Bildung aktuell 4/2024
Zeitschrift des Philologenverbandes Nordrhein-Westfalen
4/2024 Ausgabe Juni · 75. Jahrgang · 7108
Bildung aktuell
Wir machen Schule www.phv-nrw.de
Pädagogik & Hochschul Verlag · Graf-Adolf-Straße 84 · 40210 Düsseldorf
>> Vielen Dank für Ihr Vertrauen Leitartikel von Sabine Mistler >> Begabungs- und Begabtenförderung im Kontext gymnasialer Bildung Interview mit Prof. Dr. Christian Fischer >> ‘Mehrbelastung ohne großen Mehrwert’ PhV-Umfrage zur ZP 10 am Gymnasium
Editorial
von Lars Strotmann >> Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Medien E-Mail: larsstrotmann@yahoo.de
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Vielkorrigiererinnen und -korrigierer, liebe Leserinnen und Leser, kennen Sie den? Treffen sich am Freitag vor Pfingsten nach Unterrichtsende zwei Eng lischlehrer am Schultor. Sagt der eine: »Und, wohin geht’s bei Euch?« Antwort: »Meine Frau fährt mit den Kindern nach Holland – Gott sein Dank! Da kann ich in Ruhe zu Hause die ZP 10 wegkorrigieren.« Die Mehr heit unserer Mitglieder sieht die Prüfungen kritisch, wie eine aktuelle Umfrage zeigt (siehe Seiten 18 und 19). Mitten in den ‘Kurzurlaub’ vieler Hauptfach kolleginnen und -kollegen in den Klausur bergen platzte dann auch noch die Nach richt von einem zukünftigen fünften Abitur fach. Man darf schon jetzt sehr gespannt sein, wie sich diese Arbeitsverdichtung vor dem Hintergrund abnehmender personeller Ressourcen allein logistisch überhaupt noch bewältigen lassen soll. Ob Lehrkräfte, die ab Ostern nach außen den Charme blasser Korrekturzombies versprühen, eine gute Werbung für den Schuldienst darstellen, sollte ebenfalls bezweifelt werden. Und als ob die Kollegien mit der Bewältigung der Klausurberge und einer Schülerschaft, die von soziologischer Seite inzwischen das
ebenso zeitgeistige wie folgenlose Allzweck label ‘superdivers’ angeheftet bekommt, noch nicht genügend ausgelastet wären, schlagen sich die politische Polarisierung und Gereizt heit sowie die Konfliktherde und Kriege in al ler Welt auch auf die alltägliche Arbeit in den Schulen nieder und es treten mancherorts verfestigte antisemitische Denk- und Argu mentationsmuster auf. Eine gewisse Verunsi cherung und auch manche Abwehrhaltung (»Also, bei mir in Mathe ist der immer unpro blematisch.«) lassen sich nicht von der Hand weisen. Aus diesem Grund lassen wir mit Thilo Weiland einen Experten von SABRA - ‘Ser vicestelle für Antidiskriminierungsarbeit – Beratung bei Rassismus und Antisemitismus’ ausführlich zu Wort kommen. Zudem bietet die Rubrik ‘Schule & Beruf’ ein Interview mit Prof. D. Christian Fischer über Fördern und Fordern und die Rolle der Lehrkräfte. Der Leitartikel unserer Landesvorsitzenden Sabine Mistler nimmt in dieser Ausgabe nicht nur die Ergebnisse der Personalrats wahlen 2024 in den Blick. Wir wünschen Ihnen viel Kraft und gute Nerven für den Schuljahresendspurt sowie eine anregende und abwechslungsreiche Lektüre!
Ihr Lars Strotmann und die Redaktion
INHALT
Personalratswahlen 2024 Schule & Beruf >> Gifted kids –Begabungs- und Begabtenförderung im Kontext gymnasialer Bildung
>> Sabine Mistler zur stellver- tretenden dbb-Landes- vorsitzenden gewählt >> Der PhV trauert um sein Ehren-
>> 12-14
Editorial >> Editorial von Lars Strotmann
>> 23
>> 02
In eigener Sache >> Neue Mailadresse? Schulwechsel? Neue Besoldungsstufe oder Entgeltgruppe? Neue Bankverbindung? >> 03 Leitartikel >> Vielen Dank für Ihr Vertrauen >> 04-06 Thema >> »Antisemitismus ist Gift für die Demokratie« >> 07-11
mitglied Dr. Walter Hupperth >> 24
>> Mitgliedsbeiträge Anpassung zum 3. Quartal 2024 >> Kreta: »Die Wiege des Abendlandes«
>> 15-17
>> 25
>> »Mehrbelastung ohne großen Mehrwert«
>> 18/19
>> 26
Interna >> PhV NRW-Bezirk Bonn/Rhein
Recht >> Handy während Abiturprüfung als Täuschungsversuch
Sieg: Neue Wege gehen … >> 20
>> 27
>> Ein Tag für mich
>> 21/22
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Foto: AdobeStock/Vlad Chorniy
In eigener Sache
Neue Mailadresse? Schulwechsel? Neue Besoldungsstufe oder Entgeltgruppe? Neue Bankverbindung? Um alle Leistungen, Informationen und Angebote des Philologenverbandes in vollem Umfang nutzen zu können, eine zeitnahe und korrekte Bearbeitung Ihrer Anliegen und die bestmögliche Betreuung zu gewährleisten, benötigen wir immer Ihre jeweils aktuellen Mitglieds- und Kontaktdaten.
Haben sich in letzter Zeit Änderungen ergeben, vor allem in folgenden Bereichen
dann teilen Sie uns diese bitte mit. Unser Mitgliederservice steht Ihnen dabei gern zur Seite: Anna Neumann Mitgliederservice Telefon: 0211 177 44-126 anna.neumann@phv-nrw.de Herzlichen Dank!
■ Schulwechsel ■ Adressänderung ■ Namensänderung ■ Kontoänderung ■ Wechsel der Besoldungsstufe/ Entgeltgruppe und/oder Stundenzahl ■ Änderung der Mailadresse,
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Leitartikel
von Sabine Mistler >> Landesvorsitzende
E-Mail: info@phv-nrw.de
Vielen Dank für Ihr Vertrauen Der PhV NRW nimmt Ihren deutlichen Auftrag an uns gern an. Wir werden uns weiterhin mit aller Kraft für Sie und Ihre Belange einsetzen –, gemeinsam mit unseren Mitgliedern in den Bezirkspersonalräten und den Hauptpersonalräten. Die nächsten Großprojekte aus dem MSB stehen bereits an.
