Bildung aktuell 2/2022

Recht

Wie politisch dürfen Lehrkräfte sein? Nach demAusbruch des Krieges in der Ukraine wurde der Rechtsabteilung die Frage gestellt, ob es rechtlich unbedenklich sei, als Lehrkraft in der Schule ein T-Shirt in den Nationalfarben der Ukraine und der Aufschrift ‘No war’ zu tragen.

sich bei der Ausübung ihrer Tätigkeit religiös und weltanschaulich neutral zu verhalten. Neben den genannten Vorschriften ist eine Entscheidung des Bundesverwal- tungsgerichts aus demJahr 1990 zu erwähnen. Damals wurde entschieden, dass das Tragen der ‘ATOMKRAFT NEINDANKE’ Plakette durch einen Lehrer während des Schuldienstes gegen das Gebot der Zurückhaltung bei politischer Betätigung verstößt. 2 Was bedeutet das nun für den konkret geschilderten Fall? An den Schulen können durch die kriegerischen Handlungen in der Ukraine kontroverse Diskussionen und Konflikte entstehen, welche den Schulfrieden stören oder gefährden könnten. Insbesondere ist zu berück- sichtigen, dass es innerhalb der Schul- gemeinde unterschiedliche familiäre Bindungen oder sonstige Beziehun- gen zu den Konfliktparteien geben kann. Das Tragen eines T-Shirts in den Nationalfarben der Ukraine und der Aufschrift ‘No war’ könnte als partei- isch betrachtet werden. Während der Ausübung der Lehrtätigkeit ist daher davon abzuraten.

von Jutta Elten >> Rechtsreferentin

E-Mail: recht@phv-nw.de

Auf den erstenBlickmag sich als Ant- wort ein ‘Ja’ aufdrängen, schließlich garantiert Artikel 5Absatz 1 unseres Grundgesetzes (GG) dieMeinungsfrei- heit. Doch ist hier ein zweiter Blick er- forderlich, denngemäßArtikel 5Absatz 2GGkanndas Recht aufMeinungsfrei- heit unter anderemdurch allgemeine Gesetze eingeschränkt werden. Die Stellungder Lehrkräfte gegenüber der Allgemeinheit wie auch ihrebesonde- renAmtspflichten sind laut demBun- desverwaltungsgericht zusätzlich an demLeitbild zumessen, welches das Grundgesetz unddasGesetz für das Lehramt anden Schulenbestimmen. 1 Für Lehrkräfte sowohl imBeamtenver- hältnis als auch imtariflichen Beschäf- tigungsverhältnis gelten §2 Absatz 7 und 8 Schulgesetz NRW(SchulG) und §7 AllgemeineDienstordnung (ADO). Lehrerinnen und Lehrer haben danach ihre Aufgaben u.a. unparteiischwahr- zunehmen. ImUnterricht und in der Erziehung ist alles zu vermeiden, was die Empfindungen Andersdenkender verletzen und den Schulfrieden ge- fährden oder stören könnte.

Für Lehrkräfte imBeamtenverhältnis gelten darüber hinaus §33 Beamten- statusgesetz (BeamtStG) und §3 Ab- satz 2 ADO. Danach haben Beamte ihr Amt unpartei-

isch und ge- recht zu füh- ren, bei politi- schen Betäti- gungen dieje- nigeMäßigung und Zurück- haltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der

Foto: AdobeStock

Dürfen Lehrkräfte T-Shirts mit beispielsweise der Aufschrift ‘No war’ tragen?

Allgemeinheit und aus Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergeben. Unter Berücksichtigung all dieser Re- gelungen dürfen Lehrkräfte trotz der imGG verankertenMeinungsfreiheit während des Unterrichts oder anderer schulischer Veranstaltungen nicht für bestimmte politischeMeinungen werben, da sie in diesemRahmen als Amtsträger und nicht als Privatperson auftreten. Ebenso sind sie verpflichtet,

1 BVerwG vom25. Januar 1990Az.: BVerwG2 C50.88 2 BVerwG vom25. Januar 1990Az.: BVerwG2 C50.88

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