Bildung aktuell 3 2023
Recht
In Jogginghose zur Schule? Eine Wermelskirchener Sekundarschule hat Schülerinnen und Schüler im März dieses Jahres nach Hause geschickt, weil sie in Jogginghosen zum Unterricht kamen. In der Folge entbrannte in der Öffentlichkeit eine Diskussion darüber, welche Kleidung im Schulunterricht angemessen sei und ob Schulen hierzu Regeln aufstellen bzw. bei Nichteinhaltung einen Unterrichtsausschluss aussprechen dürften.
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von Jutta Elten >> Rechtsreferentin
E-Mail: recht@phv-nw.de
Das äußere Erscheinungsbild einer Schülerin oder eines Schülers ist grund sätzlich eine persönliche Angelegen heit. Diese wird durch die Grundrechte auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz) und das Erziehungsrecht der Eltern (gemäß Artikel 7 Grundgesetz) geschützt. Diese Rechte können nur in Ausnahmefällen eingeschränkt werden. Welche Kleidung getragen wird, richtet sich in der Regel nach dem jeweils ak tuellen Trend. Sie kann aber auch der Ausdruck einer politischen, religiösen oder weltanschaulichen Einstellung des Trägers oder der Trägerin sein. Solch motivierte Kleidungsstücke, wie zum Beispiel ein Schal in den National farben des Heimatlandes, dürfen in der Schule getragen werden. Ein Kopftuch hingegen darf an öffentlichen Schulen immer getragen werden, kann aber an einer Ersatzschule verboten werden, wenn das Tragen nicht der religiösen Überzeugung des Schulträgers ent spricht bzw. sich dagegen wendet (s. LG Bonn Az. 1 O 365/14). Die schulische Ordnung und der Schulfrieden dürfen jedoch durch das Tragen von Kleidungsstücken nicht
gestört werden. Daher sind beispiels weise rassistische, sexistische oder gewaltverherrlichende Aussagen auf der Kleidung verboten. Die Schule hat aber in einem gewissen Rahmen die Möglichkeit, Regeln für die Bekleidung aufstellen. Gemäß § 65 Absatz 2 Nr. 25 Schulgesetz NRW kann die Schulkonferenz per einfa chem Mehrheitsentscheid eine Schul ordnung beschließen. Durch die pari tätische Beteiligung von je einem Drit tel Lehrer-, Schüler- und Elternvertre tern ist gewährleistet, dass die Ansicht aller am Schulleben Beteiligten mit dem gleichen Stimmengewicht Be rücksichtigung findet. In einer solchen Schulordnung können Beispiele für unangemessene und da mit in der Schule verbotene Kleidung, wie zum Beispiel bauchfrei, ein sehr tief liegender Ausschnitt oder zu tief sitzende Hosen, beschrieben werden. Letztlich liegt die Bewertung, welche Kleidung im Einzelfall unangemessen ist, jedoch immer bei der Schulleitung. Dabei steht ihr ein Beurteilungsspiel raum zu. Die aktuellen Modetrends, Alter und Reife der Schüler und Schü lerinnen, deren Zusammensetzung
und die festgelegten Ziele des Schul programmes sollten dabei in die Beur teilung einfließen. Erst wenn die Schulleitung zu dem Schluss gekommen ist, dass es sich um eine unangemessene Bekleidung han delt, können Erziehungs- oder Ord nungsmaßnahmen gemäß § 53 Schul gesetz ergriffen werden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist dabei zu be achten. Ordnungsmaßnahmen sind nur zulässig, wenn erzieherische Einwirkun gen nicht ausreichen oder bisher er folglos waren. Eine Schulordnung kann keine automatisch eintretenden ‘Stra fen’ im Falle eines Verstoßes festlegen. Zu unterscheiden von den ‘Regeln’ zur unangemessenen Bekleidung im Rah men der Schulordnung, ist die Mög lichkeit der Schulkonferenz, im Rah men des § 65 Absatz 2 Nr. 28 Schulge setz, über eine Empfehlung zum Tra gen einer einheitlichen Schulkleidung gemäß § 42 Absatz 8 Schulgesetz zu entscheiden. Eine solche Empfehlung kann nur mit Zustimmung aller in der Schulkonferenz vertretenen Schüle rinnen und Schüler erfolgen und nicht gegen den Willen der Betroffenen an geordnet werden.
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