Die vergangenen Monate waren geprägt durch die Planung und Begleitung der Wahlen für die Bezirks- und die Haupt personalräte. Über die Liste 2 konnten Sie unsere Kandida tinnen und Kandidaten der Gymnasien und WBKs und über die Liste 3 unsere Vertreterinnen und Vertreter an den Ge samtschulen, Sekundarschulen und PRIMUS-Schulen wäh len. Das haben viele von Ihnen getan, und deshalb sagen wir von ganzem Herzen Danke für Ihr Vertrauen! Wir Philologinnen und Philologen werden auch weiterhin mit großem Einsatz Ihre Interessen in berufs- und bil dungspolitischen Angelegenheiten vertreten. Wir wissen, dass Ihr Vertrauen nicht selbstverständlich ist, und daher freuen wir uns sehr über Ihre Unterstützung. Wir arbeiten täglich hart dafür und tun dies aus voller Überzeugung und mit viel Engagement auf unterschiedlichen Ebenen. Wir haben auch unseren Wahlkampf nicht allein auf For derungen beschränkt, wie es andere Verbände mit ihren Kandidatinnen und Kandidaten getan haben. Wir haben unsere Haltung zu vielen unterschiedlichen Themen / Themenschwerpunkten klar gemacht und sehr deutlich gesagt, wofür wir stehen! Wir stehen für ein begabungs gerechtes, vielgliedriges Schulsystem, in dem Bildung vom Kind aus gedacht wird. Davon sind wir überzeugt, dieser Überzeugung folgt unser Handeln. Es war für uns interessant zu beobachten, dass gewerk schaftliche Mitbewerber sich vielfach auf das reine For mulieren von Forderungen konzentriert haben. Sie haben sich dabei in mancherlei Hinsicht unglaubwürdig ge
macht. Wer sich beispielsweise im Vorfeld der Wahlen ge gen das Deputatsmodell ausspricht und dann im Zuge des Wahlkampfes eine Senkung des Stundendeputats fordert sowie eine Erhöhung der Anrechnungsstunden, spricht und handelt nicht konsistent. Wer vorgibt, sich für Kolle ginnen und Kollegen an der Schulform Gymnasium einzu setzen und zu dieser Schulform zu stehen und gleichzeitig öffentlich ein ‘Abschulungsverbot’ und die Abschaffung der ‘Selektion’ fordert, kann sich aus unserer Sicht nicht ernsthaft für Schulen des differenzierten Schulsystems und deren Lehrkräfte starkmachen wollen. Themen für unsere Mitglieder der Personalräte und für un seren Verband gibt es in den kommenden Monaten genug. Da sind zum Beispiel die Reform der gymnasialen Ober stufe und die Vorstellungen der Landesregierung zu Fort bildungen für Lehrerinnen und Lehrer. Unabhängig von den Fragen der Mitbestimmung, die vor allem den Haupt- und die Bezirkspersonalräte beschäftigen werden, haben wir als Verband zu beiden Großprojekten viele Fragen. Denn beide Vorhaben haben direkten Einfluss auf die Schul- und Bildungspolitik in NRW – und auf den Arbeits alltag von Lehrerinnen und Lehrern. Sie werden in dieser beanspruchenden Zeit kaum Zeit gehabt haben, sich mit diesen Themen zu beschäftigen, für den PhV heißt es aber, dass wir diesen länger angelegten Prozess eng, kritisch und Willkommen in der Schul-Realität – es gibt viel zu tun, packen wir’s an!
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konstruktiv begleiten. Bei bei den Projekten sehen wir Chancen, aber auch große Risiken und einige Pferde füße. Der Teufel steckt wie immer im Detail. Die wesentlichen Haltungen des PhV wollen wir hier kurz skizzieren.
Zur Reform der Oberstufe: Ende Mai hat die Landesre gierung per Kabinettsbeschluss ein Eckpunktepapier zur Weiterentwicklung der gymnasialen Oberstufe in NRW auf den Weg gebracht. Es folgte ein eintägiger medialer Hype, der sich fast ausschließlich auf die Einführung eines fünften Faches beschränkte, sowie auf die Etablierung neuer Prüfungsformate, wie die Präsentationsprüfung, die zukünftig eine Alternative zu der Einbringung einer be sonderen Lernleistung für das 5. Abiturfach werden soll. In unserer diesjährigen Abiturumfrage, an der sich über 1.600 Kolleginnen und Kollegen beteiligt haben, hatten wir bereits eine Frage nach einem möglichen Mehrwert eines fünften Faches als Präsentationsprüfung oder be sondere Lernleistung gestellt. 61,2 % von Ihnen sehen kei nen Mehrwert, 20,2 % hingegen schon, 12,1 % sind unent schieden. Dies sind zunächst einmal sehr klare Aussagen. Dennoch ist es sehr interessant, dazu die Freitexte einzu beziehen. Darin spiegelt sich eine differenziertere Sicht wider. Als ein sehr schwerwiegendes Argument wird grundsätzlich die Befürchtung einer zusätzlichen Belas tung angeführt. Des Weiteren wird die Frage gestellt, wel chen Mehrwert die Präsentationsprüfung im Hinblick auf die Qualität der Leistungsanforderungen hat. Es wird hin terfragt, warum eine Präsentationsprüfung Bestandteil der Abiturprüfungen sein soll, es wird angeführt, dass viel zu viele rechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit der Nutzung von KI noch ungeklärt sind. Es wird wei terhin angedeutet, dass die eigenständige Leistung auch bei Facharbeiten schon schwierig zu beurteilen ist.
Neue Prüfungsformate dürfen keinesfalls zulasten von Lehrkräften gehen
Es wird auch deutlich, dass man sich durchaus eine Erwei terung des 4. Prüfungsfaches hätte vorstellen können; vielen fehlen nach jetzigem Stand klare Kriterien und An forderungen an eine Erweiterung der Abiturfächer, so wie auch der PhV dies in seiner Stellungnahme gefordert hat. Wir sind entschieden der Ansicht, dass alternative Leis tungsüberprüfungen nach den Vorgaben der KMK nicht zwangsläufig im Abitur realisiert werden müssen. Wir sa gen, eine Präsentationsprüfung nach Abiturformat darf sich nicht allein auf das Produkt und den Lern- und Ar beitsprozess beziehen. Schwerpunkt in einer solchen Prü fung muss also die Reflexionsleistung sein, und es muss eine Verbindung zu Wissensinhalten hergestellt werden. Es muss klar sein, dass das Prüfungsverfahren nicht zu aufwendig sein darf (Aufgabenstellung, Rolle der Lehr kraft, Absprachen etc.). Wir haben in unserer Stellung nahme auch sehr deutlich auf die Mehrbelastungen im ohnehin problematischen Prüfungszeitfenster, verstärkt durch die ZP 10, hingewiesen. Darüber hinaus werden sehr viele offene Fragen im Zusammenhang mit Funktion und Ausgestaltung der Projektkurse beantwortet wer- >
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Leitartikel
