Bildung aktuell 4/2024

Recht

Handy während Abiturprüfung als Täuschungsversuch Schon ein Gerät mitzuführen kann unter Umständen zu Problemen führen – das gilt selbst dann, wenn das Mobiltelefon ausgeschaltet ist.

von Stefan Avenarius >> Justiziar im PhV NRW E-Mail: recht@phv-nrw.de

In der Abiturverfügung des Landes Nordrhein-Westfalen ist festgelegt: »Die Benutzung oder die Mitführung elektronischer Kommunikationsmittel oder Geräte zur Speicherung von Daten (Mobiltelefone, Tablet-PC, MP3-Player, Smartwatches u.Ä.) im Prüfungsraum – auch im ausgeschal teten Zustand – ist nicht gestattet und kann als Täuschungsversuch gemäß § 24 APO-GOSt sowie § 20 APO-WbK gewertet werden. Die Schülerinnen und Schüler bzw. Studierenden sind darüber vor der Prüfung zu informie ren. […].« Das Mitführen eines Handys trotz Aufforderung spricht dafür, dass ein Prüfling sich unberechtigte Vor- teile verschaffen will, und reicht als Anscheinsbeweis für einen Täu schungsversuch aus. Zur Annahme einer Täuschungshandlung ist es nicht erforderlich, dass während der Klausur tatsächlich eine Nutzung er folgt und nachweisbar ist. Das Gerät muss auch nicht eingeschaltet sein. Der Besitz oder das Mitführen eines zu Täuschungszwecken generell ge eigneten Hilfsmittels im Prüfungs raum reicht aus. Zum Anscheinsbe

»Die allgemeinen Voraussetzungen für die Anwendung des Beweises des ersten Anscheins zum erleichterten Nachweis bestimmter Tatsachen im Verwaltungs prozess sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Hierfür müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen muss die nachzuweisende Tatsache auf einen typischen Sachver halt gestützt werden können, der auf grund allgemeinen Erfahrungswissens zu dem Schluss berechtigt, dass die Tatsache vorliegt. Zum anderen dürfen keine tatsächlichen Umstände gegeben sein, die ein atypi sches Geschehen im Einzelfall ernsthaft möglich erleichterten lassen.« In Bayern hatte nun ein Abiturient ein solches atypisches Geschehen be hauptet (Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juli 2021, Az. 7 CE 21.1906): Die Abiturprüfung in einem Fach wur de mit 0 Punkten bewertet, da er nach Beginn der Prüfung ein Handy mit sich führte. Der Schüler behauptete, es lä ge ein atypischer Geschehensablauf vor: Er sei auf der Toilette gewesen, die Prüfung habe kurz nach seiner Rück kehr begonnen und im Gegensatz zu den anderen Schülern sei er nicht aus drücklich zur Abgabe seines Mobilte lefons aufgefordert worden.

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Das Gericht hat festgestellt, dass die Schule ihrer Fürsorgepflicht mehr als ausreichend Genüge getan habe, in dem die Abiturienten unstreitig auch im 3. Prüfungstermin zur Abgabe der Handys aufgefordert worden seien. Eine Verpflichtung der Schule, den Schüler nach seiner Rückkehr geson dert zur Abgabe aufzufordern, sei nicht gegeben. Es habe wiederholte und umfangreiche Vorabinformationen und Warnungen vor einem Handybe sitz nach Prüfungsbeginn gegeben. Soweit der Schüler weiter vorträgt, ein Handy werde als Gebrauchsgegen stand gewohnheitsmäßig und völlig unbemerkt in der Hosentasche getra gen, ergebe sich hieraus kein außer gewöhnlicher Geschehensablauf. Die se Argumentation sei nicht geeignet, den Anscheinsbeweis zu entkräften. Das Gericht hat die Beschwerde des Schülers zurückgewiesen. Die Bewer tung mit 0 Punkten sei rechtlich nicht zu beanstanden.

weis hat das BVerwG in seinem Beschluss vom 23. Januar 2018 (Az. 6 B 67.17) ausgeführt:

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