, der Kunde natürlich auch Frau en (also das biologische Femininum) bezeichnen, sofern der jeweilige Kon text nicht explizit auf etwas anderes hinweist. Es kommt eben auf den Kontext an. So wären noch bis vor Kurzem wohl nur die wenigsten Leute auf die Idee gekommen, es seien aus schließlich Männer gemeint, wenn es hieß, die Engländer trinken gerne Tee, Kölner und Düsseldorfer ärgern sich immer gegenseitig, Bäcker müssen früh aufstehen oder Floristen verdie nen zu wenig . Mit diesem generischen Maskulinum sind eben nicht nur die Männer gemeint und die Frauen nur ’mitgedacht’, sondern es sind alle Menschen gemeint. 9 Peter Eisenberg bringt es auf den Punkt: »Die Stan dardformulierung des Genderismus, nur Männer seien vom generischen Maskulinum gemeint, Frauen seien le

Der Autor

Klartext

Georg Haiduk (geboren 1964) ist Lehrer an einem Kölner Gymnasium, Oberstudienrat, unterrichtet die Fächer Latein und Mathematik und ist PhV Mitglied

len Bereichen des Kulturbetriebs und anderem antreffen – oder auch in Kollegien von Gymnasien. Auch wenn die Protagonisten der Gendersprache in den oben genann ten Milieus durchaus Macht und Ein fluss gewonnen haben, so sind diese Milieus dennoch nicht repräsentativ für die Bevölkerung. Denn, und das als dritte Tatsache, die es festzuhalten gilt: Sämtliche Umfragen aus den letz ten Monaten (und Jahren) ergeben ein ganz eindeutiges Bild, nämlich dass eine deutliche Mehrheit der Be völkerung die Gendersprache ablehnt. Dazu gibt es etliche übereinstimmen de Belege. 8 Daraus folgt, dass hier eine Minder heit – gut ausgebildet, tatkräftig und entschlossen, viele wichtige Positio nen in Medien, Politik und Bildungs bereich besetzend – hier letztlich nichts anderes macht, als Sprache zu instrumentalisieren, um ihre persönli chen sprach- und gesellschaftspoliti schen Vorstellungen gegen den Willen einer Mehrheit der Bevölkerung bes ser durchsetzen zu können (oder viel mehr glaubt, sie besser durchsetzen zu können). Ich frage mich, woher die demokratische Legitimation für einen solchen, von oben verordneten Sprachwandlungsprozess kommen soll. Es gibt sie nicht. Es finden auch kaum größere Diskussionen in der Öf fentlichkeit darüber statt. Man sollte einmal darüber nachdenken, welche Art von Regierungen sich in der Ver

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