den müssen, aus denen die Präsentationsprüfungen schließlich erwachsen sollen. Unsere ausführliche Stellungnahme zum derzeitigen Eck punktepapier finden Sie hier: https://bit.ly/3xcqqYU . Im nun mehr folgenden Prozess bis zum Zeitpunkt der offiziellen Verbändebeteiligung wird der PhV sich intensiv und kri tisch-konstruktiv einbringen und dabei gleichermaßen bil dungs- als auch berufspolitische Belange im Blick haben. Die Vorstellungen der Landesregierung zur Reform der Lehrkräftebildung haben es in sich Zu Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer: Viele Jahre schon fordert der PhV eine Reform der derzeitigen Lehrkräftefortbildung. Fortbildung ist essenziell und muss dazu führen, dass Lehrkräfte innerhalb ihrer Fachschaften bzw. im Rahmen der schulischen Weiterentwicklung leich ten Zugang, möglichst innerhalb der Unterrichtszeit, erhal ten. Vor allem muss auch das staatliche Fortbildungswesen qualitativ hochwertige ausreichende bedarfs- und schul formgerechte Angebote machen. Schulministerin Dorothee Feller nahm sich der Aufgabe an und stellte kürzlich das vom MSB angedachte Konzept vor: https://www.schulministerium.nrw/presse/pressemitteilungen/ ministerin-feller-wir-geben-der-fortbildung-unserer-lehrkraefte-einen, das in der weiteren Planung und Umsetzung auf mehrere Jahre angelegt ist Das MSB hat dem Konzept drei zentrale Ziele übergeordnet ■ Steigerung der Qualität ■ eine höhere Effizienz ■ eine höhere Effektivität Diese sollen über sechs Handlungsfelder erreicht werden: 1. Sicherung gleichwertiger Qualität, thematischer Stringenz und Ausbau digitaler Formate 2. Aufbau eines Fortbildungsmonitorings, Schaffung
Der Sechs-Punkte-Plan lässt Umsetzungsansätze erken nen, die auch der PhV über viele Jahre gefordert hat, wie beispielsweise eine Erweiterung der Angebote mit landes weitem Zugang für alle Lehrkräfte, eine bessere und effi zientere Steuerung der Angebote, als dies über die vielen regionalen Kompetenzteams möglich ist. Dennoch aber leiten wir aber auch einige Fragen aus dem neuen Konzept ab, die wir in den nächsten Wochen und Monaten näher beleuchten und mit den Detailvorhaben des MSB abgleichen bzw. diskutieren werden. Es seien hier nur ein paar Bemerkungen dazu gemacht: Wir müssen abwarten, was hinter der systemischen Fortbil dungspflicht im Detail steckt und ob diese nicht zu einer enormen Mehrbelastung für die einzelnen Schulen führt (regelmäßige Gespräche und Zielvereinbarungen mit der Schulaufsicht, Entwicklungsgespräche mit den Lehrkräf ten, Ausweitung der verpflichtenden Fortbildungstage). Was bedeutet bei der Lehrerfortbildung das konkrete An sinnen der Erweiterung des Einflusses der Hochschulen? Wir fragen uns, wie die Fortbildungen zukünftig angelegt werden, um auch die Lehrkräfte vor Arbeitszeitentgren zung zu schützen. Wir befürchten, dass (Unterrichts-)fachliche Fortbildun gen anscheinend noch weiter in den Hintergrund gedrängt werden könnten. Denn gerade an unseren Schulformen mit gymnasialer Oberstufe sind gute und angemessene Fachfortbildungen von essenzieller Bedeutung. Fachspe zifische bzw. Fachfortbildungen könnten noch mehr in den Hintergrund treten. Wir werden auch nicht müde werden, uns dafür einzuset zen, dass wir mehr und dauerhaft schulformspezifische Fortbildungsangebote dringend benötigen: Die bereits ‘gelebte’ Tendenz der schulformübergreifenden Fortbil dungen darf keinesfalls verstärkt werden. Wie versprochen, wir werden diese (und weitere) Refor men eng begleiten. Wir machen das mit starkem Rücken wind –, weil Ihre Stimmen bei den Personalratswahlen und das großartige Ergebnis uns den Rücken stärken. Wir sind und bleiben Ihre Stimme!
datenbasierter Evidenz und Berichterstattung 3. Schrittweise Einführung einer systemischen Fortbildung und Fortbildungsplanung an Schule 4. Etablierung verbesserter Steuerungs- und effizienterer Umsetzungsstrukturen 5. Etablierung effizienter Regionalstrukturen 6. Systematische Zusammenarbeit mit Hochschulen
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Thema
»Antisemitismus ist Gift für die Demokratie« Nicht erst seit den Terrorangriffen vom 7. Oktober ist das Thema Antisemitismus nicht mehr nur Gegenstand des Geschichts- unterrichtes, sondern es wird zusehends ein aktuelles schulisches und unterricht-
liches Problemfeld. ‘Bildung aktuell’ führte daher aus gegebenem Anlass ein Interview mit Thilo Weiland, einem von drei abgeordneten Lehrkräften bei der SABRA – ‘Servicestelle für
Thilo Weiland
Antidiskriminierungsarbeit – Beratung bei Rassismus und Antisemitismus’.
? Herr Weiland: Wie sieht die aktuelle Lage nach den Terror angriffen der Hamas aus? Kann in zwischen von einer Entspannung die Rede sein? Thilo Weiland: Leider nein. Die Lage an den Schulen ist für jüdische Schü lerinnen und Schüler und ihre Eltern sowie für jüdische Kolleginnen und Kollegen weiter sehr angespannt. Auch wenn die Anzahl der Meldun-
gen und Anfragen nicht mehr so hoch ist wie in den ersten Wochen, so kann doch von einer ‘normalen‘ Situation noch lange keine Rede sein. So erreichten uns etwa einmal allein an einem einzigen Tag im April fünf Meldungen wegen antisemiti scher Diskriminierung. Davon drei Fälle an Schulen und von diesen ei ner mit körperlicher Gewalt. Und wir sehen ja gerade in den letzten Wo chen – mit dem Angriff des Iran auf
Israel und der bleibenden Ungewiss heit, inwieweit die Situation im Na hen Osten weiter eskalieren wird –, wie ernst die Lage auch bei uns ist. Die vom iranischen Regime ange drohten Angriffe auf jüdische Ein richtungen und israelische Botschaf ten weltweit betreffen doch auch uns. Und außerdem: Eben sprach ich von einer ‘normalen’ Situation, von der ‘noch keine Rede’ sein könne. Das Traurige dabei ist: Jüdische
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Thema
Einrichtungen wie Synagogen, Schulen, Kindergärten werden auch in Nordrhein-Westfalen längst dau erhaft von der Polizei bewacht. An dernfalls wären Gesundheit und Le ben der Kinder und der Beschäftig ten dort nicht sicher. Und das in Deutschland knapp achtzig Jahre nach dem Holocaust. So also sieht die ‘Normalität’ für Jüdinnen und Juden in Deutschland 2024 aus. ? Wie äußert sich denn der Antisemitismus an den Schulen eigentlich? Weiland: Antisemitismus hat an den Schulen – wie in der übrigen Gesell schaft auch – viele Gesichter. Das fängt an mit der weitverbreiteten Benutzung des Wortes Jude als Schimpfwort – etwa in dem immer herabsetzend gemeinten Ausspruch
»Du Jude!« – über die Kommentie rung »Ich hätte gar nicht gedacht, dass du Jude bist«, wo offenbar vom Sprecher mit der jüdischen Identität etwas Exotisches, Befremdendes, Ungewöhnliches o. Ä. verbunden wird, bis hin zur Erklärung eines Schulleiters gegenüber einer jüdi schen Lehrkraft, dass das Tragen der Kippa »als Provokation empfunden« wird. Der Antisemitismus zeigt sich genauso, wenn Eltern in der Schule die Zusammenarbeit ihres Kindes mit einem jüdischen Kind auf Grund seiner jüdischen Identität verwei gern. Wenn Eltern und Kinder beim Grundschulsingen von Friedenslie dern sich ausgerechnet beim israeli schen Friedenslied Hevenu Schalom Alechem (»Wir wollen Frieden für alle«) weigern, dieses zu singen und dagegen bei Schulleitung und Lehr kräften protestieren. Wenn eine jü
Thilo Weiland ist einer von drei abgeordneten Lehrkräften bei der SABRA – ‘Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit – Beratung bei Rassismus und Antisemitismus’.
