Blickpunkt Schule 2/2024

Der Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten Wichtiger Baustein der Begabungsförderung – Einblicke aus dem Landgraf-Ludwigs-Gymnasium Gießen E ine besondere Bedeutung bei der Begabungsförderung am Landgraf-Ludwigs-Gymnasium Der Autor

Titelthema

immer einfach nur Sigrid oder meine Oma, aber es steckt eine riesige Ge schichte und Person hinter Sigrid. Sie ist nicht nur die Oma. Sie ist MEINE Oma, auch wenn ich sie leider nie ken nengelernt habe.« 5 Über den gesamten Wettbewerb hinweg werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer angefangen von der Recherche und der Auswertung der Quellen bis hin zur Erstellung des Bei trags von (mindestens) einer Lehr kraft, die als Tutorin bzw. als Tutor fun giert, begleitet. Die Lehrkräfte rücken dabei in den Hintergrund, da die Schü lerinnen und Schüler zu den Entschei dern ihres Projektes werden. Als ‘Ini tiatoren und Motivatoren, Berater und Lernbegleiter’ 6 wird ihnen aber den noch eine wichtige und zu gleichen Teilen zeitintensive Rolle zuteil. Seit fast vierzig Jahren leistet der Wettbe werb in Gießen so einen maßgeblichen Beitrag zur lokalen bzw. regionalen Geschichtskultur, indem in den Pro jekten verdrängte oder gar vergessene Ereignisse oder Personen ins Licht ge rückt werden. Um die Ergebnisse ei nem breiten Publikum zugänglich und für weitere Forschungszwecke nutzbar zu machen, werden die Projekte der Schülerinnen und Schüler seit vielen Jahren nach jeder Wettbewerbsrunde in einer Plakatausstellung, die in Zu sammenarbeit mit dem Gießener Stadtarchiv entsteht, ausgestellt. Da rüber hinaus entwickelte sich im letz ten Jahr eine Zusammenarbeit des LLG mit dem Oberhessischen Ge schichtsverein (OHG). Im Rahmen die ser Kooperation werden in diesem Jahr erstmalig vier Arbeiten von Schülerin nen und Schülern in einem digitalen Supplementband ergänzend zu den jährlich erscheinenden ‘Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins (MOHG)’ veröffentlicht. 7

Schon lange bevor der Wettbewerb am 1. September offiziell startet und den Schülerinnen und Schülern das neue Thema bekannt gegeben wer den darf, beginnen am LLG die Vorbe reitungen. Anfang März erhalten die begleitenden Lehrkräfte der vergan genen Wettbewerbsrunden die neue Ausschreibung, sodass erste inhalt liche Überlegungen und Recherchen beginnen können. Parallel dazu gilt es, geschichtsinteressierte Schülerin nen und Schüler gezielt anzuspre chen und auf den Geschichtswettbe werb aufmerksam zu machen – na türlich ohne das Thema zu verraten. Hier haben sich besonders Vierau gengespräche bewährt, denn tat sächlich ist es gerade in jüngeren Jahrgängen nämlich so, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Bega bung, Texte zu erschließen und eige ne zu verfassen, häufig noch nicht selber erkennen und vermutlich nicht auf die Idee gekommen wären, am Geschichtswettbewerb teilzunehmen. Insbesondere zurückhaltendere Kin der lassen sich durch persönliche Ge spräche zu einer Teilnahme ermuti gen und gewinnen während des Wettbewerbs an Selbstvertrauen. Gleiches gilt auch für talentierte Schülerinnen und Schüler, die be fürchten, der Doppelbelastung des normalen Unterrichtsalltages und der Dr. phil. Steffen Boßhammer, Lehrer für Geschichte, Politik und Wirtschaft sowie Ethik, begleitet seit dem Schuljahr 2020/2021 Schülerinnen und Schüler bei ihrer Teilnahme am Geschichts wettbewerb des Bundespräsi denten.

(LLG) erfährt der Geschichtswettbe werb des Bundespräsidenten. Unter Anleitung des inzwischen pensionier ten Geschichtslehrers Christoph Geibel nahmen im Jahr 1986 erstmalig Schü lerinnen und Schüler am »größte[n] historische[n] Forschungswettbewerb für junge Menschen in Deutschland« 1 , teil. Seitdem entstanden zahlreiche mit Förder-, Landes- und Bundesprei sen ausgezeichnete Arbeiten, wodurch das LLG seit 1995 immer zu den zehn bundesweit erfolgreichsten Schulen zählte und seit 2007 durchgängig die Auszeichnung ‘Landesbeste Schule Hessens’ gewann. 2 Im Vordergrund des Wettbewerbs, der in geraden Jahren am 1. September startet und im Folge jahr am 28. Februar endet, steht, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu wechselnden Themen eigene Projekte entwickeln, an denen sie in einer Zeit spanne von sechs Monaten arbeiten. Zu jedem Beitrag gehört auch ein Ar beitsbericht, in welchem die einzelnen Schritte dokumentiert und reflektiert werden. 3 Im Sinne der forschend-ent deckenden Projektarbeit nach dem Geschichtsdidaktiker Michael Sauer 4 gehen die Schülerinnen und Schüler im Gießener Stadtarchiv, in umliegenden Museen sowie Bibliotheken und ggf. in den Unterlagen der eigenen Familie ei genständig auf Spurensuche oder füh ren Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. Für die Schülerinnen und Schüler ist es dabei besonders emotio nal, wenn sie sich mit der eigenen Fa miliengeschichte beschäftigen. Der damalige Elftklässler Pascal Jung un terstreicht dies eindrücklich in seinem Arbeitsbericht: »Vor dieser Arbeit wusste ich kaum etwas von meiner be reits verstorbenen Oma. Sie war auch

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