AUTOR
dische Schülerin – in Anspielung auf die Vernichtungspraxis in den als Duschräumen getarnten Gaskam mern in den Konzentrationslagern – grinsend gefragt wird, ob sie heute schon geduscht habe. Wenn ein nicht-jüdischer Schüler zusammen geschlagen wird, weil er sich wieder holt weigert, ‘Free Palestine’ zu sa gen usw. usw. usw. ? Und was konkret können die abgeordneten Lehrkräfte bei SABRA gegen den Antisemitismus an den Schulen in Nordrhein Westfalen tun? Wie sieht Ihre Arbeit aus? Weiland: Nun, wir haben ein breit gefächertes Angebot. So bieten wir Fortbildungen für Lehrkräfte, Schul leitungen, Schulsozialarbeiterinnen und -sozialarbeiter und Schulpsy chologinnen und -psychologen so wie an den ZfsL für Seminarausbil dende und Auszubildende an. Wir leisten Einzelfallberatung in Fällen antisemitischer Diskriminierung und systemische Beratung für die Ent wicklung einer antisemitismuskriti schen Bildungsarbeit an den jeweili gen Schulen. Wir erstellen Materia lien, wie etwa den virtuellen Metho
DÜSSELDORFER ERKLÄRUNG
Der PhV hat gemeinsam mit anderen Bildungsverbänden Anfang Mai die ‘Düsseldorfer Erklärung’ gegen Antisemi tismus unterzeichnet und sich zur Solidarität mit allen von Antisemitismus Betroffenen bekannt. Die Vertreterinnen und Vertreter der Verbände betonten darin, dass es die dringliche Aufgabe von Schulen sei, pädagogisch ent schieden gegen Antisemitismus vorzugehen.
Weitere Infos unter: https://phv-nrw.de/2024/05/03/ duesseldorfer-erklaerung/
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Thema
Foto: AdobeStock
denkoffer MALMAD oder die Film reihe ‘8x2 jüdische Perspektiven’. Diese Materialien stehen übrigens allen Interessierten über unsere Homepage kostenfrei zur Verfü gung. Man muss sich nur einmalig anmelden. Wir haben eine Link- sammlung erstellt und ein Padlet, in dem wichtige Informationen, Ma terialien und Links aufgelistet sind. SABRA hat eine – wöchentlich alter nierend stattfindende – digitale Sprechstunde für Eltern und Lehr kräfte eingerichtet. Wir haben im Landtag eine Stellungnahme für den Schulausschuss zur Beratung von Bildungspolitik verfasst. Wir leisten Netzwerkarbeit, um für die vielfälti gen Facetten unserer Arbeit Syner gieeffekte nutzen zu können. Wir führen Podiumsdiskussionen und Vortragsveranstaltungen durch und leisten Presse- und Öffentlichkeits arbeit. ? Wir erleben Sie die Haltung des Schulministeriums? Erfah ren Sie von dort die gewünschte Unterstützung? Weiland: Absolut. Sehr lobenswert kann und möchte ich an dieser Stel le das Engagement des Schulminis teriums erwähnen. So hat es zum Beispiel eine eigene Website im Bil dungsportal erstellt. Derzeit arbeitet das Schulministerium an der Erstel lung von Handlungsleitlinien zum Thema Antisemitismus. Der Landtag hat zusätzliche 220 000 Euro für unsere Arbeit zur Verfügung ge
SABRA ist eine zivilgesellschaftliches Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit des Landes Nordrhein-West falen in Trägerschaft der Jüdischen Gemeinde Düssel dorf. Der Name SABRA ist einerseits Akronym für ‘ S er
INFO
vicestelle für A ntidiskriminierungsarbeit – B eratung bei R assismus und A ntisemitismus’. Andererseits ist Sabra der hebräische Begriff für Kaktusfeige, welche auch als Bezeichnung für in Israel geborene
Jüdinnen / Juden ver wendet wird. – Die Ar beit von SABRA um fasst insbesondere Einzelfallberatung für Betroffene von Anti semitismus (landes weit) und Rassismus
(Raum Düsseldorf), antisemitismuskritische Präventions- und Bil dungsarbeit sowie Netzwerk- und Gremienarbeit auf kommunaler Ebene, Landes- und Bundesebene. Als zivilgesellschaftliche Organisation in jüdischer Trägerschaft ist es das zentrale Anliegen von SABRA , jüdische Perspektiven, insbe sondere zum Thema Antisemitismus, in allen relevanten Bereichen einzubringen und dafür zu sensibilisieren. SABRA setzt sich uneingeschränkt für das Existenz- und Selbstver teidigungsrecht sowie die Souveränität Israels als jüdischer demo kratischer Staat ein. Israel ist ein Schutzraum für alle Jüdinnen / Ju den weltweit. https://www.sabra-jgd.de
stellt. Und mit diesem Geld können wir nun unter anderem auch neue digitale multifunktionale Lehr-Lern module entwickeln, von denen wir uns erhoffen, unseren Wirkungs kreis noch einmal deutlich auswei ten zu können. Ministerin Feller hat sich mehrfach mit SABRA-Mitarbei terinnen und -mitarbeitern getrof
fen und bringt insgesamt und immer wieder unmissverständlich zum Ausdruck, wie wichtig sie unsere Ar beit findet, dass sie unsere Arbeit unterstützt und wertschätzt. Und das MSB ist ständig für uns erreich bar, so dass wir wirklich in engem Kontakt und Austausch mit dem MSB stehen. >
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Thema
? Und was sollten nun Schulen vor allem tun? Wie können sie sich wirksam gegen Antisemitis mus aufstellen? Weiland: Antisemitismus in Schulen kann auf dreierlei Art begegnet wer den: durch vorausschauende Prä vention, durch Intervention und durch Repression. Pädagogische Prävention ist das entscheidende Instrument im Kampf gegen den Antisemitismus. Wenn Schulen sich so aufstellen, dass sie dem Antisemitismus präventiv ent gegenwirken, erfüllen sie ihre päda gogische Aufgabe vorbildlich. Nur eine präventive Arbeit, die systema tisch antisemitischen Denkmustern und Stereotypen entgegenwirkt, ist nachhaltig wirksam. Gerade auch für die systemische Entwicklung, d. h. dafür, wie sich Schulen insgesamt präventiv gegen den Antisemitismus aufstellen können, bietet SABRA Schulen und Lehrkräften ein breites Portfolio an Fortbildungs- und Un terstützungsangeboten. Die Präven tion von Antisemitismus ist auch Teil der Schulentwicklungsarbeit, bei spielsweise als ein Bestandteil des Entwurfs von Gewaltschutzkonzep ten. Eine wesentliche Grundlage und hilfreiche Orientierung für die Bil dungsarbeit gegen Antisemitismus bietet die Arbeitsdefinition Antise mitismus der International Holo caust Remembrance Alliance (IHRA).
? Und wenn sich nun ein konkre ter antisemitischer Vorfall er eignet – wie reagiert man pädago gisch professionell? Weiland: Damit sind wir bei der In tervention. Intervention ist in jedem konkreten Falle antisemitischer Dis kriminierungshandlungen unerläss lich. Antisemitische Handlungen, seien sie verbal oder körperlich, müssen unverzüglich gestoppt und unterbunden werden – immer und sofort. Und zwar unabhängig davon, ob jüdische Schülerinnen und Schü ler oder Kolleginnen und Kollegen anwesend sind oder nicht. Reagieren Lehrkräfte nicht, bagatellisieren sie das antisemitische Handeln etwa als »gar nicht so gemeint« oder als ver meintlichen ‘Witz‘, dann werden Lehrkräfte ihrer pädagogischen Vor
bildfunktion nicht gerecht. Die Schülerinnen und Schüler bzw. Täte rinnen und Täter wiederum fassen diese Passivität der Lehrkräfte als Bestätigung ihres Handelns auf. Damit fördern die Lehrkräfte mit ih rem Wegschauen auch indirekt die Tradierung antisemitischen Denkens und Handelns. ? Was ist, wenn Betroffene anwesend sind? Weiland: Sind Betroffene vor Ort, gilt: Betroffene brauchen in jedem Falle sofortigen Schutz. Es muss gefragt werden, was sie zunächst in diesem Augenblick und dann im weiteren Verlauf brauchen. Das wird leider oft vergessen, stattdessen konzentriert man sich ganz auf die Täterinnen und Täter. Das ist natür
Konkrete Hilfen für Lehrkräfte: MALMAD ist der von SABRA entwickelte virtuelle Methodenkoffer gegen Antisemitismus. Bei MALMAD findet man Hintergrund informationen, Methodenanleitungen, landesweite Ex kursionsziele und mehr für die antisemitismuskritische Bildungsar
INFO
beit. MALMAD stellt gesammelte und ei gens entwickelte Methoden sowie komplette Module inklusive aller erfor
derlichen Materialien und Informationen zusammen. Nach einer einmaligen kostenfreien Anmeldung können sämtliche Materialien heruntergeladen werden. https://www.malmad.de
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Thema
? Ein Grund mehr, Antisemitis mus in der Schule nicht nur ‘nebenbei’ bzw. ‘mal eben so bei Bedarf’ zu thematisieren, oder? Weiland: Völlig richtig. Schulen ha ben ja auch den Auftrag, politischer Kriminalität präventiv zu begegnen, wie der Erlass zur Zusammenarbeit bei der Verhütung und Bekämpfung der Jugendkriminalität unmissver ständlich festlegt. Und deutlich wer den muss auch: Die Behandlung des Themas Antisemitismus gehört nicht nur in den Geschichtsunterricht oder in den Politikunterricht. Die Auseinandersetzung mit dem Anti semitismus muss ein fächerübergrei fendes Thema aller Fächer werden. Die Schulen sind ja dem Grundge setz verpflichtet. Samuel Salzborn hat in einem vor kurzem veröffent lichten Essay (S. Salzborn: Wehrlose Demokratie? Antisemitismus und die Bedrohung der politischen Ord nung. Leipzig 2024) deutlich ge macht, dass unser Grundgesetz ei nen bewussten Gegenentwurf zum nationalsozialistischen Staat dar stellt, dessen ideologischen Kern wiederum der Antisemitismus dar stellt. Das heißt mit den Worten Salzborns: Der ‘Kampf gegen den Antisemitismus’ ist ein ‘Kernanliegen der bundesdeutschen Demokratie’ als einer offenen und freien Gesell schaft. Es ist daher Aufgabe der Schulen, ihren Schülerinnen und Schülern diesen Geist des Grundge setzes zu vermitteln. Denn Antisemi tismus ist Gift für die Demokratie.
lich auch wichtig, darf aber nicht da zu führen, dass die Bedürfnisse der Betroffenen übersehen werden. Mit den Täterinnen und Tätern muss ihr Verhalten so besprochen werden, dass ihnen die Problematik ihres Verhaltens bewusst wird. Und die Thematisierung muss anschließend auch in den jeweiligen Lerngruppen erfolgen. ? Und wann kommt die Repression zum Zuge? Weiland: Besonders für Fälle von Wiederholungen, konstante Verwei gerungshaltungen bzw. Unbelehr barkeit und bei strafrechtlich rele vanten Handlungen wie dem Zeigen oder Verbreiten verfassungsfeindli cher Kennzeichen (zum Beispiel Ha kenkreuz, Hitlergruß) müssen Schu len klare Kante zu zeigen und Hand lungen unterbinden. Ganz beson ders gilt dies bei strafrechtlich rele vanten antisemitischen Handlungen. Zum Umgang mit antisemitischen Handlungen in Schulen finden sich konkretisierende Hinweise im Bil dungsportal. ? Wie lässt sich Antisemitismus nun eigentlich inhaltlich ver stehen? Weiland: Inhaltlich ist Aufklärung erforderlich. Deutlich werden muss: Antisemitismus ist keine Meinung. Denn Antisemitismus beruht auf fal schen Denkmustern und Stereoty pen, die auf jahrhunderte- und teil weise jahrtausendealten antijüdi
schen Denkmustern beruhen. Diese wiederum sprechen jeglichem ratio nalen und der Aufklärung verpflich teten Denken Hohn. Antisemitismus ist auch nicht gleichzusetzen mit Rassismus. Denn im Rassismus wer den die anderen stets als unterlegen dargestellt und empfunden. Vor der zu allen Zeiten wirklich sehr kleinen jüdischen Minderheit aber besteht absurderweise eine ungeheure Angst, nämlich dass diese – als eine im Kern als böse und überlegen fan tasierte Minderheit – die Macht an sich reißen könnte und möchte. Und mit dem Beginn der Moderne gilt: Als unerträglich empfundene Schat tenseiten der Moderne versucht man ‘den Juden’ zu bekämpfen. Da her rühren dann wieder die verschie densten abstrusen Verschwörungs theorien. Und zwar von rechts wie von links und auch aus der Mitte. Das fantasierte Böse, das in ‘den Juden’ gesehen wird, muss – in der Logik antisemitischen Denkens – konse quenterweise vernichtet werden, um die Welt zu retten oder zu einer bes seren zu machen. Daher trägt der Antisemitismus in seinem Kern stets eine eliminatorische Tendenz und hat entsprechend in Vergangenheit und Gegenwart verheerende Wir kungen gezeigt. Bis hin zu den jüngsten Terrorattacken der Hamas, in deren Charta unmissverständlich Vernichtungsphantasien formuliert sind. Und zwar in Bezug auf alle Jüdinnen / Juden weltweit , nicht nur in Bezug auf die in Israel leben den Jüdinnen / Juden.
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Personalratswahlen 2024
Mehr erfahren prwahl.de
Ein klares JA zu gymnasialer Bildung Die Personalratswahlen 2024 sind für den Philologenverband NRW ein großartiger Erfolg.
Trotz der erneuten Erweiterung des Mitbewerberfeldes in einigen Landes teilen konnten wir im Hauptpersonal rat und in den Bezirkspersonalräten der Gymnasien und Weiterbildungs kollegs in allen Teilen des Landes er neut die Mehrheiten erlangen. Wir bewerten dies als deutliches Signal der Unterstützung für unseren Einsatz für die Qualität gymnasialer Bildung und für ein vielgliedriges Schulsystem. Die gute Arbeit unserer Personalräte vor Ort, die persönlich, hilfreich und verlässlich für Sie da sind, wurde durch dieses Wahlergebnis gestärkt. Wir werden auch weiterhin für Sie eine starke Stimme sein und uns nach Kräften für Sie einsetzen.
GEW 30,5 % · 8 Sitze VKL 12,4 % · 3 Sitze SchaLL 4,2 % · 1 Sitz VBE 3 % · 0 Sitze
PhV 49,7 % 13 Sitze
Mitglieder des Personalrats für Lehrerinnen und Lehrer an GYMNASIEN bei der Bezirksregierung DÜSSELDORF: Florian Hillje, Elisabeth Schnocks, Patrick Albrecht, Jürgen Thiessen, Evamaria Rasch, Thomas Ahr, Martin Juchem, Madeleine Werners, Tobias Gerlach, Bärbel Engels, Dr. Holger Ecken, Carsten Hütter, Andrea Engler
GEW 31,5 % · 8 Sitze VKL 11,0 % · 2 Sitze SchaLL 4,0 % · 1 Sitz VBE 2,1 % · 0 Sitze
PhV 51,5 % 14 Sitze
Mitglieder des Personalrats für Lehrerinnen und Lehrer an GYMNASIEN bei der Bezirksregierung KÖLN: Sabine Küfer, Lars Strotmann, Jutta Bohmann, Guido Schins, Ulf M. Schmitz, Dr. Barbara Kowalewski, André Schmitz-Niggemann, Christoph Heinz, Rebecca Nadler, Guido Quirmbach, Christian Schulze, Kerstin Schmidt, Sabine Schmitt, Georg-Christopher Hoffmann
Vielen Dank für Ihr Vertrauen und Ihre Stimme!
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Stand: 18.6.2024 · alle Angaben ohne Gewähr
Personalratswahlen 2024
GEW 25,6 % · 6 Sitze VKL 13,6 % · 3 Sitze SchaLL 3,6 % · 0 Sitze VBE 3,2 % · 0 Sitze
PhV 54,1 % 12 Sitze
GEW 26,2 % · 5 Sitze VKL 14,5 % · 2 Sitze SchaLL 6 % · 1 Sitz VBE 1,8 % · 0 Sitze
PhV 53,3 % 11 Sitze
Mitglieder des Personalrats für Lehrerinnen und Lehrer an GYMNASIEN bei der Bezirksregierung MÜNSTER: Ulrich Martin, Anita Göbel, Meik Bruns, Astrid Steens, Christian Meier, Kerstin Beran, Frank Schneiders, Isabelle Kund, Charlotte Renner, Christian Stroff, Peter Hamachers, Ludwig Perick
Mitglieder des Personalrats für Lehrerinnen und Lehrer an GYMNASIEN bei der Bezirksregierung DETMOLD: Hendrik Sauerwald, Susanne Waltemate, Christiane Reupohl-Popp, Marcus Wellenbüscher, Michael Brayley, Sebastian Kuna, Angela Dachner, Christa Hanebrink-Welzel, Corinna Buchta, Stephan Stickeler, Steffen Driftmann
Münster
Detmold
GEW 26,3 % · 6 Sitze VKL 9,6 % · 2 Sitze
PhV 64,1 % 15 Sitze
Arnsberg
Mitglieder des Personalrats für Lehrerinnen und Lehrer an GYMNASIEN bei der Bezirksregierung ARNSBERG: Dorothee Kreitz-Dammer, Matthias Overbeck, Susanne Lerch, Stefan Kleinewalter, Kristina Paul, Michael Horstmann, Katharina Daxer Uwe Füg, Martin Langhorst, Frank-Martin Sünkel Dr. Yves Cloos, Jörg Schulte Steinberg, Felix Hüffer, Andrea Müller-Kuhlmann, Mirja Mersch
Düsseldorf
Köln
Hauptpersonalrat
GEW 31 % · 4 Sitze VKL 10,8 % · 2 Sitze SchaLL 3,8 % · 0 Sitze VBE 2,4 % · 0 Sitze
PhV 53,3 % 9 Sitze
Mitglieder des Hauptpersonalrats für Lehrerinnen und Lehrer an GYMNASIEN beim Schulministerium NRW: Sabine Mistler, Ingo Köhne, Susanne Lerch, Thomas Ahr, Meik Bruns, Susanne Waltemate, Jutta Bohmann, Martin Juchem, Matthias Overbeck
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Personalratswahlen 2024
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Ein klares JA für Qualität an Gesamtschulen und Sekundarschulen Die Personalratswahlen 2024 sind für den Philologenverband NRW ein großartiger Erfolg.
Wir konnten landesweit für die Gesamtschulen alle bishe rigen Sitze im Hauptpersonalrat und allen Bezirksperso nalräten behaupten. Wir bewerten dies als deutliches Sig nal der Unterstützung für unseren Einsatz für Qualität an Gesamtschulen und Sekundarschulen sowie für ein viel gliedriges Schulsystem. Die gute Arbeit unserer Personal
räte vor Ort, die persönlich, hilfreich und verlässlich für Sie da sind, wurde durch dieses Wahlergebnis gestärkt. Wir werden auch weiterhin für Sie eine starke Stimme sein und uns nach Kräften für Sie einsetzen.
Vielen Dank für Ihr Vertrauen und Ihre Stimme!
GEW 58,1 % PhV 7,8 % VBE
lehrer nrw 7,2 %
GEW 62,2 % PhV 8,2 % VBE 19,4 %
lehrer nrw 4,0 %
Schall 6,7 %
Schall 6,2 %
20,2 %
Gewählte PhV-Personalrätin: Verena Stamm
Gewählte PhV-Personalrätin: Julia Nelleßen
Münster
Detmold
GEW 57,2 % PhV 10,3 % VBE 13,1 %
lehrer nrw 6,7 %
GEW 56,3 % PhV 11,4 % VBE 21,2 %
lehrer nrw 4,6 %
Arnsberg
Schall 5,8 % fidel 6,9 %
Schall 6,5 %
Düssel- dorf
Gewählte PhV-Personalräte: Tim Umlauf, Jan Petersen
Gewählte PhV-Personalräte: Patrick Koehne, Dr. Vera Niehus
Köln
Hauptpersonalrat
GEW 54,1 % PhV 11,1 % VBE
lehrer nrw 8,4 %
Schall 7,6 %
PhV
lehrer nrw 6,2 %
10,4 %
Schall 6,4 % fidel 3,0 %
GEW 59,9 % VBE 18,9 %
19,0 %
Gewählte PhV-Personalrätinnen: Laura Betz, Daniela Deriks
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Gewählte PhV-Personalrätin: Julia Nelleßen
Stand: 18.6.2024 · alle Angaben ohne Gewähr
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Gifted kids – Begabungs- und Begabten- förderung im Kontext gymnasialer Bildung An vielen Schulen gibt es Defizite bei der Unterstützung von besonders leistungsstarken Schülerinnen und Schülern, sagt der Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Christian Fischer von der Universität Münster. Ein Interview über Fördern und Fordern und die Rolle der Lehrkräfte.
von Susanne Waltemate, Meik Bruns & Michael Horstmann >> Referat für Bildungsfragen E-Mail: horstmann-michael@t-online.de
Susanne Waltemate Meik Bruns
Michael Horstmann
Gymnasium hat aber die gesell schaftliche Aufgabe, leistungsstarke Kinder und Jugendliche bestmög lich zu fördern. Die Ergebnisse der aktuellen Pisa-Studie zeigen, dass es ein Defizit in der Förderung von Leistungsspitzen gibt. ? Bildung aktuell: Oftmals wer den die Begriffe ‘Begabungs-’ und ‘Begabtenförderung’ synonym verwendet. Worin besteht der Un terschied? Prof. Dr. Christian Fischer: Wäh rend Begabungsförderung und Po tenzialentwicklung das Erkennen von individuellen Potenzialen bei al
len Kindern sowie die prinzipielle Förderung der vielfältigen Begabun gen aller Kinder und Jugendlichen in unterschiedlichen Domänen in den Blick nehmen, fokussieren Begab tenförderung und Talententwick lung die gezielte Förderung einzel ner, besonders begabter oder talen tierter Kinder und Jugendlicher in speziellen Domänen. ? Welche Dimensionen der Be gabungs- und Begabtenförde rung sind im schulischen Kontext sinnvoll? Fischer: Bei den Dimensionen der Begabungs- und Begabtenför- >
Im Rahmen der Tagung des Bil dungsausschusses des PhV NRW vom 16. bis 17. Februar 2024 hielt Prof. Dr. Christian Fischer von der Universität Münster einen Fachvor trag zum Thema ‘Transformative Be gabungsförderung und nachhaltige Potenzialentwicklung’. Gemäß Schulgesetz § 1 besteht in Nord rhein-Westfalen der Rechtsan spruch auf individuelle Förderung. In der bildungspolitischen Diskussion scheint dieser Rechtsanspruch vor rangig Anwendung zu finden auf diejenigen Schülerinnen und Schü ler, die am unteren Leistungsspek trum zu finden sind. Gerade das
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derung lässt sich zunächst das regu läre vom speziellen Curriculum un terscheiden, wobei durch inhaltliche Komprimierung des regulären Lehr plans (z.B. Curriculum Compacting) zeitliche Ressourcen für zusätzliche Lerninhalte (z.B. Parallel-Curricu lum) geschaffen werden können. Zudem lassen sich integrative bzw. inklusive Förderangebote (z.B. Bin nendifferenzierung) von separativen Förderformaten (z.B. Pull-out-Pro gramme) abgrenzen. Darüber hinaus können die Individualförderung (z.B. Mentoring) und die Gruppenförde rung (z.B. Grouping) in einzelnen Domänen differenziert werden. Fer ner kann das beschleunigte Lernen (d.h. Akzeleration) vom angereicher ten Lernen (d.h. Enrichment) unter schieden werden, wobei letztere Lernformate vertiefende Angebote innerhalb des regulären Curriculums (d.h. vertikales Enrichment), oder auch zusätzliche Themen außerhalb des regulären Curriculums (d.h. hori zontales Enrichment) adressieren kann. ? Sie beschäftigen sich seit Jahr zehnten mit dem Begabungs begriff. Was hat sich in der schuli schen Praxis geändert bei der För derung besonders begabter Kin der? Fischer: In früherer Zeit wurden vor nehmlich spezielle Ansätze zur För derung besonders begabter Kinder und Jugendlicher außerhalb des re gulären Unterrichts (z.B. Arbeitsge
meinschaften, Zusatzkurse, Wettbe werbe, Akademien) im Sinne extra curricularer Aktivitäten in der Schule praktiziert. In neuerer Zeit werden verstärkt adaptive Formate der Be gabungs- und Begabtenförderung innerhalb des regulären Unterrichts (z.B. selbstreguliertes forschendes Lernen, kooperatives transformati ves Lernen) im Sinne der Individuali sierung und Differenzierung in der schulischen Praxis umgesetzt. ? Wie bewerten Sie die aktuel len Pisa-Ergebnisse in diesem Zusammenhang? Fischer: Die Pisa-Ergebnisse bele gen für Deutschland deutliche Ver
besserungsmöglichkeiten bei den Anteilen von Schülerinnen und Schülern nicht nur auf den unteren Kompetenzstufen, sondern auch auf den höheren Kompetenzstufen. Ne ben den erkennbar leistungsstarken Schülerinnen und Schülern gilt es, jedes Kind und jeden Jugendlichen als potenziell leistungsfähig zu adressieren, nicht zuletzt, um Unter forderung aus Empathie zu vermei den. Daher sollte Begabungs- und Begabtenförderung im Sinne eines diagnosebasierten individuellen For derns und Förderns als umfassendes pädagogisches Prinzip in der gesam ten Breite der Schullandschaft – von der Grundschule bis hin zum Gym nasium – entlang der Bildungsbio grafie vor allem innerhalb des regu lären Unterrichts praktiziert werden.
Prof. Dr. Christian Fischer ist Professor für Erziehungswissen schaft mit dem Schwerpunkt Schulpädagogik, Begabungsfor
INFO
schung und Individuelle Förderung (seit 2010) sowie Prodekan für Forschung und Transfer am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Sozi alwissenschaften an der Universität Münster (seit 2024). Zudem ist er Vorstandsvorsitzen
der des Internationalen Centrums für Begabungsforschung (ICBF) der Universitäten Münster, Osnabrück und Nijmegen so wie wissenschaftlicher Leiter des Landeskompetenzzentrums für Individuelle Förderung NRW (lif) der Universität Münster, des Mi nisteriums für Schule und Bildung NRW sowie der Qualitäts- und Unterstützungsagentur NRW (seit 2010). Darüber hinaus ist er Stellvertretender Vorsitzender der Steuergruppe des vom BMBF geförderten Forschungsverbunds ‘Leistung macht Schule – Trans fer in die Schullandschaft’ (seit 2023).
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? Was muss sich in der Lehramts ausbildung ändern, damit Talen te/Begabungen in der Schule best möglich gefördert werden können? Fischer: Um Begabungen und Talen te in der Schule bestmöglich zu er kennen und zu fördern, benötigen (angehende) Lehrpersonen neben fachlichen Kompetenzen etwa zu den Grundlagen von curricularen Lerninhalten und individuellen Lern potenzialen auch diagnostische Kompetenzen etwa zur Feststellung von persönlichen Lernausgangsla gen und gelingenden Lernprozessen. Darüber hinaus sind in einer bega bungsfördernden Lehrerbildung di daktische Kompetenzen etwa zur Vermittlung von adaptiven Unter richtsformen und aktivierenden Auf gabenformaten sowie kommunikati ve Kompetenzen etwa zur Ermögli chung einer wirksamen Lernbeglei tung und multiprofessionellen Ko operation erforderlich. Schließlich gilt es als Querlage in einer potenzi alorientierten Lehrerbildung die pro fessionelle pädagogische Haltung bei (angehenden) Lehrpersonen zu fokussieren, die vielfältige Begabun gen erwartet und (an)erkennt sowie die individuellen Talente von Schüle rinnen und Schülern herausfordert und fördert. ? Unterricht entwickelt sich ste tig weiter. Skizzieren Sie bitte Gelingensfaktoren für ein nachhal tiges Enrichment bei besonders be gabten Schülerinnen und Schülern.
Fischer: Nachhaltiges Enrichment bei besonders begabten Schülerin nen und Schülern etwa mittels adap tiver Projektformate zum selbstre gulierten forschenden Lernen erfor dert zunächst Lernkräfte, die im Be reich der diagnosebasierten indivi duellen Begabungs- und Begabtenförderung verbunden mit adaptiven Lehrkompetenzen und ei ner professionellen pädagogischen Haltung entsprechend professiona lisiert sind. Zudem ist in den Schulen eine digital- und materialgestützte transformative Lernumgebung er forderlich, die die Umsetzung nach haltiger Enrichmentformate ermög licht. Neben diesen räumlichen und personellen Gelingensbedingungen sind auch zeitliche Ressourcen und kollegiale Kooperationen verbunden mit der langfristigen Unterstützung der Schulleitung bedeutsam. ? Geben Sie uns zum Abschluss bitte einen kurzen Einblick in die Initiative ‘Leistung macht Schule’. Fischer: Die gemeinsame Initiative ‘Leistung macht Schule – Transfer in die Schullandschaft’ von Bund und Ländern zielt darauf ab, das volle leistungsbezogene Entwicklungspo tenzial von jeder und jedem Lernen den zu erkennen und individuell zu fördern, sowie Entwicklungsprozes se für eine begabungs- und leis tungsförderliche Schule zu stärken. Während in der ersten Förderphase (2018–2023) Strategien, Konzepte
INFO
Der 8. Münstersche Bildungskongress mit dem Titel ‘Potenziale ent-
und Materialien zur individuellen Förderung potenziell leistungsstar ker Schülerinnen und Schüler an bundesweit dreihundert Schulen von der Wissenschaft gemeinsam mit der Schulpraxis entwickelt, er probt und evaluiert worden sind, zielt die zweite Förderphase (2023– 2027) darauf ab, die praxistaugli chen und nutzbaren Produkte über entsprechend professionalisierte Multiplikatoren in bundesweit ein hundert Schulnetzwerke zu transfe rieren und nachhaltig in die Breite der Schullandschaft in den einzelnen Bundesländern zu implementieren. wickeln – Schule transformieren – Zukunft gestalten’ findet vom 18. bis 21. September 2024 an der Universität Münster statt. Er neut wird er in Kombination mit der LemaS-Jahrestagung unter der Schirmherrschaft der Minis terin für Bildung und Forschung organisiert. www.icbfkongress.de
Homepage des Internationalen Centrums für Begabungsforschung www.icbf.de
Homepage der Initiative ‘Leistung macht Schule’ www.leistung-macht-schule.de
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»Mehrbelastung ohne großen Mehrwert«
Für viele Lehrerinnen und Lehrer stellen Abitur und ZP 10 eine enorme Doppelbelastung dar – Aufwand und Ertrag der Zentralen Prüfungen stehen dabei in einem krassen Missverhältnis. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des PhV. Wir setzen auf das Prinzip der Freiwilligkeit.
An manchen Schulen werden die Zentralen Prüfungen zum Ab schluss der zehnten Klasse (ZP 10) auch das ‘Kleine Abitur’ genannt. Das zumindest behauptet der Köl ner Stadt Anzeiger Ende Mai in seiner Berichterstattung zur ZP 10. »NRW-Verband kritisiert wieder eingeführte Zentrale Prüfungen an Gymnasien« hat Redakteurin Ale xandra Ringendahl über ihren Halb seiter geschrieben. Mit NRW-Ver band ist der Philologenverband NRW gemeint –, der die Prüfungen in der Tat schon länger kritisiert. Der Stadt Anzeiger berichtet auch über die aktuelle PhV-Umfrage zum Abi tur, an der sich in diesem Jahr mehr als 1600 Lehrerinnen und Lehrer beteiligt haben. In der Umfrage ging es in zwei Fra gen auch um die ZP 10, besser: um die Gleichzeitigkeit von Abiturprü fungen und den ZP 10-Klausuren.
Mehr als die Hälfte der Befragten (53,63 %) sieht darin eine hohe oder sehr hohe Doppelbelastung. An vielen Schulen müssen Lehre rinnen und Lehrer gleich doppelt ran: Sie verantworten die Abitur Klausuren für ihre Schülerinnen und Schüler und werden bei den Zentralen Prüfungen häufig noch als Co-Korrektorin oder -Korrektor eingesetzt. »Aufwand und Ertrag in Verbindung mit der ZP10 stehen in keinem Verhältnis«, schreibt eine Lehrkraft in die Umfrage-Kommen tare. »Insbesondere die Zweitkor
rektur kostet die ohnehin schon hoch belasteten Kernfachkollegin nen und -kollegen völlig unnötig Kraft.« Mehr als die Hälfte der Befragten sieht keinen Mehrwert durch die Prüfungen So kann das Ergebnis der zweiten Fragen zur ZP 10 kaum überra schen. 55 % der Befragten beant worten die Frage, »ob sie einen Mehrwert durch die ZP 10 erken nen« klar mit nein. Knapp ein Viertel (24 %) erkennt einen Mehrwert,
An Gymnasien sind die ZP 10 eigentlich nicht nötig, wenn das Ziel doch das Abitur ist. “
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Wir plädieren für eine freiwillige Zentrale Prüfung an den Gymnasien – etwa, wenn nach der Vornote absehbar ist, dass der Mittlere Abschluss gefährdet ist. “
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18 Prozent sind unentschlossen (»weiß nicht«). Die Kommentare sind ebenfalls eindeutig: »Mehrbe lastung ohne großen Mehrwert«, »Materialschlacht, die ähnlich hoch dem Abitur ist«, oder: »Man darf Gymnasiallehrkräften zutrauen, dass sie Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 zutreffend bewerten können. Man hat das fünf Jahre lang gewissenhaft getan – warum also nicht auch im sechsten? Die meisten Schülerinnen und Schüler wollen das Gymnasium nicht nach der 10 verlassen, und wenn das tatsächlich angebracht erscheint, finden auch so entspre chende Beratungsgespräche statt, die vom Besuch der gymnasialen Oberstufe abraten oder dazu ra ten.« Der letztgenannte Punkt ist zentral, das hat auch der Kölner Stadt An zeiger in seiner Berichterstattung richtig bemerkt. Denn an Gymna sien sind die ZP 10 eigentlich nicht nötig, wenn das Ziel doch das Abi tur ist. An Gymnasien verlassen le diglich 6,5 % der Jugendlichen die Schule nach der 10. Klasse, somit drängt die Frage, warum alle Schü lerinnen und Schüler die ZP10 ver pflichtend ablegen müssen, sich mit Nachdruck auf. In Bayern ist man einen Schritt weiter und hat eine Antwort auf die Frage: Dort können Schülerinnen und Schüler die ZP 10 freiwillig ablegen, wenn sie die Schule mit dem Mittleren Schul- abschluss verlassen möchten.
In Berlin ist selbst das nicht mehr vorgesehen. Die Hauptstadt hat die Zentralen Prüfungen zum Schuljahr 2024/25 beerdigt. Lehrkräfte sollen dadurch entlastet werden, damit sie sich stärker auf ihre eigentlichen pädagogischen Aufgaben konzen trieren können. Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 wie derum könnten sich verstärkt auf den Übergang zur gymnasialen Oberstufe vorbereiten, hieß es zur Begründung. Den bayerischen Weg sieht auch der PhV NRW als gangbar an. Wir plädieren für eine freiwillige Zentra le Prüfung an den Gymnasien – et wa, wenn nach der Vornote abseh bar ist, dass der Mittlere Abschluss gefährdet ist. Alternativ könne sich der Philologenverband auch ein we In einer Umfrage des PhV NRW ging es in zwei Fragen auch um die ZP 10, besser: um die Gleichzeitigkeit von Abi turprüfungen und den ZP 10-Klausu ren. Mehr als die Hälfte der Befragten (53,63 %) sieht darin eine hohe oder sehr hohe Doppelbelastung.
niger vorbereitungsintensives Ver fahren ohne Zweitkorrektur vorstel len. Nur: So wie es jetzt ist, sollte es nicht bleiben. Im Schulministerium sieht man das freilich anders – wie auch der Stadt Anzeiger herausgefunden hat: »Das Schulministerium erklärte auf Anfra ge, dass es bei der wieder eingeführ ten ZP 10 an den Gymnasien bleibe. Eine Freiwilligkeit vergleichbar mit Bayern stehe für Nordrhein-Westfa len nicht zur Diskussion«, schreibt Autorin Ringendahl. »Schule und Schulaufsicht erhielten durch die ZP10 eine ‘wertvolle Rückmeldung über den Leistungsstand der Schü lerinnen und Schüler gemessen an landesweiten Standards’, argumen tierte das Ministerium.« Olaf Steinacker
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